05.12.2006
07.00 Uhr Ich erwache ausgeschlafen und springe voller Tatendrang aus den Federn. Als ich neugierig nach Draussen schaue und meinen Blick über das weite Grün der Palmen schweifen lasse, stelle ich mit Freude fest, dass es letzte Nacht geregnet hat - die Pflanzen werden dankbar sein.
07.15 Uhr Nachdem ich die wichtige Morgengymnastik absolviert und meine Muskeln mit dem Hampelmann gestählt habe, entspanne ich mich bei einem erquickenden Vollbad und wasche mich ordentlich mit dem Schwamm. Nebenbei lausche ich Dank der Kurzwelle dem Radioprogramm des Bayerischen Rundfunks und höre, dass sich in meiner Heimat derzeit viele Politiker für einen sogenannten "Investivlohn" aussprechen. Staunend erfahre ich, dass unter dieser Umschreibung eine Beteiligung der Arbeiternehmer an den Überschüssen der Firmen gemeint ist - wie unlöblich. Unter anderem hat sich auch SPD Vorsitzender Kurt Beck für höhere Löhne ausgesprochen und am Sonntagabend in der ZDF-Sendung "Berlin direkt" erklärt, "dass die Bundesregiering auf jeden Fall zügig miteinander reden und ein Modell besprechen wird" - das kann ja heiter werden. Anstatt Politik für mehr Beschäftigung zu machen und dem Aufschwung eine Schanze zu geben, schaffen es die Verantwortlichen in Berlin immer wieder, mit unsinnigen Vorschlägen und Propaganda die Arbeitgeber vor den Kopf zu stossen. Wie jedes Kind weiss, wird dieses Thema in wirtschaftlich schwierigen Zeiten immer wieder auf den Tisch gebracht und der Bevölkerung als "sozialen Schritt in eine bessere Zukunft" verkauft. In Wirklichkeit kann der Investivlohn jedoch niemals eingeführt werden, weil knapp 90% aller in Deutschland ansässigen Unternehmen sogenannte Personengesellschaften sind, in denen Mitarbeiterbeteiligungen nur schwer, oder gar nicht umzusetzen sind. Während sich Kurt Beck jetzt Gedanken über ein unnützes Konzept macht, haben sich löbliche FDP Politiker ebenfalls zu Wort gemeldet und durch Vize-Fraktionsscheff Rainer Brüderle verlauten lassen, dass "die Koalition durch diese Debatte nur von den Steuererhöhungen ablenken will" - das sehe ich genauso.
08.00 Uhr Verärgert steige ich aus der Wanne und ziehe mich sofort an. Da die Sonne vom Himmel lacht und Temperaturen von bis zu 85°F vorausgesagt sind, schlüpfe ich kurzerhand in ein farbenfrohes Hawaiihemd, bequeme Bermudahose und Strandschuhe. Danach nehme ich hungrig auf der Terrasse platz und lasse mir das wichtigste Mahl des ganzen Tages in Form von vitaminreichen Rühreiern mit Speck, gerösteten Weissbrotscheiben (unlöblich: Toast), einer Orange sowie mehreren Tassen Starbucks Kaffe munden - das schmeckt.
08.15 Uhr Just als ich kraftvoll zubeisse und die aktuellen Lokalnachrichten in der "Naples Daily News" (löblich: Naples Tägliche Neuigkeiten) studiere, blickt Herr Wang über den Zaun und wünscht mir einen guten Morgen. HEUREKA - natürlich winke ich meinen Nachbarn umgehend herüber und lade ihn zum Frühstück ein. Mein Bekannter lässt sich nicht zweimal bitten und springe sportlich über den Zaun, um gutgelaunt am reich gedeckten Tisch platz zu nehmen - wie schön.
08.30 Uhr Während wir redlichst speisen und kolumbianischen Bohnentrunk schlürfen, erzählt mein Gegenüber, dass er bereits am 21. Dezember zu seiner Tochter Carol nach Savannah reisen und dort das Weihnachtsfest verbringen wird - wie schön. Als Herr Wang in Erinnerungen schwelgt und vom Fest im letzten Jahr berichtet, erkenne ich plötzlich, dass ich dieses Jahr ganz alleine feiern darf. Da Sandra mit ihrem Cousin Bernd nach Frankfurt fährt, James mit seiner kleinen Familie in Toronto ist und Prof. Kuhn höchstwahrscheinlich seinem Sohn in der Hauptstadt einen Besuch abstattet, muss ich ganz alleine unter dem Christbaum sitzen - wie unlöblich. Laut seufzend klage ich Herrn Wang mein Leid und sage, dass Weihnachten unter diesen Umständen gar kein Vergnügen wird. Anstatt mich redlichst zu bemitleiden und mir gut zuzureden, will Herr Wang meine Argumentation jedoch nicht gelten lassen und fordert mich auf, zu meiner Familie nach Toronto zu fahren - das ist gar keine schlechte Idee.
09.00 Uhr Nachdem ich das Frühstück beendet habe, nehme ich voller Vorfreude am Heimrechner platz und stelle sogleich die Hochgeschwindigkeitsverbindung her. Als ich auf der Heimseite von Expedia nach einem geeigneten Flug Ausschau halte, lerne ich schnell, dass sämtliche Flugverbindungen von Florida nach Toronto während der Weihnachtszeit ausgebucht sind - das ist wieder einmal typisch. Als ich die Flinte schon ins Korn werfen möchte, erinnert mich Herr Wang daran, dass es zwischen Tampa/Florida und Toronto hervorragende Zugverbindungen gibt - wie aufregend. Neugierig gebe ich auf der amerikanischen Eisenbahnheimseite amtrak.com die gewünschten Abfahrtsdaten ein und erfahre, dass diese Reise zirka 300 Dollars kosten und knapp 35 Stunden dauern würde. Obwohl ich sehr skeptisch bin, nickt mein Bekannter eifrig und behauptet, dass man in einem Schlafabteil besonders komfortabel reisen kann.
09.30 Uhr Nachdenklich beende ich die Anschnurverbindung und verspreche, mir die Sache noch einmal ganz genau durch den Kopf gehen zu lassen - schliesslich darf man in der heutigen Zeit nichts überstürzen. Anschliessend kredenze mich meinem Besucher eine erfrischende Dr. Pepper Brause und überlege, was wir heute wohl unternehmen könnten. Herr Wang macht sich ebenfalls Gedanken und schlägt letztendlich einen Besuch der Innenstadt vor - das ist eine hervorragende Idee. Da ich sowieso einkaufen muss, klatsche ich voller Tatendrang in die Hände dränge zur sofortigen Abfahrt.
10.00 Uhr Während der kurzweiligen Hochgeschwindigkeitsfahrt im JEEP erzähle ich Herrn Wang von dem gestrigen Limboabend am Strand und dass ich mich mit den jungen Leuten ganz ausgezeichnet verstanden habe. In der Stadt parke ich den Wagen sicher auf dem Parkplatz des "Seacrest Apartment-Motel" in der vierten Avenue und spaziere mit Herrn Wang an den vielen Geschäften vorbei. Als wir eine Informationstafel passieren, bleibe ich kurz stehen und erfahre, dass in der nächsten Zeit einige interessante Termine auf dem Programm stehen. Unter anderem laden die Gewerbetreibenden der vierten Avenue am kommenden Donnerstag zum "Holiday Walk & Festival of Lights" (löblich: Ferien Spaziergang und Lichterfest) sowie am Wochenende zur alljährlichen Hafenbootsparade ein - wie aufregend.
10.30 Uhr Just als wir uns zwei Softeise bei einem Strassenverkäufer leisten und kitschige "Kunstwerke" im Schaufenster der "Native Visions Gallery" bestaunen, klopft mir plötzlich jemand auf die Schulter. Als ich mich umdrehe und nach dem Rechten sehe, finde ich Frau Goldsmith und Herrn Porello vor - wie schön. Selbstverständlich schütteln wir sofort Hände und erfahren, dass die beiden einen Schoppingausflug machen und gerade das sündteure Juweliergeschäft "Gianna" besucht haben - wie schön. Da wir mittlerweile sehr durstig sind, entscheiden wir uns spontan, in das benachbarte Kaffeehaus "Pazzo!" einzukehren. Entspannt nehmen wir auf der frisch renovierten Terrasse platz und lassen uns die Getränkekarte reichen. Während sich das frischvermählte Paar für italienische Schaumkaffees und Kuchen entscheidet, bestellt Herr Wang zwei Gläser Veuve Clicquot zum Preis von sagenhaften 16,95 Dollars - wer soll das nur bezahlen. Missgelaunt nippe ich an dem sündteuren Getränk und komme aus dem Staunen gar nicht mehr heraus - der französische Sekt schmeckt wirklich ganz ausgezeichnet.
11.00 Uhr Just als wir Kleingespräche (unlöblich: Smalltalk) führen und uns über das viel zu heisse Wetter austauschen, werfe ich ganz nebenbei ein, dass in meiner bayerischen Heimat vor zwei Tagen der kalendarische Winter begonnen hat. Frau Goldsmith winkt schnell ab und sagt, dass sie auf Eis und Schnee durchaus verzichten kann - dem ist nichts hinzuzufügen. Gott sei Dank bleibt uns in Südwestflorida das Schneeräumen und Scheibenfreikratzen erspart - wie schön.
11.30 Uhr Nach dem zweiten Glas Schaumwein verlassen wir erheitert das Kaffeehaus und streben gutgelaunt in Richtung Meer. Als wir an einem italienischen Gasthaus namens "Bice" vorbei kommen, lässt es sich Herr Porello nicht nehmen, uns mit dem Ladenbesitzer, Herrn Salvatore Sinzieri, bekannt zu machen. Wiederum schütteln wir Hände und werden zu allem Überfluss zu einem Mittagessen auf Kosten des Hauses eingeladen - dieses Angebot nehmen wir natürlich sehr gerne an. Wir nehmen gemütlich an einem einladenden Fensterplatz direkt neben der Vorspeisenvitrine platz und bekommen nach wenigen Augenblicken die Speisekarten von einem italienischen Kellner überreicht. Obwohl mir der Appetit angesichts der gesalzenen Preise eigentlich vergehen müsste, entscheide ich mich für ein kühles Bier vom Fass, sowie für ein Thunfischschnitzel mit Schrimps in Zitronen- und Kapernsosse - schmeckt gar nicht schlecht, Herr Specht.
12.00 Uhr Während wir kraftvoll zubeissen und aus dem Zungeschnalzen gar nicht mehr herauskommen, berichtet Herr Porello, dass der Restaurantinhaber ein langjähriger Bekannter seines Onkels ist und neben diesem, auch noch andere Lokale in Südflorida betreibt. Natürlich nicke ich eifrig und unke, dass sich dieses Lokal bestimmt auch in den Händen der Mafia befindet. Anstatt endlich die Karten auf den Tisch zu legen und mit der Wahrheit herauszurücken, scheint Herr Porello meine Gedanken zu lesen und mustert mich ganz böse. HEUREKA - um nicht als Betonklotz im Meer zu landen, wechsle ich ganz schnell das Thema und komme erneut auf das Klima im Rentnerparadies zu sprechen - das ging gerade noch einmal gut.
13.00 Uhr Nachdem uns Herr Porello zu einer kleinen Nachspeise eingeladen und den Ober mit einem stattlichen Trinkgeld bedacht hat, machen wir uns schnellstens auf den Weg zum Parkplatz.
13.30 Uhr Bei stimmungsvoller Musik von Superstern Frank Sinatra geht es jetzt ruckzuck zurück zum Wohngebiet - wie schön. HEUREKA - als wir am Flughafen vorbeifahren, fällt mir wieder ein, dass ich das diesjährige Weihnachtsfest ganz alleine im Waldweg verbringen muss. HEUREKA - vielleicht wäre es doch am besten, die weite Reise nach Toronto auf mich zu nehmen und meine Familie zu überraschen.
14.15 Uhr Zurück im Lowbank Drive verabschiede ich mich von meinem Nachbarn und schleppe mich erschöpft ins Haus. Nachdem ich eine kalte Dusche genossen und die Kleider gewechselt habe, lasse ich mich laut gähnend auf das bequeme Sofa im Wohnzimmer fallen - einen kleinen Mittagsschlaf habe ich mir nach dem anstrengenden Ausflug redlichst verdient. Schon bald schlafe ich ein und träume von meiner Reise in die Musikstadt Nashville vor einem Jahr - wie aufregend.
15.15 Uhr Just als ich im Traum neben meinem Neffen im Aufnahmestudio stehe, werde ich durch lautes und sehr aggressives Telefonklingeln gestört - wie unlöblich. Meine Untermieterin Sandra ist in der Leitung und berichtet ganz aufgeregt, dass meine neuen Mieter, Familie Omariba, heute mit dem Umbau des Speichers im Anwesen Waldweg 7 begonnen haben. Natürlich rufe ich die kleine Petze sofort zur Ordnung und mache ihr klar, dass diese Umbauarbeiten selbstverständlich mit den Omaribas abgesprochen waren. Weiter erfahre ich, dass in Bayern frühlingshafte Temperaturen herrschen und viele Menschen gar nicht in Weihnachtsstimmung kommen - wie unlöblich.
15.30 Uhr Nachdem Katze Jenny noch freundlich in die Muschel geschnurrt hat, beende ich das Telefonat und lege ganz schnell auf. Danach begebe ich mich in die Küche und mache mich daran, ein kleines Kaffeekränzchen zuzubereiten. Heute gibt es frischen Bohnenkaffee sowie ein Stück Erdbeertorte aus der Winn Dixie Bäckerei - wie gut das duftet.
16.00 Uhr Ich lasse mir die Köstlichkeiten redlichst im Arbeitszimmer schmecken und stelle nebenbei die Verbindung zum weltweiten Internetz her. Als erstes segle ich auf meine löbliche Heimseite und arbeite die Post im elektronischen Briefkasten ab. HEUREKA - auch heute wenden sich wieder viele Heimseitenbesucher mit ihren Sorgen und Ängsten an mich und fordern qualifizierte Ratschläge. Unter anderem lese ich den Brief eines redlichen Rentners (65) aus Bochum, der sich nicht entscheiden kann, wo er seinen nächsten Urlaub verbringen soll. Selbstverständlich gehe ich intensiv auf die Problematik ein und empfehle dem Mann ausserdem meinen diesbezüglichen Anschnurbericht.
16.45 Uhr Ich beantworte noch einige Fragen besorgter Eltern und sorge dann im elektronischen Gästebuch für Ordnung. Ferner verfasse ich ein Schreiben an Prof. Kuhn und bitte ihn, Familie Omariba in den nächsten Tagen einen Besuch abzustatten und die Bauarbeiten im Waldweg 7 zu überwachen - sicher ist sicher.
17.30 Uhr Düdeldü - endlich ist die anstrengende Arbeit erledigt und ich kann den Heimrechner mausdrückend herunterfahren. Zur Belohnung eile ich in die Küche und öffne den grossen 22 cubic foot (löblich: 623 Liter) GE Kühlschrank, um mir ein kühles Budweiser zu genehmigen - das tut jetzt so richtig gut.
18.00 Uhr Während ich gemütlich auf der Terrasse sitze und den gesunden Hopfentrunk geniesse, betrachte ich den tropischen Garten im letzten Licht des Tages und kann kaum glauben, dass wir bereits in drei Wochen den zweiten Weihnachtsfeiertag begehen. Ich bin mir allerdings nicht sicher, wo ich das diesjährige Weihnachtsfest verbringen werde. HEUREKA - Weihnachten im kanadischen Toronto stelle ich mir wirklich sehr stimmungsvoll vor.
18.45 Uhr Langsam knurrt mir der Magen und ich ziehe mich laut seufzend ins Haus zurück. Da ich heute Mittag bereits fürstlich gespeist habe, werde ich mich jetzt mit einer kleinen Brotzeit begnügen - schliesslich muss ich auf meine Diät achten. Heute Abend gibt es mit Schinken, Käse und Tomate belegte Brote sowie einen vitaminreichen Apfel und ein grosses Glas Coca Cola.
19.15 Uhr Ich lasse mir die feine Mahlzeit im Wohnzimmer munden und blättere nebenbei in der Fernsehzeitung, um nach rentnergerechter Unterhaltung zu suchen. Schnell werde ich fündig und sehe, dass auf dem Sender ABC wieder ein löblicher Weihnachtsfilm namens "Santa Claus is comin` to town" (löblich: Santa Klaus kommt in die Stadt) auf dem Programm steht - wie schön. Ruckzuck sorge ich in der Küche für Sauberkeit und Ordnung und öffne zur Feier des Tages eine Packung Kartoffeltschips - das darf zu einem gemütlichen Fernsehabend nicht fehlen.
20.00 Uhr Endlich fängt der Weihnachtsfilm aus dem Jahre 1970 an und ich werde Zeuge, wie Fred Astaire und Mickey Rooney den Hauptfiguren dieser Geschichte ihre Stimmen leihen. Der Film erklärt die Legende vom Weihnachtsmann und warum er anfing, den Kindern Geschenke zu bringen - wie aufregend. Ich komme aus dem Staunen gar nicht mehr heraus und hoffe sehr, dass Santa Klaus auch für mich löbliche Präsente vorbereitet hat.
21.30 Uhr Laut gähnend beende ich den heutigen Fernsehabend und unternehme einen Rundgang durchs Ferienhaus, um Fenster und Türen sicher zu verschliessen. Danach gehe ich zufrieden ins Bett und lese noch etwas in der Bibel. Gute Nacht.
Mein Kühlschrank:
Herr Wang blickt über den Zaun:
http://pfaffenberg.permuda.net/freunde2.html#wang
Reisebericht: Mein Ausflug in die Musikstadt Nashville:
http://pfaffenberg.permuda.net/nashville2005.html
Mein Haustier - Katze Jenny:
http://pfaffenberg.permuda.net/jenny.html
Ich arbeite die Post im elektronischen Briefkasten ab ..
http://pfaffenberg.permuda.net/ebriefe.html
... und gebe qualifizierte Ratschläge:
http://pfaffenberg.permuda.net/kummerkasten.html
Bericht: Der löbliche Urlaub:
http://pfaffenberg.permuda.net/urlaub.html
Bericht: Das löbliche Weihnachtsfest:
http://pfaffenberg.permuda.net/weihnachten.html
Bericht: Eis und Schnee:
http://pfaffenberg.permuda.net/eis.html
TV LÖBLICH - das löbliche Fernsehprogramm:
http://pfaffenberg.permuda.net/tvloeblich.html
verfasst
von Reinhard Pfaffenberg am 05.12.2006
©
Reinhard Pfaffenberg |
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