Reinhard Pfaffenbergs löbliches Tagebuch Archiv

 

 

01.12.2006

07.00 Uhr Ich werde durch meinen leistungsstarken Weltempfänger geweckt und lausche der Musik eines amerikanischen Landmusiksterns namens Tim Murphy - wie schön. Beschwingt von den Klängen des Liedes "American Heroes" (löblich: amerikanische Helden) hüpfe ich aus dem Bett und eile in den Garten, um die wichtige Morgengymnastik durchzuführen. Während ich meine Muskeln mit stetigem Auf- und ab Hüpfen stähle, werde ich plötzlich Zeuge, wie ein besonders ekelerregender Ajaja Vogel durch das Dickicht der tropischen Pflanzen schleicht und laut quakt - wie unlöblich. Naserümpfend zeige ich dem Federträger den Vogel und kehre ganz schnell ins Haus zurück. HEUREKA - gleich nach dem Frühstück werde ich mich an die Arbeit machen und den Garten auf Vordermann bringen. Schliesslich kann es nicht sein, dass sich direkt neben dem Schwimmbecken gefährliche Ajajas ansiedeln und sogar Eier ausbrüten - diesem Missstand muss schnellstens Einhalt geboten werden.
07.30 Uhr Ich entspanne mich bei einem erquickenden Vollbad und höre nebenbei in den Nachrichten, dass nach Informationen der Zeitung "Die Welt" in der deutschen Stasi-Unterlagenbehörde ehemalige Mitarbeiter der DDR-Staatssicherheit beschäftigt sind - das darf doch wohl nicht wahr sein. Weiter berichtet das Blatt, dass es sich um mindestens 50 Personen handelt, die zu DDR Zeiten hauptamtlich als Stasi-Spitzel tätig waren und nun hohe Posten bei der sogenannten Birthler-Behörde einnehmen - wie unlöblich. Obwohl die besagte Behörde bis zu diesem Zeitpunkt keine Stellungnahme abgeben wollte, haben sich beherzte Politiker von CDU und CSU zu Wort gemeldet und eine schnelle Aufklärung gefordert. Unterdessen hat auch der Bundestag Nägel mit Köpfen gemacht und das geänderte Stasi-Unterlagengesetz mit grosser Mehrheit angenommen. Unter anderem sieht der Beschluss vor, während der nächsten fünf Jahre führende Mitarbeiter im öffentlichen Dienst auf mögliche Stasi-Mitgliedschaften zu überprüfen und gegebenenfalls zu verurteilen - wie schön. Während alle demokratischen Parteien diesem Vorschlag zustimmten, haben die Abgeordneten der LINKSPARTEI.SED mit "Nein" votiert und verlauten lassen, dass man unter die "DDR-Vergangenheit endlich einen Schlussstrich ziehen sollte" - das würde den ehemaligen Mauerschützen, SED-Funktionären und Linksextremisten so passen.
08.15 Uhr Just als ich aus der Badewanne springe und zum Handtuch greife, klingelt das Telefon laut und ganz besonders aggressiv. Zu meiner Überraschung ist Herr Wang im Rohr und berichtet, dass er heute im Heimwerkerladen "Home Depot" wunderschöne Weihnachtsdekoration erwerben will - das ist eine hervorragende Idee. Selbstverständlich sage ich sogleich zu und verspreche meinem Nachbarn, gleich nach dem Frühstück in die Gänge zu kommen. Laut pfeifend werfe ich mich in Schale und lasse mir danach ein reichhaltiges Frühstück, bestehend aus delikatem Frühstücksfleisch, Rührei und gerösteten Weissbrotscheiben (unlöblich: Toast) munden - schmeckt wirklich ganz ausgezeichnet.
08.45 Uhr Nachdem ich die Küche auf Vordermann gebracht und die Geschirrspülmaschine befüllt habe, statte ich Herrn Wang cowboybehütet einen Besuch ab, um festzustellen, dass der gute Mann zigarrerauchend auf der Terrasse sitzt - wie unlöblich. Obwohl ich sofort auf die schrecklichen Gefahren des Rauchens aufmerksam mache, will mein Gegenüber von all dem nichts wissen und behauptet, dass wir lieber aufbrechen sollten - wie unlöblich. Missgelaunt springe ich in den JEEP und kruse wortlos auf der Vanderbild Beach Road gen Westen. Nach knapp zwei Meilen biege ich auf die Airport Pulling Road in nördliche Richtung ab und bringe den JEEP nach weiteren vier Meilen sicher vor dem eindrucksvollen "HOME DEPOT" Einkaufszentrum zum Stehen. Gemeinsam mit meinem Nachbarn betrete ich den Flachbau und stelle staunend fest, dass auf der Verkaufsfläche mindestens vier Obi-Baumärkte Platz finden würden - wie aufregend. Gutgelaunt schnappen wir uns zwei Einkaufswagen und laden allerhand Lichterketten, dekorative Weihnachtskränze, einen Plastikchristbaum für Aussen, beleuchtete Rentier- sowie Christkindfiguren, einen aufblasbaren Nikolaus, traditionelle amerikanische Weihnachtssocken, Kerzen, weihnachtliche Zuckerdose, Weihnachtsfussabstreifer sowie Mistelzweige für die Eingangstüre ein - wie schön.
09.30 Uhr Als es ans Bezahlen geht, bemerke ich schnell, dass ich für die Dekorationsartikel 218,57 DOLLARS hinblättern muss - wo soll das noch hinführen. Wenn das so weitergeht, werde ich bald von Wasser und Brot leben und ins Armenhaus ziehen müssen. Laut seufzend bezahle ich die gesalzene Rechnung in Bar und höre nebenbei, dass Herr Wang mit 517,23 DOLLARS noch viel mehr Geld auf den Tresen legt - es muss wirklich schön sein, wenn man reich ist.
10.00 Uhr Nachdem wir die Einkäufe unter grösster Mühe im JEEP verstaut haben, machen wir uns auf den Heimweg und freuen uns, unsere Häuser redlichst für das Weihnachtsfest schmücken zu dürfen - das wird ein Vergnügen.
10.30 Uhr Zurück im Ferienhaus entledige ich mich zu aller erst meiner Kleidung und schlüpfe in eine bequeme Bermudahose und ein schlichtes T-Hemd aus der Reinhard Pfaffenberg Kollektion - diesem subtropischen Wetter hält nicht einmal der stärkste Rentner stand. Anschliessend lasse ich mir ein eisgekühltes Budweiser Bier auf der Einfahrt munden und werde nebenbei Zeuge, wie Herr Wang eine Staffelei aufstellt und die Lichterketten am Hausdach befestigt - wie schön. Selbstverständlich tue ich es meinem Nachbarn gleich und schaffe es ebenfalls im Handumdrehen, eine blinkende Lichterkette mit 2.000 lustigen LED-Leuchten am Gebäude anzubringen.
11.00 Uhr Nachdem ich die Lichter auf ihre Funktion überprüft habe, ramme ich den Plastikweihnachtsbaum im Vorgarten in die Erde und stelle gekonnt die Stromverbindung her - wie hübsch das aussieht. Völlig verschwitzt proste ich Herrn Wang mit einer weiteren Flasche Bier zu und bin ganz sicher, dass uns die Nachbarn sicherlich beneiden werden. Herr Wang nickt eifrig und lässt es sich nicht nehmen, einen beleuchteten Rentierschlitten aus Draht sowie mehrere Santa Kläuse auf den Dächern unserer Villen zu postieren - da kommt Freude auf.
12.00 Uhr Just als ich uns weitere Biere kredenze und mir den Schweiss von der Stirn wische, kommt plötzlich ein schnittiger Porsche vor dem Eigenheim zum Stehen. Während Herr Wang weiter arbeitet, hüpfe ich sportlich von der Leiter und sehe, wie Frau Goldsmith elegant auf dem Fahrzeug steigt. Natürlich begrüsse ich die frischvermählte Dame per Handschlag und erkundige mich nach dem Rechten. Die gute Frau wünscht mir einen schönen Tag und berichtet, dass sie erst vor wenigen Minuten aus Miami zurückgekehrt ist und uns zum Mittagessen einladen wollte - dazu sagen wir natürlich nicht nein. Obwohl ich für diesen Anlass gar nicht passend gekleidet bin, winkt Frau Goldsmith schnell ab und sagt, dass wir unser Mahl am besten im Haupthaus des "Tiburon Golfverein" einnehmen sollten - das ist eine hervorragende Idee.
12.30 Uhr Nachdem ich ein gelbes Polohemd angezogen habe, geht die Fahrt auch schon los. Frau Goldsmith prescht mir quietschenden Reifen davon und kommt bereits nach knapp einer halben Meile auf dem Parkplatz vor besagtem Vereinsgebäude zum Halten - diesen Weg hätte man auch leicht per Fuss zurücklegen können. Ich springe voller Elan vom Beifahrersitz des Carrera und folge meinen beiden Begleitern redlichst auf die Sonnenterrasse.
13.00 Uhr Während Frau Goldsmith ein Glas frisch gepressten Orangensaft und einen kleinen Salat mit Joghurtsosse verköstigt, schlagen wir ordentlich zu und lassen und Schnitzel (unlöblich: Steaks) vom Grill, Ofenkartoffeln und köstliche Miller Biere aus Kristallgläsern munden - das schmeckt. Nebenbei plaudern wir redlichst und erfahren, dass Frau Goldsmith mit ihrem Ehemann, Herrn Porello, am 25. November nach Miami geflogen ist und an einem Familientreffen teilgenommen hat - wie interessant. Als ich genauer nachfrage, redet mein Gegenüber um den heissen Brei herum und behauptet, dass es eigentlich kein Familientreffen im herkömmlichen Sinne, sondern vielmehr ein Zusammentreffen der einflussreichsten italienischen Familien Südfloridas war - nun weiss ich ganz genau Bescheid. Da Herr Porello bekanntlich der Mafia angehört und sein Geld mit zwielichtigen Geschäften verdient, wechsle ich ganz schnell das Thema und komme stattdessen auf das viel zu heisse Wetter zu sprechen. Frau Goldsmith gibt mir ganz recht und sagt voraus, dass es in der kommenden Woche noch viel wärmer werden wird - das hat gerade noch gefehlt.
14.00 Uhr Nach weiteren Kaltgetränken ruft Frau Goldsmith endlich den Ober herbei und bezahlt die gesalzene Rechnung mit einem unlöblichen Zahlungsmittel namens VISA. Anschliessend verlassen wir erheitert die nette Lokalität und begeben uns zum Fahrzeug, um nach Hause zu fahren.
14.30 Uhr Als ich verschwitzt im Eigenheim eintreffe, drehe ich als erstes die Klimaanlage auf die höchste Stufe und lasse mich dann aufs Sofa im Wohnzimmer fallen - ein kleiner Mittagsschlaf kann nach dem ganzen Stress nicht schaden. Schon bald finde ich mich im Land der Träume wieder und sehe eine Mass Bier sowie einen deftigen Schweinebraten mit Kraut und Knödel im Biergarten des "Wilden Esel" vor mir stehen - wie schön.
15.30 Uhr Just als ich im Traum genüsslich einen Eisbecher Pumuckl verspeise, werde ich durch lautes und sehr aggressives Telefonklingeln geweckt - wie unlöblich. Mein Bruder Georg ruft direkt aus seinem Büro in Toronto an und fragt, wie es mir in Naples ergeht. Selbstverständlich gebe ich wahrheitsgemäss Auskunft und berichte, dass ich heute bereits Weihnachtsdekoration gekauft und das Haus redlichst geschmückt habe. Georg ist begeistert und sagt, dass ihm diese Arbeit am Wochenende bevorsteht und Maria schon sämtlichen Weihnachtskrimskrams vom Speicher geholt hat. Angeblich will mein Bruder sein löbliches Eigenheim in Toronto mit sage und schreibe 4.000 Lichtern weihnachtlich illuminieren - wie aufregend.
15.45 Uhr Nachdem ich das kostspielige Ferngespräch beendet habe, gehe ich fingerschnippend in die Küche und bereite ein kleines, aber feines Kaffeekränzchen vor.
16.15 Uhr Ich sitze gemütlich auf der Terrasse und lasse mir echten Bohnenkaffee sowie zwei lustige Donuts aus der Wal Mart Bäckerei schmecken. Ausserdem atme ich tief durch und mache mir beim Blick auf die tropische Vegetation meine eigenen Gedanken. HEUREKA - vielleicht sollte ich doch die Zelte in Bayern abbrechen und mich nach einer geeigneten Immobilie in Südwest Florida umsehen.
16.45 Uhr Düdeldü - obwohl ich mich im Urlaub befinde, kümmere ich mich auch heute um die wichtige Anschnurarbeit. Ich fahre fachmännisch den Heimrechner im Arbeitszimmer hoch und segle als erstes auf meine löbliche Heimseite, um mich der Anschnurseelsorge zu widmen. Herr Lothar S. aus Heidelberg schreibt, dass sein Sohn Kevin (15) neuerdings eine kleine Freundin hat und deswegen das Gymnasium vernachlässigt. Ausserdem raucht der Bube heimlich Zigaretten und besucht regelmässig gefährliche Tanzlokale mit Alkoholausschank - wie schrecklich. Ich schlage die Hände über dem Kopf zusammen und rate dem armen Mann, seinen Sohn in ein Internat zu stecken oder sich an das Jugendamt zu wenden - so kann es jedenfalls nicht weitergehen.
17.30 Uhr Nachdem ich mehrere Briefe mausdrückend abgesendet habe, sorge ich im elektronischen Gästebuch für Ordnung und freue mich über die vielen neuen Einträge freundlicher Heimseitenbesucher. Ferner verfasse ich ein Schreiben an meinen ehemaligen Studienkollegen Thomas Kronach in New York und erinnere ihn, dass er mich in den nächsten Wochen im Lowbank Drive besuchen kann, falls er wieder einmal geschäftlich nach Florida kommt.
18.15 Uhr Endlich ist alles abgearbeitet und ich kann den Heimrechner herunterfahren - wie schön. Weil mir jetzt der Magen knurrt, gehe ich direkt in die Küche und überlege, was ich wohl zum löblichen Abendessen zaubern könnte. Schon nach wenigen Minuten habe ich mich entschieden und greife ins Eisfach, um eine köstliche Tiefkühlpizza hervorzuholen - das geht schnell und schmeckt.
19.00 Uhr Ich lasse mir die feine Salamipizza sowie einen vitaminreichen Gurkensalat im Esszimmer schmecken und trinke ein Gläschen vollmundigen Rotwein aus dem goldenen Kalifornien dazu - das passt ganz ausgezeichnet. Bei dieser Gelegenheit blättere ich im Rand McNally Strassenatlas und suche nach potentiellen Ausflugszielen. Natürlich werde ich auch auf das weltbekannte Disney World (löblich: Disney Welt) in Orlando aufmerksam und erkenne, dass dieser Vergnügungspark ungefähr 240 Meilen entfernt ist. Sollte ich wirklich dorthin reisen, müsste ich auf jeden Fall ein oder zwei Übernachtungen in Orlando einplanen. HEUREKA - als Rentner kann ich mir das höchstwahrscheinlich nicht leisten.
19.45 Uhr Ich sorge in der Küche für Sauberkeit und Ordnung und begebe mich dann ins Wohnzimmer, um einen entspannten Fernsehabend zu verbringen. Gekonnt schalte ich mich durch die vielen Programme und suche nach rentnergerechter Unterhaltung - leider ohne Erfolg.
20.00 Uhr Schliesslich werde ich auf dem Sender ABC fündig und verfolge einen spannenden Weihnachtsfilm namens "The Polar Express" (löblich: Der Polar Schnellzug) aus dem Jahre 2004. Erzählt wird die Geschichte eines 8jährigen Jungen, der einen magischen Zug in Richtung Nordpol besteigt, um Santa Klaus zu treffen - wie aufregend.
21.45 Uhr Ein stimmungsvoller Fernsehabend geht zu Ende und ich schalte den neumodischen Farbfernseher aus. Nachdem ich Fenster und Türen sicher verschlossen habe, gehe ich zufrieden ins Bett und lese noch etwas in der Bibel.

Ich kaufe Weihnachtsdekoration:

http://pfaffenberg.permuda.net/homedepotweihnachten.jpg

Herr Wang ruft zur frühen Stunde an:
http://pfaffenberg.permuda.net/freunde2.html#wang

Wir besuchen gemeinsam einen Baumarkt namens "Home Depot":
http://www.homedepot.com/

Mein Stammlokal in der fernen Heimat - der "Wilde Esel":
http://pfaffenberg.permuda.net/esel/index.html

Auch heute kümmere ich mich um die wichtige Anschnurarbeit:
http://pfaffenberg.permuda.net/kummerkasten.html

Bericht: Zigaretten und andere Rauchwaren:
http://pfaffenberg.permuda.net/zigaretten.html

Bericht: Unlöbliche Zahlungsmittel:
http://pfaffenberg.permuda.net/zahlen.html

Bericht: Vorsicht vor gefährlichen Tanzlokalen:
http://pfaffenberg.permuda.net/tanzlokale.html

Mein löbliches Anschnurgästebuch:
http://two.guestbook.de/gb.cgi?gid=626861&prot=bprirl

Mein Andenkenladen:
http://pfaffenberg.permuda.net/kummerkasten.html

 

verfasst von Reinhard Pfaffenberg am 01.12.2006
© Reinhard Pfaffenberg