24. April 2014 – Ich renoviere die gute Stube

pfaffenbergkl

08.00 Uhr Ich öffne die Augen und freue mich auf einen sonnigen Tag unter Palmen. Um nicht noch mehr Zeit im Bett zu vertrödeln, stehe ich auf und stähle meine Muskeln auf der Terrasse. Ausserdem sehe ich mich mit Frau Pontecorvo konfrontiert und höre, dass sie gestern einen Elektriker zu Gast hatte. Meine Nachbarin seufzt laut und beteuert, dass der Fachmann eine defekte Steckdose auswechseln musste. Ich nicke eifrig und lasse die Dame wissen, dass man als Hausbesitzer immer etwas zu tun hat.

steckdose
Eine amerikanische Doppelsteckdose

09.00 Uhr Nach einem löblichen Wirbelbad setze ich mich an den Wohnzimmertisch und verzehre in Hund Dixons Beisein ein spärliches Frühstück. Nebenher mache ich mir meine eigenen Gedanken und komme angesichts der vergilbten Wände zu dem Schluss, dass die gute Stube renoviert werden muss. Da ich nicht mehr der Jüngste bin, tippe ich Frau Gomez Telefonnummer in die Schwarzbeere (unlöblich: Blackberry) und gebe vor, dass ich einen Tschob für ihren unterbelichteten Cousin habe. Meine Zugehfrau wird sogleich hellhörig und meint, dass Herr Miguel jederzeit bereit wäre, den Malerpinsel gegen Bezahlung zu schwingen – wie schön.
09.30 Uhr Nachdem ich die gute Seele beauftragt habe, meine Telefonnummer an ihren Verwandten weiterzugeben, beende ich das Gespräch und eile in den Garten. Ich versorge die Pflanzen sowie die hochgewachsene Petersilie mit Wasser und mache es mir ausserdem zur Aufgabe, Dixon einen Tennisball zuzuwerfen – das macht Spass.

petersilie
Ich versoge das Petersilienbeet mit H²O

10.15 Uhr Wenig später summt das Telefon und Herr Miguel meldet sich am anderen Ende der Leitung. Der Handlanger kommt in einem kaum verständlichen Kauderwelsch aus englischen und spanischen Wortfetzen auf meine Renovierungsabsichten zu sprechen und kündigt an, am Samstag vorbei zu schauen. Ich gebe mich erleichtert und vernehme, dass ich die Wandfarbe im “Home Depot” Baumarkt selbst besorgen muss.
11.00 Uhr Letztendlich verabreden wir, dass Miguel am Samstag gegen 10 Uhr auf der Matte stehen wird. Ich lege den Telefonhörer auf die Gabel und rufe nach Dixon. Als der Rüde nach wenigen Augenblicken ins Wohnzimmer kommt, klatsche ich in die Hände und gebe zu Protokoll, dass wir jetzt den Baumarkt unseres Vertrauens ansteuern müssen. Dixon ist ganz aus dem Häuschen und rennt wie von Sinnen zum Auto.
11.30 Uhr Nach einer kurzweiligen Ausfahrt parke ich den PS-strotzenden SUV vor der “Home Depot” Filiale an der Pine Ridge Road und schlendere mit dem Vierbeiner zur Farbenabteilung. Ein freundlicher Mitarbeiter hilft mir bei der Auswahl und legt mir nahe, auf Produkte aus dem Hause “Behr” zu vertrauen. Der Depp kommt aus dem Plappern gar nicht mehr heraus und behauptet, dass besagte Farben mit hervorragender Deckkraft überzeugen.
12.15 Uhr Letztendlich entscheide ich mich für einen beigen Farbton und hieve zwei Kübel zu je 32 Dollars in den Einkaufswagen. Danach werde ich an der Kasse vorstellig und bezahle die Rechnung mit meiner praktischen Meisterkarte (unlöblich: Master Card).
12.45 Uhr Weil das kulinarische Wohl nicht zu kurz kommen darf. kehre ich im Anschluss ins benachbarte “Grouper Grille Seafood Restaurant” ein. Während es sich Dixon unter dem Tisch bequem macht, ordere ich bei einer rassigen Kellnerin mit monströser Oberweite ein Chicken Sandwich (löblich: Hühnerbrot) mit Shrimps (löblich: Krabben), Kartoffelstäben und Salat – schmeckt gar nicht schlecht.
13.30 Uhr Nach der Jause trete ich zufrieden die Heimfahrt an. Unterdessen telefoniere ich mit Edelbert und berichte, dass ich am Samstag das Wohnzimmer streichen werde. Edelbert ist begeistert und wirft ein, dass er vorbeikommen und mir beim Abdecken der Möbel helfen wird – das soll mir Recht sein.

willoughby
Mein Zuhause unter Palmen

14.00 Uhr Zurück im Willoughby Drive bette ich mich auf dem Kanapee zur Ruhe und träume von meiner nervenaufreibenden Reise quer durch den nordamerikanischen Kontinent – das waren noch Zeiten.
15.00 Uhr Ich erwache ausgeschlafen und werde Zeuge, wie sich Frau Pontecorvo meinem Zuhause nähert. Natürlich winke ich die kleine Frau zuvorkommend herein und entkorke eine Flasche Veuve Clicquot Schaumwein.
15.30 Uhr Wegen der grossen Hitze bleiben wir im Wohnzimmer und lassen uns zum perlenden Sprudelsekt lustige Kartoffelchips schmecken. Selbstverständlich weihe ich Frau Pontecorvo in die anstehende Renovierung ein und informiere, dass sich Frau Gomez Cousin bereiterklärt hat, die Arbeit kostengünstig zu übernehmen.
16.00 Uhr Nachdem sich die Perle verabschiedet hat, nehme ich am Schreibtisch Platz und komme meinen Pflichten als Anschnurseelsorger nach. Auch heute schufte ich hart und rate einem unentschlossenen Wähler, bei der Europawahl am 25. Mai sein Kreuz bei der redlichst AfD zu machen. Wie jeder weiss, setzt sich die Partei für konservative Werte und mehr direkte Demokratie innerhalb Europas ein.

afd
Ich würde die AfD wählen – aber ich wähle nicht

17.00 Uhr Nach der schweisstreibenden Arbeit schiebe ich eine vitaminreiche TOMBSTONE Tiefkühlpizza ins vorgeheizte Ofenrohr und zaubere einen farbenfrohen Beilagensalat mit perfekt aufgeschnittenen Zwiebelringen. 18.00 Uhr Nachdem ich in der Küche für Sauberkeit gesorgt und Dixons Napf mit Trockenfutter aufgefüllt habe, lege ich im Wohnzimmer die Beine hoch. Ich schalte die Glotze ein und erfahre auf FOX, dass in Armenien heute der “Völkermord Erinnerungstag” begangen wird. Der Nachrichtensprecher blickt traurig drein und rechnet vor, dass zwischen 1915 bis 1923 bis zu 1,5 Millionen Armenier im Osmanischen Reich ermordet wurden – wie furchtbar.
18.45 Uhr Um etwas Abwechslung zu bekommen, wähle ich den Filmsender HBO aus und erfreue mich am abendfüllenden Spielfilm “Speed” (löblich: Geschwindigkeit), der von einem entführten Linienbus erzählt.
20.45 Uhr Als der Abspann über die Mattscheibe flimmert, wische ich mir den Angstschweiss von der Stirn und begleite Dixon noch einmal in den Garten. Anschliessend reguliere ich die Klimaanlage und lege mich schlafen. Gute Nacht.

16. Februar 2014 – Pizza, Sauna und ein neuer Bürgermeister

sandra5

Hallo Freunde,

unsere gestrige Putzaktion hat bis Mitternacht gedauert.
Cousin Bernd war auch da und war so freundlich, die Treppe zu wischen und die Wellness Oase auf Vordermann zu bringen. Wegen der Arbeit war es uns nicht einmal möglich, ein Abendessen zu kochen. Nur gut, dass es in unserer Gemeinde mehrere Lieferdienste gibt, die bis 22:00 Uhr leckere Pizzas, Nudeln und natürlich auch Getränke ausliefern 😉

pizza123
Pizza – lecker

Heute ist chillen angesagt.
Ich hab’ vom Staubwischen einen tierischen Muskelkater und kann mich kaum bewegen. Um morgen topfit zu sein, werde ich mich gleich in die Sauna legen und anschliessend baden. Ausserdem muss ich noch den tollen Stephen King Roman “Shining” auslesen 🙂

shining
Stephen King – Shining

Die kommende Woche wird sehr stressig.
Im Kreisverwaltungsreferat brennt derzeit der Baum, weil am 16. März 2014 die Kommunalwahlen anstehen. München sucht einen neuen Oberbürgermeister, denn Christian Ude muss nach 21 Jahren seinen Posten im Rathaus endlich räumen. Zur Wahl stehen Dieter Reiter von der SPD, Josef Schmid (CSU), Sabine Nallinger (Grüne) und Michael Mattar von der FDP. Die besten Chancen werden Josef Schmid eingeräumt. Vielleicht schafft es der CSU Mann, nach 30 Jahren die SPD-Vormachtstellung in der Landeshauptstadt zu brechen und als zweiter CSU Politiker nach Erich Kiesl ins Rathaus einzuziehen.

Wir im KVR sind derzeit damit beauftragt, Briefwahlunterlagen herzustellen und alle Münchner und Münchnerinnen zu erfassen, die am Wahltag ihre Stimme per Brief abgeben wollen. Wie ihr seht, ist mein Job im Kreisverwaltungsreferat echt spannend 🙂

Okay, nun wünsche ich euch eine tolle und spannende Woche.
Eure Sandra

12. September 2013 – Gewählt wird !!!

pfaffenbergkl

07.45 Uhr Der Radiowecker geht an und ich rolle mich sportlich aus dem Wasserbett. Als ich mit Hund Dixon an meiner Seite nach draussen eile, werde ich auf einen Mitarbeiter des US POSTAL SERVICE aufmerksam. Der Heini überreicht mir einige Briefe und sagt, dass das warme Wetter zu einem Strandbesuch einlädt – papperlapapp.
08.15 Uhr Um nicht noch mehr Zeit zu vertrödeln, verabschiede ich mich in die Nasszelle und nehme ein löbliches Wirbelbad. Während ich die Seele baumeln lasse, nehme ich die Briefe in Augenschein und freue mich, endlich die Wahlunterlagen für die Landtags- und Bezirkstagswahl in Händen zu halten.
09.15 Uhr Kurz vor dem Zehnuhrläuten schlüpfe ich in bequeme Freizeitkleidung und bemerke, dass im Briefumschlag auch noch ein gelber Zettel für diverse Volksentscheide steckt. Ich kratze mich nachdenklich an der Schläfe und lese, dass ich auch über “Gleichwertige Lebensverhältnisse in Stadt und Land”, “Förderung des Ehrenamts”, “Informationspflicht bei EU-Angelegenheiten”, “Schuldenbremse” und über die “Finanzausstattung der Gemeinden” abstimmen kann. HEUREKA – diesen Unsinn muss man gehört haben.

keinewahl
Diese Parteien kann man nicht ernst nehmen

10.00 Uhr Als ich Rühreier mit Speck verzehre, klopft Frau Pontecorvo an die Terrassentüre. Ich winke die Dame freudig herein und kredenze ihr ein Heissgetränk. Ferner verweise ich auf die Stimmzettel und stelle klar, dass ich gleich einer Partei mein Vertrauen aussprechen werde. Meine Nachbarin macht grosse Augen und meint, dass es in meiner Heimat unzählige Parteien gibt. Ich nicke eifrig und unterbreite, dass man Wählergruppen wie die BüSo, die Frauenliste Bayern oder die in LINKSPARTEI umbenannte SED kaum ernst nehmen kann.
10.30 Uhr Bevor meine Bekannte Worte findet, greife ich zum Kugelschreiber und votiere für die Bürgerrechtspartei “Die Freiheit”. Unterdessen mache ich Frau Pontecorvo mit dem Wahlprogramm der “Freiheit” vertraut und erzähle, dass Herr Michael Stürzenberger – seines Zeichens bayerischer Landesvorsitzender – grösstes Augenmerk auf Meinungsfreiheit, Demokratie, Transparenz und Patriotismus setzt.

meinewahl02
Landtagswahl: Meine Stimme für “Die Freiheit”

11.00 Uhr Nachdem ich auch den Stimmzettel für die Bezirkstagswahl ausgefüllt habe, verfrachte ich die Unterlagen in den roten Umschlag und vergesse auch nicht, die eidesstattliche Versicherung über die persönliche Stimmabgabe zu unterschreiben – wie aufregend.

meinewahl01
Bundestagswahl: Meine Stimme für die AfD

11.30 Uhr Just als ich den Umschlag mit Briefmarken frankiere, späht Frau Pontecorvo auf ihre Armbanduhr und erinnert, dass es langsam Zeit für das Mittagessen wird. Ich schlage in die gleiche Kerbe und rege an, dass wir zuerst eine Express-Postfiliale ansteuern und dann ins “New York Pizza & Pasta” Gasthaus einkehren könnten.
12.00 Uhr Pünktlich zur Mittagszeit finden wir uns im besagten Restaurant wieder und setzen uns an einen einladenden Fenstertisch. Ein zuvorkommender Kellner lässt nicht lange auf sich warten und behauptet, dass der Koch das Filet vom Red Snapper (löblich: Roter Schnapper) in Lauchsauce empfehlen kann. Wir winken ab und ordern stattdessen vitaminreiche Pizzas mit Schwammerl und luftgetrockneter Salami. Dazu gibt es Salate sowie süffiges Diät Cola – das schmeckt.
12.45 Uhr Nach dem Hauptgang winke ich den Ober erneut an den Tisch und trage ihm auf, zwei Zitronensorbets sowie Kaffee zu servieren. Frau Pontecorvo schnalzt mit der Zunge und mutmasst, dass ich die Spendierhosen angezogen habe. Ich schenke der Guten ein Lächeln und antworte, dass es mir eine Ehre ist, sie einzuladen.
13.30 Uhr Nachdem ich dem Knecht ein stattliches Trinkgeld beschert habe, kehre ich zum Auto zurück und helfe meiner Nachbarin auf den Beifahrersitz. Danach lasse ich den Motor aufheulen und kruse radiohörend nach Hause.
14.00 Uhr Weil ich mich vor Müdigkeit kaum noch auf den Beinen halten kann, lege ich in der guten Stube ein kleines Päuschen ein. Bereits nach wenigen Augenblicken schlummere ich ein und träume von meiner anstehenden Kulturreise in den grossen Apfel (unlöblich: Big Apple) – das wird ein Vergnügen.
15.00 Uhr Leider wird die himmlische Ruhe bald und ohrenbetäubendes Telefonklingeln unterbrochen. Zu allem Überfluss meldet sich Edelbert und berichtet, dass er gerade im Miromar Outlet Store (löblich: Miromar Auslassgeschäft) abschoppt. Der gute Mann überschlägt sich vor Freude und sagt, dass er sich einen nagelneuen SAMSONITE Rollkoffer gekauft hat – das soll mir Recht sein.
15.30 Uhr Um die Nachmittagsstunden sinnvoll zu gestalten, schalte ich den Heimrechner ein und beginne mit der Anschnurarbeit. Unter anderem schildert mir Frau Ute K. aus Lotte ihr Leid und schreibt, dass sich ihr Sohn (7) strickt weigert, in die Schule zu gehen. Ich kann es kaum glauben und rate dazu, den Rüpel zur Adoption freizugeben – wo kämen wir denn da hin.

dixon
Ein glücklicher Rüde: Hund Dixon

16.30 Uhr Bevor der wohlverdiente Feierabend beginnt, unternehme ich mit dem Haustier einen Spaziergang. Wir schlendern an den gepflegten Nachbarhäusern vorbei und halten mit der ehemaligen Olympiateilnehmerin Frau Crane ein Schwätzchen. Die Dame streichelt Dixon über den Kopf und meint, dass sie morgen mit ihrem Mischlingsrüden Joey zum Hundefrisör gehen wird – wo soll das noch hinführen.
17.15 Uhr Zuhause angekommen, mache ich mich in der Küche nützlich und sorge im Handumdrehen für ein nahrhaftes Abendessen. Ich koche Bandnudeln auf und verfeinere die Teigwaren mit handgeriebenem Parmesan.
18.00 Uhr Als der Stundenzeiger meiner wertvollen ROLEX auf 6 zeigt, beende ich die Küchenarbeit und freue mich auf einen entspannten Fernsehabend. Ich geselle mich zu Dixon aufs Sofa und fröne der informativen FOX NEWS (löblich: Fuchs Nachrichten) Sendung.
19.00 Uhr Zur besten Sendezeit schalte ich auf HBO um und gebe mich dem kanadischen Kriminalfilm “The Barber” (löblich: Der Frisör) hin, der von einem gewissenlosen Serienmörder erzählt. Ich lehne mich kartoffelchipsknabbernd zurück und komme aus dem Staunen gar nicht mehr heraus.
21.00 Uhr Nach 120 spannungsgeladenen Minuten schalte ich die Glotze aus verschliesse die Haustüre besonders sicher. Anschliessend lösche ich das Licht und gehe ins Bett. Gute Nacht.

7. November 2012 – Der Abschied

07.30 Uhr Ich öffne die Augen und vernehme im Radio, dass die Präsidentschaftswahl ein Kopf an Kopf Rennen war. Augenrollend steige ich aus dem Bett und ärgere mich, Barack Obama vier weitere Jahre im Amt ertragen zu müssen – wo soll das hinführen.
08.00 Uhr Nachdem ich die Morgengymnastik absolviert habe, poche ich an die Gästezimmertüre und rufe Sandra auf, endlich aufzustehen und ihren Koffer zu packen. Die Maid quengelt ohne Unterlass und entgegnet, dass sie erst morgen abfliegen wird.
09.15 Uhr Just als ich mich frisch in Schale geworfen am Frühstückstisch niederlasse, meldet sich mein Gast zu Wort und kündigt an, am Abend eine Grillfeier im Garten ausrichten zu wollen. Meine Tischnachbarin reibt sich die Hände und sagt, dass sie Herrn Wang, Carol, John Avanzatti, Frau Pontecorvo und Prof. Kuhn einladen wird. Ich nicke eifrig und verspreche, dass ich gleich das Alkoholgeschäft meines Vertrauens ansteuern werde. Sandra freut sich und meint, dass sie währenddessen im PUBLIX Supermarkt Lebensmittel und Grillgut besorgen wird.
10.15 Uhr Als ich mit Hund Dixon im Schlepptau die kleine Villa verlasse, fährt der verrostete Kleinwagen meiner Zugehfrau vor. Frau Gomez begrüsst mich winkend und unterbreitet, dass sie am Wochenende nach Mexiko fliegen muss. Als ich genauer nachfrage, rückt die kleinwüchsige Mexikanerin mit der ganzen Wahrheit heraus und stellt klar, dass sie in der kommenden Woche nicht den Hausputz erledigen kann – das ist wieder typisch.
11.00 Uhr Trotz aller Widrigkeiten lasse ich mir die gute Laune nicht verderben und schoppe in “Bob’s Liquor Store” ordentlich ab. Neben Budweiser und erlesenen Rebensäften aus dem goldenen Kalifornien, verlade ich ausserdem zwei Fläschchen Jack Daniels Whiskey in den Einkaufswagen. Im Anschluss werde ich an der Kasse vorstellig und überreiche Herrn Bob meine praktische Meisterkarte (unlöblich: Mastercard).
11.45 Uhr Nachdem wir über den Präsidentschaftswahlkampf geplaudert und an Barack Obama kein gutes Haar gelassen haben, entschliesse ich mich, mit Hund Dixon ins benachbarte “Steak ‘n Shake” Schnellessgasthaus einzukehren. Ich fackle nicht lange und ordere an der Essensausgabe einen “Classic Banana Milkshake” (löblich: Klassische Bananenschüttelmilch) sowie zwei “Frisco Steakburger” with Fries (löblich: San Franzisko Schnitzelburger mit Kartoffelstäben) – schmeckt gar nicht schlecht.
13.00 Uhr Wieder zurück in der Villa, treffe ich Sandra im Garten an. Das Kind breitet eine hellblaue Tischdecke aus und behauptet, dass die Gäste gegen 18 Uhr eintreffen werden. Darüber hinaus bringt die Maid ihren Ausflug in den Supermarkt ins Gespräch und rechnet vor, dass sie für alles zusammen 60 Dollars bezahlen musste – das soll mir Recht sein.
14.30 Uhr Ich erwache ausgeschlafen und bemerke, dass mittlerweile Frau Pontecorvo herübergekommen ist, um Sandra zu helfen. Weil die Damen in der Küche mit den Töpfen klappern, setze ich mich kaffeetrinkend an den Schreibtisch und komme meinen Pflichten als staatlich anerkannter Anschnurseelsorger nach.
15.45 Uhr Während ich die neuesten Einträge im beliebten Gästebuch überfliege, kommt Frau Pontecorvo daher und nörgelt, weil im Kühlschrank keine Mayonnaise zu finden ist. Ich erhebe mich augenrollend aus dem Bürosessel und erwidere, dass ich ein Meisterkoch bin und Mayonnaise stets selbst zubereite.
16.15 Uhr Bevor Frau Pontecorvo antworten kann, mache ich mich in der Küche nützlich und zaubere im Handumdrehen eine deftige Sauce aus Olivenöl und Eigelb.
16.45 Uhr Nachdem ich die Mayonnaise in den Kühlschrank gestellt habe, schneide ich Tomaten in mundgerechte Scheiben und mache Sandra auf den Umstand aufmerksam, dass zum Grillfleisch ein Paradeisersalat gehört.
17.45 Uhr Wenig später klingelt es an der Pforte und wir können Prof. Kuhn, Herrn Wang, Frau Carol und John Avanzatti begrüssen. Ich lotse die lieben Leute spornstreichs auf die Terrasse und kredenze süffigen Pedroncelli Chardonnay aus dem Nappa Valley. Zudem serviert Sandra vitaminreiche Spare Rips (löblich: Schweinerippen) mit Salaten, Kartoffelspalten und deftiger Sauce.
18.30 Uhr Bei dieser Gelegenheit lassen wir den gestrigen Urnengang Revue passieren und sind einstimmig der Meinung, dass die Zukunft nichts gutes bringen wird. Herr Wang blickt besonders skeptisch drein und unkt, dass der Obama während der kommenden vier Jahren ordentlich die Steuern erhöhen und den Bürgern tief in die Tasche greifen wird – wie wahr.
19.45 Uhr Im weiteren Verlauf des Abends frage ich Sandra bezüglich ihres Tschobs im Münchner KVR aus und erfahre, dass sie mit dem Gedanken spielt, auch Weihnachten in Florida zu verbringen – das kann ja heiter werden.
21.30 Uhr Eine schöne Feier geht zu Ende und wir verabschieden die Gäste händeschüttelnd. Sandra gibt sich deprimiert und sagt, dass ihr siebzehntägiger Aufenthalt wie im Fluge vergangen ist. Ich rede dem Mädchen gut zu und animiere es, positiv in die Zukunft zu blicken. Ferner schenke ich der jungen Frau etwas Wein nach und beschalle die kleine Villa mit Sade Musik – das ist Romantik pur.
22.30 Uhr Da ich mich vor Müdigkeit kaum noch auf den Beinen halten kann, wünsche ich Sandra angenehme Träume und unternehme mit Dixon einen Spaziergang durch den Garten. Danach reguliere ich die Klimaanlage und gehe ins Bett. Gute Nacht.

Sandra muss morgen nach Hause fliegen:

6. November 2012 – Wahltag

07.45 Uhr Ich werde durch mein fiependes Haustier geweckt und bemerke, dass ich den Radiowecker überhört habe. Weil meine Zeit äusserst knapp bemessen ist, stehe ich ruckzuck auf und eile auf die Terrasse. Zu allem Überfluss finde ich Sandra planschend im Jacuzzi vor und höre, dass das Kind ins Landesinnere fahren möchte. Meine Mieterin fuchtelt mit ihrem Handtelefon herum und sagt, dass sie mit Frau Pontecorvo telefoniert und den “Big Cypress Preserve” (löblich: Grosse Zypressen Schutzgebiet) besuchen will.
09.00 Uhr Nach einem Wirbelbad leiste ich Sandra beim wichtigsten Mahl des Tages Gesellschaft und bringe heraus, dass wir in einer Stunde losfahren werden. Ausserdem kommt die Maid auf Frau Pontecorvo zu sprechen und unterbreitet, dass uns die Alte begleiten wird – das kann ja heiter werden.
10.00 Uhr Um nicht noch mehr Zeit zu vertrödeln, scheuche ich Dixon zum Chevrolet und zögere nicht, das Signalhorn ertönen zu lassen. Meine Nachbarin lässt nicht lange auf sich warten und sagt, dass sie eine Wegzehrung vorbereitet hat. Da meine Kehle ausgetrocknet ist, genehmige ich mir eine Dose Diät Coca Cola und lasse dann den Wählhebel der Automatikschaltung in der “D” Stellung einrasten.
10.30 Uhr Mit durchdrehenden Pneus rase ich gen Osten davon und fröne während der kurzweiligen Reise dem Qualitätsprogramm von WCKT CAT COUNTRY (löblich: Katze Land). Unter anderem hören wir, dass heute 167 Millionen Amerikaner aufgerufen sind, einen neuen Senat sowie einen neuen Präsidenten zu wählen – wie aufregend.
11.30 Uhr Nach einer Stunde verlassen wir den Highway 41 und fahren auf einem Schotterweg in die Everglades. Sandra knipst Photos am laufenden Band und unkt, dass in diesen Wäldern gefährliche Tiere hausen. Ich gebe dem unterbelichteten Kind Recht und flunkere, dass in diesen Breitengraden der sagenumwobene “Skunk Ape” (löblich: Stinktieraffe) zu Hause ist. Meine Nachbarin bestätigt dies und erzählt, dass Jäger im Jahre 1997 einen 2 Meter grossen Affen gesehen haben wollen.
12.00 Uhr Endlich erreichen wir einen Campingplatz und können das KFZ auf einem Besucherparkplatz abstellen. Mit schmerzendem Rücken quäle ich mich aus dem Fahrersitz und gebe vor, dass wir nun dem befestigten Wanderweg folgen und die Sümpfe erkunden werden. Sandra ist hellauf begeistert und wirft Dixon Stöckchen zu.
13.15 Uhr Wenig später treffen wir auf einen bärtigen Park Ranger (37) und vernehmen, dass es nicht anzuraten ist, ins Unterholz zu spazieren. Der freundliche Zeitgenosse steckt sich eine Zigarette an und plappert weiter, dass gestern ein schwedischer Rucksacktourist von einem Panther angefallen wurde – wie unlöblich. Obgleich ich keine Angst kenne, nehme ich mir den Ratschlag zu Herzen und mache schnell kehrt.
14.30 Uhr Völlig verschwitzt erreichen wir das frisch aufpolierte KFZ und ziehen es vor, die mitgebrachte Brotzeit zu verzehren. Unterdessen reibt sich Sandra die Hände und meint, dass die Everglades sehr schön sind. Ich beisse kraftvoll in ein Thunfischsandwich und mache die Maid darauf aufmerksam, dass der Staat alljährlich ein kleines Vermögen für den Umwelt- und Tierschutz bereitstellt.
15.00 Uhr Nachdem wir uns im Waschraum erfrischt haben, lasse ich den Motor aufheulen und gleiten entspannt nach Naples zurück. Um etwas Abwechslung zu bekommen, fahre ich am Meer entlang und gebe Frau Pontecorvo zu verstehen, dass Sandra in zwei Tagen abreisen wird. Meine Nachbarin seufzt laut und wirft ein, dass der Urlaub viel zu schnell vergangen ist – wie unlöblich.
16.00 Uhr Zuhause angekommen, stelle ich die schweren Kuhjungenstiefel weg und mache es mir im klimatisierten Wohnzimmer bequem. Bereits nach wenigen Augenblicken döse ich ein und träume von meiner spannenden Forschungsreise quer durch den nordamerikanischen Kontinent.
17.00 Uhr Ich erwache ausgeschlafen und schalte den Fernseher ein, um mich über die Präsidentschaftswahl zu informieren. Sandra macht sich währenddessen in der Küche nützlich und zaubert ein Nudelgericht mit Pesto.
17.30 Uhr Als das Kind ordentliche Portionen serviert, meldet der Fernsehsprecher, dass die Bürger Floridas im Jahre 2008 Barack Obama das Vertrauen ausgesprochen haben. In diesem Jahr gehen die Meinungsforschungsinstitute jedoch davon aus, dass Mitt Romney die Mehrheit im Sonnenscheinstaat erringen wird – das ist phantastisch.
19.00 Uhr Gespannt folgen wir den FOX Abendnachrichten und lernen, dass das amtliche Endergebnis nicht vor Mitternacht zu erwarten ist. Trotzdem lege ich beste Laune an den Tag und entkorke eine Flasche Schaumwein der Nobelmarke Veuve Clicquot. Sandra nippt genüsslich am Sektkelch und meint, dass ich mir meiner Sache nicht zu sicher sein sollte. Ich winke demonstrativ ab und erwidere, dass Barack Obama in wenigen Stunden die Rechnung für vier Jahre Misswirtschaft erhalten wird.
21.00 Uhr Zwei Stunden später trudeln die ersten Auszählungen ein und wir erfahren, dass Mitt Romney auf die Wahlmänner aus South Carolina, North Carolina, Georgia und Texas zählen kann. Weil die Abstimmung äusserst knapp ist, hole ich eine weitere Flasche Schaumwein aus dem Eiskasten und entschliesse mich, noch etwas aufzubleiben.
22.00 Uhr Während Sandra Kartoffelchips knabbert, berichtet der CNN Sprecher, dass die Stimmauszähler in Florida ein Patt zwischen den amtierenden Präsidenten und seinem Herausforderer sehen – das ist ja allerhand. Ich reguliere die Klimaanlage und erhalte ausserdem die Auskunft, dass Romney nach 15 ausgezählten Staaten knapp vorne liegt.
23.15 Uhr Kurz nach 23 Uhr melden die grossen Fernsehanstalten, dass Barack Obama weitere vier Jahre im Amt bleiben wird. Obwohl die Stimmauszählung immer noch im Gang ist, scheinen die sogenannten “Swing States” Florida, Wisconsin, New Hampshire und Ohio an Obama zu gehen – wie schade.
23.30 Uhr Da die Wahl entschieden ist, reiche ich die Fernbedienung an Sandra weiter und ziehe mich ins Schlafzimmer zurück. Gute Nacht.

Das amtliche Endergebnis 2012: