3. Februar 2014 – 1959

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07.45 Uhr Die WCKT CAT COUNTRY (löblich: Katze Land) Moderatoren läuten die sechste Woche des Jahres mit einer Komposition des aus Kalifornien stammenden Künstlers Jon Pardi ein. Ich hüpfe aus dem Bett und erkläre dem Vierbeiner, dass dieser Sänger auch auf dem “Collier County Musicfest” aufgetreten ist – das war spitze.

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Das Collier County Musicfest am 26. Januar 2014

08.15 Uhr Nach dem Frühsport lasse ich die Seele bei einem Wirbelbad baumeln und segle mit dem iPad durchs Internetz. Wie es sich gehört, informiere ich mich auch auf deutschsprachigen Nachrichtenportalen und lerne, dass heute vor 55 Jahren die Musiker Buddy Holly und Ritchie Valens bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kamen. Ich lehne mich nachdenklich zurück und erinnere mich, dass ich Anno 1959 ein junger Bursche war und meine erste eigene Wohnung im Münchner Stadtteil Sendling bezog – das war ganz schön aufregend.

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Buddy Hollys Grab in Lubbock, TX

09.15 Uhr Kurz nach dem Neunuhrläuten steige ich aus der Badewanne und hole meine Photoalben aus dem Schrank. Weil sämtliche Bilder chronologisch angeordnet sind, fällt es mir nicht schwer, bald auf Photografien zu stossen, die 1959 geknipst wurden. Ich komme aus dem Lachen gar nicht mehr heraus und denke daran, dass ich vor 55 Jahren als Schweisser bei der Firma Rotz angestellt und mit der Aufgabe betraut war, beim Abbruch des alten Münchner Verkehrsministeriums mitzuarbeiten.
09.45 Uhr Nachdem ich weitere Photos bestaunt habe, schalte ich die DeLonghi Kaffeemaschine ein und komme zu dem Schluss, dass auf dem einstigen Gelände des Verkehrsministerium heute das Geschäftsgebäude der Bundesbahndirektion steht. Darüber hinaus fällt mir ein, dass München im Jahre 1959 von einem besonders harten Winter geplagt wurde.
10.15 Uhr Just als ich in Erinnerungen schwelge, klingelt es plötzlich an der Pforte. Zu meiner Freude steht Edelbert vor dem Haus und erkundigt sich, ob ich einen Spaziergang unternehmen möchte. Ich schüttle entschieden mit dem Kopf und winke den schlauen Mann spornstreichs herein.
10.30 Uhr Während wir Kaffee trinken, komme ich auf das Jahr 1959 zu sprechen und gebe zu Protokoll, dass der Münchner Oberbürgermeister damals Thomas Wimmer hiess. Edelbert überlegt ganz genau und antwortet, dass im gleichen Jahr das “Karl Valentin Musäum” eröffnet wurde. Ich giesse brühfrischen Bohnentrunk nach und komme zu dem Ergebnis, dass 1959 eines der spannendsten Jahre in meinem Leben war.

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Das Karl Valentin Musäum

11.15 Uhr Redlichst gestärkt räume ich das schmutzige Geschirr in die Spülmaschine und breche mit meinem Bekannten zu einem Spaziergang auf. Wir schlendern plaudernd durchs Wohngebiet und stehen bald vor den Toren der “La Playa” Golfanlage. Edelbert wischt sich mit dem Handrücken über die nasse Stirn und kündigt an, bald Mitglied in einem örtlichen Golfverein zu werden – wie unlöblich.
12.00 Uhr Pünktlich zur Mittagszeit überqueren wir die Immokalee Strasse und entschliessen uns, in die “Pelican Larry’s Raw Bar & Grill” Gaststätte einzukehren. Da das kulinarische Wohl nicht zu kurz kommen darf, bestellen wir bei Wirt Larry einen Pitcher (löblich: Krug) Coors Light sowie deftige Cheeseburger (löblich: Käseburger).
12.30 Uhr Wir lassen uns die Jause an einem Fenstertisch munden und tratschen über meine unterbelichtete Mieterin Sandra. Natürlich versorge ich den Professor mit Fakten und erzähle, dass die Maid Anfang April über den grossen Teich fliegen und mir einen Besuch abstatten wird. Edelbert macht grosse Augen und ist sich sicher, dass das Kind in meinem Haus für grossen Wirbel sorgen wird – wie wahr.
13.30 Uhr Nach dem zweiten Krug winke ich Herrn Larry herbei und lade meinen Tischnachbarn zu Speis und Trank ein. Danach verlassen wir winkend die Wirtschaft und trete zufrieden den Heimweg an.
14.00 Uhr Weil ich mich vor Müdigkeit kaum noch auf den Beinen halten kann, verabschiede ich den Professor und mache es mir dann in der guten Stube gemütlich. Ich schlummere schnell ein und sehe mich im Traum aufs Münchner Oktoberfest im Jahre 1959 versetzt. Damals kostete übrigens ein Mass Bier 1,90 DM.
15.00 Uhr Wenig später stupst mich Dixon mit seiner nassen Schnauze an. Ich streichle dem Rüden über den Kopf und fülle seinen Napf mit Trockenfutter auf. Im Anschluss nehme ich am Schreibtisch Platz und beginne mit der Anschnurarbeit. Auch heute finde ich unzählige elektronische Depeschen im Posteingang vor und sehe mich genötigt, Erziehungsberechtigten bei schwerwiegenden Problemen zu helfen.
16.00 Uhr Zu guter Letzt nehme ich die Einträge im Gästebuch in Augenschein und überprüfe auch den Warenbestand im Andenkenladen. Anschliessend gehe ich von der Leine und trinke auf der schattigen Terrasse eine Dose Diät Coca Cola. Unterdessen schaue ich zum Nachbarhaus und werde Zeuge, wie Frau Pontecorvo ihre kleine Villa verlässt. Um nicht gesehen zu werden, mache ich prompt kehrt und verschliesse die Terrassentüre.
17.00 Uhr Weil es viel zu heiss ist, um das Abendessen im Freien einzunehmen, entkorke ich eine Flasche Schaumwein und ziehe es vor, im Wohnzimmer zwei Wurstbrote zu verzehren.
18.00 Uhr Nachdem ich in der Küche für Sauberkeit gesorgt habe, beginnt endlich der wohlverdiente Feierabend. Ich setze mich aufs Kanapee und schaue mir in Dixons Gesellschaft die FOX Nachrichten an.

19.00 Uhr Weil auf den privaten Sendern wie CBS oder ABC nichts sehenswertes läuft, schalte ich auf den Bezahlsender HBO um und versüsse mir den Abend mit dem Western “Der letzte Befehl” (auf englisch: The Horse Soldiers) aus dem Jahre 1959. Ich amüsiere mich köstlich und sehe, wie Soldat John eine Kavallerie hinter die feindlichen Linien der Konföderierten führt – da kommt Spannung auf.
21.00 Uhr Nach zwei heiteren Stunden schalte ich die Glotze aus und begleite Dixon ein letztes Mal in den Garten. Danach lösche ich das Licht und gehe zu Bett. Gute Nacht.

31. Dezember 2013 – Happy New Year

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08.30 Uhr Weil ein anstrengender Tag bevorsteht, bleibe ich heute etwas länger liegen. Hund Dixon hüpft freudig ins Bett und zögert nicht, unter die Bettdecke zu kriechen. Ich streichle dem Rüden übers Fell und lasse ihn wissen, dass wir in wenigen Stunden ein neues Jahr begrüssen werden.
09.00 Uhr Da meine Verwandten in der Küche einen Höllenlärm veranstalten, stehe ich doch auf und sehe nach dem Rechten. Amanda begrüsst mich herzlich und behauptet, dass nun auch der letzte Faulpelz auf den Beinen ist – wie unlöblich. Ich fahre mir gähnend durchs Haar und entgegne, dass ich bestimmt kein Faulpelz bin. Stattdessen verweise ich auf meinen Anschnurtschob und belehre, dass ich täglich hart schufte und leidgeprüften Eltern helfe. Maria beruhigt mich redlichst und sagt, dass Prof. Kuhn mit Georg und James nach Gilford gefahren ist, um Eier zu kaufen. Zudem erfahre ich, dass die Damen am Abend nicht nur Koteletts, sondern auch “russische Eier” servieren werden – das ist phantastisch.
09.45 Uhr Während David mit Dixon spielt, setze ich mich an den Küchentisch und lasse mir die wichtigste Mahlzeit des Tages munden. Bei dieser Gelegenheit plaudere ich mit Amanda und bringe heraus, dass Georg vorgeschlagen hat, am Nachmittag einen Spaziergang entlang des Sees zu unternehmen – wie schön.

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Lake Simcoe

10.15 Uhr Nachdem ich drei französische Hörnchen (unlöblich: Croissants) gegessen habe, beende ich das Frühstück und entspanne mich bei einer heissen Dusche – das tut gut.
11.15 Uhr Wenig später kommen Edelbert, mein löblicher Neffe sowie mein Bruder von ihrem Ausflug zurück. Georg schimpft laut und sagt, dass die Zufahrtsstrasse zum Ferienhaus seit gestern nicht mehr geräumt wurde. Ich komme aus dem Staunen gar nicht mehr heraus und vernehme, dass es wegen des Schnees kein Vergnügen war, in die Stadt zu gelangen. Bevor ich antworten kann, präsentiert Georg sein APPLE (löblich: Apfel) Handtelefon und macht sich daran, beim Ausschussvorsitzenden des Bezirks Simcoe anzurufen. Währenddessen löchere ich Maria mit Fragen und lerne, dass Georg mit Herrn Van Loan seit Jahren befreundet ist.
12.00 Uhr Nach zwanzig Minuten lässt mein Bruder das Telefon in seine Hosentasche wandern und teilt uns freudestrahlend mit, dass der Politiker versprochen hat, die Strasse bis spätestens 14 Uhr räumen zu lassen. Ich hole mir ein Labatt Blau Bier aus dem Kühlschrank und erkundige mich, wann das Mittagessen serviert wird. Anstatt in die Gänge zu kommen, überreicht mir Maria eine Banane und erinnert, dass ich erst vor eineinhalb Stunden gefrühstückt habe – das ist ja allerhand.

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Ein kühles Bier – das tut gut

12.45 Uhr Um keine Langeweile zu bekommen, ziehe ich die Winterjacke an und scheuche Hund Dixon aus dem Haus. Georg, James und der kleine David lassen nicht lange auf sich warten und regen an, dass wir ein Loch in den Lake Simcoe schlagen und uns im Eisfischen versuchen könnten. Selbstverständlich schüttle ich entschieden den Kopf und antworte, dass ich mich ganz bestimmt nicht in Lebensgefahr begeben werde. Stattdessen werfe ich Dixon ein Stöckchen zu und schlendere mit einem lustigen Lied auf den Lippen zum Seeufer – das macht Spass.
13.30 Uhr Nach zwei Kilometern entdecken wir plötzlich merkwürdige Spuren im Schnee. Während Dixon aus dem Schnüffeln gar nicht mehr herauskommt, versorgt uns Edelbert mit Fakten und erklärt, dass womöglich eine Wildschweinherde nach Futter Ausschau gehalten hat – wie unlöblich.

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Dixons Pfotenabdruck im Schnee

14.30 Uhr Wieder zurück im warmen Ferienhaus, machen wir es uns in der guten Stube gemütlich und trinken Kaffee. Dazu gibt es hausgemachte Muffins mit Blaubeeren – schmeckt gar nicht schlecht.
15.00 Uhr Während wir bei Kerzenschein zusammensitzen, lässt Edelbert die vergangenen zwölf Monate Revue passieren und erinnert an unsere Forschungsreise nach Puerto Rico. Ich seufze laut und stelle klar, dass das Hochlicht (unlöblich: Highlight) des Jahres jedoch unsere spannende Appalachian Trail Wanderung war. Edelbert gibt mir Recht und meint, dass auch unser Abstecher in den grossen Apfel (unlöblich: Big Apple) sowie der Oktoberfestbesuch prima waren – wie wahr.

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Appalachian Trail: Clingman Dome

16.00 Uhr Nach dem dritten Muffin erhebe ich mich vom Kanapee und ziehe es vor, im Gästezimmer eine kleine Pause einzulegen. Maria wünscht mir angenehme Träume und sagt, dass sie jetzt mit Amanda die Silvesterfeier vorbereiten wird – das ist phantastisch.
17.00 Uhr Ich öffne die Augen und bemerke, dass es in der Zwischenzeit dunkel geworden ist. Um am Abend eine gute Figur abzugeben, wechsle ich die Kleidung und hole ein sportliches Sakko sowie eine Krawatte aus dem Schrank. HEUREKA – an mir sollte sich die verlotterte Jugend ein Beispiel nehmen.
17.30 Uhr Kurze Zeit später bittet uns Maria zu Tisch und verwöhnt uns mit Schweinekoteletts mit Kartoffelbrei und Rosenkohl. Dazu gibt es kanadischen Wein von den Prince Edward Inseln sowie Beilagensalate. Natürlich greife ich augenblicklich zum Besteck und erfreue mich an stimmungsvollen Carpenters Klängen, die aus der neumodernen BOSE Musikanlage dröhnen – was kann es schöneres geben.

19.00 Uhr Nachdem wir die Teller geleert haben, meldet sich David (8) zu Wort und meint, dass wir nun eine Partie Monopoly spielen könnten – das ist eine hervorragende Idee.
21.00 Uhr Obwohl ich mit harten Bandagen kämpfe und in einem unbeobachteten Augenblick Geld aus der Kasse stibitze, muss ich mich nach zwei Stunden geschlagen geben. Ich werfe deprimiert meine Spielfigur um und küre James zum Sieger. Mein Neffe nippt genüsslich am Sektglas und meint, dass ihm beim Monopolyspielen keiner etwas vormachen kann.
21.30 Uhr Weil der Jahreswechsel auf sich warten lässt, schalten wir die Glotze ein und frönen auf CMT der lustigen “HOT 20” (löblich: Heiss 20) Schau. Unter anderem sehen wir die besten Musikvideos des Jahres sowie eine Kenny Chesney Konzertaufzeichnung. Nebenher koste ich die russischen Eier und spüle meinen trockenen Hals mit Luxusschaumwein aus dem Hause Veuve Clicquot durch – das schmeckt.
23.15 Uhr Kurz vor Mitternacht nehme ich David an die Hand und erkläre ihm, dass nun die Zeit gekommen ist, um das Feuerwerk vorzubereiten. Der Achtjährige macht grosse Augen und zögert nicht, Weinflaschen nach draussen zu tragen und sie mit Silvesterraketen zu bestücken – wie aufregend.

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00.00 Uhr Endlich ist es soweit. Ich schliesse meine Liebsten in die Arme und vergesse auch nicht, ihnen alles Gute für das neue Jahr zu wünschen. Danach stecken wir die Zündschnüre an und feuern massenhaft Raketen in den wolkenlosen Nachthimmel. Nebenbei stossen wir mit den Sektkelchen an und sind uns sicher, dass wir 2014 erneut viele Abenteuer erleben werden.
01.15 Uhr Ein prima Abend neigt sich langsam seinem Ende zu. Ich trinke einen letzten Schluck Whiskey und verspreche Maria, dass ich ihr morgen beim Abwaschen helfen werde. Als nächstes lotse ich Dixon ins Gästezimmer und falle völlig erschöpft ins Bett. Gute Nacht.

12. November 2013 – Frau Pontecorvo ist zurück

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07.45 Uhr Ich erwache redlichst ausgeruht und mache es mir zur Aufgabe, auf der Terrasse die Morgengymnastik durchzuführen. Bei dieser Gelegenheit plaudere ich mit Herrn Booth und lerne, dass der Vietnamveteran gleich zum Terracina Grand Seniorenheim fahren wird, um Herr Rhodes zu besuchen. Ich schnalze mit der Zunge und bitte meinen Nachbarn, dem 92jährigen einen schönen Gruss auszurichten.

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08.30 Uhr Nachdem ich Dixons zerzaustes Fell gebürstet habe, kehre ich in die Villa zurück und stelle die DeLonghi Kaffeemaschine ein. Danach verabschiede ich mich in die Nasszelle und entspanne mich bei einem Wirbelbad. Nebenher tippe ich Frau Pontecorvos Handtelefonnummer in die Schwarzbeere (unlöblich: Blackberry) und frage, ob meine Bekannte in Jacksonville ebenfalls den “Veterans Day” gefeiert hat. Die Dame stimmt zu und sagt, dass sie mit ihrer Freundin Blanche in der Innenstadt abgefeiert hat. Darüber hinaus kommt Frau Pontecorvo auf die Heimfahrt zu sprechen und beteuert, dass sie in Kürze losfahren wird – das soll mir Recht sein.
09.30 Uhr Just als der Minutenzeiger meiner ROLEX auf halb Zehn deutet, steige ich aus der Wanne und lasse den Vierbeiner wissen, dass wir den Vormittag nutzen müssen, um die Pflanzen im Nachbarhaus zu giessen. Zuvor setze ich mich jedoch an den Terrassentisch und lasse mir ein prima Frühstück schmecken.

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Meine kleine Villa im Willoughby Drive

10.15 Uhr Als das rote Kehrfahrzeug der Stadtreinigung durch den Willoughby Drive rollt, lege ich die Morgenlektüre zur Seite und laufe nach nebenan. Voller Elan stosse ich Frau Pontecorvos Pforte auf und bemerke, dass ein fauliger Geruch in der Luft liegt. Als ich in der Küche nach dem Rechten sehe, fällt mir auf, dass ich bei meinem letzten Besuch die Kühlschranktüre offen gelassen habe. Ich schlage die Hände über dem Kopf zusammen und stelle mit Schrecken fest, dass sämtliche Lebensmittel verdorben sind – wie furchtbar.
11.00 Uhr Nachdem ich die Waren in einen Müllbeutel verfrachtet habe, nehme ich Dixon an die Leine und laufe kopfschüttelnd zum CIRCLE K Markt an der Immokalee Road, um 57 Dollars in Milcherzeugnisse, kalifornischen Wein sowie vitaminreiche Wurstwaren zu investieren.
12.00 Uhr Pünktlich zur Mittagszeit bin ich wieder im Willoughby Drive und lasse mir auf der Terrasse meiner Nachbarin einen Schoppen Weisswein aus dem Nappa Valley munden. Dazu gibt es ein mit Schinken und Cheddarkäse belegtes Sandwich (löblich: belegtes Brot) – das tut gut.
12.45 Uhr Zu guter Letzt stelle ich die Klimaanlage höher und freue mich, nach Hause gehen und mich entspannen zu können. HEUREKA – diesen Stress hält nicht einmal der stärkste Rentner aus.
13.45 Uhr Leider wird die himmlische Ruhe zeitnah durch das Schellen meiner Schwarzbeere gestört. Zu allem Überfluss meldet sich Frau Pontecorvo und teilt mir mit, dass sie just im Moment Tampa passiert und in zweieinhalb Stunden daheim sein wird. Ich nicke eifrig und erwidere, dass ich das Wiedersehen kaum noch erwarten kann.
14.30 Uhr Um die Wartezeit sinnvoll zu überbrücken, nehme ich am Schreibtisch Platz und komme meinen Pflichten als Anschnurseelsorger nach. Ich rufe Briefe verzweifelter Heimseitenbesucher ab und sehe mich genötigt, einer Rentnerin aus Ulm zu helfen. Frau Elke F. (85) schreibt, dass ihr 62jähriger Sohn die Scheidung eingereicht hat und sich nun eine Ehefrau aus Thailand zulegen will. Ich mache grosse Augen und rate dazu, dem Heini ordentlich den Kopf zu waschen und ihn zu enterben – wo kämen wir denn da hin.
15.30 Uhr Nachdem ich weitere Briefe abgesendet habe, gehe ich von der Leine und trinke ein kühles Bier an der frischen Luft. Zudem schleudere ich einen Tennisball zum Teich und animiere Dixon, die Filzkugel zu apportieren.

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Schmackhafte Pizzas für mich und Frau Pontecorvo

16.00 Uhr Wenig später komme Frau Pontecorvos schnittiger Sportwagen hupend vor meinem Haus zum Halten. Meine Nachbarin begrüsst mich herzlich und sagt, dass sie nicht nur Hunger, sondern auch grossen Durst aus Jacksonville mitgebracht hat. Ich lasse mich nicht zweimal bitten und mache mich daran, zwei TOMBSTONE Pizzas in den Backofen zu verfrachten. Ausserdem entkorke ich eine Flasche Schaumwein aus dem Hause Louis Roederer und stelle zwei Gläser bereit.
17.00 Uhr Während wir kraftvoll zubeissen, lässt meine Bekannte ihren Aufenthalt im hohen Norden Revue passieren. Unter anderem höre ich, dass die Dame am Donnerstag ein Konzert des örtlichen Symphonie Orchesters im “Times Union Center” besucht hat. Ich seufze laut und antworte, dass ich mir solche Luxusausflüge nicht leisten kann. Frau Pontecorvo blickt skeptisch drein und unterbreitet, dass ich stattdessen im grossen Apfel (unlöblich: Big Apple) abhänge und mich auf dem Münchner Oktoberfest amüsiere. Ich erhebe mahnend den Zeigefinger und stelle klar, dass man Forschungsreisen nicht mit Urlaubsreisen gleichsetzen kann.
17.45 Uhr Weil meine Nachbarin müde ist, verabschiede ich sie per Handkuss und wünsche ihr einen ruhigen Abend. Danach mache ich es mir champagnerschlürfend vor der Glotze bequem und schaue mir die Nachrichten auf FOX sowie eine lustige Spielschau an.

19.00 Uhr Zur besten Sendezeit gebe ich mich dem Programm von HBO hin und lasse die Seele bei der preisgekrönten Serie “Boardwalk Empire” baumeln. Ich tauche in das faszinierende Leben des Stadtkämmerers von Atlantic City ein und registriere, dass es Nucky Thompson faustdick hinter den Ohren hat – das ist ja allerhand.
21.00 Uhr Nach zwei nervenaufreibenden Episoden beende ich den Fernsehabend und rufe Dixon ins Haus. Anschliessend lösche ich sämtliche Lichter und falle gähnend ins Bett. Gute Nacht.

21. Oktober 2013 – In der kommenden Woche wird Halloween gefeiert

pfaffenbergkl

07.45 Uhr Ich öffne die Augen und vernehme im Radio, dass in der kommenden Woche Halloween gefeiert wird. Der redselige WCKT CAT COUNTRY (löblich: Katze Land) Moderator überschlägt sich vor Freude und plappert darüber, dass er mit seinen Kindern (7 und 9) um die Häuser ziehen und Süssigkeiten einsammeln wird – das soll mir auch Recht sein.
08.30 Uhr Nachdem ich die Morgengymnastik absolviert habe, ziehe ich mich in die Nasszelle zurück und lasse die Seele bei einem Wirbelbad baumeln. Unterdessen mache ich mir meine eigenen Gedanken und fasse den Entschluss, in diesem Jahr auch Halloween zu feiern. Um Nägel mit Köpfen zu machen, rufe ich bei Edelbert an und erkläre, dass ich entsprechende Dekorationsartikel im Wal Mart Superstore (löblich: Supergeschäft) besorgen werde. Mein Bekannter kommt aus dem Staunen gar nicht mehr heraus und entgegnet, dass er mich beim Einkauf beraten wird – das ist phantastisch.

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Am 31. Oktober wird Halloween gefeiert

09.30 Uhr Wenig später rufe ich Dixon ins Haus und serviere ihm gesundes ROYAL CANIN Trockenfutter. Danach verzehre ich KELLOGGS Maisflocken mit Zucker und frischer Muh und gebe dem Vierbeiner zu verstehen, dass Halloween in Amerika ein beliebter Volksbrauch ist. Der Rüde interessiert sich nur am Rande für meine Ausführungen und schlabbert etwas Wasser.
10.15 Uhr Kurz nach dem Zehnuhrläuten hüpfe ich in den Chevrolet und steuere den 4 Meilen entfernten Wal Mart am Collier Boulevard an. Nebenher lausche ich dem Programm meines Lieblingsradiosenders und habe das Vergnügen, Alan Jacksons Superschlag “Midnight in Montgomery” (löblich: Mitternacht in Montgomery) zu hören.

11.00 Uhr Gegen 11 betrete ich das Kaufhaus und freue mich, Edelbert am Informationsschalter anzutreffen. Mein Bekannter tauscht sich angeregt mit einer Mitarbeiterin aus und erkundigt sich, wo der Firmensitz des 500 Geschäfte umfassenden Einzelhandelskonzerns beheimatet ist. Die kleine Frau (80) versorgt uns mit Infos und behauptet, dass die Zentrale des grössten Arbeitgebers der Welt in Bentonville, Arkansas zu finden ist – wie schön.

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Wir schoppen bei Walmart ab

11.15 Uhr Nach dem Plausch schieben wir einen Einkaufswagen durch die Gänge und laden aufblasbare Gruselfiguren, beleuchteten Plastikkürbis sowie eine Haustürfussmatte mit “Slaughter House” (löblich: Schlachthaus) Aufdruck ein. Darüber hinaus deute ich in Richtung der ausgestellten Kostüme und erinnere, dass ich mir im vergangenen Jahr eine Polizeiuniform gekauft habe. Edelbert krümmt sich vor Lachen und unterbreitet, dass zum letztjährigen Halloweenfest Sandra im Sonnenscheinstaat zu Gast war – das waren noch Zeiten.
12.15 Uhr Um knapp 87 Dollars erleichtert, kehren wir zu den Autos zurück. Da mein Magen laut knurrt, verweise ich auf das gegenüberliegende Dunkin’ Donuts Gasthaus und gebe zu Protokoll, dass eine Brotzeit nicht schaden kann. Edelbert nickt eifrig und zögert nicht, mich zu Speis und Trank einzuladen.
12.45 Uhr Als ich kraftvoll in ein Chicken Salad Sandwich (löblich: Hühnersalatbrot) beisse, präsentiert der Professor seinen Taschenkalender und setzt mich darüber in Kenntnis, dass am 24. Oktober der “United Nations Day” (löblich: Vereinte Nationen Tag) gefeiert wird. Bei dieser Gelegenheit kommt mein Tischnachbar auf eine sehenswerte Ausstellung in der Gemeindehalle zu sprechen und sagt, dass sich interessierte Bürger dort über die Entstehungsgeschichte der UN informieren können – das ist mir Wurst.
13.15 Uhr Nach der Mahlzeit schüttle ich Edelberts Hand und trete die Heimfahrt an. Ich steuere den PS-strotzenden SUV sicher durch den dichten Mittagsverkehr und kann es kaum noch erwarten, endlich die Beine in der klimatisierten Stube hochzulegen. HEUREKA – diesen Stress hält nicht einmal der stärkste Rentner aus.
14.00 Uhr Daheim angekommen, ziehe ich die Vorhänge zu und gönne mir ein kleines Päuschen. Der Vierbeiner folgt meinem Beispiel und leistet mir auf dem Kanapee Gesellschaft.
15.00 Uhr Ich erwache redlichst ausgeruht und registriere, dass der Zeiger meiner wertvollen ROLEX mittlerweile auf 3 deutet. Um nicht noch mehr Zeit zu vertrödeln, schalte ich den Heimrechner ein und rufe Hilferufe besorgter Erziehungsberechtigter ab. Ausserdem tschecke ich meine persönlichen Korrespondenz und finde im Posteingang Schnappschüsse vor, die Admiral a.D. Bürstenbinder während der Oktoberfestzeit geknipst hat – wie aufregend.
16.00 Uhr Nachdem ich alles abgearbeitet habe, eile ich in den Garten und giesse das Petersilienbeet. Dummerweise kommt Frau Pontecorvo an die Grundstücksgrenze und erzählt, dass sie im November nach Jacksonville fahren wird, um ihre verrückte Freundin Blanche zu besuchen. Ich zucke mit den Schultern und erwidere, dass ich viel um die Ohren habe und nicht mitkommen werde.
17.00 Uhr Um Diskussionen aus dem Weg zu gehen, kehre ich winkend ins Haus zurück und richte eine Brotzeitplatte mit Schinken, hauchdünn aufgeschnittenem Capocollo sowie Cheddar Käse an – das schmeckt.
18.00 Uhr Während die Sonne hinter einem Palmenhain verschwindet, kümmere ich mich um den Abwasch und vergesse auch nicht, dem Haustier frisches Wasser zu kredenzen. Im Anschluss schalte ich die Glotze ein und verschönere mir den Feierabend mit den FOX Nachrichten und einem Spielfilm aus meiner BluRay Sammlung.

http://www.youtube.com/watch?v=tsCBysRasEc

19.00 Uhr Letztendlich landet der preisgekrönte Kriegsfilm “Hamburger Hill” im Abspielgerät. Ich lehne mich kartoffelchipsknabbernd zurück und lerne, dass der Dong Ap Bia Hügel nahe der laotischen Grenze während des Vietnamkriegs stark umkämpft war. Angeblich sollen dort während des zehntägigen Gefechts weit über 700 Soldaten ihr Leben gelassen haben – das ist ja allerhand.
21.00 Uhr Als der Abspann über die Mattscheibe flimmert, beende ich den Fernsehabend und unternehme mit Dixon einen Rundgang durch den Garten. Zu guter Letzt lösche ich das Licht und lege mich schlafen. Gute Nacht.

8. Oktober 2013 – Weihnachten bei meinen Liebsten?

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08.00 Uhr Weil es in Strömen regnet, bleibe ich noch etwas im Bett und lausche dem Qualitätsradioprogramm von WCKT CAT COUNTRY (löblich: Katze Land). Der Moderator versorgt mich mit Neuigkeiten und behauptet, dass die aus Portland stammende Combo “Blitzen Trapper” ein neues Studioalbum herausgebracht hat. Bei dieser Gelegenheit spielt der Sprecher die aktuelle Singleauskopplung “Ever Lord Once” (löblich: Je einmal Lord) an und ich bemerke, dass diese Musik mit handgemachten Landmusikklängen nicht mehr viel am Hut hat – wie unlöblich.

08.30 Uhr Letztendlich rolle ich mich doch aus dem Wasserbett und läute den Morgen mit dem Frühsport in der trockenen Stube ein. Danach telefoniere ich mit Edelbert und gebe zu Protokoll, dass ich unbedingt Lebensmittel besorgen muss. Mein Bekannter schlägt in die gleiche Kerbe und meint, dass wir gemeinsam abschoppen könnten.
09.00 Uhr Nachdem ich meine Muskeln gestählt habe, lasse ich die Badewanne mit Wasser vollaufen. Ich geniesse das Badevergnügen in vollen Zügen und schmökere in der Morgenzeitung – immerhin muss man als Rentner stets über alles informiert sein.
10.00 Uhr Nach einer Stunde kann ich mich an den Küchentisch setzen und ein kleines Frühstück einnehmen. Ich lasse mir Rühreier mit Speck sowie zwei vitaminreiche Willy Wonka Laffy Taffy Riegel schmecken und registriere, dass ich neben Lebensmitteln auch Getränke besorgen muss. Um nichts zu vergessen, setze ich eine ellenlange Einkaufsliste auf und notiere darauf auch Hundefutter sowie Haarschampu.

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Willy Wonka Laffy Taffy – das schmeckt

10.45 Uhr Kurz vor dem Elfuhrläuten scheuche ich Dixon zum PS-strotzenden Chevrolet und schicke mich an, mit durchdrehenden Pneus aus der Garage zu brettern. Dummerweise kommt Frau Pontecorvo dazu und lotet aus, wohin ich bei diesem Sauwetter fahre. Ich präsentiere der Dame den Einkaufszettel und entgegne, dass ich Edelbert im PUBLIX Supermarkt treffen werde. Meine Nachbarin freut sich und bittet mich, ihr einen schwarzen Kohl Pencil (auf deutsch: Kajalstift) aus dem Hause L’Oreal mitzubringen – das hat gerade noch gefehlt.
11.30 Uhr Wenig später komme ich vor dem Einkaufsmarkt am Tamiami Trail zum Stehen und treffe Edelbert vor dem Haupteingang an. Der Professor begrüsst mich freundlichst und kündigt an, dass er mich nach dem Abschoppen in Julies Restaurant einladen wird. Ich nicke eifrig und zögere nicht, einer keifenden Alten (88) einen Einkaufswagen streitig zu machen. Anschliessend werfe ich allerhand Waren hinein und erkläre meinem Begleiter, dass mich der Heimaturlaub eine Stange Geld gekostet hat. Edelbert seufzt laut und unkt, dass wir bald im Schuldenturm landen werden – wie schrecklich.
12.30 Uhr Endlich stehen wir an der Kasse und können die Rechnung mit unseren praktischen Kreditkarten bezahlen. Im Anschluss schleppen wir die Einkaufstüten zu den Autos und krusen in Richtung Julies Restaurant davon. Natürlich hole ich alles aus dem SUV heraus und schaffe es, noch vor Edelbert am Ziel anzukommen.
13.15 Uhr Die Wirtin heisst uns herzlich Willkommen und führt uns lächelnd zu einem Fenstertisch mit Ausblick. Ferner überreicht uns die Gute die Speisekarten und empfiehlt den Hackbraten mit Kartoffelbrei. Wir fackeln nicht lange und ordern dazu süffiges Diät Cola – schon jetzt läuft mir das Wasser im Munde zusammen.
13.45 Uhr Als wir kraftvoll zubeissen, kommt Edelbert auf das Weihnachtsfest zu sprechen und erkundigt sich, ob wir die staade Zeit wie schon in den letzten Jahren in Kanada verbringen wollen. Ich zucke mit den Schultern und antworte, dass ich im Laufe der Woche mit Georg telefonieren und alles ganz genau besprechen werde.
14.30 Uhr Redlichst gestärkt verlasse ich die Wirtschaft und wünsche dem schlauen Mann einen schönen Nachmittag. Danach hüpfe ich ins Auto und kehre zufrieden in den Willoughby Drive zurück.
15.00 Uhr Weil ich immer noch am unlöblichen Jetleg leide, bette ich mich im Wohnzimmer zur Ruhe und lege die Beine hoch. Der Vierbeiner folgt meinem Beispiel und döst ebenfalls bald ein, um von unseren Oktoberfestbesuchen zu träumen.

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Das Oktoberfest

16.00 Uhr Leider werde ich zeitnah durch lautes Geschrei aus einem schönen Traum gerissen. Beim Blick aus dem Fenster werde ich auf den langhaarigen Jeffrey Connor aufmerksam, der gerade mit den vorlauten Nachbarskindern Emily und Francis spielt. Ich schliesse verärgert die Fenster und setze mich an den Schreibtisch, um die Anschnurarbeit zu erledigen.
16.30 Uhr Während ich meine ausgetrocknete Kehle mit einem Budweiser spüle, studiere ich Anfragen besorgter Erziehungsberechtigter und stelle mit grosser Sorge fest, dass es die Jugend derzeit besonders bunt treibt.
17.00 Uhr Anschliessend verfasse ich eine elektronische Depesche an Mieterin Sandra und bitte sie, mir eine detaillierte Aufstellung aller Wiesneinnahmen zukommen zu lassen – immerhin bin ich finanziell keineswegs auf Rosen gebettet und kann auf das Geld nicht verzichten.
18.00 Uhr Just als es wieder zu regnen anfängt, fahre ich den Heimrechner mausdrückend herunter und rufe Hund Dixon ins Haus. Danach brate ich Chicken Wings (löblich: Hühnerflügel) heraus und zaubere im Handumdrehen ein perfektes Abendessen – wie gut das duftet.
19.00 Uhr Nach der würzigen Südstaatenspezialität lege ich im Wohnzimmer die Beine hoch und schalte den Fernseher ein. Um auf andere Gedanken zu kommen, wechsle ich nach den FOX Nachrichten auf den Fernsehkanal PBS und gebe mich der aufschlussreichen BBC Dokumentation “Earthflight” (löblich: Erdenflug) hin, die von Vögeln in aller Welt erzählt – da kommt Spannung auf.

http://www.youtube.com/watch?v=xZUUtQ1L8KA

21.00 Uhr Der Abspann flimmert über den Bildschirm und ich begleite Dixon noch einmal in den Garten. Anschliessend lösche ich die Nachttischlampe und lege mich ins Bett. Gute Nacht.