08.00 Uhr Der Reiseradiowecker geht an und ich finde mich in einem luxuriös eingerichteten Schlafzimmer wieder. Nasereibend nehme ich das Interieur in Augenschein und erinnere mich, dass ich mich seit gestern im “grossen Apfel” (unlöblich: Big Apple) aufhalte. Voller Elan hüpfe ich aus dem Bett und trete ans Fenster, um auf den gegenüberliegenden “Gramercy Park” zu schauen – was kann es schöneres geben.
Den grossen Apfel muss man gesehen haben
08.30 Uhr Nachdem ich mir eine Dose Diet Coke (löblich: Diät Cola) aus der Mini Bar stibitzt habe, greife ich zum Telefon und rufe in Georgs und Marias Zimmer an. Mein Bruder meldet sich nach dem zweiten Tuten und sagt, dass er hervorragend geschlafen hat und nun im hoteleigenen Restaurant frühstücken möchte. Ich stimme zu und verspreche, dass ich in einer Stunde in der Hotellobby sein werde – wie aufregend.
09.15 Uhr Kurz nach dem Neunuhrläuten drehe ich die Dusche ab und nehme mir das Recht heraus, mich mit einem flauschigweichen Handtuch abzutrocknen. Ferner putze ich mir die Zähne und vergesse auch nicht, meine Haare mit BRISK aufzusteilen. Danach schlüpfe ich in legere Freizeitkleidung und entschliesse mich, wegen des Windes eine wärmende Jacke anzuziehen – da kommt Freude auf.
09.30 Uhr Wenig später finde ich mich in der menschenüberlaufenen Hotelhalle wieder und treffe meine Verwandten und Edelbert in einer Leseecke an. Ich wünsche den lieben Menschen einen schönen Tag und gebe zu Protokoll, dass das “Gramercy Park Hotel” ein prima Haus ist. Prof. Kuhn schlägt in die gleiche Kerbe und informiert, dass das Hotel im Jahre 2006 vom millionenschweren Hotelier Ian Schrager übernommen und in Zusammenarbeit mit dem weltbekannten Künstler Julian Schabel generalüberholt wurde – das hört man gerne.
Gramercy Park Hotel / Photo: Tony / CC BY-SA 3.0
10.00 Uhr Mit knurrenden Mägen laufen wir ins “Maialino Restaurant” und erfahren, dass sich die Hotelgäste vom Buffett bedienen können. Ich reibe mir die Hände und schnappe mir einen Teller, um einen Berg Rühreier, vitaminreiche Bagels, gebratene Tomaten sowie luftgetrockneten italienischen Schinken aufzuladen. Im Anschluss beisse die kraftvoll zu und plaudere mit meinen Tischnachbarn über den gestrigen Theaterbesuch. Edelbert ist voll des Lobes und beteuert, dass er sich beim Musical “The Book of Mormon” sehr gut unterhalten hat. Auch meine Verwandten teilen diese Meinung und kündigen an, dass wir den heutigen Tag etwas ruhiger angehen und einen Spaziergang unternehmen sollten – das hört sich gar nicht schlecht an.
11.00 Uhr Nachdem ich ein italienisches Wurstbrot namens “Porchetta” gefressen habe, verlassen wir das Gasthaus und tauchen in das pulsierende Leben der Millionenmetropole ein. Ich sauge die kühle Luft tief in meine Lungen ein und gebe Edelbert zu verstehen, dass ich den Duft von Autoabgasen und Müll sehr vermisst habe. Der Professor steckt sich seine Meerschaumpfeife an und lotst uns spornstreichs zur Park Avenue.
Union Square / Photo: David Shankbone / CC BY-SA 3.0
11.45 Uhr Nach einem halbstündigen Marsch entlang schicker Boutiquen und Restaurants, finden wir uns auf dem “Union Square” wieder. Während Edelbert Photos knipst, nehme ich die eindrucksvolle Reiterstatue George Washingtons ins Visier und ärgere mich, weil das Denkmal von langhaarigen Gammlern belagert wird. Ich wende mich angeekelt ab und lasse meine Begleiter wissen, dass wir nun ein Taxi herbeiwinken und schnellstmöglich zum “One World Trade Center” (löblich: Eins Welthandelszentrum) krusen sollten. Georg schüttelt jedoch den Kopf und meint, dass wir auf Schusters Rappen schneller am Ziel sein werden – wie schade.
Washington Square Arch / Photo: David Shankbone / CC BY-SA 3.0
12.15 Uhr Als die Sonne ihren Höchststand erreicht hat, tut sich vor uns der beeindruckende “Washington Square Arch” (löblich: Washington Platz Bogen) auf. Prof. Kuhn ist bestens informiert und erzählt, dass der Washington Square Park anno 1870 eröffnet wurde und heute zu den bekanntesten Parkanlagen in New York City zählt – jaja.
13.00 Uhr Nachdem ich mir ein Weicheis (unlöblich: Softeis) geleistet habe, kann der Spaziergang auch schon weitergehen. Wir schlendern gutgelaunt durch Greenwich Village und haben das Vergnügen, einladende Andenkenläden vorzufinden, die mit unglaublichen Angeboten locken. Natürlich sehe ich mich in einem Geschäft genauer um und investiere 18 Dollars in lustige Salz- und Pfefferstreuer – Frau Pontecorvo wird Augen machen.
13.45 Uhr Endlich haben wir unser Ziel erreicht und richten neugierige Blicke auf die glänzende Oberfläche des 541 Meter hohen “One World Trade Centers”. Mein Bruder kommt aus dem Plappern gar nicht mehr heraus und meint, dass dem Architekten David Childs mit diesem Bauwerk ein Meisterwerk für die Ewigkeit gelungen ist. Auch Edelbert ist sichtlich angetan und sagt, dass 70 der insgesamt 105 Stockwerke als Büro- bzw. Geschäftsräume verwendet werden können – das ist ja kaum zu glauben.
One World Trade Center / Photo: Shelley Russell / CC BY-SA 4.0
14.30 Uhr Nachdem wir den Wolkenkratzer umrundet haben, statten wir dem “9/11 Memorial” einem Besuch ab. Das Mahnmal, das sich auf dem ehemaligen Gelände der zerstörten Zwillingstürme befindet, bietet den Besuchern zwei Wasserbassins, die mit einer Kupferumrandung versehen sind. Wir beäugen die Einfassung ganz genau und bemerken, dass im Metall die Namen aller Todesopfer eingefräst wurden, die am 11. September 2001 ihr Leben lassen mussten – wie traurig.
15.30 Uhr Schlussendlich folgen wir der Greenwich Strasse gen Süden und freuen uns, nach einem knapp vier Meilen langen Fussmarsch die Südspitze Manhattans erreicht zu haben. Völlig erschöpft lassen wir uns auf einer Bank im “Battery Park” nieder und geniessen den Ausblick auf die Freiheitsstatue. Mein Bruder gibt sich spendabel und zögert nicht, bei einem Strassenverkäufer vier Flaschen Mountain Dew Limonade sowie vitaminreiche Hot Dogs (löblich: heisse Hunde) mit Sauerkraut zu ordern – schmeckt gar nicht schlecht.
Eagle Statue, Battery Park / Photo: Norbert Nagel / CC BY-SA 3.0
16.30 Uhr Nun wird es aber langsam Zeit, den Heimweg anzutreten. Weil unsere Füsse schmerzen, fassen wir den Entschluss, mit dem Bus nach Norden zu reisen. Georg zückt sein strahlendes Apfel (unlöblich: Apple) Handtelefon und setzt uns darüber in Kenntnis, dass uns die Linie 5 direkt vor dem Hotel abliefern wird – wie schön.
17.00 Uhr Schnaufend finden wir uns an einer Haltestelle ein und haben das grosse Glück, prompt in einem Bus einsteigen zu können. Wie es sich gehört, lösen wir vier Billetts und verabreden während der kurzweiligen Fahrt, dass wir das Abendessen in einem italienischen Restaurant einnehmen werden. Maria ist hellauf begeistert und berichtet, dass direkt in der Nachbarschaft des “Gramercy Park Hotels” das “Novita” beheimatet ist.
18.00 Uhr Als der Stundenzeiger meiner ROLEX auf Sechs zugeht, betreten wir das “Novita” und werden von einer freundlichen Kellnerin begrüsst. Das junge Ding (25) lotst uns zu einem Tisch und sagt, dass der Scheffkoch hausgemachte Orecchiette empfehlen kann. Ich lecke mir die Lippen und stelle klar, dass es sich hierbei um Nudeln handelt, die hauptsächlich in Apulien verzehrt werden. Die Bedienung gibt mir Recht und meint, dass dazu Fleischbällchen, Brokkoli und gedünstete Tomaten gereicht werden – das hört sich verlockend an.
18.30 Uhr Während des Nachtmahls schmieden wir Pläne für Morgen und sind uns einig, dass wir vor dem Billy Joel Konzert den “Central Park” sowie den Times Square besuchen sollten. Darüber hinaus komme ich auf das Empire State Building zu sprechen und unterbreite, dass es eine Gaudi wäre, schöne Stunden auf der Aussichtsplattform zu verbringen. Maria schenkt mir ein Lächeln und rechnet vor, dass Tickets für die Terrasse in der 86. Etage mit 32 Dollars zu Buche schlagen – wo soll das noch hinführen.
19.30 Uhr Nachdem Georg die Rechnung übernommen hat, verlassen wir das Restaurant und laufen bei einbrechender Dunkelheit zum Hotel zurück. Edelbert gähnt ohne Unterlass und meint, dass er auf einen Schlummertrunk verzichten und gleich zu Bett gehen wird – dem ist nichts hinzuzufügen.
20.00 Uhr Endlich bin ich wieder in meiner Junior Suite und kann aus den schweren Kuhjungenstiefeln (unlöblich: Cowboyboots) steigen. Wie es sich für einen kultivierten Rentner gehört, beschliesse ich den Tag bei einem Vollbad mit Schaum. Nebenher telefoniere ich mit Frau Pontecorvo und vernehme, dass mich Hund Dixon kaum vermisst.
21.00 Uhr Zu guter Letzt genehmige ich mir einen Whiskey aus der Minibar und falle fix und foxi ins Bett. Gute Nacht.