31. Mai 2017 – Walt Whitman

waltwhitman

Sehr geehrte Damen und Herren,

heute vor 198 Jahren erblickte einer der einflussreichsten amerikanischen Lyriker des 19. Jahrhunderts das Licht der Welt. Walter Whitman wuchs in Long Island als Sohn eines einfachen Zimmermanns auf. Er besuchte sechs Jahre lang die Schule und schrieb es sich anschliessend auf die Fahnen, nach Brooklyn zu gehen und dort als Schriftsetzer zu arbeiten.

Schon bald fielen ihm Buchklassiker von Shakespeare und Dante in die Hände und Walt Whitman äusserte die Idee, der Millionmetropole Lebewohl zu sagen und in seiner Heimatstadt Lehrer zu werden. Nach drei Jahren an diversen Lehranstalten gründete er 1839 eine Zeitung und geriet prompt in finanzielle Bedrängnis. Schlussendlich ging er anno 1850 nach Brooklyn zurück, um sich als Wohnungsmakler seine Brötchen zu verdienen. Zeitgleich arbeitete der mittlerweile 31jährige als Schriftsteller und erschuf mit “Leaves of Grass” (auf deutsch: Grashalme) eine aus 12 Gedichten bestehende Sammlung.

Während des amerikanischen Bürgerkriegs wurde Walt Whitman als Sanitätshelfer in einem Lazarett bei Washington DC eingesetzt. Nebenher brachte er weitere Geschichten zu Papier und veröffentlichte mit “Drum Taps” (auf deutsch: Trommelschläge) einen weiteren Gedichtband, in der er die Schönheit der Natur thematisierte. Darüber hinaus forderte er in seinen Texten die Gleichberechtigung von Mann und Frau und beeinflusste damit unzählige Schriftstellerkollegen in den Vereinigten Staaten und Europa. Ferner wird Walt Whitman als wichtiger Wegbereiter des europäischen Naturalismus und des Expressionismus angesehen.

Walt Whitman starb am 26. März 1892 in Camden, NJ an den folgen einer schweren Lungenentzündung. Er wurde wenige Tage später auf dem “Harleigh Cemetery” beerdigt.

Mit freundlichen Grüssen
Reinhard Pfaffenberg

30. Mai 2017 – 4.500 Euros für eine Horde Asylanten

08.00 Uhr Ich öffne die Augen und stelle fest, dass bald Pfingsten gefeiert wird. Um meinen lieben Verwandten etwas Gutes zu tun, fasse ich den Entschluss, am Sonntag ein lustiges Barbecue im Willoughby Drive auszurichten. Voller Vorfreude schwinge ich mich aus dem Bett und lasse es mir nicht nehmen, Georg, Maria und Edelbert telefonisch zum Frühstück einzuladen – was kann es schöneres geben.
09.00 Uhr Im Anschluss verschwinde ich in der Nasszelle und lasse die Seele bei einem löblichen Wirbelbad baumeln. Just als ich mir eigene Gedanken bezüglich des Grillvergnügens mache, schellt die Schwarzbeere (unlöblich: Blackberry) besonders aggressiv. Zu allem Überfluss meldet sich Sandra und setzt mich darüber in Kenntnis, dass ihre Eltern am Wochenende zu Besuch kommen werden. Das unterbelichtete Kind jammert ohne Unterlass und sagt, dass es eigentlich über Pfingsten nach Florida ausfliegen und mich besuchen wollte. Ich atme tief durch und rate der Maid, zuhause in Bayern zu bleiben und ihre Eltern zu erquickenden Ausflügen an die bayerischen Seen und/oder in die Landeshauptstadt zu begleiten.


Sandras Eltern kommen nach Bayern

10.00 Uhr Ich beende das Badevergnügen und mache es mir zur Aufgabe, Bohnentrunk aufzukochen und gesunde Wurstwaren auf einem Porzellanteller anzurichten. Kurze Zeit später treffen die Gäste in der kleinen Villa ein und überraschen mich mit Semmeln und schmackhaften Cannolis aus der Biscotti Farrugia Bäckerei – wie schön.
10.30 Uhr Als wir kraftvoll zubeissen, berichte ich den Anwesenden von Sandras Anruf und stelle klar, dass das Mädchen am Wochenende ihre Eltern im Waldweg begrüssen wird. Edelbert wird sogleich hellhörig und meint, dass es angebracht wäre, im Sommer ebenfalls nach Bayern zu reisen, um alte Kameraden wiederzutreffen. Darüber hinaus kommt der schlaue Mann auf seine Immobilie im Haselnussweg zu sprechen und erinnert daran, dass in seinem ehemaligen Zuhause seit dem letzten Sommer eine Asylantenfamilie wohnt. Ich nicke eifrig und unke, dass das Einfamilienhaus längst verrottet ist. Edelbert schüttelt jedoch den Kopf und vertellt, dass die Flüchtlinge von Mitarbeitern des hiesigen Landratsamtes sowie diversen Helfern der Aktionsgruppe “Pro Asyl” umsorgt werden. Ferner erfahren wir, dass mein Bekannter pro Monat knapp 4.500 Euros an Miete einstreicht – das ist phantastisch.


Edelberts Baracke im Haselnussweg

11.00 Uhr Im weiteren Verlauf des Frühstücks diskutieren wir angeregt über die Folgen des Flüchtlingszustroms und sind uns sicher, dass Europa bald vor schwerwiegenden Problemen stehen wird. Mein Bruder lässt in diesem Zusammenhang kein gutes Haar an Bundeskanzlerin Angela Merkel und meint, dass die 62jährige die EU-Mitgliedsstaaten in den Ruin treiben wird – wie wahr.
11.30 Uhr Zur Mittagszeit verlagern wir unsere Konferenz auf die schattige Terrasse und stossen mit eiskaltem Schaumwein aus dem Hause Louis Roederer an. Maria nippt zufrieden am Sprudelsekt und freut sich, Europa längst den Rücken gekehrt und in Kanada eine neue Heimat gefunden zu haben. Ich schlage in die gleiche Kerbe und gebe zu Protokoll, dass man in Amerika wenigstens noch in Ruhe leben kann.
12.30 Uhr Weil Georg und Maria in der Stadt bummeln wollen, begleite ich die lieben Menschen zur Türe und gebe vor, dass ich morgen zum Frühstück vorbei kommen werde. Anschliessend schenke ich Edelbert einen Schluck Champagner nach und merke an, dass wir eventuell zur Oktoberfestzeit über den grossen Teich fliegen sollten. Der Professor reibt sich die Hände und verspricht, im Internetz nach preiswerten Flügen Ausschau zu halten.


Wir stossen redlichst an

13.30 Uhr Nachdem auch Edelbert das Weite gesucht hat, kehre ich in die gute Stube zurück und fülle Dixons Napf mit Futter auf. Ausserdem lasse ich mir ein Wurstbrot schmecken und trinke dazu ein Budweiser – das tut gut.
14.00 Uhr Als die Geschirrspülmaschine läuft, rufe ich Dixon ins Haus und falle fix und foxi aufs Kanapee. Bereits nach wenigen Sekunden döse ich ein und sehe mich im Traum auf die Münchner Theresienwiese versetzt.
15.00 Uhr Da es sich nicht gehört, den ganzen Nachmittag zu verschlafen, rapple ich mich auf und komme meinen Pflichten als Anschnurseelsorger nach. Mit flinken Fingern navigiere ich durchs weltweite Internetz und studiere Hilferufe besorgter Heimseitenbesucher. Natürlich gebe ich auch heute Ratschläge und animiere leidgeprüfte Eltern, mit der jungen Generation nicht zu zimperlich umzugehen – wo kämen wir denn da hin.
16.00 Uhr Nach der nervenaufreibenden Arbeit greife ich zur Hundeleine und animiere Dixon, mir an die frische Luft zu folgen. Der lustige Rüde folgt mir aufs Wort und flitzt ausgelassen zum künstlich angelegten Teich, um seine Pfoten im kühlen Nass zu baden. Währenddessen halte ich ein Schwätzchen mit Frau Pontecorvo und bringe heraus, dass am Abend ihr Lieblingsfilm auf ABC gezeigt wird. Weil die Alte aus dem Schwärmen gar nicht mehr herauskommt, lade ich sie kurzerhand zum gemeinsamen Fernsehvergnügen ein.


Hund Dixon darf Gassi gehen

17.00 Uhr Wieder zurück in der kleinen Villa, mache ich mich in der Küche nützlich und brate ein vitaminreiches Schnitzel in heissem Butterschmalz heraus. Dazu gibt es grüne Bohnen aus der Dose sowie eine Portion Kartoffelbrei – wie gut das duftet.
18.00 Uhr Pünktlich zum Sechsuhrläuten stattet mir Frau Pontecorvo einen Besuch ab und hält mir eine Schüssel mit Knabbereien unter die Nase. Ich winke die Frau herein und zögere nicht, eine Flasche Rotwein zu entkorken. Anschliessend frönen wir den Nachrichten auf FOX und machen uns über die aktuellen Geschehnisse schlau.
19.00 Uhr Zur Hauptfernsehzeit wechseln wir auf ABC und ich habe das Vergnügen, die von Stanley Donen im Jahre 1963 gekonnt in Szene gesetzte Kriminalkomödie “Charade” zu sehen. Ich lehne mich entspannt zurück und tauche in das Leben der hübschen Reggie ein, die sich unsterblich in den zwielichtigen Herrn Peter verliebt.
21.00 Uhr Nach zwei spannenden Stunden schalte ich das Farbfernsehgerät aus und bringe meine Nachbarin zur Türe. Zu guter Letzt hauche ich der Pontecorvo ein Bussi auf die Wange und wünsche ihr angenehme Träume. Danach ziehe ich mich gähnend ins Schlafzimmer zurück und falle erschöpft ins Bett. Gute Nacht.

24. Mai 2017 – Condoleezza Rice

08.00 Uhr Pünktlich zum Achtuhrläuten öffne ich die Augen und freue mich, einen weiteren Sonnentag im Rentnerparadies erleben zu dürfen – das ist prima.
08.30 Uhr Nach dem Frühsport fordere ich die AMAZON Lautsprechersäule auf, die kleine Villa mit prima Musik zu beschallen. ALEXA gehorcht mir aufs Wort und ich habe das Vergnügen, der aktuellen Kompaktscheibe des amerikanischen Ausnahmesängers John Moreland (31) zu lauschen. Während der Künstler seine Jugend in Oklahoma besingt, verabschiede ich mich ins Bad und lasse die Wirbelwanne mit Wasser volllaufen. Zudem rufe ich bei meinem Bruder an und erfahre, dass er die letzte Nacht auf einem wunderschönen Camping Ground (löblich: Wohnwagenplatz) an der Apalachee Bay verbracht hat. Georg ist begeistert und gibt mir zu verstehen, dass er gleich mit seiner Ehefrau nach Tallahassee kutschieren wird, um das alte Capitol (löblich: Rathaus) der Stadt zu besichtigen. Darüber hinaus vernehme ich, dass die lieben Leute am Nachmittag einen Spaziergang durch den weltbekannten “Alfred B. Maclay Garden” unternehmen werden – das hört man gerne.


Meine Verwandten sind im Winnebago unterwegs

09.30 Uhr Nach Rosenöl duftend, hüpfe ich aus der Wanne und zögere nicht, mich ordentlich abzutrocknen und in Schale zu werfen. Anschliessend kontaktiere ich den Professor und kündige an, alsbald im Zentrum einzutreffen. Edelbert freut sich und sagt, dass er mich im Starbucks zum Frühstück erwarten wird – wie aufregend.
10.00 Uhr Just als Frau Gomez die Haustüre aufstösst, lasse ich den Autoschlüssel in meine Hosentasche wandern und rufe den Vierbeiner auf, mir nach draussen zu folgen. Meine Zugehfrau stellt sich mir jedoch in den Weg und unterbreitet, dass sie Waschpulver benötigt. Ich zucke mit den Schultern und entgegne, dass mir leider die Zeit fehlt, um im Supermarkt abzuschoppen. Um weiteren Diskussionen aus dem Weg zu gehen, schiebe ich die kleine Frau beiseite und laufe mit schnellen Schritten zum PS-strotzenden SUV.
10.45 Uhr Nach einer langen Parkplatzsuche kann ich den Chevrolet Suburban endlich vor dem besagten Kaffeehaus parken. Mit Dixon im Schlepptau eile ich in die Filiale und treffe Edelbert an einem Tisch mit Ausblick an. Weil mein Magen knurrt, fackle ich nicht lange und ordere zwei “Canadian Bacon & Egg Sandwiches” (löblich: Kanadisches Schinken und Ei Brote) sowie einen grossen Becher “Veranda Blend” Kaffee mit ganz viel Milch. Danach lasse mich neben dem Professor nieder und bringe heraus, dass er im Anschluss eine Buchhandlung aufsuchen möchte, um die neuerschienene Biografie “Democracy: Stories from the Long Road to Freedom” aus Condoleezza Rices Feder zu kaufen. Ich mache grosse Augen und erinnere daran, dass die Negerin von 2005 bis 2009 Aussenministerin unter George W. Bush war und die Staaten Iran, Kuba, Myanmar, Nordkorea, Simbabwe und Weissrussland als “Vorposten der Tyrannei” bezeichnet hat.


Frau Rice hat ein Buch geschrieben

11.45 Uhr Kurz vor dem Mittagsläuten stehen wir wieder auf der Strasse und statten dem Bookstore (löblich: Buchgeschäft) in der Nachbarschaft einen Besuch ab. Prompt werden wir fündig und vernehmen vom Geschäftseigentümer, dass der knapp 500 Seiten starke Wälzer mittlerweile die Bestsellerliste der “New York Times” anführt. Ich überlege nicht lange und nehme mir ebenfalls ein Exemplar vom Regal.


Democracy von Condoleezza Rice

12.30 Uhr Nach dem Bezahlvorgang schlendern wir zum Auto und plaudern über dies und das. Prof. Kuhl reibt sich die Hände und meint, dass er sich nun die ersten Kapitel lesen wird. Ich schlage in die gleiche Kerbe und wünsche meinem Bekannten viel Vergnügen.
13.15 Uhr Zuhause angekommen, finde ich die kleine Villa redlichst herausgeputzt vor. Wie es sich gehört, fülle ich gesundes Trockenfutter in Dixons Napf und nehme mir das Recht heraus, eine Tiefkühlpizza im Ofen aufzubacken.
14.00 Uhr Ich lasse mir die Jause in der kühlen Wohnstube munden und blättere interessiert in Frau Rices Buch. Leider fallen mir schnell die Augen zu und ich sehe mich genötigt, die Beine auf dem Sofa hochzulegen.
15.00 Uhr Wenig später pocht Frau Pontecorvo an die Terrassentüre und erkundigt sich, ob sie mir beim Kaffeekränzchen Gesellschaft leisten darf. Ich nicke eifrig und mache mich augenblicklich am futuristischen DeLonghi Vollautomaten zu schaffen. Unterdessen wirft meine Nachbarin prüfende Blicke in die Memoiren der ehemaligen Aussenministerin und unkt, dass es mir schwer fallen muss, die englischen Fachbegriffe zu verstehen. Ich klopfe mir lachend auf die Schenkel und erwähne mit erhobenem Zeigefinger, dass mein Englisch perfekt ist.


Hund Dixon ist brav

16.00 Uhr Nachdem Frau Pontecorvo das Weite gesucht hat, breche ich mit dem Rüden zu einer Wanderung durch das Wohngebiet auf. Unter anderem schlendere ich am Haus von Herrn West vorbei und tratsche angeregt mit dem Ehemann der abgehalfterten Hollywooddiva Merryl Dench. Der Tattergreis lüftet seine Mütze und erzählt, dass seine Angetraute am Wochenende nach Los Angeles ausgeflogen ist – das soll mir auch Recht sein.
17.00 Uhr Wieder zurück in der kleinen Villa, schlüpfe ich aus den Flip Flops und gönne mir eine Hopfenkaltschale. Dazu gibt es ein mit Käse belegtes französisches Langbrot (unlöblich: Baguette) sowie köstliche Gurkenscheiben aus dem Glas – schmeckt gar nicht schlecht.


Ich schlüpfe aus den Flip Flops

18.00 Uhr Nach dem Nachtmahl mache ich es mir vor der Glotze bequem und schaue mir die Nachrichten an. Neben den üblichen Schreckensmeldungen aus dem alten Europa, lerne ich ausserdem, dass Morgen der “Ascension Day” (löblich: Christi Himmelfahrt) gefeiert wird – wie schön.
19.00 Uhr Um auf andere Gedanken zu kommen, wechsle ich auf HBO und gebe mich dem Spielfilm “Complete Unknown” (löblich: Komplett Unbekannt) hin. Ich staune Bauklötze und tauche in das Leben einer jungen Frau ein, die es sich zur Lebensaufgabe gemacht hat, ihre Mitmenschen Lügengeschichten aufzutischen – so ein Schmarrn.
21.00 Uhr Nach zweistündiger Langeweile schalte ich den Flachbildschirm aus und rufe Dixon ins Haus. Zu guter Letzt lösche ich das Licht und falle übermüdet ins Bett. Gute Nacht.

19. Mai 2017 – Lake Berryessa

08.00 Uhr Auch heute hüpfe ich voller Vorfreude aus dem Bett und kann es kaum noch erwarten, einen weiteren Rundgang über das Campusgelände der Berkeley Universität zu unternehmen. Um nicht noch mehr Zeit zu vertrödeln, öffne ich das Fenster und führe die Morgengymnastik durch – wer rastet, der rostet.
09.00 Uhr Nach dem Waschvergnügen schlüpfe ich in eine legere Tschienshose sowie ein schwarzes T-Hemd und lasse es mir nicht nehmen, Edelbert einen Besuch abzustatten. Mein Bekannter wünscht mir einen schönen Tag und plappert, dass wir jetzt frühstücken und anschliessend zur “Tolman Hall” spazieren sollten. Als ich genauer nachfrage, erhebt der Professor den Zeigefinger und informiert, dass er in besagtem Gebäude jahrelang Vorlesungen abgehalten hat – wie aufregend.
09.45 Uhr Nachdem wir ein spärliches Frühstück in der Cafeteria der “Alpha Gamma Omega” Studentenverbindung eingenommen haben, vertreten wir uns die Beine und passieren unter anderem die “Soda Hall”, in der neukluge Heimrechnerexperten ausgebildet werden. Edelbert schnalzt mit der Zunge und setzt mich darüber in Kenntnis, dass in dieser Einrichtung Herr Eric Brewer, der Erfinder der drahtlosen Netzwerke gearbeitet hat – jaja.


Auf dem Campus gibt es viel zu sehen

10.30 Uhr Schlussendlich betreten wir die “Tolman Hall” und ich lerne, dass dieser vierstöckige Bau vom weltbekannten Architekten Le Corbusier entworfen wurde. Prof. Kuhn lotst mich zielsicher durch die Gänge und erzählt, dass sein ehemaliges Büro im zweiten Stock zu finden war. Darüber hinaus erfahre ich, dass der Professor während seiner Dozentur nicht auf dem Campus gelebt, sondern ein schickes Haus in North Berkeley bewohnt hat. Mein Bekannter seufzt laut und beteuert, dass seine Lehrzeit an der Universität von Kalifornien sehr spannend war.
11.15 Uhr Wenig später stehen wir wieder auf der Strasse und fassen den Entschluss, den Heimweg anzutreten. Um etwas Abwechslung zu bekommen, wandern wir durch den “Chancellor’s Garden” und haben währenddessen das Vergnügen, hochgewachsene Pinien zu sehen. Mein Begleiter steckt sich seine Pfeife an und unterbreitet, dass er sich an diesem Ort sehr gerne auf seine Vorlesungen vorbereitet hat – das hört man gerne.


Im Chancellor’s Garden gibt es viele Pinien

11.45 Uhr Weil das kulinarische Wohl nicht zu kurz kommen darf, kehren wir kurzerhand ins gutbesuchte “Pizzahhh” Gasthaus ein, um hausgemachte Nudeln mit Fleischbällchen zu fressen. Nebenher komme ich auf unseren geplanten Abstecher zum Lake Berryessa zu sprechen und gebe zu Protokoll, dass wir bald losfahren sollten. Mein Tischnachbar nickt eifrig und schlürft genüsslich an seiner Diät Cola – da kommt Freude auf.
12.30 Uhr Als der Minutenzeiger meiner ROLEX auf halb Eins zugeht, schlendern wir zum Chevrolet Tahoe und vereinbaren, dass Edelbert die knapp siebzigminütige Reise auf sich nehmen wird. Ich nehme entspannt auf dem Beifahrersitz Platz und verrate dem Professor, dass der Zodiac Killer zwei Monate nach dem Überfall auf die Kellnerin Darlene Ferrin und ihrem Begleiter Michael Mageau an besagtem Stausee sein Unwesen getrieben hat.
13.15 Uhr Während Edelbert auf der Interstate 80 gen Norden krust, berichte ich ausserdem, dass der Meuchelmörder am Nachmittag des 27. September 1969 in einem langen Mantel mit Henkerskapuze die 22jährige Cecelia Shepard sowie den 20jährigen Bryan Hartnell mit Messerstichen malträtiert hat. Edelbert stimmt zu und erinnert, dass der Serienkiller zur gleichen Zeit diverse Briefe an den “San Francisco Chronicle”, der “Vallejo Times” und dem hiesigen “Examiner” verfasst hat – wie wahr.

Robert Graysmith schreibt in seinem Roman “Zodiac” folgendes:

Die Kapuze reichte vorne und hinten bis fast zur Taille hinunter, während sie seitlich an den Schultern endete. Sie war oben flach und an den Rändern mit Ziernähten versehen. Auf der latzartigen Vorderseite war ein weißes Kreuz in einem Kreis zu sehen. Die Enden des Kreuzes ragten über den Kreis hinaus. Das Kreuz schimmerte orangefarben in der untergehenden Sonne und war sehr sauber angenäht.

13.45 Uhr Nachdem wir die Gemeinde Vallejo hinter uns gelassen haben, erreichen wir endlich den Lake Berryessa, der um das Jahr 1843 von den ersten europäischen Siedlern angelegt wurde. Wir parken das Mietauto auf dem Rastplatz und nehmen uns das Recht heraus, auf Schusters Rappen zum Ufer zu laufen.
14.15 Uhr Am Ziel angekommen deutet Edelbert zu einer vorgelagerten Insel und mutmasst, dass die Opfer hier ein Picknick abgehalten und vom Zodiac überrascht wurden. Ich schlage in die gleiche Kerbe und stelle klar, dass der Mörder nach der Tat nicht nur sein Erkennungszeichen, sondern auch die Daten der anderen Verbrechen in die Autotüre der Opfer geritzt hat – wo soll das noch hinführen.

15.00 Uhr Bei angenehmen Temperaturen machen wir kehrt und gönnen uns in einem Restaurant ein kleines Mittagessen. Als wir kraftvoll zubeissen, macht mich der Professor auf den Umstand aufmerksam, dass der Zodiac am 11. Oktober 1969 ein letztes Mal im Stadtteil Presidio Heights in San Franzisko in Erscheinung trat und einen Taxifahrer mit einem gezielten Kopfschuss niederstreckte. Ich stimme uneingeschränkt zu und erwähne, dass bis 1974 weitere Morde verübt wurden, die möglicherweise auch dem Zodiac zugeschrieben werden können.

Täterbeschreibung vom 11. Oktober 1969:

175 bis 180 Zentimeter gross und stämmig. Schwarze Jacke mit Reissverschluss, dunkle Hose, brauner Bürstenschnitt, fünfunddreissig bis fünfundvierzig Jahre alt; Brillenträger.

16.00 Uhr Redlichst gestärkt hüpfen wir ins Auto und rasen in Richtung Berkeley davon. Beiläufig recherchiere ich im Internetz und bringe in Erfahrung, dass sich der Journalist Robert Graysmith dem Fall annahm und gemeinsam mit dem Polizeibeamten Dave Toschi geheime Ermittlungen anstellte. Die beiden konnten den vorbestraften Hausmeister Arthur Leigh Allen mit einigen Morden in Verbindung bringen und drei Durchsuchungsbeschlüsse erwirken. Leider stimmte die DNA des Mörders nicht mit der von Allen überein – wie schade.


Das Zeichen des Zodiac Killers

17.00 Uhr Sechzig Minuten später finden wir uns wieder auf dem Campus der “University of California” ein. Wir schleppen uns mit letzter Kraft ins Verbindungsheim und suchen Herrn Boetticher Büro auf. Der Wissenschaftler begrüsst uns herzlich und kredenzt lustige Sandwiches (löblich: Wurstbrote) sowie brühfrischen Kaffee. Wir greifen beherzt zu und lassen den Heini an unseren Tageserlebnissen teilhaben. Herr Boetticher folgt unseren Ausführungen mit grossem Interesse und meint, dass der Zodiac Killer die Menschen damals in Angst und Schrecken versetzte – das glaube ich gerne.


Wir beissen kraftvoll zu

18.00 Uhr Nun wird es aber langsam Zeit, Hände zu schütteln und uns auf die Zimmer zu verabschieden. Ich wünsche Edelbert eine ruhige Nacht und ziehe es vor, den Abend vor der Glotze ausklingen zu lassen. Zudem rufe ich bei meinen Verwandten in Florida an und erkundige mich nach Dixon. Meine Schwägerin steht mir artig Rede und Antwort und versichert, dass es dem Rüden an nichts fehlt – wie beruhigend.
19.00 Uhr Nach den Nachrichten wechsle ich auf den Spartenkanal KOFY-TV und fröne dem Fernsehformat “MacGyver”. Das Fernsehspiel aus den späten 1980er Jahren erzählt die Geschichte eines Geheimagenten, der es immer wieder schafft, sich aus ausweglosen Situationen zu befreien – das macht Spass.
20.00 Uhr Weil mir langsam die Augen zufallen, beende ich den Fernsehabend und lösche sämtliche Lichter. Anschliessend reguliere ich die Klimaanlage und döse prompt ein. Gute Nacht.

17. Mai 2017 – Phoebe A. Hearst Museum of Anthropology

Sehr geehrter Leser,

gestern trafen wir auf dem Campus der renommierten Berkeley Universität ein und wurden von Edelberts Bekannten herzlich begrüsst. Herr Tyrus Boetticher (63) ist nicht nur Präsident der “Alpha Gamma Omega” Studentenverbindung, sondern auch ein anerkannter Psychologe und Zeitforscher.

Der Heini führte uns über das Areal und nahm sich ausserdem das Recht heraus, uns seine Forschungseinrichtung zu zeigen. Unter anderem brachte ich heraus, dass sich Herr Boetticher mit interdisziplinäre Bewusstseins- und Zeitforschung auseinandersetzt und seit etlichen Jahren an einem bahnbrechenden Forschungszyklus arbeitet. Der Wissenschaftler war ganz aus dem Häuschen und wollte und weiss machen, dass er in wenigen Monaten in der Lage sein wird, einen Zeitsprung in die Zukunft zu unternehmen – wie aufregend.


Das Berkeley Labor muss man gesehen haben

Darüber hinaus war es uns möglich, einen erquickenden Spaziergang zum “Ernest Orlando Lawrence Berkeley National Laboratory” zu unternehmen. Die besagte Einrichtung wird vom amerikanischen Energieministerium finanziert und umfasst 15 Fachabeilungen, in denen sich bis zu 4.000 Wissenschaftler mit wichtigen Fragen rund um die Bereiche Informatik, Biologie, Ressourcengewinnung und Energie beschäftigen.


Das Hearst Museum auf dem Universitätsgelände

Den heutigen Tag werden wir nutzen, um das “Phoebe A. Hearst Museum of Anthropology” (löblich: Phoebe A. Hearst Museum der Menschenkunde) zu besichtigen. Interessierte Besucher finden in den heiligen Museumshallen unzählige Ausstellungsstücke aus längst vergangenen Epochen – das wird eine Gaudi.


Heute Abend steigt eine Feier – wie aufregend

Am Abend findet im Gästehaus der “Alpha Gamma Omega” Studentenverbindung übrigens ein rauschendes Fest statt. Herr Boetticher wird sich nicht lumpen lassen und eine feuchtfröhliche Feier mit Bier und Tanz ausrichten.

Mit freundlichen Grüssen
Reinhard Pfaffenberg