08.00 Uhr Die 52. Woche des Jahres beginnt und ich hüpfe ausgelassen aus dem Bett. Weil Georgs Ehefrau heute ihr Wiegenfest feiert, greife ich spornstreichs zum Telefon und lasse es mir nicht nehmen, in Toronto anzurufen. Meine Schwägerin meldet sich prompt und freut sich, als ich ihr Glückwünsche übermittle. Darüber hinaus komme ich auf den Samstag zu sprechen und rechne vor, dass wir uns in fünf Tagen wiedersehen werden. Maria ist hellauf begeistert und sagt, dass sie es kaum noch erwarten kann, die “staade Zeit” im Sonnenscheinstaat zu erleben.
Alles Gute, Maria
08.45 Uhr Nachdem ich den Frühsport hinter mich gebracht habe, stelle ich die DeLonghi Kaffeemaschine ein und verabschiede mich ins Bad. Ich wasche mich heraus und komme zu dem Schluss, dass ich mir die Haare schneiden sollte. Ich überlege ganz genau und ringe mich angesichts der bevorstehenden Feiertage dazu durch, ausnahmsweise nicht selbst zur Schere zu greifen.
09.45 Uhr Kurz vor dem Zehnuhrläuten schlüpfe ich in modische Freizeitkleidung. Danach scheuche ich Hund Dixon in die Küche und nehme ein kleines Frühstück ein. Leider wird die Ruhe bald durch Frau Pontecorvo gestört. Meine Nachbarin redet ohne Unterlass auf mich ein und informiert, dass im Laufe der Woche ein Tiefdruckgebiet über Florida hinwegziehen wird. Ich zucke mit den Schultern und erwidere, dass ich mich angesichts des Besuchs meiner Verwandten genötigt sehe, zum Frisör zu gehen. Ferner deute ich auf den Vierbeiner und bitte meine Bekannte, während des Vormittags auf Dixon aufzupassen. Die Alte nickt eifrig und sagt, dass sie es sich auf der Terrasse bequem machen und die Zeitung lesen wird – das ist schön.
Dixon muss bei der Nachbarin bleiben
10.30 Uhr Wenig später sitze ich im geräumigen Chevrolet Suburban und gleite zu stimmungsvoller WCKT CAT COUNTRY (löblich: Katze Land) Weihnachtsmusik in die Stadt – da kommt besonders grosse Freude auf.
11.00 Uhr Als der Stundenzeiger meiner wertvollen ROLEX auf 11 zugeht, parke ich das Auto vor der “Sandrift” Hotelanlage und eile auf Schusters Rappen zu “Roy’s Hair Cutting Saloon” an der Park Street. Während der kurzweiligen Wanderung telefoniere ich mit Edelbert und erkläre dem Professor, dass der Frisörladen täglich in der “Naples Daily News” (löblich: Naples tägliche Neuigkeiten) mit Anzeigen wirbt. Der schlaue Mann gibt sich skeptisch und moniert, dass dieser Billigladen keinen guten Ruf hat. Ich seufze laut und weise auf die Tatsache hin, dass mir einfach das Geld fehlt, um sündteure Schönheitssalons an der 5th Avenue zu besuchen.
11.15 Uhr Endlich bin ich am Ziel und stelle fest, dass ich nicht der einzige Kunde bin. Trotz aller Widrigkeiten lasse ich mir die gute Laune nicht verderben und nehme in einem Ledersessel Platz, um die Beine auszustrecken und gelangweilt in einem Modemagazin zu blättern.
12.30 Uhr Nach fünfundvierzig Minuten werde ich von einem gestriegelten Mitarbeiter begrüsst. Der Knecht führt mich zu einem Frisörstuhl und lotet aus, ob ich mit einer Tönung Vorlieb nehmen möchte. Ich schüttle den Kopf und erkläre dem Homosexuellen, dass er mir lediglich einen flotten Schnitt verpassen darf. Bevor ich mich versehe, legt mir der Heini ein Handtuch über die Schultern und macht es sich zur Aufgabe, mein Haar mit Wasser zu bestäuben. Danach greift der Frisör zur Schere und schnippelt gekonnt an meinem Kopf herum.
Ich bezahle 20 Dollars
13.00 Uhr Zu guter Letzt massiert mir der Experte Gel ins Haar und verkündet, dass ich nun zur Kasse gehen und 20 Dollars bezahlen muss. Ich komme dem Aufruf nach und vergesse auch nicht, ein kleines Trinkgeld zu geben.
13.30 Uhr Zurück auf der Strasse bemerke ich, dass mein knurrender Magen nach einer Stärkung verlangt. Ruckzuck steuere ich einen Deli an und ordere am Verkaufstresen ein vitaminreiches “Ham & Cheese Croissant” (löblich: französisches Hörnchen mit Schinken und Käse). Dazu gibt es ein durstlöschendes Root Beer (löblich: Wurzel Bier) aus dem Hause A&W – schmeckt gar nicht schlecht.
14.15 Uhr Redlichst gestärkt trete ich die Heimreise an. Während ich das KFZ auf 35 Meilen pro Stunde beschleunige, schaue ich in den Rückspiegel und stelle fest, dass der Frisör beste Arbeit abgeliefert hat.
Wir trinken Kaffee / Bild: Nevit Dilmen / CC BY-SA 3.0
15.00 Uhr Zuhause angekommen, sehe ich mich mit meiner kaffeetrinkenden Nachbarin konfrontiert. Frau Pontecorvo macht grosse Augen und unterbreitet, dass ich wirklich zum Anbeissen aussehe. Ich stimme zu und fülle meine Hahn und Henne Tasse mit würzigem Bohnentrunk auf. Anschliessend leiste ich der Dame von nebenan Gesellschaft und informiere, dass mich der Frisörbesuch ein kleines Vermögen gekostet hat.
15.30 Uhr Nachdem sich meine Nachbarin winkend verabschiedet hat, falle ich gähnend aufs Wohnzimmerkanapee und döse augenblicklich ein.
16.30 Uhr Ich öffne die Augen und registriere, dass es mittlerweile halb Fünf geschlagen hat. Weil es für die Anschnurseelsorge schon zu spät ist, begebe ich mich in den Garten und rufe nach Dixon. Nach kurzer Suche treffe ich den Rüden im Nachbargarten an und erfahre von Frau Crane, dass mein Liebling mit Joey gespielt hat.
17.00 Uhr Gutgelaunt kehre ich nach Hause zurück und mache mich in der Küche nützlich. Unter den fordernden Blicken meines tierischen Mitbewohners, schwenke ich Butter ein einer Pfanne und brate vitaminreiche Fischfilets heraus. Ferner vergesse ich auch nicht, Dixons Napf mit vitaminreichem ROYAL CANIN Trockenfutter aufzufüllen.
18.00 Uhr Nach der Brotzeit beginnt der wohlverdiente Fernsehabend. Ich mache es mir vor der Glotze bequem und fröne den FOX Nachrichten. Unter anderem lerne ich, dass sich übermorgen die sogenannte “Tea Party” (löblich: Teefeier) von Boston zum 242. Mal jährt.
19.00 Uhr Um auf andere Gedanken zu kommen, stecke ich eine selbstgebrannte DVD ins Abspielgerät und gebe mich spannenden Derrick Folgen aus dem Jahre 1984 hin. Zu aller erst tauche ich in das Leben von Dr. Masilke ein, der in einem Münchner Hotel ermordet wird. Ich staune nicht schlecht und werde Zeuge, wie Stephan Derrick und Harry Klein diesen verzwickten Fall im Handumdrehen aufklären.
20.00 Uhr Im Anschluss beschäftigt sich Oberkommissar Derrick mit einem unbekannten Toten, der an der Isar gefunden wurde. Wenige Tage später meldet sich Frau Schuster und gibt zu Protokoll, das Opfer gekannt zu haben. Selbstverständlich kombiniert Herr Derrick messerscharf und kommt dem Mörder umgehend auf die Schliche.
21.00 Uhr Nach den nervenaufreibenden Kriminalfällen beende ich den Fernsehabend und begleite den Vierbeiner noch einmal in den Garten. Zu guter Letzt verschliesse ich die Haustüre und lege mich schlafen. Gute Nacht.