07.45 Uhr Ein neuer Tag in der kanadischen Millionenmetropole Toronto beginnt. Weil wir im Laufe des Vormittags nach Gilford fahren werden, stehe ich zeitig auf und absolviere am geöffneten Fenster die Morgengymnastik. Ausserdem rede ich auf Hund Dixon ein und erkläre ihm, dass er in wenigen Stunden am Lake Simcoe spielen darf. Der Rüde wird prompt hellhörig und kann es gar nicht mehr erwarten, lustige Eichhörner zu jagen.
09.00 Uhr Nachdem ich mich gewaschen und rasiert habe, werfe ich einige Kleidungsstücke in den DELSEY Rollkoffer und vergesse auch nicht, meinen löblichen Kulturbeutel einzupacken. Danach eile ich in die Küche und leiste Edelbert sowie Maria und Georg beim Frühstück Gesellschaft. Mein Bruder blättert kaffeeschlürfend in der Tageszeitung und informiert, dass in den nächsten Tagen mit ergiebigem Schneefall zu rechnen ist. Ich zucke mit den Schultern und entgegne, dass wir schnellstmöglich nach Gilford aufbrechen sollten. Georg schlägt in die gleiche Kerbe und kündigt an, dass wir standesgemäss im JEEP reisen werden – wie schön.
10.00 Uhr Als die Wanduhr im Wohnzimmer zehn Mal schlägt, rolle ich mein Gepäckstück nach draussen und spähe skeptisch in den wolkenverhangenen Himmel. Edelbert steckt sich eine stinkende Zigarre an und erzählt, dass er heute schon mit Frau Pontecorvo telefoniert hat. Der schlaue Mann kann sich ein Schmunzeln nicht verkneifen und berichtet, dass meine Nachbarin das sonnige Wetter in Südflorida in vollen Zügen auskostet und das wichtigste Mahl auf der Terrasse eingenommen hat. Ich seufze laut und ziehe mir die Zipfelmütze tief ins Gesicht.
10.30 Uhr Um nicht noch mehr Zeit zu vertrödeln, helfe ich dem Haustier auf die Ladefläche und nehme dann selbst auf dem Rücksitz Platz. Georg lässt den Wählhebel der Automatikschaltung elegant in der “D” Stellung einrasten und sagt, dass wir in zirka 90 Minuten in Gilford sein werden.
11.00 Uhr Während wir durch die Vororte Concord und Richmond Hill rasen, telefoniert Maria mit Amanda. Meine Schwägerin kommt aus dem Plappern gar nicht mehr heraus und lässt die Maid wissen, dass am Wochenende Laura mit Lebensgefährte Herrn William und Sohn Paul zu Besuch kommen werden. Amanda freut sich und beteuert, dass sie mit ihrer Familie am Freitag Abend in Gilford sein wird – das ist phantastisch.
12.00 Uhr Pünktlich zur Mittagszeit verlassen wir die Autobahn 400 und passieren das Ortsschild von Gilford. Georg drosselt die Geschwindigkeit und unterbreitet, dass er heute die Spendierhosen angezogen hat und uns ins Restaurant des “Harbourview Golf und Country Club” einladen wird – wie schön.
12.30 Uhr Hungrig kehren wir in die Wirtschaft ein und ordern bei einem hochnäsigen Kellner hausgemachte Zitronenlimonade sowie den “Catch of the Day” (löblich: Fang des Tages). Der Knecht serviert Barsch an Selleriegemüse und unterbreitet, dass der Fisch noch am Morgen im Lake Simcoe seine Runden gedreht hat. Wir beissen kraftvoll zu und verabreden, dass wir uns im Laufe dieser Woche auch im Eisfischen versuchen sollten.
13.30 Uhr Nach der reichhaltigen Mahlzeit bescheren wir dem Ober ein stattliches Trinkgeld und krusen weiter zum Ferienhaus. Weil die Strassen nicht geräumt sind, kommen wir leider nur sehr langsam voran. Georg lässt kein gutes Haar an den Stadtoberen und sagt, dass er am Nachmittag beim Bürgermeister anrufen wird.
14.15 Uhr Endlich sind wir am Ziel und können unser Reisegepäck ins ausgekühlte Ferienhaus schleppen. Maria klappert mit den Zähnen und macht es sich augenblicklich zur Aufgabe, die Heizung einzustellen und etliche Scheite Brennholz in den gemauerten Kamin zu verfrachten.
15.00 Uhr Als sich eine wohlige Wärme im Anwesen breit macht, serviere ich Dixon eine stattliche Portion Royal Canin Trockenfutter und genehmige mir selbst einen vitaminreichen Laffy Taffy Schokoladenriegel. Maria kredenzt zudem heissen Earl Grey (löblich: Graf Grau) Tee und sagt, dass immer wieder ein Vergnügen ist, die Seele am Lake Simcoe baumeln zu lassen. Ich gähne ausgiebig und verabschiede mich ins Gästezimmer.
16.00 Uhr Just als ich mich im Traum nach Puerto Rico versetzt sehe, wecke mich Edelbert und macht mich darauf aufmerksam, dass Dixon im Wald verschwunden ist. Ich schlage die Hände über dem Kopf zusammen und schlüpfe in die Mondstiefel und den Mantel. Anschliessend stapfe ich durch den kniehohen Schnee und halte nach dem Rüden Ausschau. Bereits nach wenigen Minuten treffe ich den Ausreisser am Seeufer an und schimpfe ich ihn ordentlich aus. Dixon wedelt mit der Rute und folgt mir brav zum Ferienhaus.
17.00 Uhr Während sich die Nacht über Gilford legt, servieren meine Verwandten Langnudeln mit Pesto. Edelbert reibt etwas Parmesan über die Teigwaren und sagt, dass er müde ist und sich bald zur Ruhe betten wird. Georg schüttelt jedoch den Kopf und sagt, dass am Abend Eishockey im Fernsehen läuft – das soll mir auch Recht sein.
18.00 Uhr Nachdem wir den Abwasch erledigt und das letzte Brennholz in den Kamin verfrachtet haben, beginnt endlich der gemütliche Teil des langen Tages. Wir machen es uns in der guten Stube bequem und frönen auf dem Bezahlsender TSN dem Eishockey Spiel zwischen den “Florida Panthers” und den “Winnipeg Jets”. Nebenher spülen wir unsere trockenen Hälse mit süffigem Bier durch – das tut gut.
20.00 Uhr Da ich die Regeln immer noch nicht verstanden habe, erhebe ich mich vom Sofa und unternehme mit Edelbert einen kleinen Spaziergang. Mit einer Taschenlampe im Anschlag folgen wir einem Weg entlang des vereisten Seeufers und werfen Dixon Stöckchen zu – das macht Spass.
20.45 Uhr Nach einer heissen Dusche schlüpfe ich in meinen bequemen Flanellschlafanzug und gehe zufrieden ins Bett. Gute Nacht.