4. Februar 2013 – Öllachen, Schokoladenpudding und Vorfreude auf Gilford Beach

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07.45 Uhr Maria pocht an die Gästezimmertüre und macht mich darauf aufmerksam, dass es letzte Nacht geschneit hat. Ich reibe mir den Schlaf aus den Augen und erfahre, dass Georg die Einfahrt vom Matsch befreien muss und auf meine Mithilfe hofft – das hat gerade noch gefehlt.
08.45 Uhr Nachdem ich mich bei einem Vollbad entspannt habe, rutsche ich auf dem Treppengeländer nach unten und treffe meine Familie im Esszimmer an. Haushälterin Grace (48) schenkt mir ein Lächeln und erkundigt sich, ob ich Kaffee oder Tee bevorzuge. Ich fackle nicht lange und bitte die nette Negerin, einen Becher mit brauner Brühe zu kredenzen. Ausserdem beisse ich in ein Croissant (löblich: französisches Hörnchen) und lerne, dass es draussen mit -7°C bitter kalt ist. Edelbert zieht ein langes Gesicht und meint, dass es kein Vergnügen ist, bei diesem Sauwetter Schnee zu schippen.
09.30 Uhr Trotz aller Widrigkeiten lassen wir uns die gute Laune nicht verderben und schlüpfen in bequeme Mondstiefel (unlöblich: Moonboots). Danach spucken wir in die Hände und sorgen für eine schnee- und eisfreie Einfahrt. Dixon streift währenddessen durch den Garten und macht es sich zur Aufgabe, freche Amseln zu jagen.
10.00 Uhr Nebenbei plaudere ich mit Georg und lote aus, wann wir denn nun ein Lacrosse Spiel im “Air Canada Center” besuchen werden. Mein Bruder rückt seine Pelzmütze zurecht und behauptet, dass die “Toronto Rocks” am 15. Februar gegen die “Calgary Roughnecks” antreten werden. Der gute Mann ist hellauf begeistert und verspricht, sich noch heute um Eintrittskarten zu bemühen – wie schön.
10.45 Uhr Nach fünfundvierzig Minuten können wir die Schaufeln in die Garage stellen und die Arbeit beenden. Ich schleppe mich mit letzter Kraft in die Küche und genehmige mir ein süffiges Labatt Blau Bier. Edelbert folgt meinem Beispiel und informiert, dass der Hopfentrunk mit einem würzigen Abgang überzeugen kann. Ich nicke eifrig und beobachte Frau Grace, die just in diesem Moment ein Nudelschichtgericht (unlöblich: Lasagne) in den Ofen schiebt.

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11.30 Uhr Wenig später kann ich zu Messer und Gabel greifen und mir die Spezialität munden lassen. Bei dieser Gelegenheit tratsche ich mit meinen Verwandten und höre, dass wir morgen zum Lake Simcoe fahren werden. Georg reibt sich die Hände und sagt, dass im Ferienhaus viel Arbeit auf uns wartet. Als ich grosse Augen mache, kommt mein Bruder auf den Holzofen zu sprechen und kündigt an, dass wir am Mittwoch Vormittag nach Gilford fahren und Brennholz kaufen müssen.
12.30 Uhr Nachdem wir das Mittagessen mit Schokoladenpudding und Kaffee abgerundet haben, ziehe ich mich ins holzvertäfelte Wohnzimmer zurück und gönne mir eine kleine Pause.
13.30 Uhr Just als ich von meiner unterbelichteten Mieterin träume, schellt das NOKIA Handtelefon. Ich halte mir das Kommunikationsgerät gähnend ans Ohr und sehe mich genötigt, mit Sandra sprechen zu müssen. Das Kind schimpft wie ein Rohrspatz und berichtet, dass es eine Öllache in der Garage entdeckt hat. Als ich genauer nachfrage, verweist die Maid auf den Jaguar und unkt, dass die Ölwanne durchgerostet ist. Ich greife mir an den Kopf und beauftrage das Mädchen, mit KFZ Meister Bernd zu sprechen.
14.00 Uhr Anschliessend beende ich das Gespräch und leiste meinen Verwandten beim Kaffeekränzchen Gesellschaft. Während Edelbert in einem Buch schmökert, frage ich Maria bezüglich unseres Ausfluges nach Gilford aus. Meine Schwägerin steht mir Rede und Antwort und unterbreitet, dass am kommenden Wochenende nicht nur James, Amanda und David, sondern auch Laura mit Sohn Paul zu uns stossen werden – wie aufregend. Ich schnippe mit den Fingern und freue mich, meine Nichte endlich wieder zu sehen.
15.00 Uhr Um die Nachmittagsstunden nicht ungenutzt verstreichen zu lassen, eile ich ins Arbeitszimmer und gehe Anschnur. Da heute besonders viele Hilferufe im elektronischen Postkasten eingegangen sind, mache ich mich augenblicklich ans Werk und helfe, wo ich nur kann. Ferner nehme ich die Gästebucheinträge in Augenschein und ärgere mich, weil schon wieder garstige Jugendliche Morddrohungen geschickt haben.
16.15 Uhr Kurz nach dem Vieruhrläuten fahre ich den Heimrechner mausdrückend herunter und breche mit Edelbert zu einem Gassigang auf. Wir schlendern durch das Wohnviertel und diskutieren über die Ampelanlagen, die ganz im Gegensatz zu den deutschen Signalgebern auf der gegenüberliegenden Strassenseiten angebracht sind. Edelbert kommt aus dem Plappern gar nicht mehr heraus und beteuert, dass sich die amerikanischen Autofahrer während des Haltevorgangs nicht die Hälse verdrehen müssen, um die Lichtzeichen zu sehen – wie wahr.
17.00 Uhr Endlich sind wir wieder zu Hause und werden von Maria mit einer Minestrone überrascht. Ich lasse mir das Abendessen zungeschnalzend schmecken und brocke etwas Weissbrot in die Suppe. Dazu gibt es vollmundigen Rotwein aus dem goldenen Kalifornien – das schmeckt.
18.00 Uhr Nach dem Essen setzen wir uns in die gute Stube und stossen mit Bourbon aus Kentucky an. Georg stecke Edelbert eine dicke Zigarre zu und erzählt, dass diese Glimmstängel aus Kuba stammen und ein kleines Vermögen gekostet haben. Ich schalte kopfschüttelnd den Fernseher ein und lasse es mir nicht nehmen, die Nachrichten anzuschauen und mich über die aktuellen Geschehnisse in der Welt zu informieren.
19.00 Uhr Im Anschluss frönen wir auf dem Bezahlsender “Showtime” der preisgekrönten Serie “Shameless” (löblich: Schamlos), die von einem frustrierten Familienvater erzählt. Ich lehne mich seufzend zurück und werde Zeuge, wie sich der sturzbetrunkene Frank mit zwei Ganoven einlässt und viel Geld verliert – da kommt Freude auf.
21.00 Uhr Nach zwei heiteren Stunden leere ich das Whiskeyglas und wünsche den anderen angenehme Träume. Gute Nacht.

Labatt Blau Bier – das schmeckt: