08.00 Uhr Während Martina McBride auf der Frequenz von WCKT CAT COUNTRY (löblich: Katze Land) den Weihnachtsklassiker “Jingle Bells” trällert, hüpfe ich aus dem Bett. Voller Vorfreude öffne ich die Terrassentüre und lasse Hund Dixon wissen, dass wir Morgen die Kinder im Rentnerparadies begrüssen werden – das wird eine Gaudi.
08.30 Uhr Nachdem ich den Frühsport hinter mich gebracht habe, ziehe ich mich in die Nasszelle zurück und läute den sonnigen Tag mit einem Wirbelbad ein. Nebenher telefoniere ich mit meiner Schwägerin und bringe heraus, dass meine Verwandten gleich zum WINN DIXIE Supermarkt am Mission Hill Drive krusen und Einkäufe tätigen wollen. Ich werde augenblicklich hellhörig und biete Maria an, kurzerhand mitzukommen und ihr bei der Auswahl der Produkte beizustehen – immerhin habe ich heute ausnahmsweise keine Termine im Kalender stehen.
Die Putzperle ist da
09.30 Uhr Just als die Zeiger meiner geschmackvollen Wanduhr auf halb 10 deuten, trete ich aus dem Bad und sehe mich mit meiner Zugehfrau konfrontiert. Frau Gomez schreit wie am Spiess und fordert mich auf, mir etwas anzuziehen. Ich nicke eifrig und flitze wie der Wind ins Schlafzimmer, um mich in legere Freizeitkleidung zu zwängen. Danach schlendere ich kleinlaut in die Küche und gebe der Putzperle zu verstehen, dass sie bei ihrem nächsten Besuch die Klingel betätigen sollte. Die Dame wischt mit einem nassen Lappen über die Küchenanrichte und plappert, dass sie in der kommenden Woche nach Mexiko ausfliegen und erst wieder im kommenden Jahr den Hausputz erledigen wird – das soll mir auch Recht sein.
10.15 Uhr Nach einem reichhaltigen Frühstück, setze ich mir die NY YANKEES Kappe auf und wünsche meiner Zugehfrau ein schönes Fest. Ferner stecke ich ihr als kleines Dankeschön eine druckfrische 20 Dollars Note zu und merke an, dass ich nun zum Supermarkt meines Vertrauens rasen und dort meine Verwandten treffen werde.
20 Dollars für Frau Gomez
11.00 Uhr Wenig später brettere ich mit quietschenden Pneus auf den Supermarktparkplatz und schaffe es gerade noch, einem hochnäsigen Porschefahrer einen Stellplatz wegzuschnappen. Während Dixon im PS-strotzenden SUV zurückbleibt, strebe ich lachend zur Markhalle und freue mich, dem blondierten Sportwagenfahrer ein Schnippchen geschlagen zu haben. Alsbald treffe ich auf meine Verwandten am Haupteingang an und lerne, dass sie nicht nur Lebensmittel und Getränke, sondern auch Willkommenspräsente für die jungen Leute besorgen müssen. Ich reibe mir die Hände und gebe zu Protokoll, dass wir David mit Buntstiften überraschen sollten. Mein Bruder zeigt mir jedoch den Vogel und beteuert, dass der Bube im September seinen 12. Geburtstag gefeiert hat und bestimmt keine Dinosaurier auf ein Blatt Papier kritzeln möchte – wie schade.
11.30 Uhr Während wir den klapprigen Einkaufswagen durch die breiten Gänge schieben, wende ich mich Georg zu und lote aus, wann die Kinder eintreffen werden. Der gute Mann versorgt mich mit Infos und unterbreitet, dass er Morgen gegen 16 Uhr zum Flughafen nach Fort Myers fahren und die jungen Leute in Empfang nehmen wird – das ist die beste Nachricht des ganzen Tages.
Bezahlkarten sind unlöblich
12.15 Uhr Kurz nach dem Mittagsläuten schieben wir den vollbeladenen Wagen zur Kasse und Georg zögert nicht, seine Amerikanische Schnellkarte (unlöblich: American Express Card) zu zücken und der übergewichtigen Kassenkraft ein stattliches Trinkgeld zuzustecken – das ist ja allerhand.
12.45 Uhr Nachdem wir die Einkäufe in die Autos verfrachtet haben, statten wir der benachbarten “Altavista” Pizzeria einen Besuch ab. Weil meine Verwandten bereits ein kleines Vermögen ausgegeben haben, zeige ich mich erkenntlich und lade die lieben Menschen zu vitaminreichen Thunfischpizzas und durstlöschendem Eistee ein.
13.15 Uhr Während wir kraftvoll zubeissen, planen wir das anstehende Weihnachtsfest und kommen überein, dass wir den Abend des 24. Dezembers in meiner Villa feiern sollten. Ich mache grosse Augen und erfahre weiter, dass wir Tags darauf das Frühstück im Ferienhaus einnehmen und Geschenke austauschen werden – wie aufregend.
13.30 Uhr Mit vollen Bäuchen kehren wir zu den Autos zurück und wünschen einander schöne Nachmittage. Da ich mich vor Müdigkeit kaum noch auf den Beinen halten kann, schwinge ich mich spornstreichs hinters Lenkrad und trete mit dem Rüden die Heimreise in den Willoughby Drive an.
Mein Zuhause unter Palmen
14.00 Uhr Zuhause angekommen, schleppe ich mit letzter Kraft die Einkaufstüte ins Haus und mache es mir zur Aufgabe, eine Flasche Ketchup, vitaminreiches Hackfleisch, Käse, frisches Gemüse, Brotaufstrich sowie einen Salatkopf in den Eiskasten zu verstauen. Danach falle ich gähnend aufs Kanapee und döse schnell ein.
15.00 Uhr Um nicht den ganzen Nachmittag auf der faulen Haut zu liegen, breche ich mit Hund Dixon zu einem Gassigang zur “La Playa” Golfanlage auf. Mit einer lustigen Melodie auf den Lippen flaniere ich durch das beschauliche Wohngebiet und nehme mir das Recht heraus, dem Vierbeiner Stöckchen zuzuwerfen.
16.00 Uhr Endlich bin ich wieder dahoam und kann aus den schweren Kuhjungenstiefeln schlüpfen. Im Anschluss setze ich mich an den Schreibtisch und helfe im Rahmen der Anschnurseelsorge verzweifelten Erziehungsberechtigten bei schwerwiegenden Problemen.
17.00 Uhr Da das kulinarische Wohl nicht zu kurz kommen darf, beende ich die schweisstreibende Arbeit und mache mich in der Küche nützlich. Zu prima Elvis Presley Weihnachtsliedern koche ich italienische Langnudeln (unlöblich: Spaghetti) mit Tomatensauce auf. Zudem rufe ich bei Prof. Kuhn an und vernehme, dass der schlaue Mann am Nachmittag Frau Brandie Cream zum Kaffeetrinken getroffen hat – wie schön.
Heute gibt es Langnudeln mit Sauce
18.00 Uhr Als der Stundenzeiger meiner wertvollen ROLEX auf 6 zugeht, lege ich in der klimatisierten Wohnstube die Beine hoch und schaue fern. Um auf den neuesten Stand zu kommen, gebe ich mich den FOX Nachrichten hin und informiere mich aus erster Hand über die aktuellen Geschehnisse in der Welt.
19.00 Uhr Zur besten Sendezeit verweile ich weiter auf FOX und fröne dem preisgekrönten Serienspiel “The Last Man on Earth” (auf deutsch: Der letzte Mann auf Erden). Die Spasssendung handelt von einem bärtigen Heini, der als einziger Mensch eine verheerende Virusepidemie überlebt hat und nun ganz alleine durch die Vereinigten Staaten streift – da kommt Freude auf.
21.00 Uhr Als nach der vierten Episode der Abspann über die Mattscheibe flimmert, beende ich den Fernsehabend und gehe müde zu Bett. Gute Nacht.