28. Februar 2017 – Jefferson’s Ocean

08.00 Uhr Der letzte Februartag bricht an und ich verspüre ein eigenartiges Kratzen im Hals. Weil ich schon seit jungen Jahren mit Heuschnupfen zu kämpfen habe, eile ich mit schnellen Schritten ins Bad und nehme eine “Piriteze” Tablette ein. Wie jedes Kind weiss, vertreibt dieses Medikament sämtliche Symptome und bietet einen 24stündigen Schutz – da kommt Freude auf.


Meine Hausapotheke

08.30 Uhr Nachdem ich ein Nasensprüh aus dem Hause “WICK” verwendet habe, öffne ich die Terrassentüre und lasse Hund Dixon in den Garten hinaus. Anschliessend ziehe ich mich ins Bad zurück und lasse die Seele bei einem Wirbelbad baumeln. Nebenher mache ich mir Gedanken bezüglich Georgs anstehenden Geburtstag und ringe mich dazu durch, im fernen Toronto anzurufen. Nach dem zweiten Tuten habe ich Maria im Rohr und erfahre, dass meine Verwandten ihre angekündigte Reise nach Florida auf Mitte März verschieben müssen. Ich seufze laut und bringe heraus, dass sich mein Bruder eine Grippe eingefangen hat und bis auf Weiteres das Bett hüten muss. Trotz alledem lege ich beste Laune an den Tag und lasse meine Schwägerin wissen, dass ich dem guten Mann zu seinem Ehrentag eine Flasche Bourbon schicken werde.
09.30 Uhr Nach dem Waschvorgang richte ich das Frühstück an und kontaktiere Edelbert. Der Professor freut sich und erklärt sich prompt bereit, mich in eineinhalb Stunden in “Bob’s Liquor Store” zu treffen. Ruckzuck beende ich das Telefonat und stecke zwei weitere Brotscheiben in den Röster (unlöblich: Toaster).


Meine goldene ROLEX

10.00 Uhr Just als der Stundenzeiger meiner ROLEX auf Zehn zugeht, verlasse ich die kleine Villa und bin überrascht, den Gärtner auf der Einfahrt anzutreffen. Herr Leonardo wünscht mir einen guten Morgen und kündigt an, jetzt den Rasen zu mähen und Unkraut zu jäten. Ich stimme zu und bitte den Heini, auch die Leiter aus der Garage zu holen und die Regenrinne zu reinigen – immerhin habe ich Wichtigeres zu tun.
10.30 Uhr Dreissig Minuten später komme ich mit quietschenden Bremsen vor dem Alkoholgeschäft meines Vertrauens zum Halten. Voller Elan schwinge ich mich aus dem SUV und begrüsse Edelbert per Handschlag. Mein Bekannter schleckt an einem lustigen Erdbeereis und vertellt, dass er sich eine Kiste Weissbier gönnen wird. Ich schlage in die gleiche Kerbe und stelle klar, dass ich ein kleines Vermögen in einen Whiskey investieren werde.


Georg darf sich über einen edlen Whiskey freuen

10.45 Uhr Um nicht noch mehr Zeit zu vertrödeln, betreten wir den Laden und fordern Herrn Bob auf, uns bei der Auswahl zur Seite zu stehen. Der Ladeninhaber lässt sich nicht zweimal bitten und legt mir nahe, eine Flasche “Jefferson’s Ocean” zu kaufen. Als ich die Augenbrauen nach oben ziehe, präsentiert der Alkoholfachmann ein Fläschchen und erklärt, dass dieser Bourbon in der Kleinstadt Crestwood, KY in Fässer abgefüllt wird und danach per Schiff um die ganze Welt reist. Ich staune nicht schlecht und lerne, dass der Getreideschnaps während seiner fünfmonatigen Reise um alle Kontinente schippert und dabei viermal den Äquator überquert. Natürlich fackle ich nicht lange und animiere Herrn Bob, mir einen Humpen auszuhändigen. Mein Gegenüber schnalzt mit der Zunge und sagt, dass dieser Bourbon selbstverständlich in einer luxuriösen Holzkiste verkauft wird – das ist phantastisch.
11.30 Uhr Nachdem ich 120 Dollars ausgegeben habe, kehren wir zu den Autos zurück und fassen den Entschluss, eine Postfiliale anzusteuern und den Bourbon per Expressversand nach Kanada zu schicken.
12.00 Uhr Zum Mittagsläuten finden wir uns in einem “United States Postal Service” Geschäft wieder und vernehmen, dass eine 48stündige Expresslieferung nach Toronto mit 25 Dollars zu Buche schlägt. Ich zucke mit den Schultern und mache es mir zur Aufgabe, die Adresse meiner Verwandten auf einen Lieferschein zu kritzeln und die Whiskeykiste in einen luftgepolsterten Postkarton zu verfrachten – wie aufregend.
12.45 Uhr Nun wird es aber langsam Zeit, das Mittagessen einzunehmen. Ich deute in Richtung des zwei Meilen entfernten Zoos und gebe Edelbert zu verstehen, dass es sich anbieten würde, bei “Pizza Fusion” einzukehren. Der schlaue Mann gibt mir Recht und prescht mit durchdrehenden Pneus von dannen.


Pizza ist sehr vitaminreich

13.30 Uhr Während wir Schinkenpizzas verzehren und unsere Hälse mit Eistee durchspülen, kommt der Professor auf morgen zu sprechen und erinnert, dass am 1. März Aschermittwoch gefeiert wird. Ich werde augenblicklich hellhörig und schlage vor, dass wir am Mittwoch in die Kirche gehen und einen Gottesdienst besuchen sollten.
14.15 Uhr Redlichst gestärkt wünsche ich Edelbert einen schönen Nachmittag und kruse zügig nach Hause. Unterdessen erfreue ich mich am Radioprogramm von WCKT CAT COUNTRY (löblich: Katze Land) und lasse mir den Fahrtwind durchs Haar wehen – was kann es schöneres geben.
15.00 Uhr Zuhause angekommen, falle ich erschöpft aufs Kanapee und schliesse die Augen. Nach wenigen Atemzügen döse ich ein und sehe mich im Traum auf verstaubte Wanderwege des Appalachian Trails versetzt.


Ich träume vom Appalachian Trail

16.00 Uhr Um nicht den ganzen Tag auf der faulen Haut zu liegen, rapple ich mich auf und lasse mich entspannt in der Hollywood Schaukel nieder. Unter anderem werfe ich prüfende Blicke in die Tageszeitung und informiere mich über die Geschehnisse in der Gemeinde. Zudem tratsche ich angeregt mit Frau Pontecorvo und lösche meinen Durst mit einem süffigen Budweiser – das tut gut.
17.00 Uhr Während Dixon mit Nachbarhund Joey spielt, kehre ich ins klimatisierte Haus zurück und mache mich in der Küche nützlich. Fachmännisch koche ich italienische Langnudeln auf und zaubere dazu eine leckere Pesto Sauce aus dem Glas – das gib ein Festessen.
18.00 Uhr Zum Abschluss des Tages erledige ich die Hausarbeit und setze mich dann in die gute Stube, um den FOX Nachrichten zu frönen und mich über die Oscarverleihung vom Sonntag schlau zu machen.

19.00 Uhr Zur besten Sendezeit wechsle ich auf den Premiumsender HBO und erfreue mich am kunterbunten Zukunftsfilm “Star Trek Beyond”. Im aktuellen Weltraumabenteuer bekommen es Kapitän Körk und der spitzohrige Spock mit einem bösen Ausserirdischen namens Krall zu tun – welch ein Unsinn.
21.00 Uhr Nach zweistündigem Weltraumklamauk beende ich den Fernsehabend und rufe Dixon ins Haus. Zu guter Letzt reguliere ich die Klimaanlage und lösche sämtliche Lichter. Gute Nacht.