08.00 Uhr Ich werde durch lautes Telefonschellen aus einem schönen Traum gerissen. Zu allem Überfluss meldet sich Sandra im Rohr und erzählt vom Münchner Oktoberfest. Das Kind tratscht ohne Unterlass und behauptet, dass die Stadt München ein generelles Rucksackverbot auf der Wiesn erlassen hat. Ich wische mir den Schlaf aus den Augen und lasse das Kind wissen, dass mir das weltgrösste Volksfest gestohlen bleiben kann.
08.30 Uhr Nachdem ich erfahren habe, dass die Pension Waldblick bis zum 4. Oktober ausgebucht sein wird, wechselt Sandra plötzlich das Thema und vertellt, dass sie die Weihnachtszeit gerne in Toronto verbringen würde. Ich nicke eifrig und stelle klar, dass ich die staade Zeit ebenfalls in Ontario erleben werde. Die Maid freut sich und schlägt vor, dass wir im neuen Jahr mit einem Mietauto von Kanada nach Florida krusen könnten. Ich lache laut und gebe zu Protokoll, dass ich ganz bestimmt nicht 1.600 Meilen durch den Kontinent fahren werde.
Die Pension Waldblick im Waldweg 11
09.00 Uhr Nach dem Telefonat verabschiede ich mich in die Nasszelle und lasse die Seele bei einem löblichen Wirbelbad baumeln. Unterdessen lese ich die eingegangenen Depeschen auf meiner Schwarzbeere (unlöblich: Blackberry) und bringe heraus, dass Frau Pontecorvo morgen aus Jacksonville zurückkehren wird – wie unlöblich.
10.00 Uhr Sechzig Minuten später steige ich aus der Badewanne und erkläre Hund Dixon, dass mich die Nachbarin kurz vor ihrer Abreise gebeten hat, ihre Pflanzen mit Wasser zu versorgen. Ich blicke skeptisch drein und nehme mir das Recht heraus, in legere Freizeitkleidung zu schlüpfen und das Nachbarhaus aufzusuchen. Kopfkratzend nehme ich die Zierpalme in Frau Pontecorvos geschmacklos eingerichtetem Wohnzimmer in Augenschein und bemerke, dass die Blätter des Yukkagewächs mittlerweile gelb geworden sind – wie furchtbar.
10.30 Uhr Um schlimmeres Unheil abzuwenden, giesse ich frisches Leitungswasser in die Töpfe und vergesse auch nicht, die Klimaanlage einzuschalten. Danach kehre ich in mein bescheidenes Zuhause zurück und nehme das Frühstück ein. Nebenher telefoniere ich mit Prof. Kuhn und merke an, dass ich gleich zum WINN DIXIE Supermarkt fahren und Lebensmittel besorgen werde. Mein Bekannter verweist auf seinen leeren Eiskasten und sagt, dass er mich gegen halb 12 in der Filiale am Golden Gate Parkway treffen wird – das ist phantastsich.
11.00 Uhr Um nicht zu spät zu kommen, stelle ich das schmutzige Geschirr in die Spüle und halte Dixon an, mir zum Auto zu folgen. In einer nervenaufreibenden Hochgeschwindigkeitsfahrt rase ich zum Supermarkt meines Vertrauens und ärgere mich über das viel zu heisse Wetter.
Ich trinke Coca Cola
11.30 Uhr Pünktlich auf die Minute komme ich neben Edelberts JEEP zum Stehen. Der Professor reicht mir die Hand und setzt mich darüber in Kenntnis, dass die WINN DIXIE Filialen derzeit preiswertes PEPSI Cola anpreisen. Ich tippe mir an die Schläfe und antworte, dass ich ausschliesslich COCA COLA trinke.
12.00 Uhr Als die Sonne ihren Höchststand erreicht hat, schlendern wir zur Fleischtheke, um italienische Salami, hauchdünn aufgeschnittenes Capocollo sowie Hackfleisch zu ordern. Ausserdem blättern wir in der WINN DIXIE Werbebroschüre und fassen den Entschluss, zwei Dosen PRINGLES Kartoffelchips, Kerbel Weisswein aus dem goldenen Kalifornien sowie weitere Produkte des täglichen Bedarfs in den klapprigen Einkaufswagen zu laden.
12.45 Uhr Endlich stehen wir an der Kasse und können die Waren mit den praktischen Kreditkarten bezahlen. Währenddessen reibt sich der Professor den Bauch und erklärt, dass er eine warme Mahlzeit vertragen könnte. Ich schlage in die gleiche Kerbe und rege eine Einkehr ins nahegelegene “Bob Evans” Gasthaus an.
13.15 Uhr Wenig später finden wir uns in der Familiengaststätte wieder und laben uns an gesunden “Farmhouse Salads” (löblich: Bauernhaus Salate) sowie saftigen Baconburgern (löblich: Speckburger). Ich beisse kraftvoll zu und berichte, dass meine Nachbarin morgen von ihrem Ausflug nach Jacksonville zurückkehren wird. Edelbert reibt sich die Hände und kündigt an, dass er der Perle am Abend einen Besuch abstatten wird.
Ich träume von Minnesota
14.15 Uhr Zuhause angekommen, falle ich erschöpft aufs Kanapee und strecke genüsslich die Beine aus. Bereits nach wenigen Augenblicken döse ich ein und sehe mich im Traum nach Minnesota versetzt.
15.15 Uhr Ich erwache redlichst ausgeruht und nutze die Nachmittagsstunden, um Anschnur zu gehen. Als erstes rufe ich Depeschen besorgter Heimseitenbesucher ab und komme aus dem Staunen gar nicht mehr heraus. Wie es sich für einen staatlich anerkannten Internetzseelsorger gehört, versorge ich die verzweifelten Eltern mit Ratschlägen und ermutige sie, mit der frechen Jugend nicht zu zimperlich umzugehen.
16.00 Uhr Im Anschluss überfliege ich eine virtuelle Landkarte der Vereinigten Staaten und spiele mit der Idee, Sandras Wunsch in die Tat umzusetzen und im Januar von Toronto nach Naples zu fahren. Prompt komme ich zu dem Ergebnis, dass es eine Gaudi wäre, die winterlichen Niagara Fälle zu besuchen und meinem ehemaligen Studienkollegen Thomas Kronach im grossen Apfel einen Besuch abzustatten.
16.30 Uhr Als ich jedoch die Internetzseite des Reisevermittlers EXPEDIA aufrufe und die Mietwagenpreise überfliege, wird mir schnell klar, dass mir das nötige Kleingeld fehlt, um die hohen Kosten zu stemmen – wie schade.
Ich esse ein Schnitzel
17.00 Uhr Seufzend gehe ich von der Leine und brate ein gesundes T Knochen Schnitzel (unlöblich: T Bone Steak) in vitaminreichem Butterschmalz heraus. Ausserdem fülle ich Dixons Napf mit ROYAL CANIN Trockenfutter auf und wünsche dem hechelnden Rüden einen guten Appetit.
18.00 Uhr Nach der Brotzeit lasse ich den Tag vor der Glotze ausklingen. Ich folge den FOX Nachrichten und bringe in Erfahrung, dass ein Tiefdruckgebiet zur Wochenmitte für kühlere Temperaturen sorgen wird – wie beruhigend.
19.00 Uhr Zur Hauptfernsehzeit wechsle ich auf AMC und erfreue mich am Zukunftsfilm “Westworld”. Nebenbei streichle ich Dixon durchs Fell und erinnere daran, dass dieser Klassiker in den 1970er Jahren sämtliche Rekorde gebrochen und nicht nur in den Vereinigten Staaten, sondern auch in Europa Millionen Menschen in die Lichtspielhäuser gelockt hat – das waren noch bessere Zeiten.
21.00 Uhr Als nach zwei nervenaufreibenden Stunden der Abspann über die Mattscheibe flimmert, betätige ich den AUS Knopf auf der Fernbedienung. Zu guter Letzt stelle ich das Schaumweinglas in die Spüle und lege mich schlafen. Gute Nacht.