08.00 Uhr Ich erwache ausgeschlafen und läute den sonnigen Dienstagmorgen mit dem Frühsport auf der Terrasse ein. Bei dieser Gelegenheit spähe ich in den Garten von Familie Booth und werde Zeuge, wie mein Nachbar an seinem in die Jahre gekommenen Rasenmäher herumschraubt. Weil ich über alles informiert sein muss, eile ich badebemäntelt nach nebenan und frage nach dem Rechten. Der Vietnamveteran präsentiert eine verölte Zündkerze und mutmasst, dass womöglich zu viel Öl in den Verbrennungsraum gelangt ist. Ich nicke eifrig und rate dem Heini, zum HOME DEPOT Baumarkt zu fahren und sich einen strombetriebenen Mäher zu kaufen.
Zuvorkommende HOME DEPOT Mitarbeiter
08.30 Uhr Kopfschüttelnd kehre ich in die kleine Villa zurück und entspanne mich bei einem lauwarmen Wirbelbad. Ferner telefoniere ich mit Georg und erfahre, dass mich meine Verwandten zur Mittagszeit besuchen möchten. Ich freue mich und verspreche, für ein nahrhaftes Mittagessen zu sorgen.
09.30 Uhr Weil ich kaum noch Lebensmittel im Kühlschank habe, fasse ich nach dem Frühstück den Entschluss, zum Supermarkt zu krusen. Mit einem lustigen Lied auf den Lippen schlüpfe ich in legere Freizeitkleidung und scheuche Hund Dixon zum frisch aufpolierten Chevrolet Suburban.
10.15 Uhr Nach einer kurzweiligen Ausfahrt komme ich mit quietschenden Bremsen vor dem PUBLIX Supermarkt zum Halten und fordere den Vierbeiner mit erhobenem Zeigefinger auf, brav im Auto zu warten. Da die Hitze kaum auszuhalten ist, lasse ich den Motor laufen und verschwinde ruckzuck im klimatisierten Flachbau. Als erstes mache ich einem kleinwüchsigen kubanischen Migranten (71) einen Einkaufswagen streitig und ringe mich dazu durch, eine stattliche Wassermelone einzuladen. Darüber hinaus werfe ich Produkte des täglichen Bedarfs in den klapprigen Wagen und vergesse auch nicht, an der Wursttheke ein Pfund Capocollo sowie luftgetrocknete Salami in Auftrag zu geben – da läuft einem doch glatt das Wasser im Munde zusammen.
Capocollo ist sehr vitaminreich
11.00 Uhr Fünfundvierzig Minuten später stehe ich an der Kasse und ärgere mich, weil ich meine praktische Kreditkarte zu Hause vergessen habe. Missmutig krame ich meine Geldbörse aus der Hosentasche und zähle der übergewichtigen Kassenkraft 75 Dollars auf die Hand. Im Anschluss schleppe ich die Einkaufstüten zum Auto und rase geschwind nach Hause – immerhin habe ich meine Zeit nicht gestohlen.
11.30 Uhr Völlig abgehetzt stosse ich die Pforte auf und mache es mir zur Aufgabe, Nudeln mit Tomatensauce zu zaubern. Ausserdem schneide ich die Wassermelone auf und decke den Esstisch mit dem besten Geschirr ein.
12.00 Uhr Wenig später klingelt es an der Haustüre und ich komme aus dem Staunen gar nicht mehr heraus. Zu meiner grossen Überraschung stehen nicht nur Georg und Maria, sondern auch Amanda, James und der kleine David (9) vor meinem Zuhause. Ich winke die netten Menschen herein und erfahre, dass die Kinder bereits am gestrigen Abend in Naples angekommen sind. Mit Tränen in den Augen umarme ich die jungen Leute und lasse meinen Neffen wissen, dass mich der Besuch sehr freut.
12.30 Uhr Nachdem wir ausgiebig getratscht haben, setzen wir uns an den Tisch und lassen uns das Mittagessen schmecken. Nebenher löchere ich die Kinder mit Fragen und bringe heraus, dass sie ihren Aufenthalt im Sonnenscheinstaat zum Anlass nehmen wollen, um eine Rundreise durch den Bundesstaat zu unternehmen. David ist hellauf begeistert und unterbreitet, dass ihm seine Eltern sogar versprochen haben, am Wochenende “Disney World” in Orlando anzusteuern – da kommt besonders grosse Freude auf.
James neues Album: “Forever”
13.15 Uhr Nach der Jause machen wir es uns in der klimatisierten Wohnstube bequem und tratschen über James neues Studioalbum. Der Bube strahlt über das ganze Gesicht und verrät, dass sich der nagelneue Silberling sehr gut verkauft. James versorgt uns mit Informationen und rechnet vor, dass die Plattenfirma seit dem 2. Juni knapp 8.000 Exemplare veräussern konnte. Zudem vernehmen wir, dass James Combo im September auf Tournee gehen und etliche Konzerte in Kanada und dem amerikanischen Nordosten spielen wird – wie aufregend.
14.00 Uhr Just als ich brühfrischen Bohnentrunk auffahre, stattet uns Frau Pontecorvo einen Besuch ab. Meine Nachbarin macht grosse Augen und freut sich ebenfalls, James, Amanda und David wiederzusehen.
14.30 Uhr Während wir Donuts verzehren und unsere Kehle mit echtem Bohnenkaffee durchspülen, wende ich mich David zu und erkundige mich, ob er gute Noten in der Schule schreibt. Der Neunjährige klatscht in seine Hände und entgegnet in einem Kauderwelsch aus englischen und deutschen Wortfetzen, dass er auch im kommenden Jahr eine Förderklasse für Hochbegabte besuchen darf. Amanda schlägt in die gleiche Kerbe und behauptet, dass ihr Sohn auch sportbegeistert ist und die Fussballmannschaft seiner Schule als Kapitän aufs Feld führt – wie schön.
Meine kleine Villa unter Palmen
15.30 Uhr Da etwas Bewegung nicht schaden kann, animiere ich meine Tischnachbarn, dass wir Dixon etwas Auslauf verschaffen könnten. Die lieben Leute sind einverstanden und folgen mir gutgelaunt zum La Playa Golfplatz. Unterdessen bringe ich erneut James anstehende Tournee ins Spiel und höre, dass der Startschuss am 5. September in einer Konzerthalle in Toronto fallen wird. Mein Neffe kommt aus dem Erzählen gar nicht mehr heraus und sagt, dass er mit seinen Musikkollegen bis zum Monatsende auch in Quebec, Winnipeg, Ottawa, Albany, Boston und Providence aufspielen wird.
16.30 Uhr Nach einer Stunde sind wir wieder zu Hause. Um nicht zu dehydrieren, versorge ich die Gäste mit süffigen Softdrinks (löblich: Weichgetränken). David schnappt sich eine braune Brause mit grünem Etikett und wirft ein, dass Coca Cola Life (löblich: Coca Cola Leben) sehr gut schmeckt. Ich gebe mich skeptisch und stelle klar, dass ich es vorziehe eine Classic Coke (löblich: Klassische Coke) zu trinken.
Die beste Brause der Welt
17.30 Uhr Da David von der gestrigen Flugreise immer noch geschlaucht ist, entschliessen sich meine Verwandten, jetzt ins Ferienhaus zurückzukehren. Ich seufze laut und begleite die Kinder zum Auto. Zu guter Letzt nehme ich Georg zur Seite und spreche für Morgen eine Einladung in Julies Restaurant aus.
18.00 Uhr Nachdem ich Frau Pontecorvo verabschiedet habe, räume ich das Geschirr in die Spülmaschine und gehe zum gemütlichen Teil des langen Tages über. Wurstbrotverzehrend setze ich mich in die Wohnstube und telefoniere während der FOX Nachrichten mit Edelbert. Natürlich schildere ich dem schlauen Mann meine Erlebnisse und berichte, dass ich meine Familie Morgen zum Frühstück ausführen werde.
https://www.youtube.com/watch?v=oMuUu0IDmmw
19.00 Uhr Zur Hauptfernsehzeit schalte ich auf HBO um und gebe mich dem Gruselfilm “Chucky” aus dem Jahre 1988 hin. Die Hollywoodproduktion erzählt die Geschichte eines Serienmörders, der seinen Geist kurz vor seinem Ableben in eine Spielzeugpuppe transferiert – so ein Schmarrn.
21.00 Uhr Als der Abspann über die Mattscheibe flimmert, beende ich den Fernsehabend 1010und rufe Dixon ins Haus. Anschliessend reguliere ich die Klimaanlage und lege mich ins Bett. Gute Nacht.