22. Oktober 2012 – Das dritte und letzte Rededuell

07.30 Uhr Ich werfe nörgelnd die Bettdecke zur Seite und erkläre meinem schwanzwedelnden Haustier, dass Sandra in wenigen Stunden im Sonnenscheinstaat ankommen wird. Während der Rüde freudig auf und ab hüpft, ziehe ich mich in die Nasszelle zurück und nehme ein löbliches Wirbelbad.
09.30 Uhr Nachdem ich die wichtigste Mahlzeit des Tages verzehrt habe, statte ich meiner Nachbarin einen Besuch ab und erzähle, dass am Abend Fräulein Corte zu Besuch kommen wird. Die Pontecorvo ist begeistert und lädt mich ein, auf der Terrasse Platz zu nehmen und einen Donut zu kosten – dazu sage ich nicht nein.
10.45 Uhr Kurz vor dem Elfuhrläuten tippe ich auf meine wertvolle ROLEX und lasse meine Gastgeberin wissen, dass ich nun zu “Bob’s Liquor Store” krusen und Getränke einkaufen muss. Darüber hinaus informiere ich über die Tatsache, dass meine Mieterin dem Alkohol verfallen ist und täglich eine Flasche Sekt trinkt. Meine Nachbarin macht grosse Augen und sagt, dass sie am Abend Freundinnen im Stadtzentrum treffen wird und mich nicht zum Flughafen begleiten kann – das soll mir auch Recht sein.
11.30 Uhr Wenig später betrete ich das Alkoholgeschäft meines Vertrauens und mache es mir zur Aufgabe, zwei Sechserpack Budweiser, bayerisches Bier aus dem Hause Löwenbräu, eine Flasche Jack Daniels sowie mehrere Dosen Diät Coca Cola in den Einkaufswagen zu laden. Herr Bob leistet mir beim Abschoppen Gesellschaft und berichtet, dass er mit dem Gedanken spielt, eine zusätzliche Kassenkraft einzustellen. Natürlich werde ich sogleich hellhörig und erwidere, dass ich finanziell keineswegs auf Rosen gebettet bin und den Tschob gerne annehmen würde. Mein Gegenüber schüttelt jedoch den Kopf und setzt mich darüber in Kenntnis, dass er es vorziehen würde, eine junge Frau mit barocken Formen einzustellen – das ist ja allerhand.
12.30 Uhr Um insgesamt 67 Dollars erleichtert, verlasse ich das Geschäft und kehre ins benachbarte Mexikogasthaus “Cambalache” ein, um lustige Burritos zu bestellen – schmeckt gar nicht schlecht. Nebenher spüle ich meinen trockenen Hals mit einer Limettenlimonade durch und denke an Sandra, die just im Moment in einem DELTA Flugzeug den Atlantik überquert.
13.15 Uhr Nachdem ich die Rechnung bezahlt habe, trete ich mit Dixon die Heimfahrt in den Willoughby Drive an. Radiohörend quäle ich mich durch den zäh fliessenden Mittagsverkehr und freue mich auf eine kleine Pause.
14.45 Uhr Ich erwache ausgeschlafen und zögere nicht, mich an den Schreibtisch zu setzen und mit der Anschnurseelsorge zu beginnen. Ausserdem rufe ich in Kanada an und erfahre von Amanda, dass es in Toronto ziemlich kalt ist. Ich schüttle mich demonstrativ und entgegne, dass in Florida noch immer der Hochsommer vorherrscht. Darüber hinaus kommt James Ehefrau auf Weihnachten zu sprechen und kündigt an, dass sie mit ihrer kleinen Familie die “staade Zeit” im Ferienhaus meines Bruders verleben wird – das ist phantastisch.
16.00 Uhr Nachdem Amanda vom gestrigen Bruce Springstein Konzert in Hamilton erzählt hat, beende ich das Telefonat und schalte die neuesten Einträge im Gästebuch frei. Danach gehe ich von der Leine und gönne mir einen kühlen Hopfentrunk im Freien. Während Dixon schnüffelnd durch das hohe Gras streift, kontaktiere ich Prof. Kuhn und lade ihn ein, mich gegen 20 Uhr zum Flughafen zu begleiten. Der schlaue Mann windet sich aus der Verantwortung und sagt, dass er am Abend bei Familie Satesh zu einem Kammerkonzert eingeladen ist – wie unlöblich.
17.00 Uhr Trotz aller Widrigkeiten lasse ich mir die gute Laune nicht verderben und richte in der Küche eine kalte Platte mit hauchdünn aufgeschnittenem Capocollo, Gurkenhappen aus dem Glas und würzigem Cheddarkäse an.
18.00 Uhr Im Anschluss mache ich es mir im Wohnzimmer bequem und beisse kraftvoll zu – das schmeckt. Unterdessen fröne ich auf dem Bezahlsender “Showtime” einer Episode der beliebten Fernsehserie “Dexter” und werde Zeuge, wie der Hauptprotagonist einen feigen Meuchelmörder in Stücke hackt – da kommt Freude auf.
19.30 Uhr Nun wird es aber langsam Zeit, nach Fort Myers zu rasen und Sandra abzuholen. Ich scheuche Dixon zum SUV und fahre auf dem Tamiami Trail gen Norden.
20.30 Uhr Pünktlich auf die Minute treffe ich am Ziel ein und stelle fest, dass der Flug aus Atlanta bereits gelandet ist. Nach kurzer Wartezeit stürmt Sandra rollkofferziehend aus dem Sicherheitsbereich und reicht mir die Hand. Ich heisse die Maid herzlich in Amerika Willkommen und bin mir nicht zu schade, ihr Reisegepäck zum Auto zu schleppen. Während der kurzweiligen Heimfahrt lässt die Urlauberin ihre Anreise Revue passieren und berichtet, dass sie während der Atlantiküberquerung mit einem freundlichen Mitreisenden ins Gespräch gekommen ist.
21.30 Uhr Zuhause angekommen, führe ich das gähnende Kind ins Gästezimmer und stelle klar, dass ich in der kleinen Villa keine Herrenbesuche dulden werde. Meine Mieterin nickt zustimmend und sagt, dass sie bald ins Bett gehen wird – papperlapapp. Ich lotse das Kind spornstreichs ins Wohnzimmer und schalte die Glotze ein.
22.30 Uhr Nachdem wir ein Bier getrunken und das dritte Rededuell der Präsidentschaftsanwärter Barack Obama und Mitt Romney im Fernsehen verfolgt haben, wünsche ich Sandra schöne Träume und lege mich Schlafen. Gute Nacht.

Rededuell – Video:

http://www.youtube.com/watch?v=4p9r3OWhegE