22. September 2014 – Jalehouse Hopfenkaltschalen am Strand

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08.00 Uhr Ich schwinge mich sportlich aus den Federn und freue mich, die kleine Villa endlich wieder für mich alleine zu haben. Um mich über Sandras Treiben im kalten Deutschland zu informieren, nehme ich nach der Morgengymnastik das praktische iPad aus dem Hause Apfel (unlöblich: Apple) zur Hand.
08.30 Uhr Danach lasse ich die Wirbelbadewanne mit Wasser volllaufen und studiere die Einträge meiner Mieterin. Zu allem Überfluss erfahre ich, dass das Kind am Samstag das Oktoberfest besucht hat. Ich komme aus dem Kopfschütteln gar nicht mehr heraus und bin mir ziemlich sicher, dass sich die Maid einen Rausch angesoffen und eine Zigarette nach der anderen gequalmt hat – wo soll das noch hinführen.

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Oktoberfest – Ich sage Nein / Bild: Wikipedia – CC BY-SA 3.0

09.30 Uhr Nachdem ich eine Bermudahose sowie ein buntes Hawaiihemd angezogen habe, rufe ich Hund Dixon ins Haus und nehme das Frühstück ein. Dummerweise öffnet kurze Zeit später meine Nachbarin die Terrassentüre und präsentiert sich in einem weissen Strandkleid. Die kleine Frau dreht sich um die eigene Achse und sagt, dass sie gerne ans Meer fahren würde. Da ich ausnahmsweise keine Termine im Kalender stehen habe, spendiere ich der Alten eine Tasse Kaffee und rege einen Ausflug zum Barefoot Beach (löblich: Barfussstrand) an.
10.15 Uhr Nach der Jause lotse ich die Dame zum Chevrolet und merke an, dass sie heute besonders hübsch aussieht. Meine Bekannte schenkt mir ein Lächeln und entgegnet, dass ich ein echter Kavalier bin. Um nicht noch mehr Zeit zu vertrödeln, helfe ich meiner Nachbarin auf den Beifahrersitz und vergesse auch nicht, Hund Dixon auf die Ladefläche springen zu lassen. Anschliessend lasse ich den Wählhebel der Automatikschaltung in der “D” Stellung einrasten und presche mit durchdrehenden Pneus aus dem Wohngebiet.


Bruce Springstein – Born to Run

10.45 Uhr Kurz vor dem Ziel, macht sich Frau Pontecorvo am Radio zu schaffen und plappert davon, dass Sandra die Bruce Springstein Kompaktscheibe “Born to Run” (löblich: Geboren um zu laufen) im Abspielgerät vergessen hat. Bevor ich antworten kann, drückt die Dame auf den “PLAY” (löblich: Spiel) Knopf und beschallt das Auto mit “Thunder Road” (löblich: Donnerstrasse). HEUREKA – diese Polka muss man gehört haben.

11.15 Uhr Endlich kann ich das Auto auf einem bewachten Parkplatz abstellen und mit Frau Pontecorvo zum Strand laufen. Ich sauge die salzige Meerluft tief in meine Lungen ein und mache es mir zur Aufgabe, dem Vierbeiner ein Holzstöckchen zuzuwerfen – was kann es schöneres geben.
11.45 Uhr Während der Wanderung entlang des azurblauen Golfs plaudere ich mit meiner Bekannten und lerne, dass Frau Pontecorvo am Freitag den Krimiklassiker “Badlands” im Lichtspielhaus gesehen hat. Ich nicke eifrig und erinnere mich, dass der Streifen in den 1970er Jahren auch in Deutschland für grosses Aufsehen gesorgt hat.
12.15 Uhr Weil die Sonne unbarmherzig vom Himmel brennt und mir Schweissperlen auf die Stirn treibt, entschliessen wir uns, in eine Strandgaststätte einzukehren. Mit letzter Kraft schleppen wir uns an die Bar und ordern bei einer platinblonden Kellnerin namens Mary (23) zwei süffige “Jalehouse Light” Hopfenkaltschalen. Ich nehme das Flaschenetikett neugierig in Augenschein und bringe heraus, dass dieser Trunk in Sarasota, FL gebraut wird. Dazu gibt es Chicken Wings (löblich: Hühnerflügel) mit feuriger Chilisauce und Kartoffelstäben – das schmeckt.

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Ein kühles Bier – das tut gut

13.00 Uhr Als Dixon unruhig wird, tippe ich auf meine wertvolle ROLEX und gebe zu Protokoll, dass wir langsam zum Auto zurückkehren sollten. Frau Pontecorvo schlägt in die gleiche Kerbe und zögert nicht, aus ihren Flip Flops zu schlüpfen und die Füsse in der Brandung zu baden.
14.00 Uhr Am PS-strotzenden SUV angekommen, stelle ich nörgelnd fest, dass ein Werbezettel am Scheibenwischer steckt. Ich nehme das Pamphlet argwöhnisch in Augenschein und lese, dass am Wochenende am Barefoot Beach ein Flohmarkt veranstaltet wird. Frau Pontecorvo ist begeistert und schlägt vor, dass wir in fünf Tagen wieder kommen sollten – das werden wir erst noch sehen.
15.00 Uhr Pünktlich zum Dreiuhrläuten bin ich wieder zu Hause und verabschiede meine Nachbarin per Handkuss. Im Anschluss stosse ich die Haustüre auf und falle schnaufend aufs Kanapee. Der Rüde tut es mir gleich und schlummert prompt ein.
16.00 Uhr Um nicht den ganzen Nachmittag auf der faulen Haut zu liegen, komme ich in die Gänge und kümmere mich um die Anschnurseelsorge. Leider wird die Beratungsarbeit zeitnah durch aggressives Telefonklingeln gestört. Zu allem Überfluss meldet sich Herr Wang und erzählt, dass er gestern ein weiteres Aquarell verkauften konnte und dringend Nachschub benötigt. Ich freue mich sehr und verspreche, dass ich im Laufe der Woche zum Pinsel greifen und der Kunst frönen werde – das wird phantastisch.

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Die Aqurelle gehen weg wie warme Semmeln

17.00 Uhr Nachdem ich mit Herrn Wang vereinbart habe, dass ich die 150 Dollars bei unserem nächsten Treffen erhalten werde, beende ich das Telefonat und schalte die neuen Einträge im Gästebuch frei. Anschliessend richte in der Küche eine kleine Wurstplatte an und lasse mir die Brotzeit auf der schattigen Terrasse munden.
18.00 Uhr Als die Geschirrspülmaschine läuft, stelle ich die Klimaanlage höher und lasse den Tag in der kühlen Wohnstube ausklingen. Unter anderem telefoniere ich mit Edelbert und erwähne, dass ich ein weiteres Bild veräussern konnte. Der schlaue Mann staunt nicht schlecht und meint, dass wir uns morgen zum Frühstück im Zentrum treffen sollten – wie schön.

19.00 Uhr Zur besten Sendezeit (unlöblich: Prime Time) wechsle ich auf den Bezahlsender AMC, um dem Drama “Labor Day” zu frönen. Die Regiearbeit des erst 37jährigen Jason Reitman erzählt aus dem Leben einer alleinerziehenden Mutter, die sich unsterblich in einen entflohenen Sträfling verliebt – wie aufregend.
21.00 Uhr Nach zweistündiger Spitzenunterhaltung schalte ich den Flachbildschirm aus und begleite Dixon noch einmal in den Garten. Zu guter Letzt öle ich meine trockene Kehle mit einem Schluck Whiskey und lege mich schlafen. Gute Nacht.