08.00 Uhr Ich hüpfe aus dem Wasserbett und lasse Hund Dixon wissen, dass unser Hausgast in sieben Stunden ausser Landes fliegen wird. Juchzend stosse ich die Gästezimmertüre auf und fordere Sandra unmissverständlich auf, in die Gänge zu kommen. Während das Kind nölt, hieve ich den Koffer vom Schrank und gebe zu Protokoll, dass wir um 14.30 Uhr am Flughafen sein müssen.
08.30 Uhr Nachdem ich die Morgengymnastik auf der Terrasse absolviert habe, stelle ich die DeLonghi Kaffeemaschine ein und vergesse auch nicht, den Napf des Vierbeiners aufzufüllen. Danach verabschiede ich mich in die Nasszelle und lasse die Seele bei einem Wirbelbad baumeln – das tut gut.
09.30 Uhr Im Anschluss setze ich mich zu Sandra an den Küchentisch und erfahre, dass die Maid mit AIR BERLIN über den grossen Teich fliegen wird. Frl. Corte seufzt in einer Tour und setzt mich darüber in Kenntnis, dass sie morgen um 7 Uhr in Düsseldorf zwischenlanden muss und gegen halb 10 Uhr in München sein wird. Ich schenke dem jungen Ding ein Lächeln und entgegne, dass in Deutschland womöglich schon der Winter Einzug gehalten hat.
Eine letzte Tasse Kaffee für Sandra
Bild: Nevit Dilmen / CC BY-SA 3.0
10.00 Uhr Als ich mir Kaffee nachschenke, kramt Sandra ihr Handtelefon aus der Hosentasche und ruft Herrn Wangs Tochter Carol an. Die Frauenzimmer tratschen angeregt und vereinbaren, dass sie das Mittagessen in Julies Restaurant einnehmen werden. Ich winke demonstrativ ab und erkläre, dass ich nicht mitkommen werde. Immerhin muss ich zum Supermarkt meines Vertrauens krusen und Lebensmittel einkaufen.
10.30 Uhr Während Sandra ihre Anziehsachen in den Koffer verfrachtet, tippe ich auf meine ROLEX und gebe zu Protokoll, dass wir um 13.00 Uhr zum “Southwest Florida International Airport” fahren müssen. Meine Mieterin nickt eifrig und verspricht, spätestens um halb Eins zu Hause zu sein. Anschliessend schnippe ich mit den Fingern und scheuche Dixon zum Chevrolet, um mit quietschenden Pneus aus dem Wohngebiet zu rasen. Unterdessen telefoniere ich mit Edelbert und gebe vor, dass ich in dreissig Minuten im PUBLIX Supermarkt am Naples Plaza sein werde. Der Professor ist begeistert und sagt, dass er mir beim Abschoppen Gesellschaft leisten wird – wie schön.
Der Publix Supermarkt am Naples Plaza
11.00 Uhr Pünktlich zum Elfuhrläuten fahre ich auf den Parkplatz auf und stelle den SUV direkt neben Edelberts JEEP ab. Ich reiche meinem Bekannten die Hand und mache dann einer störrischen Seniorin einen Einkaufswagen streitig. Weil die alte Kuh wie am Spiess schreit, laufen wir schnell weiter und halten in der Obst- und Gemüseabteilung nach schmackhaften Früchten Ausschau. Nebenher plaudere ich mit meinem Begleiter und informiere, dass ich Sandra in wenigen Stunden auf Wiedersehen sagen muss. Edelbert atmet tief durch und schlägt vor, dass wir uns morgen Abend in der kleinen Villa zu einem Umtrunk treffen könnten – das hört man gerne.
12.00 Uhr Nach einer Stunde schiebe ich den vollbeladenen Wagen zur Kasse und sehe mich genötigt, 170 Dollars zu bezahlen. Ich lege meine Stirn in Falten und bin mir sicher, dass ich bald im Armenhaus landen werde. Trotz aller Widrigkeiten lasse ich mir die gute Laune nicht verderben und wünsche Edelbert einen schönen Nachmittag.
Bitte nicht rauchen !!!
12.45 Uhr Zuhause angekommen, treffe ich meinen Gast zigarettenrauchend auf der Terrasse an. Da die Maid traurig dreinblickt, spreche ich ihr gut zu und lege anschaulich dar, dass sie mich bald wieder besuchen darf.
13.00 Uhr Um nicht zu spät zu kommen, schleppe ich Sandras Koffer zum Auto und halte ihr als Kavalier der alten Schule die Beifahrertüre auf. Anstatt einzusteigen, schlendert das Kind zum Nachbarhaus und verabschiedet sich von Frau Pontecorvo – was muss ich denn noch alles ertragen.
13.30 Uhr Endlich können wir losfahren. Ich lasse den Wählhebel der Automatikschaltung in der D Stellung einrasten und kruse zügig nach Norden davon. Während der Ausfahrt löchert mit Sandra mit Fragen und erkundigt sich, wann ich wieder nach Deutschland kommen werde. Ich zucke mit den Schultern und antworte, dass ich vielleicht im kommenden Mai eine beschwerliche Reise in die alte Heimat auf mich nehmen werde.
14.15 Uhr Nach 30 Meilen halte ich direkt vor dem Terminal an und wünsche Sandra einen sichern Heimflug. Das Mädchen haucht mir ein Bussi auf die Wange und sagt, dass sie sich morgen telefonisch melden wird – jaja.
15.00 Uhr Erleichtert trete ich aufs Gaspedal und kruse in Richtung Naples davon. Während es sich der Vierbeiner auf der Rückbank bequem macht, verfrachte ich eine Carpenters Kompaktscheibe in die Musikanlage und kann es gar nicht mehr erwarten, endlich wieder zu Hause zu sein.
The Carpenters – The Singles 1969 – 1981
16.00 Uhr Zurück in der kleinen Villa, mache ich es mir auf dem Kanapee bequem und schliesse die Augen. Bereits nach wenigen Augenblicken schlummere ich ein und träume vom schönen Ausflug nach Key Largo.
17.00 Uhr Da mein Magen knurrt, hüpfe ich vom Sofa und mache mich in der Küche nützlich. Fachmännisch koche ich Langnudeln auf und verfeinere die Teigwaren mit einer würzigen Tomatensauce aus dem Glas – wie das duftet.
18.00 Uhr Nach der Jause köpfe ich eine Flasche Schaumwein und folge interessiert den FOX Nachrichten. Weil ausnahmsweise keine brechenden Neuigkeiten (unlöblich: Breaking News) vorliegen, schalte ich zeitnah auf NBC um, wo just im Moment der Vorspann zu einer lustigen Ratesendung anläuft.
19.00 Uhr Zur besten Sendezeit wechsle ich auf AMC, um den preisgekrönten Kriminalfilm “Twixt” anzuschauen. Der abendfüllende Spielfilm des Meisterregisseurs Francis Ford Coppola erzählt die Geschichte eines heruntergekommenen Schriftstellers, der die Morde an zwölf Mädchen aufklärt – da kommt Spannung auf.
21.00 Uhr Ein anstrengender Tag neigt sich seinem Ende zu und ich schalte die Glotze gähnend aus. Wie es sich gehört, begleite ich Dixon noch einmal vor die Türe und lösche dann sämtliche Lichter. Gute Nacht.