5. September 2018 – Frühstück mit Georg und Maria

07.30 Uhr Zur frühen Stunde bimmelt das Festnetztelefon und ich habe das zweifelhafte Vergnügen, mit Maria plaudern zu können. Meine Schwägerin wünscht mir einen schönen Morgen und sagt, dass wir uns gegen 10 Uhr in “Julies Restaurant” treffen sollten. Ich zeige mich einverstanden und verspreche, grossen Hunger mitzubringen.
08.15 Uhr Nach dem Frühsport stecke ich Hund Dixon einen Kauknochen ins Maul und gebe vor, dass ich mich nun ins Badezimmer verabschieden werde, um die Seele bei einem erfrischenden Wirbelbad baumeln zu lassen. Der Rüde schüttelt sich ausgiebig und flitzt wie von Sinnen in den Garten – wie lustig.


Hund Dixon ist ausser Rand und Band

09.15 Uhr Eine Stunde später präsentiere ich mich in legerer Ausgehkleidung und fordere den Vierbeiner auf, sein Schmankerl aufzuessen und mir zum Chevrolet zu folgen. Dixon kommt dem Aufruf anstandslos nach und hüpft ausgelassen auf die Ladefläche des PS-strotzenden SUVs – das klappt wieder wie am Schnürchen.
10.00 Uhr Pünktlich komme ich vor dem Gasthaus zum stehen und freue mich, meine lieben Verwandten zu treffen. Wie nicht anders zu erwarten, plappert Georg vom gestrigen Ausflug nach St. Petersburg und meint, dass der Besuch des “Dali Museums” ein wahres Hochlicht (unlöblich: Highlight) war. Ich zucke mit den Schultern und bitte Wirtin Julie, ein grosses Frühstück für mich, sowie etwas Speck für meinen tierischen Begleiter aufzufahren. Anschliessend wende ich mich Maria zu und lote aus, ob die Kinder sicher in Toronto eingetroffen sind. Meine Schwägerin nickt eifrig und sagt, dass David seit gestern die Schulbank drücken muss – wie schön.
11.00 Uhr Nachdem wir die opulente Mahlzeit beendet habe, bringt Frau Julie eine ellenlange Rechnung an den Tisch und knöpft Georg 60 Dollars ab. Ich kratze mich nachdenklich an der Schläfe und merke an, dass ich mir das Leben unter Palmen bald nicht mehr leisten kann. In diesem Zusammenhang verweise ich auf meinen gestrigen Abstecher in den Publix Supermarkt und rechne vor, dass ich dort um knapp 100 grüne Scheine erleichtert wurde. Georg rückt seine “Toronto Maple Leafs” Kappe zurecht und ermutigt mich, meine kleine Villa zu veräussern und nach Rumänien auszuwandern – wo kämen wir denn da hin.


Ein teures Frühstück

11.30 Uhr Kurz vor dem Mittagsläuten verlassen wir die gutbesuchte Gaststätte und vertreten uns bei schweisstreibenden Temperaturen die Beine. Während Dixon neugierig herumschnüffelt, erfahre ich von meinem Bruder, dass er sich gleich mit Herrn Wang treffen wird. Ich wische mir über die nasse Stirn und entgegne, dass ich den Nachmittag ruhig gestalten und keinen Finger krümmen werde – immerhin bin ich nicht mehr der Jüngste.
12.30 Uhr Wieder zurück im Willoughby Drive, versorge ich Dixon mit Trockenfutter und rufe dann bei Prof. Kuhn an, um ihn über mein Treffen mit Georg und Maria in Kenntnis zu setzen. Der schlaue Mann ist begeistert und informiert, dass er just im Moment durch das “Coastland” Einkaufszentrum flaniert und sich der aktuellen Mode hingibt. Darüber hinaus erzählt der Professor, dass er sich eventuell einen neuen Anzug mit Krawatte aus dem Hause “s.Oliver” zulegen wird – das soll mir auch Recht sein.
13.00 Uhr Nach dem Telefonat trinke ich ein Glas Milch und ziehe es vor, mich auf dem Sofa zur Ruhe zu betten. Bereits nach wenigen Augenblicken döse ich ein und träume von spannenden Abenteuern auf den verstaubten Wanderwegen des Appalachian Trails – das waren noch bessere Zeiten.


Ich träume vom Appalachian Trail

14.00 Uhr Da es sich nicht gehört, den ganzen Nachmittag auf der faulen Haut zu liegen, stehe ich auf und setze mich an den Schreibtisch. Während ich Kaffee schlürfe und Donuts verzehre, komme ich meinen Pflichten als staatlich anerkannter Anschnurseelsorger nach. Unter anderem klagt mir eine 41jährige Hausfrau aus Duisburg ihr Leid und schreibt, dass ihr verlotterter Sohn Hanns-Wolfgang (15) unentwegt vor dem Heimrechner sitzt, um gewaltverherrlichenden Anschnur-Spiele (unlöblich: Online Games) zu frönen. Selbstverständlich verfasse ich augenblicklich ein gepfeffertes Antwortschreiben und fordere die kleine Frau auf, hart gegen diesen Unsinn vorzugehen – alles kann man sich schliesslich auch nicht gefallen lassen.
15.00 Uhr Zum Abschluss der nervenaufreibenden Beratungsstunde schalte ich die neuen Einträge im Gästebuch frei und nehme meine persönliche Korrespondenz in Augenschein. Anschliessend sehe ich im Garten nach dem Rechten und werfe Hund Dixon einen Tennisball zu – das macht Spass.
15.45 Uhr Nachdem ich den Rasensprenger eingestellt und die hochgewachsene Petersilie mit Wasser versorgt habe, kehre ich in die gute Stube zurück und löse das Kreuzworträtsel auf der letzten Seite der “Naples Daily News” Zudem überfliege ich das Fernsehprogramm und lerne, dass die 20. Staffel der diesjährigen “Big Brother USA” (löblich: Grosser Bruder USA) Ausgabe in drei Wochen enden wird – diesen Mist muss man gelesen haben.
16.45 Uhr Kurz vor dem Fünfuhrläuten legen ich die Lektüre beiseite und mache mich in der Küche nützlich. Da ich nichts zu Mittag hatte, koche ich eine stattliche Portion Langnudeln auf und zaubere dazu ein feines Tomatensösschen aus dem Glas – wie gut das duftet.


Ich beisse kraftvoll zu

18.00 Uhr Bevor ich mich in den Feierabend verabschiede, nehme ich die leistungsstarke Geschirrspülmaschine in Betrieb und vergesse auch nicht, den Küchenboden nass durchzuwischen – immerhin ist mir Ordnung sehr wichtig.
18.30 Uhr Fix und foxi schleppe ich mich ins Wohnzimmer und lege die Beine hoch. Nebenher gebe ich mich den FOX Nachrichten hin und vernehme, dass just heute vor 43 Jahren ein verwirrtes Mitglied der berüchtigten “Manson Familie” ein erfolgloses Attentat auf den amerikanischen Präsidenten Gerald Ford verübt hat – wie unlöblich.
19.00 Uhr Kopfschüttelnd wechsle ich auf den Filmsender HBO, um mir den lauen Mittwochabend mit der seichten Komödie “Casino Undercover” zu versüssen. Der abendfüllende Spielfilm handelt von einer Familie, die im Keller ihres Hauses ein illegales Spielkasino eröffnen – da kommt besonders gute Stimmung auf.
21.00 Uhr Nach zweistündiger Spitzenunterhaltung beende ich den Fernsehabend und rufe Dixon ins Haus. Zu guter Letzt lösche ich sämtliche Lichter und gehe ins Bett. Gute Nacht.