23. April 2018 – Willkommen Frau Pontecorvo

08.00 Uhr Ich werde zur frühen Stunde durch sehr lautes Telefonläuten geweckt. Zu allem Überfluss meldet sich Sandra im Rohr und teilt mir mit, dass der Parkettboden im Gästezimmer erneuert werden muss. Als ich genauer nachfrage, rückt meine Mieterin mit der ganzen Wahrheit heraus und beteuert, dass sich Feuchtigkeit unter den Holzdielen angesammelt hat. Weil Sandra ohne Unterlass plappert, gebe ich nach kurzem Zögern klein bei und rate, Schwarzarbeiter Darius zu Rate zu ziehen und mir einen Kostenvoranschlag zukommen zu lassen.


Im Pensionszimmer muss der Parkett erneuert werden

08.45 Uhr Just als ich mich nach der Morgengymnastik ins Badezimmer zurückziehen möchte, bimmelt die Schwarzbeere (unlöblich: Blackberry) abermals und ich habe das zweifelhafte Vergnügen, mit meiner Nachbarin sprechen zu müssen. Frau Pontecorvo legt beste Laune an den Tag und berichtet, dass sie in Kürze der schönen Stadt Jacksonville Lebewohl sagen wird. Ich gebe mich erleichtert und bringe auf Anfrage heraus, dass die Perle gegen 16 Uhr in Naples eintreffen wird – das hört man gerne.
09.15 Uhr Nachdem ich der Dame eine sichere Anreise gewünscht habe, verabschiede ich mich in die Nasszelle, um mich bei einem erfrischenden Wirbelbad zu entspannen. Nebenher rufe ich bei Edelbert an und informiere, dass ich für den Abend eine Willkommensfeier für Frau Pontecorvo plane. Der Professor windet sich jedoch aus der Verantwortung und behauptet, dass er am Abend bei Familie Satesh zum Essen eingeladen ist – wie schade.
10.15 Uhr Trotz aller Widrigkeiten lasse ich mir die gute Laune nicht verderben und hüpfe aus der Wanne. Ruckzuck richte ich das Frühstück an und komme dabei zu dem Schluss, dass kaum noch Lebensmittel vorrätig sind.
11.00 Uhr Bevor ich zum Supermarkt meines Vertrauens rase, verzehre ich die wichtigste Mahlzeit des Tages und blättere in der Zeitung. Unter anderem lerne ich, dass in Fort Myers am kommenden Wochenende ein Frühlingsfest mit Tanz und musikalischen Darbietungen stattfinden wird. Ich mache grosse Augen und lese weiter, dass sogar eine bayerische Blaskapelle vor Ort sein und Musik aus meiner alten Heimat präsentieren wird – das hört man gerne.


Hund Dixon ist brav

11.30 Uhr Nun wird es aber langsam Zeit, in die Gänge zu kommen. Wie es sich gehört, nehme ich vor der Abfahrt die Geschirrspülmaschine in Betrieb und vergesse auch nicht, dem Vierbeiner das schöne Lederhalsband umzuliegen. Anschliessend scheuche ich Dixon zum Chevrolet und brettere hupend aus dem Wohngebiet.
12.00 Uhr Pünktlich zum Mittagsläuten betrete ich die PUBLIX Markthalle am Naples Plaza und mache es mir zur Aufgabe, Waren des täglichen Bedarfs in einen Einkaufswagen zu verfrachten. Darüber hinaus werde ich auch an der Gemüsetheke vorstellig und ringe mich dazu durch, lustige Cocktailtomaten, Paprika, etliche Lauchstangen, Knoblauch sowie Zwiebeln zu den anderen Lebensmitteln zu legen . was das wieder kostet.
12.45 Uhr Nachdem ich mehrere Flaschen Schaumwein, Softdrinks (löblich: Weichgetränke) sowie A1 Sauce besorgt habe, begebe ich mich zur Kasse Nummer 7 und sehe mich genötigt, knapp 100 Dollars zu berappeln. Missmutig zücke ich meine praktische Kreditkarte und halte die übergewichtige Marktmitarbeiterin an, den Betrag von meinem Konto abzubuchen – wo soll das noch hinführen.
13.15 Uhr Da mein Magen eigenartige Knurrlaute von sich gibt, kehre ich nach dem Schoppingvergnügen ins benachbarte “Panera Bread” Schnellesslokal ein und ordere gesunde Schinkenbrote mit Käse. Dazu gibt es ein grosses Glas Orangensaft sowie einen Beilagensalat – schmeckt gar nicht schlecht.


Ich beisse kraftvoll zu

14.00 Uhr Redlichst gestärkt trete ich die Heimreise an und folge dem Tamiami Trail gen Norden. Nach sechs zurückgelegten Meilen finde ich mich endlich im Willoughby Drive wieder und freue mich auf ruhige Stunden in der kleinen Villa – diesem Stress steht nicht einmal der stärkste Rentner stand.
14.45 Uhr Nachdem ich die Lebensmittel im Kühlschrank verstaut und Dixons Napf mit Futter aufgefüllt habe, bette ich mich auf dem Kanapee zur Ruhe. Alsbald döse ich ein und träume von meiner weissblauen Heimat.
15.45 Uhr Nach sechzig Minuten werde ich durch sehr aggressives Hupen aus einem schönen Traum gerissen. Als ich neugierig aus dem Fenster spähe, werde ich Zeuge, wie Frau Pontecorvo aus ihrem schnittigen Mustang steigt und sich meinen kleinen Villa nähert. Laut seufzend wische ich mir den Schlaf aus den Augen und öffne schwungvoll die Pforte, um die Perle von nebenan herzlich zu begrüssen.


Willkommen Frau Pontecorvo

16.30 Uhr Während der Vierbeiner im Garten herumtollt, giesse ich meiner Nachbarin ein Gläschen Schaumwein ein und lote aus, ob die Anreise ohne Probleme verlaufen ist. Meine Nachbarin nickt eifrig und unterbreitet, dass es immer wieder schön ist, durchs Land zu krusen und sich den Fahrtwind durchs Haar wehen zu lassen. Ferner versorgt mich die Dame mit Anekdoten und legt mir nahe, das nächste Mal mit nach Jacksonville zu kommen – jaja.
17.00 Uhr Weil Frau Pontecorvo hungrig ist, koche ich kurzerhand italienische Langnudeln mit Gemüse auf. Zudem entkorke ich einen edlen Rotwein aus dem goldenen Kalifornien und erzähle, dass die Bauarbeiten entlang des Willoughby Drives seit vergangenen Freitag beendet sind. Mein Hausgast schenkt mir ein Lächeln und füllt die Gläser mit dem Rebentrunk auf – wie schön.
18.00 Uhr Nach dem Abendessen begleite ich Frau Pontecorvo nach nebenan und schlage vor, dass wir morgen einen Strandspaziergang unternehmen könnten. Meine Bekannte freut sich sehr und meint, dass wir vorher bei ihr frühstücken könnten – das hört sich verlockend an.

19.00 Uhr Nachdem ich in der Küche für Sauberkeit gesorgt habe, lege ich in der Wohnstube die Beine hoch und informiere mich auf FOX über die tagesaktuellen Geschehnisse in der Welt. Im Anschluss nehme ich mit dem NETFLIX Bezahlprogramm Vorlieb und gebe mich der spannenden Dokumentation “Wild Wild Country” hin, die von der indischen Baghwan Sekte erzählt – wie unlöblich.
21.00 Uhr Nach zwei Stunden beende ich den Fernsehabend und rufe Dixon ins Haus. Anschliessend lösche ich das Licht und falle erschöpft ins Bett. Gute Nacht.