22. Juni 2017 – Ist Guido in der Stadt?

08.00 Uhr Ich werde durch sehr aggressives Telefonläuten geweckt. Augenreibend greife ich zum Hörer und freue mich, Georgs Stimme im Ohr zu haben. Mein Bruder ist ganz aus dem Häuschen und lässt mich wissen, dass er am gestrigen Abend Guido in der Innenstadt gesehen hat. Als mein Atem stockt, fährt der gute Mann fort, dass mein Neffe in Begleitung langhaariger Rocker war und besonders finster dreingeschaut hat – wie furchtbar.


Ist Guido in der Stadt?

08.15 Uhr Ruckzuck werfe ich das Telefon auf die Basisstation und mache es mir zur Aufgabe, meinen Revolver hervorzuholen und ihn durchzuladen. Danach renne ich mit dem Schiesseisen im Anschlag zur Haustüre und stelle sicher, dass die Pforte verschlossen ist – gleich trifft mich der Schlag.
09.00 Uhr Während ich zitternd durchs Fenster schiele und auf die Ankunft des Kriminellen warte, biegt Georgs nachtschwarzer JEEP um die Ecke und kommt mit quietschenden Bremsen vor der kleinen Villa zum stehen. Als ich die Türe öffne, brechen meine Verwandten in schallendes Gelächter aus und beteuern, dass sie mich nur ärgern wollten. Mein Bruder beruhigt mich sofort und sichert zu, dass Guido nicht in der Stadt ist. Ich atme tief durch und ziehe es vor, das Magazin aus der GLOCK zu nehmen. Danach lotse ich die Gäste in die gute Stube und gebe zu Protokoll, dass ich grosse Angst um mein Leben hatte. Meine Schwägerin spendet mir Trost und legt mir nahe, mich bei einem löblichen Vollbad zu entspannen – das ist eine hervorragende Idee.


Ich bringe Kimme und Korn in Einklang

10.00 Uhr Nach sechzig Minuten kehre ich frisch in Schale geworfen in die Küche zurück und bin überrascht, auch Edelbert am festlich gedeckten Esstisch anzutreffen. Der Professor legt beste Laune an den Tag und kündigt an, dass wir nach der Jause zum Strand krusen und einen Spaziergang mit dem Vierbeiner unternehmen werden. Ich stimme prompt zu und erwähne, dass ich sicherheitshalber meine Pistole mitnehmen werde. Georg klopft sich schmunzelnd auf die Schenkel und giesst brühfrischen Bohnentrunk in mein Haferl ein – wie schön.
10.30 Uhr Während ich kraftvoll zubeisse, kommt Maria auf das Wochenende zu sprechen und informiert, dass Morgen der neue Sophia Coppola Film “The Beguiled” (auf deutsch: Die Verführten) in den Lichtspielhäusern anlaufen wird. Georg nickt eifrig und unterbreitet, dass der achte Langfilm der weltbekannten Regisseurin zu Zeiten des amerikanischen Bürgerkriegs angesiedelt ist. Ich winke demonstrativ ab und stelle klar, dass ich mich am Wochenende ganz bestimmt in kein düsteres Kino setzen werde – wo kämen wir denn da hin.

11.00 Uhr Nachdem ich in der Küche für Sauberkeit gesorgt und ein vitaminreiches Snickers verzehrt habe, scheuchen wir Dixon nach draussen und schicken uns an, mit drei Autos ans Meer zu krusen.
11.45 Uhr Als der Minutenzeiger meiner Armbanduhr auf Viertel vor Zwölf zugeht, erreichen wir den “Vanderbilt Beach Park” und können die Fahrzeuge auf einem bewachten Parkplatz abstellen. Ich überreiche dem dümmlich dreinschauenden Parkwächter etwas Kleingeld und bitte ihn, während unserer Abwesenheit ein Auge auf die Autos zu werfen. Im Anschluss schlendern wir zum azurblauen Ozean und schlüpfen aus den Schuhen, um unsere Füsse im wohlig warmen Salzwasser zu baden – das tut gut.


Ich bade meine Füsse im Golf

12.45 Uhr Nach einem beschwerlichen Marsch entlang eines der schönsten Strände im Süden Floridas, kehren wir kurzerhand in eine Gaststätte ein und ordern süffiges Coors Light (löblich: Leicht) sowie einen Korb Hühnerflügel (unlöblich: Chicken Wings). Die leichtbekleidete Barfrau fackelt nicht lange und nimmt sich sogar das Recht heraus, dem Rüden etwas Speck vorzusetzen – da kommt besonders grosse Freude auf.
13.15 Uhr Während ich meine staubtrockene Kehle mit kräftigen Schlucken öle, redet Georg ohne Unterlass auf mich ein und berichtet, dass sich sein Sohn einer neugegründeten Rockkapelle angeschlossen hat. Ich gebe mich verwundert und erinnere, dass der Bube in der Vergangenheit mit “Northstar” beachtliche Erfolge gefeiert hat. Mein Bruder stimmt zu und erörtert, dass James neues Steckenpferd den Namen “FROG” (löblich: Frosch) trägt und im Jam-Rock-Genre angesiedelt ist – wo soll das noch hinführen.
14.00 Uhr Nachdem wir der hübschen Kellnerin ein stattliches Trinkgeld beschert haben, verlassen wir die Wirtschaft und kehren plaudernd zu den Autos zurück. Prof. Kuhn schnippt zufrieden mit den Fingern und sagt, dass er es kaum noch erwarten kann, am Samstag den spannenden Film “The Beguiled” im Kino zu sehen. Ich rolle entnervt mit den Augen und ringe mich dazu durch, die lieben Leute kurzerhand zu begleiten.
15.00 Uhr Verschwitzt erreichen wir den Parkplatz und verabschieden uns händeschüttelnd. Danach lasse ich den Motor aufheulen und presche mit durchdrehenden Pneus in Richtung Willoughby Drive davon.


Mein Zuhause unter Palmen

15.45 Uhr Endlich bin ich wieder zuhause und kann Dixons Napf mit köstlichem ROYAL CANIN Trockenfutter auffüllen. Weil ich mich wegen der grossen Hitze kaum noch auf den Beinen halten kann, ziehe ich mich ins Wohnzimmer zurück falle schnaufend aufs Kanapee.
17.00 Uhr Nach der Pause mache ich mich in der Küche nützlich und schwenke gesundes Butterschmalz in einer Pfanne mit Teflonbeschichtung. Im Handumdrehen brate ich ein gesundes Schnitzel heraus und zaubere dazu im Ofen aufgebackene Kartoffelspalten sowie einen farbenfrohen Beilagensalat – wie gut das duftet.
18.00 Uhr Redlichst gestärkt verfrachte ich das Geschirr in die Spüle und setze mich dann ins Wohnzimmer, um die FOX Nachrichten zu sehen. Weil ausnahmsweise keine brechenden Neuigkeit (unlöblich: Breaking News) vorliegen, schalte ich zeitnah auf den Bezahlsender HBO um.
19.00 Uhr Um mir den Abend zu versüssen, gebe ich mich dem Spielfilm “Signs” (auf deutsch: Zeichen) hin und werde Zeuge, wie die Familie eines Pfarrers von garstigen Ausserirdischen terrorisiert wird – so ein Schmarrn.
20.30 Uhr Zwei Stunden später flimmert der Abspann über die Mattscheibe und ich kratze mich nachdenklich an der Schläfe. Schlussendlich betätige ich den “OFF” (löblich: AUS) Knopf auf der neumodernen Fernbedienung und lege mich schlafen. Gute Nacht.