08.00 Uhr Beschwingt durch stimmungsvolle Landmusik rolle ich mich aus dem Bett. Weil ich Frau Pontecorvo versprochen habe, ihr bei der Auswahl eines neuen Fernsehgeräts beizustehen, eile ich badebemäntelt ins Wohnzimmer und zögere nicht, die Perle anzurufen. Meine Nachbarin meldet sich prompt und bestätigt, dass wir gegen 10 Uhr zum WAL MART fahren könnten – das soll mir Recht sein.
08.30 Uhr Nachdem ich die Morgengymnastik hinter mich gebracht habe, lasse ich die Seele bei einem sprudelnden Wirbelbad baumeln. Darüber hinaus navigiere ich mit dem praktischen iPad durch das Internetz und mache mich auf der WAL MART Heimseite über das aktuelle TV Angebot schlau. Unter anderem stosse ich auf ein besonders preiswertes Gerät aus dem Hause SCEPTRE und lerne, dass die besagte Firma im goldenen Kalifornien beheimatet ist und seit über 30 Jahren qualitativ hochwertige Unterhaltungselektronik herstellt – das hört man gerne.
Schmeckt gar nicht schlecht
09.30 Uhr Redlichst in Schale geworfen begebe ich mich in die Küche und lasse mir vor der Abfahrt vier mit Nutella bestrichene Weissbrotscheiben (unlöblich: Toast) munden. Dazu trinke ich ein grosses Glas O-Saft sowie einen würzigen Cappuccino (löblich: italienischen Milchkaffee) mit Schaumkrone.
10.15 Uhr Wenig später pocht die kleine Frau an die Terrassentüre und setzt mich darüber in Kenntnis, dass sie abfahrbereit ist. Ich nicke eifrig und mache es mir zur Aufgabe, das schmutzige Geschirr in die Spülmaschine zu verfrachten. Danach scheuche ich Hund Dixon zum PS-strotzenden SUV und lasse es mir nicht nehmen, Frau Pontecorvo die Beifahrertüre aufzuhalten.
11.00 Uhr Nach einer kurzweiligen Reise erreichen wir unser Ziel und können das Auto auf dem weitläufigen Parkplatz vor dem WAL MART Supercenter am Juliet Boulevard abstellen. Mit dem Vierbeiner im Schlepptau schlendern wir durch den Saftladen und finden uns bald in der “Home Entertainment” (löblich: Heimunterhaltung) Abteilung wieder. Natürlich stehe ich meiner Nachbarin mit Ratschlägen zur Seite und ermutige sie, 129 Dollars in einen neumodernen SCEPTRE Fernseher zu investieren. Frau Pontecorvo schüttelt jedoch den Kopf und behauptet, dass ein 32 Zoll Gerät viel zu klein ist. Stattdessen wendet sich die Perle den PANASONIC Produkten zu und sagt, dass sie einen Fernseher mit einer Bildschirmdiagonalen von 125 Zentimeter kaufen wird.
11.30 Uhr Dreissig Minuten später deutet die Dame in Richtung des TC-50 Modells und sagt, dass dieser Fernseher mit einem digitalen Empfangsteil überzeugen kann. Bevor ich antworten kann, gesellt sich ein gestriegelter Verkäufer an unsere Seite und belobigt uns für die Auswahl. Frau Pontecorvo ist ganz aus dem Häuschen und meint, dass sie es kaum noch erwarten kann, am Abend die Jimmy Fallon Sprechsendung auf ihrem brandneuen Fernseher zu sehen – papperlapapp.
12.00 Uhr Nachdem wir die Halloween Kostüme skeptisch beäugt und der Dame an Kasse Nummer 7 knapp 500 Dollars überlassen haben, schleppe ich den schweren Karton zum Auto. Meine Nachbarin redet währenddessen ohne Punkt und Komma auf mich ein und beteuert, dass wir nun zur “New York Pizza and Pasta” Gaststätte am Riverchase Plaza rasen könnten, um dort das Mittagessen einzunehmen – dazu sage ich nicht nein.
12.30 Uhr Kurz nach dem Mittagsläuten betreten wir das Italiengasthaus und werden von der Wirtin herzlich begrüsst. Die dunkelhaarige Schönheit lotst uns zu einem Tisch im hinteren Teil der Wirtschaft und legt uns nahe, die hausgemachten Fettuccine zu kosten. Wir stimmen zu und ordern ausserdem durstlöschenden Eistee.
Am Montag wird Halloween gefeiert
13.00 Uhr Während ich kraftvoll zubeisse, verweist meine Tischnachbarin plötzlich auf den kommenden Montag und meint, dass am Halloweenabend sicher wieder viele Jugendliche klingeln und Süssigkeiten herausfordern werden. Ich rolle demonstrativ mit den Augen und entgegne, dass ich in diesem Jahr streiken und keine Bonbons einkaufen werde – wo kämen wir denn da hin.
14.00 Uhr Endlich treffen wir im Willoughby Drive ein. Anstatt jedoch eine ruhige Kugel schieben zu können, bittet mich Frau Pontecorvo, ihr beim Anschliessen des Fernsehers behilflich zu sein. Da sämtliche Ausflüchte keine Wirkung zeigen, komme ich der Bitte letztendlich nach und hieve das Gerät schwungvoll aus dem Karton.
14.30 Uhr Anschliessend stelle ich den Fernseher im Schlafzimmer auf und verbinde ihn fachmännisch mit dem Satellitenkabel. Frau Pontecorvo legt unterdessen die Batterien in die Fernbedienung und schafft es ohne grössere Probleme, das neue Gerät in Betrieb zu setzen. Ich wische mir schnaufend den Schweiss von der Stirn und ziehe es vor, mich nach nebenan zu verabschieden.
15.00 Uhr Während Dixon im Garten zurückbleibt, falle ich fix und foxi aufs Kanapee und schliesse genüsslich die Augen. Schon bald döse ich ein und sehe mich im Traum mit gefährlichen Halloweengeistern konfrontiert.
Ich sage NEIN zu Halloween !!!
16.00 Uhr Ich erwache ausgeschlafen und bemerke, dass es bereits Vier geschlagen hat. Da der Garten bewässert werden muss, verzichte ich ausnahmsweise auf die Anschnurseelsorge und laufe spornstreichs nach draussen, um die Pflanzen mit H²O zu versorgen. Zudem halte ich einen Plausch mit Herrn Booth und gebe zu Protokoll, dass die Nachbarskinder am Halloweenabend keine Süssigkeiten bekommen werden. Der hochdekorierte Vietnamveteran lacht laut und rechnet vor, dass er heute im WINN DIXIE knapp 200 grüne Scheine für lustige Laffy Taffy Riegel, Schokolade und Fruchtbonbons ausgegeben hat – das ist mir Wurst.
Ich kaufe keine Süssigkeiten
17.00 Uhr Nachdem ich mein Werk beendet habe, richte ich eine kalte Platte mit luftgetrockneter Salami, Capocollo und Cheddarkäse an. Ferner giesse ich mir ein Weissbier ein und lasse mir die Jause auf der Terrasse schmecken.
18.00 Uhr Zum Abschluss des langen Tages sorge ich in der Küche für Sauberkeit und falle dann erschöpft aufs Sofa, um mir die Abendnachrichten auf FOX anzuschauen.
19.00 Uhr Zur Hauptfernsehzeit nehme ich mit dem Amazon Angebot Vorlieb und fröne der Serie “Transparent”, die von einem Rentner erzählt, der eines Tages den Wunsch äussert, zukünftig als Frau durch das Leben schreiten zu wollen – das ist ja allerhand.
21.00 Uhr Weil ich mich vor Müdigkeit kaum noch auf den Beinen halten kann, schalte ich die Glotze nach der vierten Episode aus und unternehme mit Dixon einen kleinen Spaziergang durch den Garten. Im Anschluss verschliesse ich die Haustüre besonders sicher und lege mich schlafen. Gute Nacht.