08.00 Uhr Ich öffne die Augen und fühle mich wegen der gestrigen Feierlichkeiten gar nicht gut. Trotz hämmernder Kopfschmerzen rolle ich mich aus dem Bett und beginne den Tag mit dem Frühsport. Nebenher erkläre ich Dixon, dass bald die “ABC Painting” Firma anrücken und die Böden in der guten Stube, dem Schlafzimmer und der Küche erneuern wird. Ich rolle demonstrativ mit den Augen und komme zu dem Schluss, dass mir angesichts des Lärms nichts anderes übrig bleiben wird, als ins Hotel umzuziehen.
Gestern gab es etwas zu feiern
08.30 Uhr Just als ich die leeren Bierflaschen vom Terrassentisch räume, kommt Frau Pontecorvo dazu und erkundigt sich, ob ich ihre Einladung annehmen und in ihrer Villa logieren möchte. Weil ich weder Edelbert noch meiner Nachbarin zur Last fallen möchte, schüttle ich den Kopf und entgegne, dass ich mich ins “Ritz Carlton” einmieten werde. Frau Pontecorvo rümpft die Nase und wünscht mir angenehme Tage – wie schön.
09.00 Uhr Bevor die Handwerker eintreffen, entspanne ich mich bei einem löblichen Wirbelbad. Darüber hinaus telefoniere ich mit dem Professor und gebe bekannt, dass ich auch sein Angebot ausschlagen und nicht in seine Stadtwohnung ziehen werde. Der Professor zeigt sich einverstanden und verspricht, dass er mich am späten Nachmittag im Ritz Carlton besuchen wird – das hört man gerne.
10.00 Uhr Pünktlich zum Zehnuhrläuten beende ich den Badespass und mache es mir zur Aufgabe, Anziehsachen sowie meinen Kulturbeutel in einer Reisetasche zu verstauen. Ferner hole ich eine Tüte Royal Canin Trockenfutter aus dem Vorratsraum und gebe dem Vierbeiner zu verstehen, dass es ihm im Ritz an nichts fehlen wird.
Mein Zuhause wird verschönert
10.45 Uhr Nachdem ich die Küchenhocker auf die Anrichte gestellt und den schweren Wohnzimmerläufer in die Garage verfrachtet habe, giesse ich mir ein Glas Cola ein und werde beim Blick aus dem Fenster Zeuge, wie zwei Servicefahrzeuge vorfahren. Ich eile augenblicklich nach draussen und habe das Vergnügen, Herrn Lofgrund die Hand reichen zu können. Natürlich führe ich den Knecht sogleich durchs Haus und stelle klar, dass es mir leider nicht möglich war, die Möbel beiseite zu rücken. Herr Lofgrund zuckt mit den Schultern und wirft ein, dass seine Kollegen augenblicklich mit der Arbeit beginnen werden – wie beruhigend.
11.30 Uhr Kurz vor der Mittagszeit klatsche ich in die Hände und lasse Herrn Lofgrund wissen, dass ich jederzeit telefonisch erreichbar bin. Danach scheuche ich Dixon zum Chevrolet und gleite aus der Garage. Weil ich noch nichts gegessen habe, kruse ich als erstes zur “New York Pizza and Pasta” Gaststätte am Riverchase Plaza.
12.00 Uhr Mit dem Haustier im Schlepptau schlendere ich in das Italiengasthaus und ordere bei der Inhaberin eine mit Schinken und Pilzen gefüllte Calzone. Dazu gibt es ein grosses Glas Eistee sowie etwas angebratenen Schinken für meinen treuen Begleiter. Während ich kraftvoll zubeisse, erzähle ich der Wirtin, dass ich mich wegen der Renovierungsarbeiten genötigt sehe, in ein Hotel zu ziehen. Frau Linda legt ihren Kopf schief und schlägt vor, dass ich in ein preiswertes Motel eintschecken könnte – papperlapapp.
12.45 Uhr Nachdem ich die Rechnung beglichen habe, setze ich die Reise fort und treffe zeitnah im “Ritz Carlton” ein. Wie es sich gehört, parke ich das Auto auf dem Parkplatz und werde anschliessend an der Rezeption vorstellig, um mich nach den Preisen zu erkundigen. Eine Hotelmaid schenkt mir ein Lächeln und rechnet vor, dass sie mir ein Zimmer mit Ausblick für lediglich 159 Dollar pro Nacht überlassen könnte. Ich gehe prompt auf das Angebot ein und erhalte eine Schlüsselkarte für ein 50 Quadratmeter grosses Doppelzimmer im neunten Stock – wie aufregend.
13.15 Uhr Wenig später stosse ich die Pforte auf und freue mich, vom Fenster aus den azurblauen Golf sehen zu können. Hund Dixon ist vom Ambiente ebenfalls angetan und hüpft ausgelassen ins Bett – wie unlöblich.
13.45 Uhr Nachdem ich den Fernseher eingestellt habe, rufe ich bei Edelbert an und berichte, dass ich vor wenigen Minuten ein schickes Zimmer im Ritz bezogen habe. Der Professor ist hellauf begeistert und sagt, dass er in dreissig Minuten vor Ort sein und ein Sechserpack Budweiser mitbringen wird – das soll mir Recht sein.
Diese Idylle muss man erlebt haben
14.30 Uhr Endlich pocht mein Bekannter an die Zimmertüre und begrüsst mich herzlich. Ich lotse den Professor auf den Balkon und weise auf die Tatsache hin, dass man von meiner Unterkunft nicht nur zur Pelican Bay, sondern auch auf den Pool (löblich: Schwimmbecken) blicken kann. Edelbert rückt seine Sonnenbrille zurecht und meint, dass die 159 Dollars sehr gut angelegt sind – wie schön.
15.15 Uhr Um keine Langeweile zu bekommen, verlassen wir das Zimmer und erkunden die weitläufige Hotelanlage. Während unseres Rundgangs nehmen wir die Speisekarte des “Gumbo Limbo” Strandlokals in Augenschein und lernen, dass ab 17 Uhr Grillspezialitäten angeboten werden – schon jetzt läuft mir das Wasser im Munde zusammen.
Bald wird gewählt
16.00 Uhr Um die Wartezeit sinnvoll zu überbrücken, machen wir es uns am Schwimmbecken bequem und ordern bei einer Kellnerin süffige Langgetränke. Nebenher plaudern wir über den Wahlkampf und kommen überein, dass Donald Trumps Äusserungen gegenüber Frauen womöglich den Wahlkampf entscheidend beeinflusst hat. Edelbert kratzt sich an der Stirn und mutmasst, dass die Wähler am 9. November Hillary Clinton ins Weisse Haus wählen werden. Ich seufze laut und gebe zu Protokoll, dass nun ein Abendessen nicht schaden kann.
17.00 Uhr Als wir zur Wirtschaft eilen, bimmelt plötzlich die Schwarzbeere. Ich nehme den Anruf entnervt an und erfahre von Herrn Lofgrund, dass er mittlerweile sämtliche Fugen ausgefräst hat. Ich lege meine Stirn in Falten und vernehme weiter, dass die Handwerker am Mittwoch die Fugen mit einer schnellhärtenden Spachtelmasse ausgiessen und anschliessend den Boden mit einem Sandstrahler aufpolieren werden – das soll mir Recht sein.
17.45 Uhr Während des Nachtmahls komme ich auf die hohen Renovierungskosten zu sprechen und verrate, dass die Instandsetzung knapp 5.000 Dollars verschlingen wird. Edelbert schnalzt mit der Zunge und meint, dass man sich diesen Luxus nicht alle Tage leisten kann – wie wahr.
18.30 Uhr Nachdem wir das Essen mit hausgemachtem Vanilleeis und Schaumkaffees abgerundet haben, begleite ich den Professor zum JEEP und wünsche einen schönen Abend. Danach führe ich Hund Dixon noch einmal an den Strand und animiere ihn, die hochgewachsenen Palmen zu bewässern.
Der Wirbelsturm Matthew wütete am Wochenende
19.00 Uhr Gähnend sperre ich die Zimmertüre auf und genehmige mir zum Abschluss des langen Tages eine kalte Dusche. Im Anschluss bediene ich mich aus der Minibar und fröne auf CNN einer Sondersendung, die sich mit dem Wirbelsturm Matthew beschäftigt. Nachdem er in Haiti 500 Menschen in den Tod riss, schwächte sich der Sturm ab und erreichte am Samstag nördlich von Charleston das amerikanische Festland. Mit Windgeschwindigkeiten um 100 Meilen pro Stunde wütete er durch Georgia sowie South Carolina und sorgte für Schäden in Millionenhöhe.
21.00 Uhr Nachdenklich beende ich den Fernsehabend und ziehe es vor, sämtliche Lichter zu löschen. Gute Nacht.