08.00 Uhr Ich erwache redlichst ausgeruht und hüpfe ausgelassen aus dem Bett, um auf der Terrasse die Morgengymnastik zu absolvieren. Unterdessen spähe ich zum Nachbarhaus und fasse den Entschluss, Frau Pontecorvo nach dem Badevergnügen einen Besuch abzustatten. Juchzend schlage ich einen Purzelbaum und lasse Hund Dixon wissen, dass die Alte heute ihren Geburtstag feiert.
08.30 Uhr Nachdem ich den Trinknapf meines Haustieres aufgefüllt habe, verabschiede ich mich in die Nasszelle und entspanne mich bei einem prima Wirbelbad. Ferner telefoniere ich mit Edelbert und gebe zu Protokoll, dass ich meine Nachbarin zum Mittagessen ins “Pazzo! Cucina Italiana” Gasthaus einladen werde. Der schlaue Mann schnalzt mit der Zunge und verspricht, Herrn Wang Bescheid zu geben und pünktlich zur Mittagszeit in besagtem Restaurant zu sein – das hört man gerne.
Alles Gute zum Geburtstag
09.30 Uhr Just als der Stundenzeiger meiner ROLEX auf halb Zehn zugeht, schnappe ich mir das Präsent vom Küchentisch und eile nach Nebenan. Frau Pontecorvo begrüsst mich überschwänglich und macht es sich zur Aufgabe, das Geschenk auszupacken. Natürlich ist die Perle hellauf begeistert und zögert nicht, neugierig am Flakon zu schnüffeln. Ich folge der Dame schmunzelnd in die gute Stube und stelle klar, dass ich mich anlässlich ihres Ehrentages in Unkosten gestürzt habe. Meine Nachbarin bedankt sich artig und lädt mich ein, mir ihr das Frühstück einzunehmen – das lasse ich mir nicht zweimal sagen.
10.00 Uhr Während es sich Dixon neben der Klimaanlage bequem macht, nippe ich am Kaffeehaferl und berichte, dass wir in einer Stunde in die Stadt krusen und im renommierten “Pazzo! Cucina Italiana” essen werden. Darüber hinaus komme ich auf Edelbert zu sprechen und erwähne, dass sich unser gemeinsamer Bekannter auch angekündigt hat. Meine Tischnachbarin beisst kraftvoll in ein Croissant (löblich: französisches Hörnchen) und beteuert, dass sie am Abend mit Freundinnen ins Lichtspielhaus gehen und sich den neuen Dokumentarfilm “Lo and Behold: Reveries of the Connected World” des deutschen Regisseurs Werner Herzog anschauen wird. Ich mache grosse Augen und entgegne, dass ich mit den Filmen dieses Schnösels gar nichts anfangen kann. Lachend erinnere ich mich an das Jahr 1982 zurück und erzähle, dass ich vor 34 Jahren im Münchner “Mathäser Filmpalast” den hochgelobten Spielfilm “Fitzcarraldo” gesehen habe und nach nur 15 Minuten eingeschlafen bin.
11.00 Uhr Nun wird es aber langsam Zeit, um die Zelte im Willoughby Drive abzubrechen. Ich wische mir mit einer Serviette über den Mund und führe Frau Pontecorvo zum PS-strotzenden Chevrolet. Anschliessend preschen wir hupend von dannen und steuern zielsicher das Stadtzentrum an.
11.30 Uhr Kurz vor dem Mittagsläuten parken wir das Auto am “Cambier Park” und legen die letzten Meter zum Gasthaus unseres Vertrauens auf Schusters Rappen zurück. Nebenher kündige ich an, dass ich mir eine vitaminreiche Schinkenpizza schmecken lassen werde. Frau Pontecorvo winkt ab und meint, dass sie panierte Calamari ordern wird – das soll mir auch Recht sein.
Ich lasse mir eine Pizza schmecken
12.00 Uhr Pünktlich auf die Minute finden wir uns im “Pazzo!” wieder und können Edelberts und Herrn Wangs Hände schütteln. Wie nicht anders zu erwarten, überreichen die Beiden meiner Nachbarin farbenfrohe Blumensträusse und nehmen sich auch das Recht heraus, der kleinen Frau Bussis auf die Wange zu hauchen.
12.30 Uhr Trotz aller Widrigkeiten lasse ich mir die gute Laune nicht verderben und erzähle Herrn Wang, dass ich in neun Tagen nach Minnesota ausfliegen werde. Prof. Kuhn nickt eifrig und sagt, dass es eine Gaudi werden wird, die schöne Stadt Minneapolis sowie die Schauplätze des Romanerfolgs “Unsere kleine Farm” zu sehen.
13.30 Uhr Nachdem wir aufgegessen haben, verlassen wir die Wirtschaft und verschaffen Dixon etwas Auslauf. Unterdessen plaudert Frau Pontecorvo angeregt mit Herrn Wang und meint, dass sie ebenfalls verreisen und in der kommenden Woche ihrer Freundin Blanche in Jacksonville einen Besuch abstatten wird.
14.00 Uhr Zum Abschluss unseres Bummels zücke ich meine Geldbörse und lade meine Freude zu einem Eis ein. Ich lecke mir die Lippen und fasse den Entschluss, drei Ballen Pistazie zu fressen – schmeckt gar nicht schlecht.
14.45 Uhr Endlich treffen wir am Auto ein und können uns von Herrn Wang und Edelbert verabschieden. Als Kavalier der alten Schule helfe ich Frau Pontecorvo anschliessend auf den Beifahrersitz und bringe sie in einer nervenaufreibenden Hochgeschwindigkeitsfahrt sicher ins Wohngebiet zurück.
15.15 Uhr Zuhause angekommen, verabschiede ich meine Nachbarin per Handkuss und wünsche ihr einen schönen Kinoabend. Danach schleppe ich mich mit letzter Kraft in die kleine Villa und falle gähnend aufs Kanapee.
Hund Dixon fiept
16.00 Uhr Leider wird mein Müssiggang bald durch Dixons stetiges Fiepen unterbrochen. Augenrollend stehe ich auf und registriere, dass der Rüde Gassi gehen möchte. Obgleich es viel zu heiss ist, nehme ich die Leine zur Hand und folge Dixon zum “La Playa Golfplatz”. Der lustige Fellträger flitzt wie von der Tarantel gestochen durchs hohe Gras und apportiert Golfbälle am laufenden Band – das macht Spass.
17.00 Uhr Völlig verschwitzt treffe ich zu Hause ein und heize den Backofen vor. Anschliessend hole ich ein tiefgefrorenes Nudelschichtgericht (unlöblich: Lasagne) aus dem Eiskasten und kann es kaum noch erwarten, mir die Wampe voll zu schlagen. Dazu gibt es einen schmackhaften Gurkensalat sowie ein perfekt eingeschenktes Weissbier – da kommt besonders grosse Freude auf.
18.00 Uhr Nach dem Abendessen gehe ich zum gemütlichen Teil des langen Tages über und lasse mich neben dem hechelnden Vierbeiner auf dem Kanapee nieder. Um auf dem Laufenden zu bleiben, fröne ich den FOX Nachrichten und informiere mich über den Präsidentschaftswahlkampf.
19.00 Uhr Zur Hauptfernsehzeit wechsle ich auf den Bezahlsender HULU, um mir die letzten beiden Folgen der langweiligen Zeitreiseserie “11.22.63” anzuschauen.
21.00 Uhr Als endlich der Abspann über die Mattscheibe flimmert, beende ich den Fernsehabend und rufe Dixon ins Haus. Danach verriegle ich die Haustüre und ziehe mich übermüdet ins Schlafzimmer zurück. Gute Nacht.