29. Juni 2015 – Im Botanischen Garten

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08.30 Uhr Ich werde durch das Geschrei zweier schwarzer Vögel geweckt, die sich auf dem Fensterbrett streiten. Missmutig stehe ich auf und stelle beim Blick auf den Radiowecker fest, dass ich verschlafen habe. Um nicht noch mehr Zeit zu vertrödeln, lasse ich Hund Dixon in den Garten hinaus und verabschiede mich dann in die Nasszelle.

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Ich habe verschlafen – wie unlöblich

09.00 Uhr Während meine müden Knochen vom lauwarmen Badewasser massiert werden, rufe ich im Ferienhaus an und höre, dass meine Verwandten einen Ausflug zum “Naples Botanical Garden” (löblich: Naples Botanischer Garten) unternehmen wollen. Ich zucke mit den Schultern und lasse Amanda wissen, dass ich nichts besseres vorhabe und gerne mitkommen würde. James Ehefrau ist hellauf begeistert und meint, dass wir uns gegen 11 Uhr am Haupteingang der Attraktion treffen könnten – das soll mir Recht sein.
09.45 Uhr Nachdem ich Edelbert über unsere geplante Aktivität in Kenntnis gesetzt habe, beende ich den Badespass und lasse mir die wichtigste Mahlzeit des Tages auf der Terrasse munden. Nebenher werfe ich neugierige Blicke in einen Appalachian Trail Wanderführer und erkläre dem Vierbeiner, dass wir schon in einer Woche in der Wildnis sein und den “Green Mountain National Forest” (löblich: Grüne Berge Nationalforst) erkunden werden.

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Bald wandere ich auf dem Appalachian Trail

10.15 Uhr Just als ich mir echten Jacobs Bohnenkaffee nachschenke, kommt Frau Pontecorvo daher und möchte wissen, ob ich schon durch das Wohngebiet getschoggt bin. Ich schüttle den Kopf und entgegne, dass ich meine Verwandten in einer Stunde im Botanischen Garten treffen werde. Meine Nachbarin legt ihren Kopf schief und sagt, dass sie mich gerne in die grüne Oase am Stadtrand begleiten würde.
10.45 Uhr Wenig später presche ich mit qualmenden Pneus in Richtung Süden davon und passiere auch den Regionalflughafen der Stadt. Bei dieser Gelegenheit komme ich auf meine Abreise am kommenden Samstag zu sprechen und erwähne, dass es eine Gaudi wird, Albany zu besuchen und eine ganze Woche in einem der grössten Wälder des Landes abzuhängen. Meine Begleiterin nickt eifrig und erzählt, dass sie während meiner Abwesenheit ebenfalls verreisen und ihre Freundin Blanche in Jacksonville besuchen wird.
11.30 Uhr Mit kurzer Verspätung kommen wir vor der Parkanlage zum Stehen und bemerken, dass Edelbert und meine Familie auch schon vor Ort sind. Voller Vorfreude hüpfe ich aus dem PS-strotzenden SUV und lasse es mir nicht nehmen, David kraftvoll in die Wange zu kneifen. Danach wende ich mich Amanda zu und stelle wohlwollend fest, dass sie seit ihrer Ankunft ordentlich braun geworden ist. James schlägt in die gleiche Kerbe und meint, dass er den Urlaub am liebsten verlängern wurde – leider kann man im Leben nicht alles haben.
12.00 Uhr Danach lösen wir Eintrittskarten zu je 6 Dollars und haben das Vergnügen, das im Jahre 2000 eröffneten Gartenparadies zu betreten. Beeindruckt laufen wir an hochgewachsenen Bäumen vorbei und lernen, dass es sich acht ortsansässige Familien im Jahre 1993 zur Aufgabe gemacht haben, Spendengelder zu sammeln und einen Bürgerpark entstehen zu lassen. Erst sieben Jahre später hatten die netten Leute genügend finanzielle Mittel zusammen, um 687 Quadratkilometer Land am Rande der Stadt zu erwerben – das ist phantastisch.

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James neue Kompaktscheibe

12.45 Uhr Als wir weiter durch die wunderschöne Anlage schlendern, bringt James plötzlich die anstehende Tournee seiner Combo “Northstar” ins Spiel. Der junge Mann strahlt über das ganze Gesicht und lädt mich ein, im August zu den abschliessenden Proben (unlöblich: Rehearsals) nach Toronto zu kommen. Ich seufze laut und erkläre, dass ich viel zu tun habe und mich ausser Stande stehe, heute eine Zusage zu geben.
13.30 Uhr Fünfundvierzig Minuten später stehen wir vor einem sogenannten Affenbrotbaum und kommen aus dem Lachen gar nicht mehr heraus. Edelbert ist bestens informiert und plappert davon, dass dieses hochgewachsene Malvengewächs gewöhnlich nur auf dem afrikanischen Kontinent gedeiht – das soll mir auch Recht sein.
14.30 Uhr Um nicht zu dehydrieren, machen wir kehrt und entschliessen uns, dem benachbarten “Del’s” Schnellrestaurant einen Besuch abzustatten. Mit knurrenden Mägen betreten wir die Kaschemme am Thomasson Drive und staunen angesichts der zahlreichen Arcade- und Flipperautomaten nicht schlecht. Trotzdem lassen wir uns die gute Laune nicht verderben und ordern bei der übergewichtigen Wirtin durstlöschende Diät Colas, vitaminreiche Salamipizzas und farbenfrohe Beilagensalate – da kommt Freude auf.

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Wir trinken echte Coca Cola

15.15 Uhr Nach der fettigen Mahlzeit bezahlen wir die Zeche in Bar und kommen überein, dass wir nun nach Hause fahren sollten. Ich wünsche den lieben Menschen einen schönen Abend und helfe Frau Pontecorvo auf den Beifahrersitz des Chevrolets. Ruckzuck lasse ich den Wählhebel der Automatikschaltung in die “D” Stellung einrasten und rase zügig von dannen.
16.00 Uhr Zurück im Willoughby Drive, parke ich das Auto sicher in der Doppelgarage und wünsche meiner Nachbarin einen ruhigen Abend. Anschliessend öffne ich kronkorkendrehend eine Flasche Bier und mache es mir in der klimatisierten Stube gemütlich – das tut gut.
17.00 Uhr Weil ich keine Lust habe, stundenlang am Herd zu stehen, schwinge ich kurzerhand das Küchenmesser und bereite nahrhafte Sandwiches (unlöblich: belegte Brote) zu. Ferner gebe ich etwas Obst sowie Eiswürfel in den praktischen Mixer und zaubere in Sekundenschnelle einen erfrischenden Smoothie – das schmeckt.
18.00 Uhr Ein langer Tag neigt sich langsam seinem Ende zu. Weil ich nicht mehr der Jüngste bin, schleppe ich mich gähnend ins Wohnzimmer und lege die Beine hoch, um mir die Abendnachrichten auf FOX anzuschauen.

19.00 Uhr Zur sogenannten Prime Time (löblich: beste Sendezeit) schalte ich auf den Bezahlsender HBO um und gebe mich dem preisgekrönten Abenteuerfilm “Wild” (auf deutsch: Der grosse Trip) hin. Die Erfolgsproduktion aus dem Jahre 2014 erzählt die Geschichte der 26jährigen Cheryl, die auf dem Pacific Crest Wanderweg einen 1.000 Meilen langen Spaziergang unternimmt – wie aufregend.
21.00 Uhr Nach zwei unterhaltsamen Stunden beende ich den Fernsehabend und atme tief durch. Zu guter Letzt rufe ich den Vierbeiner ins Haus und lege mich ins Bett. Gute Nacht.