24. Februar 2015 – Die kleine Villa muss schöner werden

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08.00 Uhr Ich öffne die Augen und gähne wie ein Löwe. Wenige Sekunden später schleicht Hund Dixon mit eingezogener Rute ins Schlafzimmer und blickt sich ängstlich um. Ich beruhige das Haustier redlichst und versichere, dass sich keine Raubtiere in der kleinen Villa tummeln. Weil es bereits 8 Uhr geschlagen hat, rolle ich mich aus dem Wasserbett und stähle meine Muskeln auf der Terrasse – was kann es schöneres geben.
08.30 Uhr Nach dem Frühsport rufe ich im Ferienhaus an und erkundige mich bei meiner Schwägerin, ob wir etwas unternehmen wollen. Maria ist hellauf begeistert und entgegnet, dass sie heute mit Georg ein Möbelhaus in Bonita Springs ansteuern wird. Als ich genauer nachfrage, bringe ich heraus, dass meine Verwandten mit der Idee spielen, das Schlafzimmer zu renovieren und sich ein Wasserbett anzuschaffen. Da ich keine Lust habe, die lieben Leute zu begleiten, wünsche ich Maria viel Vergnügen und beende das Gespräch.

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Meine Terrasse mit Garten

09.00 Uhr Während Dixon im Garten spielt, ziehe ich mich in die Nasszelle zurück und lasse die Seele bei einem Wirbelbad baumeln. Unterdessen mache ich mir meine eigenen Gedanken und komme zu dem Schluss, dass auch mein Eigenheim renovierungsbedürftig ist. Ich kratze mich am Haaransatz und denke mir, dass es kein Vergnügen werden wird, sämtliche Wände mit frischer Farbe zu bepinseln.
10.00 Uhr Im Anschluss setze ich mich an den Küchentisch und telefoniere während des Frühstücks mit Prof. Kuhn. Selbstverständlich komme ich auf meine Renovierungsabsichten zu sprechen und flunkere, dass es nichts schöneres geben kann, als bei schweisstreibenden Temperaturen den Malerpinsel zu schwingen. Leider fällt Edelbert auf die Finte nicht herein und ermutigt mich, einige “Clandestines” (löblich: Schwarzarbeiter) anzuheuern. Mein Bekannter ist bestens informiert und sagt, dass vor dem “Home Depot” an der Airport Pulling Road stets arbeitswillige Ausländer anzutreffen sind – wie aufregend.

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Meine Schwarzbeere

10.45 Uhr Nachdem ich mich gestärkt habe, scheuche ich Dixon zum Chevrolet und schicke mich an, zum Baumarkt zu rasen. Nebenher tippe ich Georgs Handtelefonnummer in die Schwarzbeere (unlöblich: Blackberry) ein und gebe meinem Bruder zu verstehen, dass ich mein Heim ebenfalls verschönern werde. Als ich auf die Schwarzarbeiter zu sprechen komme, fällt mir der gute Mann ins Wort und erinnert, dass das Beschäftigen von illegalen Handwerkern mit langjährigen Haftstrafen geahndet werden kann. Georg kommt aus dem Plappern gar nicht mehr heraus und beteuert, dass es schlauer wäre, eine Fachfirma zu beauftragen.
11.30 Uhr Weil ich mich nun schon auf dem HOME DEPOT Parkplatz aufhalte, parke ich das Auto kurzerhand vor dem Haupteingang und schlendere mit Dixon in den Flachbaum. Schon bald tummle ich mich in der Farbenabteilung und deute auf einen Kübel mit einer beigen Farbe.

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Lustige HOME DEPOT Mitarbeiter

12.00 Uhr Just als ich den Zeigefinger an die Unterlippe lege, gesellt sich ein HOME DEPOT Mitarbeiter an meine Seite und bietet mir seine Hilfe an. Ich schildere die Sachlage in allen Einzelheiten und vernehme, dass es für den Innenanstriche ratsam ist, gute Qualität auszuwählen. Der Heini versorgt mich mit Fakten und meint, dass ich mit einer umweltfreundlichen Latex Farbe aus dem Hause KILZ-2 nichts falsch machen kann.
12.45 Uhr Ausgestattet mit einem Schwung Broschüren und diversen Farbproben verlasse ich den Baumarkt und ringe mich dazu durch, ins gegenüberliebende “Captain Marcos Seafood Restaurant” einzukehren. Ich lasse mich an einem Einzeltisch nieder und ordere als Vorspeise einen köstlichen “Shrimp Cocktail”. Ausserdem fresse ich einen mexikanischen Tomatensalat mit Oliven und nehme mir ausserdem das Recht heraus, meinen Gaumen mit einem frittierten Königsfischschnitzel (unlöblich: Fried King Fish Steak) zu erfreuen – schmeckt gar nicht schlecht.
13.30 Uhr Mit leichtem Sodbrennen schleppe ich mich zum zurück und muss während der Heimfahrt sogar den obersten Knopf meiner Blautschiens öffnen – was muss ich denn noch alles ertragen.
14.00 Uhr Zurück im Willoughby Drive, stecke ich Dixon einen Kauknochen ins Maul und falle dann völlig erschöpft aufs Kanapee. Nach wenigen Atemzügen döse ich ein und träume von meiner letzten New York Reise.
15.00 Uhr Um nicht den ganzen Nachmittag zu verschlafen, rapple ich mich auf und nehme die Farbproben in Augenschein. Der Rüde folgt meinem Tun argwöhnisch und legt den Kopf schief, als ich ein ockerfarbenes Farbtäfelchen an die Wohnzimmerwand halte – da kommt Freude auf.
15.30 Uhr Da ich heute kaum eine Entscheidung treffen kann, nehme ich am Schreibtisch Platz und kümmere mich um die Anschnurseelsorge. Trotz der grossen Hitze schufte ich hart und ermutige verzweifelte Eltern, mit der jungen Generation nicht zu zimperlich umzugehen. Bei einem besonders kniffligen Fall bringe ich sogar eine Adoption ins Spiel und animiere eine alleinerziehende Mutter aus Fürth, ihren 12jährigen Sohn Patrick kurzerhand ins Heim abzuschieben – immerhin kann es nicht sein, dass der Bube täglich Haschgift und/oder Kristelmess raucht.

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Kristelmess – Ich sage NEIN

16.15 Uhr Nach getaner Arbeit recherchiere ich im Internetz nach einem Malerunternehmen und komme zu dem Ergebnis, dass ich die “ABC Painting” Fachfirma mit den Renovierungsarbeiten beauftragen werde.
17.00 Uhr Nachdem ich die Telefonnummer auf einer Serviette notiert habe, eile ich in die Küche und bereite das Abendessen zu. Ich koche italienische Langnudeln auf und nutze die Gelegenheit, um erneut mit Georg zu telefonieren. Natürlich lasse ich meine Tagesaktivitäten Revue passieren und bitte meinen Bruder, morgen mit seiner Ehefrau zum Frühstück zu erscheinen. Der gute Mann nimmt die Einladung dankbar an und verspricht, mir bei der Auswahl der passenden Wandfarbe beizustehen – das ist phantastisch.
18.00 Uhr Nach dem Nachtmahl nehme ich die Geschirrspülmaschine in Betrieb und freue mich auf einen ruhigen Fernsehabend. Ich giesse mir ein vitaminreiches Budweiser ein und fröne den FOX Nachrichten. Unter anderem lerne ich, dass der verstorbene Landmusiksänger Johnny Cash in zwei Tagen seinen 83. Geburtstag feiern würde.

19.00 Uhr Zur Prime Time gebe ich mich trivialer Serienunterhaltung hin und schaue mir auf dem Bezahlsender AMC drei Folgen des Fernsehspiels “Better Call Saul” (löblich: Ruf besser Saul) an – das macht Spass.
21.00 Uhr Ein heiterer Fernsehabend geht zu Ende. Ich schalte den Flachbildschirm gähnend aus und begleite Dixon noch einmal in den Garten. Danach verschliesse ich die Haustüre sorgsam und lege mich schlafen. Gute Nacht.