28. November 2014 – Knödel zum Frühstück

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08.00 Uhr Ich läute den letzten Novemberfreitag mit der Morgengymnastik ein und freue mich, als sich plötzlich Frau Pontecorvo an meine Seite gesellt. Die Gute reibt sich den Bauch und behauptet, dass sie heute fasten und auf das Frühstück verzichten wird. Lachend deute ich zur Küche und erwähne, dass noch etwas Truthahn sowie Kartoffelknödel auf dem Herd stehen. Meine Nachbarin lehnt dankend ab und schlägt vor, dass ich die Reste zum Frühstück verzehren könnte – das ist gar keine schlechte Idee.
08.30 Uhr Nach der Plauderei entspanne ich mich bei einem Wirbelbad und erinnere mich, dass ich bereits in drei Wochen nach Kanada ausfliegen und meine Familie wiedersehen werde. Um nicht mit leeren Händen in Toronto anzukommen, lasse ich Dixon wissen, dass wir gleich im WAL MART Präsente kaufen werden – wie aufregend.

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Heute kruse ich zum WAL MART

09.30 Uhr Bevor ich mich auf den Weg zum Schoppingparadies mache, lasse ich mir etwas Truthahnbrust sowie zwei vitaminreiche Knödel schmecken. Nebenher telefoniere ich mit Edelbert und erfahre, dass meinem Bekannten das Thanksgiving Essen wie ein Stein in Bauch liegt. Der Professor gibt sich betrübt und kündigt an, zur Apotheke zu marschieren und sich Tabletten gegen Sodbrennen zu kaufen. HEUREKA – diesen Unsinn muss man gehört haben.
10.00 Uhr Im Anschluss scheuche ich den Rüden zum Auto. Wie es sich für einen Tierfreund gehört, helfe ich Dixon auf die Rückbank und kruse dann zum 10 Meilen entfernten WAL MART SUPERCENTER in East Naples (löblich: Ost Naples). Unterdessen fröne ich angesagten Schlägen (unlöblich: Hits) auf WCKT CAT COUNTRY (löblich: Katze Land) und lerne, dass das aktuelle Garth Brooks Meisterwerk “Man Against Machine” (löblich: Mann gegen Maschine) alle Rekorde bricht. Der Radiomoderator kommt aus dem Staunen gar nicht mehr heraus und rechnet vor, dass der Künstler im Laufe seiner Karriere knapp 70 Millionen Tonträger verkauften konnte – das ist phantastisch.
10.30 Uhr Endlich bin ich am Ziel und nehme Dixon an die Leine. Als ich das Kaufhaus betrete, stellt sich mir eine Marktmitarbeiterin in den Weg und erörtert, dass Haustiere keinen Zutritt haben. Ich seufze laut und flunkere, dass ich am “grauen Star” leide und auf meinen Blindenhund nicht verzichten kann. Die Dame schenkt mir ein Lächeln und entgegnet, dass ich unter diesen Umständen den Vierbeiner gerne mitnehmen kann – wie schön.

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Hund Dixon begleitet mich in den Supermarkt

11.00 Uhr Als erstes sehe ich mich in der Multimediaabteilung um und stosse auf den Kriegsfilm “The Dirty Dozen” (auf deutsch: Das dreckige Dutzend). Weil besagter Film im Jahre 1967 mit einem Oscar bedacht wurde, ringe ich mich dazu durch, ein Exemplar für David (9) zu erwerben – der Kleine wird vor Freude auf und ab hüpfen.


Ein spannender Kriegsfilm für David (9)

11.30 Uhr Obwohl ich keinen Goldesel im Vorgarten stehen habe, investiere ich weitere Scheine in eine George Strait Weihnachtskompaktscheibe, ein modisches Halstuch für Maria sowie den nagelneuen John Grisham Roman “Gray Mountain” (löblich: Grauberg).
12.00 Uhr Zu guter Letzt finde ich mich bei den Küchen- und Haushaltsgeräten ein und nehme mir das Recht heraus, eine Kartoffelschälmaschine für Amanda vom Regal zu nehmen. Ich präsentiere meinem tierischen Begleiter das technische Wunderwerk und erkläre, dass dieses Gerät Amanda viel Arbeit bei der Kartoffelstabherstellung abnehmen wird. Danach laufe ich zur Kasse und sehe mich genötigt, knapp 120 Dollars zu bezahlen – wo soll das noch hinführen.
12.30 Uhr Nach neunzig Minuten verlasse ich das Geschäft und kehre mit Dixon ins benachbarte “Chili’s” Grillgasthaus ein. Völlig erschöpft lasse ich mich an einem Tisch nieder und ordere bei einer Kellnerin “Buffalo Wings” (löblich: Buffaloflügel) sowie eine Portion “Classic Nachos” (löblich: Klassische Nachos). Ausserdem spüle ich meine ausgetrocknete Kehle mit hausgemachter Erdbeermilch durch – schmeckt gar nicht schlecht. 13.15 Uhr Nachdem ich mich im Waschraum erfrischt habe, schleppe ich mich zum SUV und fahre zügig in Richtung Willoughby Drive davon. Während ich das Auto auf schwindelerregende 40 Meilen beschleunige, lasse ich das Fenster nach unten gleiten und erfreue mich an der kühlen Brise.
14.00 Uhr Zuhause angekommen, steige ich aus den Kuhjungenstiefeln und bette mich in der klimatisierten Stube zur Ruhe. Ich döse prompt ein und sehe mich im Traum auf die verstaubten Pfade des Appalachian Trails versetzt.
15.00 Uhr Leider wird die Ruhe bald durch einen Anruf gestört. Ich nehme das Telefonat verschlafen an und bin überrascht, die Stimme meines Bruders zu hören. Georg begrüsst mich herzlich und erkundigt sich, wie ich Thanksgiving verbracht habe. Natürlich lasse ich meine Erlebnisse in allen Einzelheiten Revue passieren und erwähne, dass ich Gäste bekocht habe. Mein Bruder ist begeistert und sagt, dass er mit seiner Ehefrau und den Kindern einen Ausflug zu seiner Tochter Carol unternommen hat – das ist spitze.
15.45 Uhr Nach dem Gespräch brühe ich Bohnentrunk auf und setze mich an den Schreibtisch. Mit flinken Fingern navigiere ich durchs Internetz und studiere Hilferufe besorgter Eltern. Unter anderem rate ich einem Vater (59) aus Herne, seinem Sohn (7) kein strahlendes Handtelefon unter den Christbaum zu legen.


Neumoderne Handtelefone – Nein Danke

16.45 Uhr Kurz vor dem Fünfuhrläuten gehe ich von der Leine und rufe Dixon ins Haus. Anschliessend mache ich mich in der Küche nützlich und brate ein Steak (löblich: Schnitzel) im heissen Fett heraus. Zudem schwenke ich Buttergemüse in der Pfanne und zaubere im Handumdrehen eine nahrhafte Beilage – wie gut das duftet.
18.00 Uhr Nachdem ich die Geschirrspülmaschine in Betrieb genommen haben, mache ich es mir im Wohnzimmer gemütlich. Ich folge gespannt den FOX Nachrichten und fröne ausserdem einer Quizshow (löblich: Ratesendung) namens “Red Button” (löblich: Roter Knopf) – da kommt Freude auf.

19.00 Uhr Zur beste Fernsehzeit wechsle ich auf den Bezahlsender HBO, wo just im Augenblick der Vorspann zum abendfüllenden Spielfilm “L.A. Confidential” läuft. Ich genehmige mir ein Gläschen Rotwein und gebe mich der Geschichte einiger Polizeibeamter hin, die den Mord an drei Ganoven aufklären müssen.
21.00 Uhr Nach zweistündiger Spitzenunterhaltung schalte ich die Glotze aus und ziehe mich ins Schlafzimmer zurück. Gute Nacht.