2. September 2014 – Präsente für Hildegard und David

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08.00 Uhr Ich öffne die Augen und ich lese auf dem Wandkalender, dass Harald Töpfer heute seinen Geburtstag feiert. Weil der Mann seit Jahrzehnten ein guter Freund ist, greife ich zum Telefon und lasse es mir nicht nehmen, den ehemaligen Sektenbeauftragten anzurufen und ihm Glückwünsche zu übermitteln. Herr Töpfer freut sich und erzählt, dass er am Abend eine Feier im Wilden Esel ausrichten wird – das ist phantastisch.


Mein Stammlokal – Der Wilde Esel

08.45 Uhr Nachdem wir fünfundvierzig Minuten getratscht haben, beende ich das Überseegespräch und eile auf die Terrasse, um den Frühsport zu absolvieren. Danach werfe ich einen Tennisball in den Garten und animiere Hund Dixon, selbständig Gassi zu gehen – immerhin kann ich mich nicht um alles kümmern.
09.15 Uhr Während der Rüde den Nachbarshund besucht, entspanne ich mich bei einem Wirbelbad. Nebenher navigiere ich durch den Blackberry Anschnurkalender und lerne, dass am Sonntag meine Schwester Hildegard und kommenden Mittwoch David ihre Wiegenfeste feiern. Weil die lieben Menschen zur Familie gehören, entschliesse ich mich, am Vormittag Geschenke einzukaufen.
10.15 Uhr Kurz nach dem Zehnuhrläuten steige ich aus der Wanne und hole farbenfrohe Kleider aus dem Schrank. Anschliessend rufe ich Dixon in die Küche und stärke mich mit einem kleinen Frühstück – das tut gut.
11.00 Uhr Nun wird es aber langsam Zeit, in die Gänge zu kommen. Mit einem lustigen Lied auf den Lippen laufe ich zum Auto und helfe Dixon auf die Ladefläche. Dummerweise kommt in diesem Moment Frau Pontecorvo daher und erkundigt sich, ob ich ans Meer fahre. Ich schüttle den Kopf und entgegne, dass ich Geburtstagsgeschenke für meine Schwester und meinen Grossneffen besorgen muss. Meine Nachbarin wird hellhörig und meint, dass sie gerne mitkommen und mich beraten würde – das soll mir Recht sein.
11.30 Uhr Nach einer nervenaufreibenden Reise entlang der Goodlette Frank Road, biege ich endlich in die 6th Avenue ein und habe das Vergnügen, direkt neben den “Tin City Shops” (löblich: Zinnstadt Geschäften) einen Stellplatz zu ergattern. Ich parke den SUV fachmännisch und gebe meiner Begleiterin zu verstehen, dass Hildegard in Eichstätt wohnt und mit Leidenschaft Liköre trinkt. Frau Pontecorvo legt ihren Kopf schief und meint, dass es keine gute Idee ist, der Dame eine Flasche Schnaps zu schenken. Stattdessen lotst mich die Dame in die “Naples Soap Company” (löblich: Naples Seifen Firma) und legt mir nahe, eine Seife auszusuchen.
12.15 Uhr Letztendlich entscheide ich mich für ein exquisites Badeset und sehe mich genötigt, der aufgebrezelten Kassiererin 59 Dollars zu überreichen. Frau Pontecorvo schenkt mir ein Lächeln und ist sich sicher, dass meine Schwester von den Lavendelseifen und dem duftenden Badeschaum begeistert sein wird.

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Im Seifengeschäft gibt es prima Düfte

12.45 Uhr Nachdem ich meiner Bekannten ein Eis spendiert habe, schlendern wir in einen Spielzeugladen und nehmen LEGO Produkte in Augenschein. Nach wenigen Augenblicken stosse ich auf ein passendes Präsent und deute mit dem Zeigefinger auf ein Modellauto. Meine Nachbarin nickt eifrig und unterbreitet, dass mein Grossneffe Bauklötze staunen und den roten VW Bus im Handumdrehen zusammenbauen wird – wie wahr.
13.30 Uhr Um 120 Dollars ärmer, kehren wir in die “Pinchers” Gaststätte ein und beschliessen unseren Ausflug mit einer nahrhaften Brotzeit. Während Frau Pontecorvo mit einem Salat Vorlieb nimmt, ordere ich eine Portion Chicken Parmesan Pasta (löblich: Huhn und Parmesan Nudeln) sowie ein grosses Glas Eistee – schmeckt gar nicht schlecht.

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Ein durstlöschender Eistee

14.30 Uhr Nach dem Bezahlvorgang kehren wir zum Auto zurück und verabreden, dass wir nun die Postfiliale an der 6th Avenue ansteuern und die Geschenke abschicken sollten. Ich drücke das Gaspedal bis zum Anschlag durch und bin mir sicher, dass das Porto nach Deutschland 50 Dollars verschlingen wird – wie unlöblich.
15.15 Uhr Am Ziel angekommen, werde ich jedoch eines Besseren belehrt und bringe auf Anfrage heraus, dass der Versand eines Paketes nach Europa lediglich 18 Dollars kostet. Ich wische mir die Schweissperlen von der Stirn und mache es mir zur Aufgabe, die Empfängeradressen auf praktische Versandkartons zu schreiben. Danach rede ich dem Postangestellten ins Gewissen und lasse mir versichern, dass die Pakete spätestens am Samstag in Toronto bzw. Eichstätt ankommen werden.
16.00 Uhr Völlig entnervt treffe ich daheim ein und wünsche Frau Pontecorvo einen schönen Nachmittag. Anschliessend schlüpfe ich aus den schweren Stiefeln und falle erschöpft aufs Kanapee.
17.00 Uhr Nach der Pause mache ich mich in der Küche nützlich und erwärme Buttergemüse in einer Pfanne. Darüber hinaus backe ich Chickenfingers (löblich: Hühnerfinger) im Ofen auf und verspreche Dixon, dass er auch mit einem reichhaltiges Abendessen rechnen kann.
18.00 Uhr Nachdem ich die Geschirrspülmaschine in Betrieb genommen haben, beginnt der wohlverdiente Fernsehabend. Ich lege in der guten Stube die Beine hoch und erinnere mich, dass morgen Frau Gomez Freundin Concheta (29) vorbeikommen und den Hausputz erledigen wird – das kann ja heiter werden.

19.00 Uhr Zur Prime Time (löblich: beste Fernsehzeit) schalte ich auf den HBO um und lasse die Seele beim Krimi “Dead End” (löblich: tödliches Ende) baumeln. Die englische Erfolgsproduktion erzählt von einer Familie, die während eines Ausflugs von garstigen Verbrechern entführt und gefoltert wird – wie schrecklich.
21.00 Uhr Nach zweistündigem Nervenkitzel flimmert der Abspann über die Mattscheibe. Ich schalte die Glotze beunruhigt aus und nehme mir das Recht heraus, mit gezücktem Revolver durch die Villa zu laufen.
21.30 Uhr Nachdem ich mich versichert habe, dass sich keine Schwerverbrecher in meinem bescheidenen Zuhause tummeln, lösche ich das Licht und gehe ins Bett. Gute Nacht.