10. Februar 2014 – Frau Blanche aus Jacksonville, FL

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08.00 Uhr Ich beginne die siebte Woche des Jahres mit dem Frühsport auf der Terrasse. Nebenher spähe ich zum Nachbarhaus und erinnere mich, dass Frau Pontecorvos verwirrte Freundin heute in Naples eintreffen wird.
08.30 Uhr Weil ich die aus Jacksonville stammende Dame nicht ausstehen kann, rufe ich Dixon ins Haus und gebe ihm zu verstehen, dass wir die Villa schnellstmöglich verlassen und den Tag am Strand verbringen werden. Der Rüde ist ganz aus dem Häuschen und rennt fiepend in die Küche, um etwas Trockenfutter zu fressen.

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Mein Zuhause unter Palmen

09.00 Uhr Als nächstes entspanne ich mich bei einem Wirbelbad und erfahre im Radio, dass der weltbekannte Landmusikant James Carson just heute vor 96 Jahren im Madison County, KY das Licht der Welt erblickte. Der WCKT CAT COUNTRY (löblich: Katze Land) Moderator überschlägt sich vor Freude und faselt, dass Herr Carson in den 1940er Jahren unzählige Hitparadenerfolge feiern konnte – das soll mir Recht sein.
10.00 Uhr Als der Stundenzeiger meiner wertvollen Armbanduhr auf 10 deutet, beende ich den Badespass und schlüpfe in eine farbenfrohe Bermudahose sowie ein lustiges Hawaiihemd. Danach verfrachte ich eine Dose Cola, die Tageszeitung sowie ein Handtuch in meinen Sportbeutel und verlasse die kleine Villa durch den Hinterausgang.

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Ein schmackhaftes Getränk: Coca Cola

10.30 Uhr Nachdem ich mit Herrn Booth geplaudert und ihn über Frau Blanches anstehenden Besuch in Kenntnis gesetzt habe, hüpfe ich in den Chevrolet und presche mit quietschenden Pneus von der Einfahrt. Während ich der Immokalee Road nach Westen folge, rufe ich bei meinem Bruder an und lasse ihn wissen, dass ich in der Stadt frühstücken werde. Georg fällt mir sogleich ins Wort und sagt, dass ich das wichtigste Mahl des Tages auch bei ihm im Lowbank Drive einnehmen kann – das ist phantastisch.
11.00 Uhr Wenig später komme ich vor dem Ferienhaus zum Halten und werde Zeuge, wie Herr Wongler den Rasenmäher aus der Garage schiebt. Der betagte Mann lüftet seine “Fort Myers Miracle” Kappe und meint, dass er einen Kaffee vertragen könnte. Ich nicke eifrig und lotse den Rentner spornstreichs ins Haus meines Bruders.

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Die Miracles aus Fort Myers

11.30 Uhr Als wir kraftvoll zubeissen, deute ich auf Herrn Wonglers Schlagball (unlöblich: Baseball) Kappe und gebe zu Protokoll, dass ich von den “Fort Myers Miracle” noch nie gehört habe. Mein Tischnachbar versorgt mich mit Fakten und unterbreitet, dass besagte Baseballmannschaft Anno 1926 gegründet wurde und seit 1964 der zweithöchsten Baseballliga angehört. Der Heini kommt ausserdem auf seine Sportlerkarriere zu sprechen und behauptet, dass er in den 1960er Jahren als Pitcher (löblich: Werfer) bei den “Miracles” gespielt hat – wie schön.
12.15 Uhr Nach der Mahlzeit kredenzt Maria selbstzubereitete Zitronenlimonade und bittet uns, nach draussen zu gehen. Wir kommen der Aufforderung anstandslos nach und setzen unser Gespräch auf der schattigen Terrasse fort. Herr Wongler kommt aus dem Erzählen gar nicht mehr heraus und informiert, dass die “Miracles” seit 1991 ihre Heimspiele im 7.500 Zuschauer fassenden “Hammond Stadion” austragen – wie aufregend.
13.00 Uhr Nachdem der alte Mann gegangen ist, studiere ich wissbegierig den Lokalteil in der Tageszeitung. Unterdessen füllt Maria die Limoladengläser auf und erkundigt sich, warum ich die “Naples Daily News” (löblich: Naples tägliche Neuigkeiten) nicht zu Hause lese. Ich blicke deprimiert drein und antworte, dass Frau Pontecorvo im Laufe des Nachmittags Besuch von ihrer Freundin erwartet.
13.30 Uhr Um meinen Verwandten einen Einblick zu gewähren, bringe ich Frau Blanche ins Spiel und lege anschaulich dar, dass die Dame sehr redselig ist und ohne Unterlass über amerikanische Fernsehformate wie “Dancing with the Stars” (löblich: Tanzen mit Sternen) tratscht.
14.00 Uhr Da Georg und Maria am Nachmittag eine Kunstgalerie besuchen wollen, ziehe ich es vor, mich zu verabschieden und zum “Delnor Wiggins State Park” weiterzufahren. Nebenbei lausche ich der aktuellen Jennifer Nettles Kompaktscheibe und lasse mir den Fahrtwind durch die Haare wehen.

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Am Delnor Wiggins State Park

14.45 Uhr Am Ziel angekommen, lasse ich Dixon von der Leine und schlendere mit einem lustigen Lied auf den Lippen zum azurblauen Golf. Dummerweise wird die himmlische Ruhe bald durch das Surren der Schwarzbeere (unlöblich: Blackberry) gestört. Zu allem Überfluss meldet sich meine Nachbarin und sagt, dass Frau Blanche vor wenigen Minuten angekommen ist. Ich zucke mit den Schultern und entgegne, dass ich einen Strandspaziergang unternehme und erst am späten Abend im Willoughby Drive zurück sein werde.
15.30 Uhr Nach einer entspannten Wanderung lasse ich mich unter einer schattenspendenden Palme nieder und schliesse die Augen. Während Dixon den Strandabschnitt erkundet, schlummere ich ein und träume von meinen letztjährigen Oktoberfestbesuchen – das waren noch bessere Zeiten.
16.30 Uhr Ich erwache redlichst ausgeruht und registriere, dass es sich Dixon neben der Bank bequem gemacht hat. Ich strecke mich ausgiebig und entschliesse mich, langsam die Heimreise anzutreten.
17.15 Uhr Kurz nach dem Fünfuhrläuten bin ich wieder daheim und sehe mich mit Frau Pontecorvo und Blanche konfrontiert. Die plappernden Damen haben sich in Schale geworfen und fordern mich auf, sie ins “Mangrove Cafe” zu begleiten. Ich huste laut und antworte, dass ich mich schlapp fühle und mir womöglich eine Grippe eingefangen habe. Um weiteren Diskussionen aus dem Weg zu gehen, werfe ich die Pforte ins Schloss und ziehe alle Vorhänge zu.
17.45 Uhr Danach mache ich mich in der Küche nützlich und zaubere vitaminreiche Bratkartoffeln mit Gemüsestäben. Dazu gibt es köstliche Beans (löblich: Bohnen) aus der Dose sowie ein süffiges Weissbier – das tut gut.
18.30 Uhr Nach dem Abendessen mache ich es mir in der Wohnstube bequem und fröne den FOX Nachrichten. Weil ausnahmsweise keine brechenden Neuigkeiten (unlöblich: Breaking News) vorliegen, schalte ich zeitnah auf den Bezahlsender TNT um, wo just im Moment der Zukunftsfilm “Source Code” anläuft.

21.00 Uhr Nach zwei Stunden flimmert endlich der Abspann über die Mattscheibe. Ich betätige nachdenklich den OFF (löblich: AUS) Knopf auf der Fernbedienung und erkläre Dixon, dass ich selten einen grösseren Unsinn gesehen habe. Trotz alledem lasse ich mir die gute Laune nicht verderben und begleite das Haustier noch einmal in den Garten. Anschliessend lösche ich sämtliche Lichter und lege mich ins Bett. Gute Nacht.