07.45 Uhr Der Radiowecker springt an und ich lerne, dass vor 31 Jahren der Spielfilm “Rambo – First Blood” in den Lichtspielhäusern welturaufgeführt wurde. Ich schnalze mit der Zunge und entschliesse mich, mir in den nächsten Tagen dieses Meisterwerk auf BluRay zu kaufen – immerhin weiss ich herausragende Filme sehr zu schätzen.
08.45 Uhr Nachdem ich mich bei einem Wirbelbad entspannt habe, klingle ich an Frau Pontecorvos Pforte und lade meine Nachbarin zum Frühstück ein. Die Gute freut sich und lotet aus, ob wir in die Stadt krusen wollen. Ich nicke eifrig und entgegne, dass wir in Julies Restaurant einkehren werden. Bevor wir losfahren, zücke ich meine Schwarzbeere (unlöblich: Blackberry) und setze Edelbert über unseren Ausflug in Kenntnis.
Meine praktische Schwarzbeere
09.45 Uhr Kurz vor dem Zehnuhrläuten finden wir uns im Gasthaus unseres Vertrauens wieder und treffen Prof. Kuhn handtelefonierend an einem Fenstertisch an. Der schlaue Mann winkt uns aufgeregt zu und berichtet, dass er gerade mit seinem Sohn telefoniert. Ich zucke mit den Schultern und ordere bei Wirtin Julie ein grosses Frühstück mit Extradonut sowie eine Kanne Kaffee.
09.00 Uhr Als ich kraftvoll zubeisse, beendet der Professor das Gespräch und kommt aus dem Nörgeln gar nicht mehr heraus. Ich frage augenblicklich nach dem Rechten und bringe heraus, dass Herr Peter im Finanzministerium sehr eingespannt ist. Edelbert plappert ohne Unterlass und unkt, dass der Euro in Bälde keinen Cent mehr wert sein wird. Ich nippe genüsslich am Kaffeebecher und antworte, dass ich einen Teil meines stattlichen Vermögens in Aktien sowie Gold- und Silbermünzen investiert habe.
09.45 Uhr Just als Frau Julie die Rechnung präsentiert, pocht Edelbert auf die Tischplatte und sagt, dass er meinem Beispiel folgen und sich ebenfalls mit goldenen Münzen eindecken wird – wie schön.
10.15 Uhr Nach einem erquickenden Spaziergang entlang der Vanderbilt Beach Road hüpfen wir in die Autos und verabreden, dass wir nun ins Stadtzentrum krusen und in Edelberts Hausbank Nägel mit Köpfen machen sollten. Ich helfe Frau Pontecorvo als Kavalier der alten Schule auf den Beifahrersitz und schicke mich an, noch vor Prof. Kuhn aus der Parkbucht auszufahren.
3 Golddukaten für Edelbert
11.00 Uhr In der Stadt angekommen, begleiten wir den Professor in die Bankfiliale und werden Zeugen, wie er den Heini hinter dem Glasschalter auffordert, wertvolle Goldmünzen vorzuzeigen. Der Knecht kommt augenblicklich in die Gänge und sagt, dass er uns “American Eagle” Münzen zu je einer, einer halben, einer viertelten oder einer zehntel Unze anbieten könnte. Darüber hinaus erfahren wir, dass die sogenannten “Eagles” (löblich: Adler) bis zum Jahre 1933 offizielles Zahlungsmittel in den Vereinigten Staaten waren – wie aufregend.
11.30 Uhr Nach kurzem Überlegen geht mein Bekannter auf den Handel ein und animiert den gestriegelten Schnösel, drei funkelnde Münzen für insgesamt 4.100 Dollars herauszurücken. Edelbert reibt sich die Hände und behauptet, dass der Goldkurs bis zum Jahresende bestimmt noch höher steigen wird.
12.30 Uhr Pünktlich zur Mittagszeit verlassen wir die “Bank of America” und ringen uns dazu durch, wegen der grossen Hitze in ein klimatisiertes Kaffeehaus einzukehren. Wir bestellen bei einer platinblonden Kellnerin Eiskaffees und nehmen ausserdem mit hausgemachtem Käsekuchen Vorlieb. Unterdessen werfe ich prüfende Blicke auf die Münzen und lasse Edelbert wissen, dass Gold die beste Wertanlage überhaupt ist. Der schlaue Mann schlägt in die gleiche Kerbe und sagt, dass er demnächst ein Bankschrankfach anmieten und dort seine Goldbestände deponieren wird – das ist eine hervorragende Idee.
13.15 Uhr Nun wird es aber langsam Zeit, nach Hause zu fahren. Ich schüttle zum Abschied Edelberts Hand und mache es mir dann zur Aufgabe, Frau Pontecorvo die Beifahrertüre aufzuhalten.
14.00 Uhr Zuhause angekommen, schlüpfe ich aus dem verschwitzten T-Hemd mit NYPD Aufdruck und bette mich im Wohnzimmer zur Ruhe. Schon bald döse ich ein und träume von heiteren Oktoberfestbesuchen.
15.00 Uhr Um nicht die ganze Zeit tatenlos auf der faulen Haut zu liegen, setze ich mich an den Schreibtisch und rufe Depeschen besorgter Eltern ab. Ich nehme die elektronischen Briefe mit Argwohn in Augenschein und bemerke, dass die Jugend von heute keine Manieren mehr kennt. Anstatt brav zu sein, ziehen es die Heranwachsenden vor, Unzucht zu treiben und Haschgift in rauen Mengen zu konsumieren – wo soll das noch hinführen.
Gefährliche Haschzigaretten
16.00 Uhr Nachdem ich verzweifelten Erziehungsberechtigten geholfen habe, gehe ich von der Leine und unternehme mit Dixon einen Spaziergang. Unter anderem schlendere ich am Grundstück der ehemaligen Olympiateilnehmerin Frau Crane vorbei und werde Zeuge, wie die kleine Frau ihr Haustier mit dem Wasserschlauch abspritzt. Ich klopfe mir lachend auf die Schenken und rufe der Dame zu, dass Dixon sehr wasserscheu ist.
17.00 Uhr Wieder zurück in meinem bescheidenen Eigenheim, mache ich mich in der Küche nützlich und bereite vitaminreiche Rühreier mit Schinken zu – schon jetzt läuft mir das Wasser im Munde zusammen.
18.00 Uhr Nach dem opulenten Abendessen beginnt endlich der ruhige Teil des nervenaufreibenden Tages. Ich mache es mir budweiserschlürfend vor der Glotze bequem und fröne auf dem Bezahlsender AMC einer Episode der Gruselserie “The Walking Dead”. Ich komme aus dem Staunen gar nicht mehr heraus und registriere, dass die neuen Folgen sehr viel Gewalt zeigen – wie unlöblich.
19.00 Uhr Um keine Albträume zu bekommen, schalte ich auf HBO um und lasse die Seele beim lustigen Familienfilm “National Lampoon’s Vegas Vacation” (auf deutsch: Die schrillen Vier in Las Vegas) baumeln.
21.00 Uhr Als der Abspann über den Flachbildschirm flimmert, schalte ich ab und begleite Dixon noch einmal durch den Garten. Danach lösche ich das Licht und gehe ins Bett. Gute Nacht.