07.30 Uhr Ich erwache ausgeschlafen und freue mich, als Dixon ans Bett kommt und mir über die Hand schleckt. Ich streichle dem Vierbeiner über den Kopf und gebe zu Protokoll, dass ich mich schlapp fühle und noch etwas schlafen möchte. Der Rüde lässt jedoch nicht locker und zerrt an der Bettdecke – wie unlöblich.
08.00 Uhr Nach dem Frühsport eile ich mit der Morgenzeitung in die Nasszelle und gönne mir ein Wirbelbad. Unterdessen blättere ich in der “Naples Daily News” (löblich: Naples tägliche Neuigkeiten) und lerne, dass eine “Barnes & Noble” Filiale am Tamiami Trail eröffnet wurde. Ich überfliege die Hochglanzanzeige und lese, dass es in besagtem Geschäft nicht nur Bücher, sondern auch Filme zu kaufen gibt – das ist phantastisch.
09.00 Uhr Just als ich meine Haare steile, bimmelt das NOKIA Handtelefon besonders laut. Zu allem Überfluss meldet sich Frau Pontecorvo und erinnert an unser gemeinsames Frühstück. Ich beende das Telefonat wortlos und statte der Alten augenblicklich einen Besuch ab.
09.30 Uhr Während des Frühstücks inspiziere ich den nagelneuen Fussboden und höre, dass die Handwerker beste Arbeit abgeliefert und sogar Naturholz verwendet haben. Bei dieser Gelegenheit kommt meine Bekannte auf den neuen Warmwasserboiler zu sprechen und plappert davon, dass das Gerät über ein Fassungsvermögen von 90 Gallonen verfügt.
10.30 Uhr Nachdem ich aufgegessen habe, lotst mich die kleine Frau in die Küche und berichtet, dass es ausserdem nötig war, einige Fliesen sowie zwei Steckdosen zu erneuern. Ich schaue missmutig auf meine wertvolle ROLEX und entgegne, dass ich einem wichtigen Termin nachkommen muss. Bevor Frau Pontecorvo antworten kann, scheuche ich Dixon nach nebenan und helfe ihm in den PS-strotzenden Chevrolet Suburban.
11.15 Uhr Nach einer nervenaufreibenden Hochgeschwindigkeitsfahrt parke ich das Auto vor dem neueröffneten “Barnes & Noble” Geschäft und werde von einer Mitarbeiterin herzlich begrüsst. Die Dame kredenzt mir einen Eistee und sagt, dass ich in dieser Filiale nicht nur 12.000 Bücher, sondern auch weit über 6.000 DVDs und BluRays finden kann.
11.45 Uhr Ich laufe staunend an den Regalen vorbei und stosse auf ein Buch der Oscargewinnerin Gwyneth Paltrow. Ich überfliege den Waschzettel des 300 Seiten umfassenden Machwerks und registriere, dass die Schauspielerin Kochrezepte zusammengetragen und diese unter dem Titel “It’s All Good: Delicious, Easy Recipes That Will Make You Look Good and Feel Great” (löblich: Es ist alles gut: Delikate, einfache Rezepte, die dich gut fühlen und aussehen lassen) veröffentlicht hat. Da ich jetzt schon gut aussehe, stelle ich das Buch prompt auf seinen Platz zurück und wende mich den DVD Filmen zu.
12.15 Uhr Kurz nach dem Mittagsläuten halte ich die beiden Staffeln der beliebten Fernsehserie “Carnivàle” in Händen und entschliesse mich, 30 Dollars locker zu machen. Ruckzuck bezahle ich die Rechnung in Bar und kruse in Richtung Innenstadt weiter, um Edelbert einen Besuch abzustatten.
13.00 Uhr Der Professor heisst mich herzlich Willkommen und sagt, dass er gerade den Backofen vorgeheizt hat. Mein Bekannter fackelt nicht lange und schiebt zwei TOMBSTONE Pizzas unter das Ofenlicht. Darüber hinaus serviert der Professor alkoholfreies Leichtbier und erzählt, dass er sich wie neugeboren fühlt. Ich gebe mich erleichtert und erwidere, dass nun unserem Ausflug nach Tampa am Sonntag nichts mehr im Wege steht.
14.00 Uhr Just als ich mir eine weitere Hopfenkaltschale gönne, überreiche ich Edelbert meine Barnes & Noble Einkaufstüte und erwähne, dass ich mir die Fernsehserie “Carnivàle” gekauft habe. Prof. Kuhn schnalzt mit der Zunge und sagt, dass sich das für den Bezahlsender HBO produzierte Fernsehspiel mit der Weltwirtschaftskrise in den 1930er Jahren und dem Kampf zwischen Gut und Böse auseinandersetzt.
14.30 Uhr Weil wir nichts besseres zu tun haben, verfrachte ich eine DVD ins Abspielgerät und gebe mich den Abenteuern des jungen Ben Hawkins hin, der sich nach dem Tod seiner Mutter einem Wanderzirkus anschliesst.
15.00 Uhr Edelbert redet ohne Unterlass auf mich ein und verweist auf den ewigen Konflikt zwischen dem Guten und dem Bösen, die in der Serie als Metaphern, Symbole und Allegorien immer wieder kehren. Ich zeige dem schlauen Mann den Vogel und genehmige mir kopfschüttelnd ein weiteres Bier.
16.00 Uhr Als der Abspann läuft, betätige ich den “OFF” (löblich: AUS) Knopf auf der neumodischen Fernbedienung und stecke den Silberling in die Verpackung. Danach verabschiede ich mich und kruse hupend in Richtung Willoughby Drive davon.
16.45 Uhr Zurück in der kleinen Villa, steige ich aus den Kuhjungenstiefeln und falle völlig erschöpft aufs Kanapee. Bereits nach wenigen Sekunden schlummere ich ein und sehe mich im Traum auf den Appalachian Trail versetzt – das war ein Vergnügen.
17.45 Uhr Um nicht noch mehr Zeit zu vertrödeln, hüpfe ich vom Sofa und widme mich der Anschnurseelsorge. Weil nur wenige Depeschen im Posteingang eintrudeln, fällt es mir nicht schwer, sämtliche Anfragen zu beantworten.
18.45 Uhr Weil ich vom Mittagessen noch immer gesättigt bin, nehme ich mit zwei Wurstbroten und einigen Gewürzgurken aus dem Glas Vorlieb. Ich verzehre das Abendessen im Wohnzimmer und lasse mich nebenher von der spannenden Serie “Carnivàle” berieseln. Beeindruckt folge ich den Geschehnissen auf dem Bildschirm und lerne, dass die Great Plaines (löblich: grossen Ebenen) im Mittleren Westen während der Weltwirtschaftskrise von verheerenden Staubstürmen heimgesucht wurden – wie aufregend.
21.00 Uhr Die fünfte Episode geht zu Ende und ich schalte die Glotze ab. Um Dixon eine kleine Freude zu bereiten, nehme ich ihn an die Leine und unternehme einen kleinen Spaziergang durchs Wohngebiet. Im Anschluss verriegle ich die Türen und Fenster besonders sicher und lege mich zufrieden ins Bett. Gute Nacht.