5. Oktober 2012 – Überschwemmung

07.30 Uhr Das Telefon klingelt und ich habe Edelberts Stimme im Ohr. Der Professor redet ohne Unterlass auf mich ein und behauptet, dass seine Küche unter Wasser steht. Ich reibe mir gähnend den Schlaf aus den Augen und rate dem schlauen Mann, Ruhe zu bewahren und den Hausmeister zu informieren. Edelbert schimpft wie ein Rohrspatz und bittet mich, augenblicklich loszufahren und ihm in diesen schweren Stunden beizustehen.
09.00 Uhr Nachdem ich die Morgengymnastik absolviert und in Admiral a.D. Bürstenbinders und Hund Dixons Gesellschaft ein reichhaltiges Frühstück genossen habe, komme ich langsam in die Gänge und gebe meinem Gast zu verstehen, dass es langsam Zeit wird, in die Stadt zu krusen. Friedbert steckt sich seine handgeschnitzte Meerschaumpfeife an und entgegnet, dass wir in 30 Minuten abfahren können – wie schön.
10.30 Uhr Kurz vor halb Elf erreichen wir das Stadtzentrum und registrieren, dass ein Löschzug der örtlichen Feuerwehr vor dem Wohnkomplex unseres Freundes parkt. Staunend erklimmen wir die Treppe und treffen Edelbert völlig aufgelöst vor seiner Wohnung an. Der gute Mann ist den Tränen nahe und berichtet, dass seine Nachbarin am Morgen die Geschirrspülmaschine eingestellt und das Haus verlassen hat. Daraufhin soll nach Angaben des Hausmeisters der integrierte Wasserstopper versagt und für eine Überschwemmung gesorgt haben – das ist ja allerhand.
11.00 Uhr Um einen genaueren Überblick zu bekommen, eile ich in die Wohnung und erkenne mit geschultem Auge, dass nicht nur die Küche, sondern auch Teile des Schlafzimmers unter Wasser stehen. Selbstverständlich stelle ich sogleich den Hausmeister zur Rede und bringe in Erfahrung, dass fleissige Feuermehrmänner gerade damit beschäftigt sind, in der benachbarten Wohnung für Ordnung zu sorgen. Herr John winkt gelangweilt ab und verspricht, das auch Prof. Kuhns Residenz spätestens am Nachmittag trocken sein wird – wie schön.
12.30 Uhr Als die Sonne ihren Höchststand erreicht hat, kehren wir ins “Chops City Grill” Gasthaus ein und ordern den “Fang des Tages” (unlöblich: Catch of the Day) sowie eiskaltes Budweiser. Während ich kraftvoll zubeisse und Edelbert gut zurede, gibt sich der schlaue Mann deprimiert und kündigt an, seine Nachbarin auf Schadenersatz verklagen zu wollen. Seufzend lege ich die Gabel weg und rate, besonnen vorzugehen und nichts zu überstürzen.
14.00 Uhr Wieder zurück in Edelberts Wohnhaus, schütteln wir Hände und verabreden, dass wir uns morgen zum Frühstück in Julies Restaurant treffen sollten. Anschliessend trete ich in Hund Dixons und Friedberts Gesellschaft die Heimfahrt an. HEUREKA – diesen Stress hält nicht einmal der stärkste Rentner aus.
16.00 Uhr Während sich der ehemalige Seefahrer in der Sonne aalt und in Ronald Reagans Autobiografie “An American Life” (löblich: Ein amerikanischen Leben) schmökert, komme ich der Anschnurseelsorge nach. Danach beantworte ich meine persönliche Korrespondenz und lerne, dass mein einstiger Studienkollege Thomas Kronach im November geschäftlich in Tampa, FL zu tun hat und mir einen Besuch abstatten will – das ist phantastisch.
17.00 Uhr Da das kulinarische Wohl nicht zu kurz kommen darf, bereite ich zum Abendessen eine deftige Brotzeitplatte mit hauchdünn aufgeschnittenem Capocollo, Gewürzgurken aus dem Glas und marinierten Pilzen vor. Friedbert ist von den Köstlichkeiten sichtlich angetan und lässt es sich nicht nehmen, eine Flasche Kerbel Weisswein aus dem goldenen Kalifornien zu entkorken – das schmeckt.
18.30 Uhr Nachdem wir unseren Hunger gestillt haben, tippt der Seebär auf seine protzige Armbanduhr und meint, dass wir nun die “Pelican Larry”s Raw Bar & Grill” Gastwirtschaft aufsuchen und das Tanzbein schwingen könnten. Weil nichts interessantes im Fernsehen läuft, nicke ich eifrig und nehme Hund Dixon an die Leine.
19.00 Uhr Wir lassen den schwülwarmen Abend auf der Sonnenterrasse unseres Stammlokals ausklingen und frönen dem Konzert einer örtlichen Landmusikcombo namens “The Ole’ Naples Boys” (löblich: Die alten Naples Buben). Die Musikanten sorgen für gute Laune und stimmen mit “Margaritaville” sogar mein absolutes Lieblingslied an – was kann es schöneres geben.
22.00 Uhr Ein aufregender Tag neigt sich seinem Ende zu und ich freue mich, endlich ins Nachthemd schlüpfen und mich im klimatisierten Schlafzimmer zur Ruhe betten zu können. Gute Nacht.