20. September 2012 – Auswärtssieg für die Giganten

07.30 Uhr Ich erwache ausgeschlafen und bemerke, dass letzte Nacht eine Nachricht auf dem Anrufbeantworter gelandet ist. Neugierig betätige ich den “PLAY” (löblich: Spiel) Knopf und bringe in Erfahrung, dass Admiral a.D. Bürstenbinder eine Überraschung für Prof. Kuhns 70. Geburtstag in der kommenden Woche plant – wie aufregend.
09.00 Uhr Nachdem ich mich angezogen und das Frühstück eingenommen habe, eile ich mit Hund Dixon im Schlepptau nach nebenan, um in Frau Pontecorvos Eigenheim nach dem Rechten zu sehen. Unter anderem fische ich die Post aus dem Briefkasten und vergesse auch nicht, die Pflanzen mit frischem Wasser zu versorgen.
10.00 Uhr Just als der Stundenzeiger meiner wertvollen ROLEX auf 10 zeigt, stosse ich die Pforte zu meinem bescheidenen Zuhause auf und erkläre dem hechelnden Vierbeiner, dass ich dem ganzen Stress gar nicht mehr gewachsen bin. Während der Rüde im Garten bleibt, um eine Grube im Rosenbeet der Nachbarn auszuheben, lasse ich mich seufzend auf der schattigen Terrasse nieder und gönne mir ein eiskalten Budweiser – das schmeckt.
10.45 Uhr Leider wird die himmlische Ruhe wenig später durch ohrenbetäubendes Klingeln gestört. Zu allem Überfluss steht Edelbert vor dem Haus und macht mich auf den Umstand aufmerksam, dass er grossen Hunger hat. Ich nicke eifrig und bringe eine Ausfahrt zum “Boston Beer Garden” (löblich: Boston Biergarten) an der Immokalee Road zur Sprache. Der Professor reibt sich den Bauch und sichert zu, für Speis und Trank einzustehen – das ist die beste Nachricht des ganzen Tages.
11.30 Uhr Kurz vor dem Mittagsläuten betreten wir die gutbesuchte Wirtschaft und zögern nicht, uns am Tresen niederzulassen und zwei Körbe “Onion Rings” (löblich: Zwiebelringe) sowie deftige Hamburger mit Kartoffelstäben zu ordern. Als wir kraftvoll zubeissen, erinnert mich mein Bekannter an das heutige Footballspiel der New York Giants in Charlotte, NC. Ich schiebe mir genüsslich einen Kartoffelstab in den Mund und erwidere, dass es mir ein Vergnügen sein wird, aus diesem Anlass am Abend köstliches Grillfleisch zu kredenzen.
13.00 Uhr Nachdem Prof. Kuhn dem Wirt ein stattliches Trinkgeld zugesteckt hat, brechen wir zu einem erquickenden Spaziergang entlang der stark befahrenen Immokalee Road auf. Unterdessen komme ich auf Admiral Bürstenbinders Anruf zu sprechen und mutmasse, dass sich der gute Mann nicht lumpen lassen und Edelbert reich beschenken wird.
14.15 Uhr Endlich bin ich wieder zu Hause und kann es mir in der klimatisierten Wohnstube bequem machen. Ich schliesse zufrieden die Augen und träume vom anstehenden Bieranstich auf dem Münchner Oktoberfest – wie aufregend.
15.15 Uhr Um nicht einzurosten, schwinge ich mich vom Kanapee und nutze die Nachmittagsstunden, um Anschnur zu gehen und Hilferufe besorgter Heimseitenbesucher abzurufen. Wie man sich denken kann, finde ich auch heute Dutzende Anschreiben im Posteingang vor und sehe mich genötigt, verzweifelten Familien bei schwerwiegenden Problemen zu helfen.
17.00 Uhr Just als ich mich auf der Einfahrt einfinde und abgefallene Palmwedel zusammentrage, kommt Edelberts schneeweisser JEEP mit quietschenden Bremsen vor der kleinen Villa zum Stehen. Der schlaue Mann wünscht mir einen guten Abend und sagt, dass er zur Feier des Tages frisches Brot in der “Biscotti Farrugia” Italienbäckerei besorgt hat. Bevor ich etwas sagen kann, schiebt mich der Professor zur Seite und macht sich daran, das praktische Grillfass auf die Terrasse zu schleppen und ein loderndes Feuer zu entfachen.
18.00 Uhr Kurze Zeit später verfrachten wir tiefgefrorene T Bone Steaks (löblich: T Knochen Schnitzel) auf den zischenden Rost und geniessen gesunde Budweiser Biere. Nebenher komme ich mit Edelbert ins Plaudern und erfahre, dass er gestern ein Wettbüro am Hafen aufgesucht und 300 Dollars auf einen Heimsieg der Carolina Panthers gesetzt hat – wie unlöblich.
19.30 Uhr Nach dem Essen setzen wir uns ins Wohnzimmer und frönen einem Vorbericht über das Abendspiel im mit 70.000 Zuschauern ausverkauften “Bank of America Stadium”. Der Moderator versorgt uns mit wissenswerten Infos und geht davon aus, dass die Riesen (unlöblich: Giants) aus dem grossen Apfel (unlöblich: Big Apple) einen Auswärtssieg landen werden.
20.30 Uhr Zu Spielbeginn lehne ich mich kartoffelchipsknabbernd zurück und werde Zeuge, wie der New Yorker Quarterback Eli Manning das Spielgerät gekonnt ins gegnerische Spielfeld trägt – da kommt Freude auf.
22.30 Uhr Nach zwei nervenaufreibenden Stunden geht das Spiel mit einem ungefährdeten 36:7 Auswärtssieg für die Giants zu Ende und ich begleite Prof. Kuhn zur Türe. Edelbert blickt traurig drein und sichert zu, so schnell nicht wieder ein Wettbüro zu besuchen. Ich klopfe dem Professor auf die Schulter und scheuche Hund Dixon ein letztes Mal durch den Garten. Anschliessend lösche ich das Licht und lege mich schlafen. Gute Nacht.