Sehr verehrte Damen und Herren,
am heutigen “Labor Day” (löblich: Tag der Arbeit) habe ich gemeinsam mit Prof. Kuhn und Frau Pontecorvo das “Books-A-Million” Buchfachgeschäft im Mercato Einkaufszentrum besucht. Während Edelbert schlaue Biografien wälzte und meine Nachbarin mit seinem immensen Wissen beeindruckte, wurde ich auf mehrere Menschen aufmerksam, die sich trotz des Feiertages in einem Nebenraum eingefunden hatten. Selbstverständlich stellte ich einen der Heinis zur Rede und brachte in Erfahrung, dass sich der örtliche “Scrabble” Verein jeden Montag im Buchgeschäft trifft, um zu plaudern und Scrabble zu spielen. Herr Garry, seines Zeichens Vorsitzender des “Naples Scrabble Club”, freute sich, unsere Bekanntschaft zu machen und forderte uns auf, am Spieltisch Platz zu nehmen.
Anschliessend durfte jeder sieben Buchstaben aus einem Beutel ziehen und sie auf einer Ablagebank anordnen – wie aufregend. Ziel des Spiels ist es, aus den vorhandenen Buchstaben Wörter zu bilden und Punkte zu ergattern. Wie nicht anders zu erwarten, gewann der Professor die Partie mit grossem Vorsprung und schaffte es sogar, Herrn Garry eine Niederlage zuzufügen. Der gute Mann war sichtlich beeindruckt und legte uns nahe, dem “Naples Scrabble Club” beizutreten und im Oktober an der Vereinsmeisterschaft teilzunehmen. Wir lehnten jedoch dankend ab und gaben zu Protokoll, dass wir keinem Club beitreten werden, der Leute wie uns als Mitglieder aufnimmt.
Danach kehrten wir ins gutbesuchte “Cucina Italiana” Gasthaus ein und bestellten süffiges Bud Light, Sausage Tortellonis sowie vitaminreiche Nachspeisen. Während wir einen schönen Nachmittag im Italiengasthaus unseres Vertrauens verbrachten, plauderten wir angeregt und vereinbarten, dass wir morgen den “Immokalee Airport” (löblich: Immokalee Flughafen) ansteuern und die dort ausgestellten Propellermaschinen anschauen werden – das wird spannend.
Den Abend habe ich fernsehschauend in der kleinen Villa verbracht. Während Dixon mit Nachbarhund Joey im Garten gespielt hat, habe ich bei der NBC Vorsingsendung “America Got Talent” (löblich: Amerika hat Talent) die Seele baumeln lassen. Leider wurde mir schnell klar, dass die Teilnehmer überhaupt kein Talent haben.
Vielleicht sollte ich mich für die nächste Staffel des Fernsehformats anmelden und ein schönes G’stanzl vor einem Millionenpublikum zum Besten geben. Ich bin mir ziemlich sicher, dass die Juroren Sharon Osbourne, Howie Mandel und Howard Stern begeistert sein und mich zum Sieger küren würden.
Der “Labor Day” – oder auch “Tag der Arbeit” – zählt zu einem der wichtigsten nationalen Feiertage. Zurückzuführen ist er auf den Gewerkschaftsvertreter Terence Vincent Powderly, der sich als Sohn einer irischen Einwandererfamilie im 19. Jahrhundert für die Belange der arbeitenden Bevölkerung einsetzte. Der gute Mann wuchs in der kleinen Gemeinde Carbondale in Pennsylvania auf und ergriff mit 13 Jahren den Beruf des Weichenstellers bei der “Delaware & Hudson Railway” (löblich: Delaware und Hudson Eisenbahn). Mit 22 Jahren schloss er sich der Gewerkschaft an und machte es sich zur Lebensaufgabe, die Arbeitsbedingungen der Immigranten zu verbessern.
Letztendlich wurde er vom 25. Präsidenten der Vereinigten Staaten, Herrn William McKinley, nach Washington berufen und mit dem Posten des Generalbevollmächtigten der Einwanderungsbehörde betraut. Bis zu seinem Tod im Jahre 1924 bekleidete er ausserdem das Amt des Bevollmächtigten für Schlichtungen für das Arbeitsministerium und sorgte dafür, dass die Arbeiterbewegung einen eigenen Feiertag zugesprochen bekam.
Während deutsche Gewerkschaftsfunktionäre in luxuriösen Palästen residieren, Schaumwein schlürfen und sich als Aufsichtsratsmitglieder goldene Nasen verdienen, hat es die amerikanische Arbeiterbewegung geschafft, einen Mindestlohn von 7,25 Dollar durchzusetzen.
Der beliebte “Labor Day” läutet gleichzeitig den Herbst und das Ende der Sommerferien ein. In vielen Bundesstaaten müssen die Kinder ab kommenden Montag wieder die Schulbank drücken und brav lernen – wie schön.