Richard Wagner
Festspiele 2004
Eine redliche Reportage von Reinhard
Pfaffenberg
Am 25. Juli 2004 besuchte ich gemeinsam mit
Gräfin Gloria von Rudnik die "Richard Wagner Festspiele" in
Bayreuth:
06.00 Uhr Ich erwache löblichst und beginne den
Tag mit löblichen Dehn- und Streckübungen am geöffneten Fenster. Löbliche
Morgengymnastik hält mich rüstig und frisch.
06.30 Uhr Löbliches Vollbad in meiner Wirbelbadewanne. Ich wasche mich
redlichst und rasiere mich ordentlich. Heute muss ich ganz besonders
gepflegt sein, schliesslich werde ich gleich nach Bayreuth reisen und die
weltbekannten Wagner Festspiele besuchen - wie aufregend. Nebenbei lausche
ich dem BAYERN 2 Radioprogramm und erfreue mich bei löblicher Volksmusik
und keuschen Informationen aus der Heimat.
07.30 Uhr Im Bademantel bereite ich das Frühstück zu und verzehre einige
Scheiben geröstetes Weissbrot (unlöblich: Toast), Rühreier, löbliches
Kartoffelrösti und einen Apfel. Dazu lasse ich mir Kräutertee und zwei
Gläser Orangensaft schmecken.
08.15 Uhr HEUREKA - ich bin sehr aufgeregt und ziehe meinen löblichen
Smoking an. Da ich die Fliege nicht alleine binden kann, wecke ich Sandra
auf und bitte sie um Hilfe. Sandra mault frech herum und möchte gerne
weiterschlafen. Ich ermahne sie zur Löblichkeit und erkläre ihr, dass
ich heute ein kulturelles Grossereignis besuchen werde und schick aussehen
muss. Sandra lenkt ein und geht mir redlichst zur Hand - wie schön.
09.00 Uhr Nachdem ich mich in den Smoking gezwängt habe, nehme ich auf
der Terrasse platz und warte auf Gloria von Rudnik. Das Thermometer zeigt
jetzt schon 21°C an. Ich kann nur hoffen, dass das Bayreuther
Festspielhaus redlichst klimatisiert ist. Bei subtropischem Klima ist eine
sechsstündige Richard Wagner Oper sicherlich gar kein Vergnügen.
09.55 Uhr HEUREKA - es klingelt an der Türe. Glorias Fahrer steht vor der
Türe und wünscht mir einen schönen Morgen. Ich begrüsse den Knecht mit
Handschlag und lasse mich zum ROLLS ROYCE führen.
10.00 Uhr Pünktlich auf die Minute beginnt unser Ausflug nach Bayreuth.
Gräfin Gloria von Rudnik ist heute ganz besonders schick herausgeputzt
und trägt sogar eine wertvolle Pelzstola - wie edel.
10.30 Uhr Während wir mit hoher Geschwindigkeit auf der Autobahn 9 in
Richtung Nürnberg rasen, unterhalte ich mich angeregt mit der Gräfin.
Gloria betont immer wieder, dass sie sehr froh ist, mich an ihrer Seite zu
haben, weil ich ein kulturell interessierter und aufgeschlossener Mensch
bin. HEUREKA - das kann ich nur bestätigen. Wir vertreiben uns die Zeit
und lauschen einer schönen Richard Wagner Kompaktscheibe und diskutieren
redlichst über die heutige Aufführung des "Parsifals". Gloria
erzählt, dass in diesem Jahr erstmals Herr Christoph Schlingensief die
Inszenierung leiten wird. Weiter erfahre ich, dass Herr Schlingensief noch
gar keine Opernerfahrung hat und das Lichtspielhaus- und Fernsehpublikum
in den letzten Jahren mit unlöblichen Filme wie zum Beispiel "Das
deutsche Kettensägenmassaker", "100 Jahre Adolf Hitler"
und "Terror 2000" schockiert hat. HEUREKA - wo soll das noch
hinführen mit dieser Welt. Schaumweintrinkend erzählt Gloria, dass es in
den letzten Wochen grosse Aufregung um die Bayreuther
Festspiele gegeben hat. Einige Darsteller bezeichneten die Arbeit von
Herrn Schlingensief sogar als dilettantisch und erschreckend uninspiriert.
HEUREKA - langsam zweifle ich an Glorias Löblichkeit und bereue fast die
Reise. Vielleicht hätte ich doch besser im Eigenheim bleiben und mit
Weissbieren und lustigen Knabbereien den Tag im Garten verbringen sollen.
Herr Christoph Schlingensief
12.10 Uhr Endlich verlassen wir die Autobahn an
der Ausfahrt Bayreuth-Nord und fahren die Bernecker Strasse hinab. Schon
nach wenigen Minuten treffen wir auf die Tristanstrasse und sehen das
weltberühmte Festspielgebäude auf dem "grünen Hügel" vor
uns. Glorias Knecht parkt den ROLLS ROYCE gekonnt auf dem Parkplatz neben
dem Freiluftbad und stellt den Motor ab. Ich trinke schnell meinen französischen
Schaumwein aus und springe aus dem Fahrzeug. Endlich hat die beschwerliche
Reise ihr Ende gefunden - wie schön.
Das Festspielhaus in Bayreuth
12.30 Uhr Gloria händigt mir meine
Eintrittskarte aus und meint, dass ich ganz besonders gut auf das teure Stück
aufpassen soll. Mittlerweile werden auf dem Schwarzmarkt schon bis zu 3000
EUROS für eine Premierenkarte geboten - HEUREKA.
13.00 Uhr Da die Aufführung erst um 16.00 Uhr beginnen wird, vertreten
wir uns die Beine auf dem Festspielgelände. Wie es sich für jeden
Besucher gehört, besuchen wir als erstes die Kneippsche Wassertretanlage
oberhalb des Festspielhauses. Schnell ziehe ich meine Lackschuhe und
Socken aus und wate löblichst durch das kalte Nass. HEUREKA - das tut
gut.
14.00 Uhr Nachdem wir uns redlichst erfrischt haben, besuchen wir eine der
vielen Würstelbuden und verzehren löbliche Nürnberger Rostbratwürste
mit Sauerkraut und Semmel. Dazu lasse ich mir ein kühles Bier schmecken.
Als es ans bezahlen geht, trifft mich fast der Schlag. Die Bedienung
verlangt insgesamt 29,50 EUROS von uns.
15.00 Uhr Wir drängen uns durch die Menschenmassen und besuchen die
Festspielgaststätte. Bei Prosecco und kleinen Schnittchen mit Lachs und
Fischeiern plaudere ich redlichst mit den anderen Festspielbesuchern und
mache Kleingespräche (unlöblich: Smalltalk). Als mir ein Ober noch etwas
Schaumwein nachschenken will, erblicke ich einige Meter entfernt die löbliche
Vorsitzende der CDU, Frau Angela Merkel - wie aufregend. Ich grüsse die
Dame recht herzlich, werde aber von einigen Aufpassern (unlöblich:
Bodyguards) weggeschoben. Ich protestiere laut und ermahne die Rabauken
zur Löblichkeit - schliesslich bin ich kein Terrorist.
15.30 Uhr Verärgert betreten wir das Festspielgebäude auf dem "grünen
Hügel" und nehmen unsere unbequemen Plätze in der siebten Reihe
ein. Einem aufregenden Opernereignis steht nun nichts mehr im Weg.
16.05 Uhr Nachdem der bayerische Ministerpräsident Dr. Edmund Stoiber
zusammen mit EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso in der ersten
Reihe platz genommen hat, beginnt die Aufführung endlich.
Herr Barroso, Frau Barroso,
Frau Stoiber und Herr Dr. Edmund Stoiber
16.30 Uhr HEUREKA - diesen Unsinn muss man
gesehen haben. Uninspirierte Schauspieler, kaum verständlicher Gesang,
unlöbliche Filmprojektionen und ein überladenes Bühnenbild treiben mich
beinahe in den Wahnsinn. Ausserdem rinnt mir der Schweiss über das
Gesicht. Da das Theater nicht klimatisiert ist, herrschen hier ganz
bestimmt über 40°C. Meinem Kreislauf tut die stickige Luft ganz und gar
nicht gut.
17.00 Uhr HEUREKA - jetzt platzt mir der Kragen. Ich erblicke auf der Bühne
einen Feldhasen und eine nackte Frau. Wo soll das noch hinführen. Ich bin
sehr enttäuscht und huste laut. Diesen Mist kann man nicht länger
ertragen.
18.15 Uhr Endlich ist der erste Akt zu Ende. Ich taumle hinaus und atme
tief durch. Gräfin Gloria ist sehr überrascht und bezeichnet diesen
Unsinn als "Jahrhundertwerk" - darüber kann ich nur lachen. Während
der Pause trinke ich zwei kühle Weissbiere und plaudere mit den anderen
Besuchern. Gloria stellt mich einem Filmheini namens Bernd Eichinger vor
und erklärt, dass dieser Herr unter anderem die Filme
"Opernball", "Der bewegte Mann" und "Nirgendwo in
Afrika" produziert hat. Da mir der Mann völlig unbekannt ist, grüsse
ich nur kurz und wende mich dann meinen Bratwürsten zu.
19.00 Uhr HEUREKA - nun beginnt der zweite Akt. Unter Protest betrete ich
das Festspielhaus und zwänge mich in meinen unbequemen Holzstuhl. HEUREKA
- ich bin sehr verärgert und fange gleich wider zu schwitzen an. Gerne würde
ich jetzt im Garten sitzen, löblicher Volksmusik lauschen und ein
Weissbier trinken - FEURIO.
19.15 Uhr Der zweite Akt beginnt mit einem Paukenschlag. Mehrere Personen
rennen in merkwürdigen Kostümen über die Bühne und schreien laut herum
- wie unlöblich. Nun platzt mir endgültig der Kragen. Ich täusche einen
Hustenanfall vor und verlasse schnell das Festspielhaus. Diesen Unsinn
kann ich nicht länger ertragen.
Unsinn auf der Festspielbühne
19.30 Uhr Am Taxistand lasse ich mich von einem löblichen
Taxifahrer umgehend zum nächsten Biergarten kutschieren. Eine deftige
Mahlzeit und eine schöne Mass Bier habe ich mir nun redlichst verdient.
Der Taxifahrer fragt nach dem Rechten und will wissen, ob ich auch die
Festspiele besucht habe. HEUREKA - ich schimpfe lauthals über die Aufführung
und schenke dem Fahrer meine Eintrittskarte.
20.00 Uhr Endlich treffe ich im Biergarten ein. Bei herrlichem
Sonnenschein und Temperaturen um die 25°C nehme ich unter einem schönen
Kastanienbaum platz und bestelle eine Schweinshaxn mit Knödel und eine
Mass Bier.
20.30 Uhr Während ich das fette Essen redlichst verzehre, lausche ich den
löblichen Klängen einer keuschen Blaskapelle und geniesse die frische
Luft - wie schön.
Löblicher Biergartenbesuch
21.30 Uhr Nachdem ich die zweite Mass
ausgetrunken habe, wandere ich zum nächsten Taxistand und lasse mich in
einem löblichen OPEL Taxi nach Hause fahren. Während der zweistündigen
Heimfahrt plaudere ich redlichst mit dem Taxifahrer und schimpfe über die
Bayreuther Festspiele. Der gute Mann gibt mir ganz recht und vergleicht
den Ansturm der Prominenz aus Film, Fernsehen und Politik sogar mit einem
Almauftrieb - wie recht er doch hat.
23.45 Uhr Erschöpft treffe ich wieder im Eigenheim ein und finde
Untermieterin Sandra fernsehend im Wohnzimmer vor. Sandra will natürlich
sofort wissen, wie mir die Aufführung gefallen hat. Ich winke ab und gehe
sofort ins Bett. Gute Nacht.
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