Reinhard Pfaffenbergs löbliches Tagebuch Archiv

 

 

11.01.2008

07.00 Uhr Ein neuer Tag bricht an und ich hüpfe voller Elan aus den Federn. Wie es sich gehört, öffne ich umgehend die Terrassentüre und merke, dass es zu früher Stunde immer noch recht kühl ist. Gott sei Dank hat der Radiosprecher für die kommende Woche ein wärmeres Klima angekündigt. 
07.30 Uhr Nachdem ich meine eingeschlafenen Muskeln ordentlich gestählt habe, entspanne ich mich bei einem Vollbad und lausche dem Nachrichtenprogramm aus meiner weissblauen Heimat. Neben den üblichen Schreckensmeldungen aus der Welt der Politik erfahre ich ausserdem, dass sich der ehemalige FDP-Spitzenpolitiker Wolfgang Gerhard ganz unerwartet aus der Versenkung zurück gemeldet hat. Der gute Mann legte anlässlich des Dreikönigtreffens seiner Partei einen eigenen Politikentwurf vor und forderte die Verantwortlichen unmissverständlich auf, ihre Strategien zu überdenken und mehr auf die Wünsche der Wähler einzugehen. Gerhard stört es im Wesentlichen, dass die FDP derzeit zu kühl und zu oberflächlich sei und deswegen in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen werde. Obwohl permanent neue Strategiepapiere erarbeitet und veröffentlicht würden, können sich die Bürger kaum mit den Ideen identifizieren und ziehen es vor, den Parolen anderer Parteien zu folgen. "Das Deutschlandprogramm der Partei ist gut und wichtig" sagte Gerhard im Gespräch mit der Zeitung "Welt" und fügte an, dass die "FPD nur Wahlen gewinnen könne, wenn sie den Menschen auch ihre innere Philosophie näher bringe" - das sehe ich ganz genauso. Der Finanzexperte ging sogar noch weiter und erläuterte, dass er mit seinem Pamphlet "Für Freiheit und Fairness" ein Politikangebot aus Marktwirtschaft, Bildung, Aussenpolitik und Bürgerrechte liefern möchte, das es den Bürgern ermöglicht, wieder Freude an der Politik zu haben - wie schön. Ferner sprach der Gute die einseitig verteilten Aufgaben innerhalb der FDP an und wies darauf hin, dass die Partei nur Erfolg haben kann, wenn die Aussendarstellung wie früher auf mehreren Schultern verteilt wird. HEUREKA - Herr Gerhard spricht mir wirklich aus der Seele. Obwohl ich die FDP-Führung sehr schätze und mit der Arbeit von Guido Westerwelle auf einer Linie liege, bin ich doch der Meinung, dass Schlafmützen wie die stellvertretenden Vorsitzenden Rainer Brüderle und Cornelia Pieper schnellstens in die zweite Reihe zurücktreten und sympathischeren Funktionären die Tagesgeschäfte überlassen sollten. 
08.30 Uhr Ich beende das Badevergnügen und trete vor den Spiegel, um mich für die anstehenden Aufgaben in Schale zu werfen. Da ich heute zum Einkaufen fahren muss, schlüpfe ich in bequeme Wohlfühltschiens von WRANGLER sowie ein neues Polohemd mit lustigem Krokodilaufdruck. Anschliessend nehme ich entspannt am Frühstückstisch platz und führe mir ein kleines Mahl bestehend aus gerösteten Weissbrotscheiben (unlöblich: Toast), Rühreiern mit Speckstreifen sowie delikater Erdbeermarmelade zu Gemüte. Währenddessen fröne ich dem Radioprogramm von Katze Land (unlöblich: Cat Country) und höre, dass der 12jährige Aidan Murray Medley in der Bucht von Palm Beach, etwa 60 Meilen nördlich von Miami, einen 250 Kilogramm schweren Stierhai fangen konnte. Der jugendliche Freizeitfischer staunte nach einem 20minütigen Kampf nicht schlecht, als er plötzlich einen so grossen Fisch an der Angel hatte. Auf Anfrage teilte der Bube den versammelten Pressevertretern mit, dass er den Flossenträger nun ausstopfen und an die Wand hängen werde - das ist ja allerhand. Im weiteren Verlauf der informativen Radioreportage lerne ich zudem, dass besagte Fischgattung dem Menschen sehr gefährlich werden und sogar im Süsswasser bzw. in seichten Gewässern überleben kann – wie aufregend. 
09.00 Uhr Um nicht den ganzen Vormittag mit Radiohören zu vertrödeln, mache ich mich nach dem wichtigsten Mahl des Tages auf den Weg und kruse gemächlich davon. Während der kurzweiligen Fahrt zum Golden Gate Parkway drehe ich das Fenster herunter und lasse mir zu den Klängen von Dolly Partons "9 to 5" (löblich: 9 bis 5) die Meeresbrise durch die Haare wehen - da kommt Freude auf.
09.30 Uhr Nachdem ich den PS-strotzenden JEEP Patriot sicher vor dem Haupteingang des WINN DIXIE geparkt habe, schnappe ich mir einen Einkaufswagen und spaziere durch den redlichst klimatisierten Markt, um Kartoffelchips, Nusskuchen, Boneless Chicken Breast (löblich: knochenlose Hühnerbrust), Coca Cola im praktischen Zwölferpack, Langnudeln, Dole Salat, Apfelsaft, Küchenrolle von Bounty, Macaroni & Cheese (löblich: Makkaroni mit Käse), Bananen, Ravenwood Vinters Blend Weisswein, Peter Pan Peanut Butter (löblich: Peter Pan Erdnussbutter), Eier, Pfirsiche, Hamburger-Semmeln, Kartoffelstäbe, Spam Dosenfleisch, Catfish Fillets (löblich: Filets vom Katzenfisch), vitaminreiche Schokolade, Salami aus dem sonnigen Italien, SNICKERS, Old Spice Body Wash (löblich: Altes Gewürz Körper Wäsche), Essiggurken im Glas, würzigen Provolone Cheese (löblich: Provolone Käse), Schuhkreme, Frischkäse, Wassermelone, HEINZ Ketschup, Honig, Thunfisch in der Dose, Tomaten, Parmesan, Zahnpasta, Fertigpizzas sowie 3 Paar Kniestrümpfe zum sensationellen Preis von nur 2,69 DOLLARS einzukaufen. 
10.00 Uhr Da die löbliche Kultur auch während des Urlaubs nicht zu kurz kommen darf, besuche ich zum Abschluss die hervorragend sortierte Elektronikabteilung und entscheide mich spontan für die Neuerscheinung der amerikanischen Musikcombo "The Eagles" (löblich: Die Adler) namens "Road to Eden" (löblich: Strasse nach Eden) – wie schön. 
10.30 Uhr Da man in den amerikanischen Supermärkten nur auf eine spärliche Auswahl an alkoholischen Getränken zurückgreifen kann, kehre ich nach dem Bezahlvorgang mit schnellen Schritten zum Fahrzeug zurück und entschliesse mich, "Bob's Liquor Shop" in der Nachbarschaft mit einem Besuch zu beglücken. Nachdem ich die schweren Einkaufstüten bei subtropischen Temperaturen auf dem Rücksitz verstaut habe, drücke ich ordentlich aufs Gaspedal und überquere die Strasse mit quietschenden Reifen. Als ich den Laden betrete, freut sich Herr Bob sehr und erzählt, dass heute Morgen eine Erdinger Weissbier Lieferung eingetroffen ist - das trifft sich gut. Bei dieser Gelegenheit entscheide ich mich für Budweiser Biere, köstliches Weissbier sowie eine Flasche Southern Comfort (löblich: Südlicher Komfort) - man gönnt sich ja sonst nichts. 
11.15 Uhr Völlig ausser Atem treffe ich endlich wieder im Ferienhaus ein und schleppe die Einkäufe in die Küche. Da ein kleine Verschnaufpause nach dem nervenaufreibenden Vormittag nicht schaden kann, nehme ich biertrinkend am Schwimmbecken platz und lasse die Seele baumeln. Während mich die Sonne redlichst anstrahlt, mache ich mir meine eigenen Gedanken und kann immer noch nicht glauben, dass ich mich tatsächlich im Sonnenscheinstaat unter Palmen befinden. Wenn ich an die vielen Rentner im nebligen und kalten Bayern denke, muss ich herzlich lachen. Da mir meine Freunde in der weissblauen Heimat jedoch sehr am Herzen liegen, greife ich zum Telefon und lasse es mir nicht nehmen, bei Prof. Edelbert Kuhn im Haselnussweg anzurufen. Der gute Mann meldet sich bereits nach dem zweiten Klingeln und erzählt, dass er gerade von seinem Nachmittagsspaziergang zurückgekehrt ist und sich nun auf einen entspannten Fernsehabend freut - wie schön. Ausserdem höre ich, dass Admiral a.D. Bürstenbinder die erste Hürde seiner Parteigründung genommen hat und während der letzten Woche insgesamt 200 Unterstützerunterschriften im Rathaus sammeln konnte - wie aufregend. Der Professor berichtet weiter, dass unser gemeinsamer Bekannter am Sonntag im "Wilden Esel" zu seinem Wahlkampfauftakt einlädt und über den Rentenraub der Schwarz-Roten Regierung und die stetig wachsende Jugendkriminalität referieren wird - wo soll das nur hinführen mit dieser Welt. Um mich nicht noch mehr ärgern zu müssen, wünsche ich Edelbert viel Freude bei seinem Fernsehabend und beende das Telefonat. 
11.45 Uhr Da ich auf meine schlanke Linie achten muss, verzichte ich heute auf ein reichhaltiges Mittagessen und begnüge mich stattdessen mit einem mit Salami, Gurken und Käse belegten Langbrot und einem Glas Coca Cola ZERO (unlöblich: Null) - das schmeckt. 
12.15 Uhr Nach diesem anstrengenden Vormittag ist ein kleiner Mittagsschlaf genau das richtige. Ich nehme gähnend im auf 68°F klimatisierten Wohnzimmer platz und schliesse die Augen. Schon wenig später finde ich mich im Reich der Träume wieder und spaziere durch die weltbekannte Musikstadt Nashville - das waren noch bessere Zeiten. 
13.30 Uhr Just als ich mich am Cumberland Fluss stehen sehe, wird mein Nickerchen durch lautes und sehr aggressives Telefonklingeln gestört - wie unlöblich. Misstrauisch nehme ich das Gespräch entgegen und habe Herrn Wang in der Muschel. Der gute Mann kommt umgehend auf den Grund seines Anrufs zu sprechen und bittet mich, ausnahmsweise in sein Hotel zu kommen und ihm bei der Arbeit zur Hand zu gehen. Selbstverständlich sage ich prompt zu und erkläre meinem Bekannten, dass ich mich gleich auf den Weg machen und in zirka 30 Minuten im "Old Town Hotel" (löblich: alte Stadt Hotel) eintreffen werde. Nachdem ich meine Haare mit neumodischem Gel gesteilt habe, besteige ich den JEEP und rase in einer halsbrecherischen Hochgeschwindigkeitsfahrt in Richtung Innenstadt davon. 
14.00 Uhr Mit quietschenden Reifen treffe ich vor der Herberge ein und kann meinen Wagen auf dem letzten freien Parkplatz abstellen. Als ich den Empfangsraum betrete und meinen Nachbarn zur Rede stelle, rauft sich Herr Wang die Haare und informiert mich, dass er in den kommenden Tagen einer 14köpfigen Hochzeitsgesellschaft ein Heim geben wird und zu allem Überfluss von der Putzfrau in Stich gelassen wurde - wie furchtbar. Trotz allem klatsche ich aufmunternd in die Hände und gebe zu Protokoll, dass wir mit vereinten Kräften das Schiff schon schaukeln werden. Mein Bekannter nickt eifrig und schlägt vor, dass ich die Rezeption übernehmen könnte, während er mit Carol die Zimmer auf Vordermann bringt. HEUREKA – auf jedem Schiff, das dampft und segelt, gibt’s einen, der die Sache regelt – und das bin ab jetzt ich. 
14.30 Uhr Als ich gemütlich am hoteleigenen Heimrechner sitze und mir die Zeit mit Internetzstehsegeln (unlöblich: Internetsurfen) vertreibe, kommen plötzlich zwei grimmig dreinblickende alte Schachteln (81, 84) aus Baton Rouge, LA herein und erkundigen sich nach einem Doppelzimmer für kleines Geld. HEUREKA - da wir bekanntlich ausgebucht sind, zeige ich den Damen laut lachend den Vogel und fordere sie unmissverständlich auf, wieder nach Hause zu fahren oder es im Holiday Inn zu versuchen - wo kämen wir denn da hin. 
14.45 Uhr Nachdem die zwei nörgelnd das Weite gesucht haben, brühe ich mir eine Tasse Kaffee auf und kümmere mich nebenbei um die wichtige Anschnurarbeit. Gekonnt segle ich auf meine löbliche Heimseite und finde im elektronischen Postfach eine ganze Reihe Schreiben besorgter Heimseitenbesucher vor. Obwohl ich eigentlich wichtigeres zu tun habe, beantworte ich den Brief eines 41jährigen Familienvaters und rate dem Mann, seiner Tochter Jessica (15) das Taschengeld zu streichen. Immerhin kann es nicht sein, dass das Kind heimlich Zigaretten raucht und sich mit gleichaltrigen Buben in einer Schnellessgaststätte trifft. Ferner werfe ich auch noch einen Blick in mein beliebtes Gästebuch und überfliege die neuesten Nachrichten - wie aufregend. 
15.30 Uhr Als ich die Arbeit beende und laut gähnend auf meine wertvolle ROLEX schaue, kommt Herr Wang ins Büro gestürmt und teilt mir mit, dass er die viele Arbeit gar nicht mehr aushält. Bevor der Gute die Minibars mit Getränken und Süssigkeiten bestückt, genehmigen wir uns zwei kühle Biere auf der Veranda und plaudern nebenbei über Dies und Das. Herr Wang kommt erneut auf die anstehende Hochzeitsfeier zu sprechen und berichtet, dass die Gäste am Abend ihre Zimmer beziehen und danach in der benachbarten Musikkneipe "Oxbow Hall" (löblich: Ochsenbogen Halle) ordentlich abfeiern werden - wie unlöblich. Mein Bekannter erzählt weiter, dass die Leute extra aus Wisconsin anreisen, um das warme Klima im Sonnenscheinstaat zu geniessen und die Trauung auf einem Schiff auf offener See abzuhalten - das ist ja kaum zu glauben. 
16.00 Uhr Nachdem wir die Flaschen geleert haben, begleite ich Herrn Wang in Zimmer Nummer 4 und werde Zeuge, wie er mit einem Staublappen über die Möbel fährt und die Minibar mit einer Flasche Crystal Champagner und kleinen Schnapsfläschchen sowie Süssigkeiten aufstockt. Auf Anfrage erfahre ich, dass die frisch vermählten Eheleute in diesem Raum nächtigen werden und sich wie zu Hause fühlen sollen - wie schön. 
16.30 Uhr Da Herr Wang mit den weiteren Arbeiten auch alleine zurecht kommt, ziehe ich mich gelangweilt an die Rezeption zurück und beobachte durch die Glasfassade das Treiben auf der Strasse. Unter anderem werde ich Zeuge, wie sich ein betagter Herr in Gesellschaft zweier aufreizend gekleideter Mädchen eine Kapitänsmütze aufsetzt und mit den Damen zum Hafen schlendert - wie unlöblich. In diesem Zusammenhang fällt mir ein, dass ich morgen Vormittag mit Herrn Wongler den Golf von Mexiko erkunden werde - darauf freue ich mich jetzt schon. 
17.15 Uhr Nach weiteren fünfundvierzig Minuten hat Herr Wang endlich alles erledigt und bedankt sich noch einmal recht herzlich für meine Mitarbeit. Da mir in der Zwischenzeit der Magen knurrt, entschliesse ich mich, die Heimfahrt anzutreten und zu Hause ein kleines Abendessen zu verzehren. Mit einem lustigen Lied auf den Lippen kehre ich zum JEEP zurück und kruse entspannt in Richtung Osten davon. 
17.45 Uhr Als sich langsam die Dunkelheit über Naples senkt, treffe ich im Ferienhaus ein und mache mich daran, die Pfanne aus dem Küchenschrank zu holen und eine saubere Portion Katzenfisch in delikater Tomatensosse zuzubereiten. Ferner zaubere ich einen bunten, aber keuschen Gartensalat mit Thousand Island Dressing (löblich: Tausend Insel Sauce) und lustigen Zwiebelringen - schon beim Anblick dieser Speisen läuft einem Wasser im Munde zusammen. 
18.15 Uhr Während ich kraftvoll zubeisse und ein vitaminreiches Budweiser trinke, blättere ich in der Fernsehzeitung und lese, dass zur besten Sendezeit auf dem Programm von "ENCR" mit "A Fish called Wanda" (löblich: Ein Fisch namens Wanda) einer meiner Lieblingsfilme ausgestrahlt wird - wie aufregend. Um diesen Streifen nicht zu verpassen, schaufle ich das schmackhafte Abendessen schnell in mich hinein und sorge zu guter Letzt in der Küche für Sauberkeit und Ordnung. Danach befülle ich eine weisse Porzellanschüssel mit lustigen Kartoffelchips und nehme southerncomforttrinkend vor dem modernen ZENITH Flachbildschirm im Wohnzimmer platz. 
19.00 Uhr Nach den informativen Nachrichten auf CNN drücke ich mich weiter durchs Programm und verweile letztendlich auf "ENCR", um mir den stimmungsvollen Welterfolg des englischen Filmemachers Charles Crichton anzuschauen. Laut lachend folge ich der lustigen Geschichte eines Gaunerquartetts, das sich gegenseitig misstraut und die verrücktesten Sachen anstellt. Nach einem gelungenen Juwelenraub wird einer der Gangster an die Polizei verraten und schafft es gerade noch, die wertvollen Steine in einem geheimen Schliessfach zu hinterlegen und den Schlüssel in einem Aquarium zu verstecken - da kommt Freude auf. 
21.15 Uhr Knapp zwei Stunden später schafft es die kesse Wanda endlich, die Beute an sich zu bringen und mit dem Anwalt Archie nach Rio zu flüchten - wie aufregend. Laut gähnend beende ich den unterhaltsamen Fernsehabend und gehe zufrieden ins Bett, um noch etwas Radio zu hören. Gute Nacht.

 

verfasst von Reinhard Pfaffenberg am 11.01.2008
© Reinhard Pfaffenberg