28.12.2007
07.00 Uhr Mein leistungsstarker Weltempfänger läutet den
viertletzten Tag des Jahres 2007 ein - wie schnell die Zeit doch vergeht. Da ich
heute mit meinem Bruder einen Ausflug zu einer gemieteten Blockhütte an den
Lake Simcoe machen werden, hüpfe ich voller Vorfreude aus den Federn und
beginne den Tag mit der wichtigen Morgengymnastik am geöffneten Fenster -
Morgenstund' hat bekanntlich Gold im Mund.
07.30 Uhr Nachdem ich meine müden Muskeln gestählt habe, renne ich badebemäntelt
ins Schlafzimmer meiner Verwandten und erkundige mich, wann wir endlich
aufbrechen. Georg blickt skeptisch auf seine Armbanduhr und sagt, dass wir uns
zuerst ein schmackhaftes Frühstück leisten und gegen 10 Uhr losfahren sollten
- das kann mir nur Recht sein. Da noch etwas Zeit bleibt, kehre ich ruckzuck ins
Gästezimmer zurück und entspanne mich bei einem Wirbelbad mit Schaum - das tut
richtig gut. Während ich mich wasche und rasiere, lausche ich einer
informativen Kurzwellensendung des bayerischen Rundfunks und lerne, dass in der
Nacht zum vergangenen Freitag die Grenzen zu mehreren süd- und osteuropäischen
Staaten gefallen sind. Das Bundesinnenministerium veröffentlichte in diesem
Zusammenhang eine Statistik und stellte unmissverständlich klar, dass von
besagten Staaten derzeit keine steigende Migration in die Bundesrepublik zu befürchten
sei. Stattdessen kam das Ministerium zu dem erschreckenden Ergebnis, dass die Übergänge
zu Österreich, Frankreich, den Niederlanden und Belgien viel häufiger für
illegale Übertritte missbraucht werden. Um dieser Entwicklung entschieden
entgegen zu wirken, hat die Bundespolizei bereits Ende des vergangenen Jahres
einen Grossteil ihre Einsatzkräfte an die ehemaligen französischen Grenze
verlegt und dafür Sorge getragen, mit mobilen Kommandos die Autobahnen sowie
die "grüne Grenze" zu schützen. Die Gewerkschaft der Polizei
kritisierte aus diesem Grund den am 21. Dezember vollzogenen Wegfall der
Kontrollen im Osten und wies darauf hin, dass Schmuggler und Schleuserbanden nun
nach Polen ausweichen könnten - wie furchtbar. Da die Polizei im Vergleich zu
den Nachbarländern über sehr wenig ausgebildete Ordnungshüter verfügt, kann
man davon ausgehen, dass Deutschland schon bald von noch mehr Prostituierten und
Schwarzarbeitern überflutet wird. Ein Sprecher der Polizeigewerkschaft ging in
einer Zwischenschau (unlöblich: Interview) mit der "Süddeutschen
Zeitung" noch weiter und gab zu Protokoll, dass es den Beamten wegen
veralteter Heimrechner ausserdem kaum möglich sei, auf das
"Schengen-Informationssystem" zuzugreifen und Verdächtige
polizeidienstlich zu erfassen - das ist wieder einmal typisch. HEUREKA -
angesichts dieser Schreckensmeldungen wäre es vielleicht doch besser, gar nicht
mehr in meine weissblaue Heimat zurückzukehren, sondern in Kanada zu bleiben.
08.30 Uhr Nachdenklich steige ich aus der Wirbelbadewanne und schlüpfe in
meinen Schneeanzug sowie die Mondstiefel.
Danach eile ich mit schnellen Schritten nach unten und nehme entspannt neben
meiner Familie im Esszimmer platz. Während ich mir eine geröstete
Weissbrotscheibe (unlöblich: Toast) auf den Teller lege, mustert mich mein Neffe
ganz genau und vermutet, dass ich heute den Yeti fangen werde - wo soll das noch
hinführen. Mit erhobenem Zeigefinger weise ich den Buben darauf hin, dass ich
heute mit Georg in die Wildnis fahren und die Nacht in einer verschneiten Blockhütte
verbringen werde. Mein Bruder stimmt eifrig zu und sagt, dass wir uns die Zeit
in der Abgeschiedenheit der kanadischen Wälder mit Spaziergängen und
Eisstockschiessen vertreiben werden - das wird ein Spass. Bevor wir uns auf die
Fahrt nach Norden begeben, greife ich ordentlich zu und geniesse das letzte Frühstück
in vollen Zügen. Währenddessen werfe ich prüfende Blicke in den "Toronto
Star" (löblich: Toronto Stern) und bringe in Erfahrung, dass bei einem
heftigen Schneesturm mindestens vier Menschen ums Leben gekommen sind - wie
schrecklich. Als ich das Blatt an Maria weiterreiche und daran erinnere, dass
unser Ausflug bestimmt kein Zuckerschlecken wird, schüttelt die Gute
entschieden den Kopf und weist mich darauf hin, dass die verheerenden Stürme
lediglich die Provinz New Brunswick im Nordosten heimgesucht haben - wie
beruhigend.
09.15 Uhr Nun wird es aber langsam Zeit. Nachdem wir das wichtigste Mahl des
Tages beendet haben, kehre ich auf mein Zimmer zurück und befülle meine Delsey
Reisetasche mit warmen Kniestrümpfen, Schwarzbeere (unlöblich: Blackberry),
langer Unterwäsche, Taschenmesser, Cowboystiefel, zwei Pullover sowie einer
WRANGLER Tschiens. Just als ich den Reisverschluss zuziehe, nimmt mich mein
Bruder zur Seite und fordert mich flüsternd auf, dass ich auf alle Fälle
meinen Smoking mit einpacken sollte - wie merkwürdig. Als ich genauer
nachfragt, schiebt mich der Gute ins Zimmer zurück und sagt, dass ich seinen
Ratschlag einfach befolgen und keine Fragen stellen sollte - das wird ja immer
schöner.
09.30 Uhr Nachdem wir unser Gepäck in den Lincoln verfrachtet und uns händeschüttelnd
von den anderen verabschiedet haben, kann die Reise auch schon losgehen. Georg
legt beste Laune an den Tag und lässt es sich nicht nehmen, laut hupend von der
Einfahrt zu preschen und mit durchdrehenden Reifen auf die Stadtautobahn 407
aufzufahren. Während Garth Brooks nagelneuer Superschlag "More than a
Memory" (löblich: Mehr als eine Erinnerung) im Radio läuft, biegt Georg
gen Norden ab und erklärt, dass lediglich eine kurze Autofahrt von nicht einmal
zwei Stunden vor uns liegt.
10.15 Uhr Da es nach der Stadtgrenze immer nebliger wird, erbete ich mir weiterführende
Informationen und frage ganz genau nach, wo wir die nächsten Tage verbringen
werden. Georg antwortet achselzuckend, dass wir wie verabredet die Nacht in
einer abgelegenen Waldhütte verbringen werden - das wird bei -8°C bestimmt
lustig. Als ich auf das Mittag- bzw. Abendessen zu sprechen komme, zuckt mein
Bruder gelangweilt mit den Schultern und munkelt, dass wir uns selbst um die
Lebensmittel kümmern müssen und am Nachmittag auf die Jagd gehen werden.
HEUREKA - wenn ich das vorher gewusst hätte, wäre ich besser zu Hause
geblieben.
11.00 Uhr Als wir nach neunzig Minuten endlich Orillia am Lake Simcoe erreichen,
versorgt mich Georg mit wissenswerten Fakten und sagt, dass das Städtchen
30.000 Einwohner zählt und von den Bürgern liebevoll als "The Sunshine
City" (löblich: Die Sonnenscheinstadt) bezeichnet wird. Da dicke
Schneeflocken vom Himmel fallen, lege ich meine Stirn und Falten und erwidere,
dass mir die Bezeichnung "The Snowman City" (löblich: Die Schneemann
Stadt) angemessener erscheint. Mein Bruder kommt aus dem Lachen gar nicht mehr
heraus und fordert mich unmissverständlich auf, den Kopf nicht in den Sand zu
stecken, sondern mich auf zwei wunderschöne Tage zu freuen - papperlapapp.
11.15 Uhr Just als wir eine vereiste Brücke überqueren, werde ich plötzlich
auf ein beleuchtetes Werbeschild mit der Aufschrift "CASINO
RAMA ORILLIA" aufmerksam. Laut seufzend verweise ich meinen Bruder auf
besagte Vier-Sterne-Luxusherberge und stelle klar, dass sich die Hotelgäste
bestimmt gerade beim Roulette entspannen oder sich schmackhafte Mittagessen
schmecken lassen.
11.30 Uhr Kurze Zeit später fährt mein Bruder auf den Parkplatz des besagten
Spielerparadieses auf und behauptet, dass wir nun am Ziel sind und zwei
Luxuszimmer beziehen können - wie aufregend. Mein Begleiter klopft sich lachend
auf die Schenkel und sagt, dass er diesen Ausflug schon vor Wochen geplant und
die Geschichte mit der Blockhütte nur als Vorwand genommen hat, um Maria nicht
zu beunruhigen - das ist wieder einmal typisch. Gutgelaunt parken wir unser
PS-strotzendes Gefährt vor dem Gebäude und finden uns wenig später in der
eindrucksvollen Lobby des Kasinos wieder. Während mein Bruder an die Rezeption
schlendert und sich um die Zimmerschlüssel bemüht, erfahre ich anhand einer
goldenen Informationstafel, dass wir uns hier gar nicht mehr auf kanadischen
Boden, sondern auf dem Gebiet der Chippewas und Rama Mnjikaning Indianer
befinden. Da diese ethnische Minderheit schon vor vielen Tausenden Jahren am
Lake Simicoe heimisch war, entschloss sich der Bundesstaat Ontario, den
Ureinwohner ein 10 km² grosses Gebiet am See zu schenken und ein Kasino der
Extraklasse entstehen zu lassen - das ist wirklich phantastisch. Ferner lese
ich, dass das Spielerparadies vor 11 Jahren eröffnet wurde und neben 300
Luxuszimmern, 2.300 Geldspielautomaten, 120 Spieltischen, 9 Gaststätten und
mehreren einladenden Bars auch noch eine 5.000 Zuschauer fassende Konzerthalle
beheimatet - das ist wirklich super trouper.
12.00 Uhr Pünktlich zur Mittagszeit führt uns ein freundlicher Mitarbeiter des
"Casino Rama" zu unseren Zimmern im vierten Stock und wünscht uns
einen angenehmen Aufenthalt - das lasse ich mir natürlich nicht zweimal sagen.
Beeindruckt betrete ich meine Juniorsuite und stelle anerkennend fest, dass
Georgs Wohnbereich durch eine Zwischentür zu erreichen ist. Als ich meine
Reisetasche abstelle und mich auf das bequeme Wasserbett fallen lasse,
fordert mich mein Bruder auf, den Schneeanzug gegen den Smoking auszutauschen
und mich in Schale zu werfen. Bevor ich dieser Bitte nachkomme, horche ich Georg
ganz genau aus und erfahre, dass er zwei bis drei Mal im Jahr dieses Casino
besucht und sich mit Geschäftsfreunden dem Poker- sowie dem Roulettspiel
hingibt - wie unlöblich.
12.30 Uhr Nachdem ich mir meine Fliege umgebunden und mich mit dem RP
Duft "Lob" eingesprüht habe, klopfe ich an Georgs Türe und gebe
ihm zu verstehen, dass wir uns jetzt ins Vergnügen stürzen können - wie
aufregend.
13.00 Uhr Bevor wir das Kasino betreten, kehren wir in ein Gasthaus namens
"The Weirs" (löblich: Die Wehre) ein und setzen uns an einen schönen
Fenstertisch mit Ausblick auf den vereisten See. Eine nette Kellnerin (25) lässt
nicht lange auf sich warten und kredenzt uns zuvorkommend zwei Gläser Wasser
sowie die Tageskarten. Da mir nach der langen Fahrt der Magen knurrt, ordere ich
zungeschnalzend ein "BBQ Pork Back Rib" (löblich: Gegrillte Schweinerückenrippe)
mit frischem Gemüse und Kartoffeln - schon jetzt läuft mir das Wasser im Munde
zusammen. Mein Bruder folgt meinem Beispiel ohne zu zögern und behauptet, dass
deftiges Schweinefleisch jetzt gerade Recht kommt. Dazu bestellen wir süffige
Labatt Blau Biere sowie zwei Gläschen Weinbrand aus dem renommierten Hause
Hennessy - man gönnt sich ja sonst nichts.
13.15 Uhr Während wir ungeduldig auf unsere wohlverdiente Mahlzeit warten, präsentiert
mir Georg plötzlich einen Haufen bunter Spielchips und kündigt an, dass wir
uns den Spass erlauben und das ganze Geld während der nächsten Tage auf den
Kopf hauen sollten - wie unlöblich. Zu allem Überfluss teilt mein Gegenüber
die Plastikstücke in zwei Hälften auf und animiert mich, einen Teil in die
eigene Tasche wandern zu lassen. Da sämtliche Widerworte nichts nutzen, komme
ich dem Angebot nach und spiele mit dem Gedanken, die Chips gleich nach dem
Essen in Banknoten umzutauschen - als Rentner ist man schliesslich auf jeden zusätzlichen
Dollar angewiesen.
13.45 Uhr Während wir kraftvoll zubeissen und dem stimmungsvollen Klavierspiel
eines betagten Alleinunterhalters folgen, rückt Georg mit der ganzen Wahrheit
heraus und erzählt, dass er im Jahre 1995 am Bau dieses Kasinos beteiligt war
und seitdem ab und zu herkommt, um die Sektkorken knallen zu lassen. Als ich auf
Maria zu sprechen komme, winkt mein Bruder schnell ab und sagt, dass seine Frau
von den Kasinobesuchen nichts erfahren darf. HEUREKA - ich bin mir ziemlich
sicher, dass meine Schwägerin diese Ausflüge unter keinen Umständen gut
heissen würde. Im weiteren Verlauf des Gesprächs meint Georg auch noch, dass
er ausgewählte Geschäftspartner immer wieder ins "Casino Rama" einlädt,
um hier einige Dollars springen zu lassen und Verträge zu unterzeichnen - wie
unlöblich.
14.30 Uhr Düdeldü - nachdem Georg die gesalzene Rechnung mit seiner
Firmenkreditkarte beglichen hat, spazieren wir durch das Gebäude und stossen im
Zentrum auf eine Halle aus purem Gold. Georg kennt sich bestens aus und erzählt,
dass man anhand der in der Decke eingelassenen Bildschirme die
Entstehungsgeschichte der Chippewas und Rama Mnjikaning Indianer verfolgen und
einiges über deren Kultur erfahren kann - wie aufregend.
15.00 Uhr Kurze Zeit später treffen wir in der Spielhalle ein und werden
Zeugen, wie Hunderte Menschen ihr Glück herausfordern und am laufenden Band
funkelnde Münzen in die Schlitzmaschinen (unlöblich: Slot Machines) werfen. Da
wir über eine stattliche Anzahl an Spielchips verfügen, ziehen wir es vor, an
einen Rouletttisch zu treten und bei einem Kellner zwei Biere in Auftrag zu
geben. Als die Getränke nach wenigen Augenblicken serviert werden, schnippe
einen roten Jeton auf meine Lieblingszahl "7" und fordere den
Spielleiter unmissverständlich auf, den Roulettkessel in Betrieb zu nehmen.
Leider ist mir Fortuna gar nicht gnädig und lässt die Kugel auf die
"31" rollen - wie schade. Als ich schon wieder aufstehen möchte, hält
mich Georg zurück und sagt, dass ich nicht auf einzelne Zahlen, sondern auf
Zahlenkombinationen setzen sollte. Um mir einen Einblick in das Spiel zu gewähren,
setzt mein Bruder einen gelben Spielstein auf "MANQUE" und behauptet,
dass er nun sämtliche Zahlen zwischen 1 und 18 besetzt hält - wie schön. Zu
allem Überfluss rollt die Kugel diesmal wirklich auf die "7" und
beschert dem guten Mann einen stattlichen Gewinn in Höhe von 600 DOLLARS - wie
aufregend.
15.30 Uhr Nach einigen Minuten habe ich den Dreh heraus und schaffe es, meine
Spielchips redlichst zu vermehren. Georg kann es kaum glauben und behauptet,
dass ich ein Naturtalent sein muss. Als sich eine zigaretterauchende Blondine
(36) zu uns an den Tisch gesellt und mit funkelnden Augen auf meinen stattlichen
Gewinn späht, spiele ich einen "Plein" aus und wette auf 7, 8 und 9.
Zu meiner Überraschung rollt die Spielkugel erneut auf die "7" und
beschert mir den 11-fachen Einsatz - wie aufregend. Obwohl mich Georg wild
gestikulierend auffordert, noch mehr Jetons zu setzen, winde ich mich gekonnt
aus der Verantwortung und gebe vor, dass man das Glück nicht überstrapazieren
sollte. Mit einem Gewinn von fast 5.000 DOLLARS erhebe ich mich vom Spieltisch
und kehre ruckzuck auf mein Zimmer zurück, um mir ein kleines Nickerchen zu gönnen
- immerhin bin ich nicht mehr der Jüngste.
16.30 Uhr Nachdem ich mich mit meinem Bruder für 19 Uhr zum gemeinsamen
Abendessen verabredet habe, falle ich laut gähnend aufs Bett und strecke die Füsse
aus. Wenig später finde ich mich im Reich der Träume wieder und sehe mich am
azurblauen Golf von
Mexiko stehen - wie schön.
17.30 Uhr Leider wird mein Müssiggang bald durch unüberhörbares
Telefonklingeln gestört. Missgelaunt nehme ich meine nagelneue Schwarzbeere
(unlöblich: Blackberry) zur Hand und freue mich sehr, als sich Maria in der
Muschel meldet. Um nichts zu verraten, klage ich der guten Frau mein Leid und
erzähle, dass wir zur Mittagszeit in der einsamen Hütte eingetroffen sind und
mittlerweile verdörrte Blaubeeren im tiefen Wald gesammelt haben. Meine Schwägerin
bricht in lautes Gelächter aus und sagt, dass sie Bescheid weiss und sich
ziemlich sicher ist, dass wir uns im "Casino Rama" aufhalten - wie unlöblich.
Als ich genauer nachfrage, behauptet meine Schwägerin seufzend, dass Georg im
Schwindeln kein Meister ist und ihr kaum etwas vormachen kann. Ferner höre ich,
dass die Gute schon seit einigen Jahren über die wirklichen Hintergründe der
ominösen Wochenendausflüge informiert ist. Trotz allem meint die gute Frau,
dass sie Georg diesen Spass von Herzen gönnt und ihm keine Steine in den Weg
legt. Zu guter Letzt bittet mich meine Schwägerin eindringlich, unser kleines
Geheimnis für mich zu behalten und Georg nichts zu verraten - das ist natürlich
selbstverständlich.
18.00 Uhr Als ich die Verbindungstüre zu Georgs Suite öffne und nach dem
Rechten sehe, finde ich die Räumlichkeiten verlassen vor - wie seltsam. Da ich
die Zeit bis zum Abendessen nicht alleine im Zimmer verbringen will, schlüpfe
ich kurzerhand in mein Jacket und fahre mit dem Aufzug nach unten. Bereits nach
wenigen Augenblicken finde ich meinen Bruder an einem Bildschirm vor und bemerke
mit geschultem Auge, dass sich der Gute an der KENO Lotterie beteiligt. Da ich
dieses Spiel bereits aus Las Vegas kenne, steige ich kurzerhand mit ein und
tippe meine fünfzehn Lieblingszahlen (3,7, 17, 23, 27, 31, 37, 45, 47, 50, 57,
66, 67, 69, 77) in das elektronische Eingabegerät. Als kurz später die
Gewinnzahlen erscheinen, muss ich leider feststellen, dass ich nur 3 Ziffern
richtig vorhergesagt und damit den Einsatz über 20 Dollars verloren habe - wie
unlöblich.
18.30 Uhr Nach weiteren erfolglosen Versuchen entschliessen wir uns, das Weite
zu suchen und in das "St. Germain Steakhouse" (löblich: Heiliger
Germain Schnitzelhaus) einzukehren. Ein gestriegelter Kellner im Anzug kommt
auch gleich daher und führt uns zu einem schönen Tisch im hinteren Teil des
Restaurants. Als wir platz genommen haben, überreicht uns der Heini die
Speisekarten und erzählt, dass das Lamm sehr zu empfehlen ist - papperlapapp.
Da ich ein kleines Lamm auf Bauer Bernds Hof persönlich kenne und auch schon
gestreichelt habe, winke ich schnell ab und entscheide mich stattdessen für
eine geröstete Hühnerbrust mit Waldpilzen (unlöblich: Wild Mushroom Crusted
Chicken Breast) und delikaten italienischen Bandnudeln. Mein Bruder ist sich gar
nicht sicher und ordert nach langem Hin und Her einen gegrillten Lachs aus dem
Atlantik (unlöblich: Grilled Atlantic Salmon) - wie schön.
19.15 Uhr Wir lassen uns die Spezialitäten redlichst munden und bedauern sehr,
dass der Ausflug ins renommierte "Casino Rama" bereits übermorgen zu
Ende gehen wird. Wenn es nach mir ginge, könnte ich noch zwei oder gar drei
Wochen in dieser Luxusherberge zubringen. Georg stimmt mir zungeschnalzend zu
und behauptet, dass das Leben wirklich schön sein kann - dieser Aussage kann
ich nichts hinzufügen.
19.45 Uhr Nachdem wir das Rotweinfläschchen geleert und noch zwei Schaumkaffees
verköstigt haben, lassen wir die Rechnung aufs Zimmer schreiben und geben
ein ordentliches Trinkgeld. Anschliessend verlassen wir in bester Laune das
einladende Lokal und spazieren ins Kasino, um uns lustigen Gewinnspielen zu
widmen - da kommt Freude auf.
20.15 Uhr Da es hier ganz im Gegensatz zu Las Vegas oder Atlantic City unüblich
ist, um Kleingeld zu spielen, gesellen wir uns an einen "Black Jack"
(löblich: Schwarzer Jakob) Tisch und fordern den Cardholder (löblich:
Kartenhalter) zu einem kleinen Spielchen heraus. Wir verfrachten mehrere Jetons
in die Mitte der Spielfläche und geben dem Mann augenzwinkernd zu verstehen,
dass er zwei Karten ausspielen und uns die "21" bescheren soll -
leider ohne Erfolg.
21.00 Uhr Whiskeyschlürfend laufen wir weiter durchs Getümmel der vielen
Menschen und stossen plötzlich auf einen Spielautomaten, den man mit 1.000
DOLLAR Chips füttern kann - das ist ja allerhand. Georg tippt demonstrativ auf
seine Stirn und sagt, dass er niemals so viel Geld in den Schlitz dieser
Maschine stecken würde - wie wahr.
22.00 Uhr Nach einer weiteren Roulettpartie und schmackhaften Langgetränken
(unlöblich: Longdrinks) an der Bar, kehren wir müde auf unsere Zimmer zurück
und verabreden uns für morgen zu einem gemeinsamen Frühstück. Nachdem ich
meinem Bruder eine entspannte Nachruhe gewünscht habe, genehmige ich mir eine
heisse Dusche und gehe zum Abschluss des Tages mit Georgs Laptop an die Leine
(unlöblich: online). Neugierig besuche ich meine löbliche Heimseite und finde
im elektronischen
Postkasten unzählige Schreiben besorgter Heimseitenbesucher vor. Da ich
mich aber nicht um alles kümmern kann, klappe ich den mobilen Heimrechner für
heute zu und gehe dann ins Bett. Gute Nacht.
Ich spiele Schwarzer Jakob - da kommt Freude auf:
verfasst
von Reinhard Pfaffenberg am 28.12.2007
©
Reinhard Pfaffenberg |
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