Reinhard Pfaffenbergs löbliches Tagebuch Archiv

 

 

12.01.2008

07.00 Uhr Mein leistungsstarker Weltempfänger klingelt und reisst mich unsanft aus einem schönen Traum - wie unlöblich. Da Morgenstund' bekanntlich Gold im Mund hat, springe ich umgehend aus den Federn und absolviere die wichtige Morgengymnastik an der frischen Luft - wer rastet der rostet. Während ich meine eingeschlafenen Muskeln mit dem Hampelmann stähle, fällt mein Blick auf einen ekelerregenden Ajajavogel, der im Dickicht der Gartenbepflanzung herumpickt. Selbstverständlich klatsche ich sofort in die Hände und sorge dafür, dass sich der Flügelträger schreiend in die Lüfte erhebt und das Weite sucht. 
07.30 Uhr Auch heute darf ein heisses Wirbelbad mit Schaum nicht fehlen. Während ich mich ordentlich wasche und rasiere, lausche ich dem Radioprogramm des bayerischen Rundfunks und vernehme, wie die Moderatorin das öffentlich rechtliche Fernsehen über den Schellenkönig lobt. Ferner hebt das dumme Huhn den ARD "Scheibenwischer" in den Olymp und kündigt grossspurig an, dass die neueste Ausgabe der sogenannten Satiresendung in einer Woche ausgestrahlt wird - das hat gerade noch gefehlt. Um mich nicht noch mehr ärgern zu müssen, drehe ich prompt am Frequenzrad und stelle meinen Lieblingslandmusiksender "WCKT CAT COUNTRY" (löblich: WCKT Katze Land) aus Fort Myers ein. Nebenbei mache ich mir meine eigenen Gedanken und komme schnell zu dem Schluss, dass das selbsternannte "Qualitätsprogramm" des öffentlich rechtlichen Fernsehens sehr zu wünschen übrig lässt. Anstatt den "Scheibenwischer" zu loben, sollte sich die unterbelichtete Radiosprecherin vor Augen führen, dass besagte Sendung weder lustig noch lehrreich ist. Bruno Jonas, Mathias Richling und Richard Rogler haben es sich zur Aufgabe gemacht, Feindbilder aus den 60er und 70er Jahre zu pflegen und mit dümmlichen Kommentaren gegen die Volksparteien, Amerika und die Globalisierung zu hetzen. Um Inhalte zu vermitteln, sprechen die betagten Herren die Probleme des "kleinen Mannes" an und vertreten die Meinung, dass „die da oben“ „denen da unten“ ganz übel mitspielen - wie lächerlich. Die Themen, die aktuell durch den Kakao gezogen werden, sind im Grunde immer noch die selben, die schon am Anfang des 20. Jahrhunderts von Fritz Grünbaum oder in den 1970er Jahren von Dieter Hildebrandt bedient wurden. Anstatt sich etwas neues einfallen zu lassen, reiten diese traurigen Amerikahasser immer weiter auf der „bösen“ CSU, dem bayerischen Ministerpräsidenten oder dem imaginären Ausländerhass in der Bevölkerung herum. Diese selbsternannten Kabarettisten wären gut beraten, sich am amerikanischen Fernsehformat "Saturday Night Live" (löblich: Samstag Nacht Direkt) ein Beispiel zu nehmen und von den genialen Auftritten eines Bill Murray, Mike Myers, Adam Sandler oder eines Andy Kaufman zu lernen. Ich bin jedenfalls nicht mehr bereit, eine monatliche GEZ-Zwangsgebühr in Höhe von 17,03 EUROS für ein solch unterirdisches Fernsehprogramm zu bezahlen. Vielleicht wäre es doch gescheiter, für immer in Florida zu bleiben und gar nicht mehr nach Deutschland zurückzukehren.
08.30 Uhr Stinksauer beende ich das Badevergnügen und kleide mich ordentlich an. Da ich heute mit Herrn Wongler (77) in See stechen werde, schlüpfe ich in eine praktische Bermudahose, ein flottes Hawaiihemd mit lustigem Papageienaufdruck sowie bequeme Flip-Flops. Anschliessend bereite ich mir ein kleines Frühstück, bestehend aus gerösteten Weissbrotscheiben (unlöblich: Toast) mit delikater Erdnussbutter, Rühreiern mit Speck sowie einem Joghurt zu und nehme entspannt am Schwimmbecken platz. Während ich kraftvoll zubeisse und mich an den schmackhaften Lebensmitteln labe, blättere ich interessiert in der "Naples Daily News" (löblich: Naples tägliche Neuigkeiten) und lerne, dass in drei Tagen eine weitere Präsidentschaftsvorwahl in Michigan stattfindet - wie aufregend. Da in dem nordöstlich gelegenen US-Bundesstaat viele Farbige leben, kann man jetzt schon davon ausgehen, dass Hillary Clinton erneut an Boden verlieren und Barack Obama den Vortritt lassen wird - wie schön.
09.00 Uhr Nachdem ich die Küche auf Vordermann gebracht und die Spülmaschine knopfdrückend in Betrieb genommen haben, eile ich ruckzuck nach Draussen und erkenne mit geschultem Auge, dass Herr Wongler auch schon auf den Beinen ist und die Angelausrüstung in den Kofferraum seines Cadillacs verfrachtet. Als ich nach dem Rechten frage, sagt mein Nachbar, dass wir uns in dreissig Minuten auf den Weg zum Hafen machen sollten - wie aufregend. 
09.30 Uhr Düdeldü - ausgestattet mit zwei Flaschen Weissbier sowie mehreren Dosen Dr. Pepper Brause nehme ich auf dem Beifahrersitz des neuwertigen Cadillac DTS platz und bemerke, dass das Fahrzeug kaum älter als zwei Monate sein kann - das ist wirklich phantastisch. Um nicht noch mehr Zeit zu verlieren, drückt der gute Mann ordentlich auf die Tube und bringt uns in einer nervenaufreibenden Hochgeschwindigkeitsfahrt zur "Southpoint at Windstar Marina" (löblich: Südpunkt am Windstern Hafen) - da kommt Freude auf. 
10.00 Uhr Nachdem wir das auf Hochglanz polierte KFZ sicher auf dem Besucherparkplatz abgestellt haben, führt mich mein Begleiter stolz zu seinem Boot der Marke „Chris Craft“ und klärt mich darüber auf, dass er das 1985 gebaute Schiff vor fast zehn Jahren günstig erstanden hat und seitdem immer wieder erquickende Ausflüge aufs offene Meer unternimmt. Als ich mir weiterführende Informationen erbete, rückt Herr Wongler mit der ganzen Wahrheit heraus und erzählt, dass er im letzten Herbst sogar den Golf überquert und Corpus Christi im US-Bundesstaat Texas besucht hat - das ist ja kaum zu glauben. Der Seefahrer beruhigt mich jedoch redlichst und meint, dass wir heute lediglich einen Kurztrip an die Estero Bay unternehmen und uns die Mound Key Insel aus nächster Nähe ansehen werden. 
10.15 Uhr Mein Nachbar führt mich an Bord und sagt mit erhobenem Zeigefinger, dass ich mich während der  Hafenausfahrt ruhig verhalten und aus Sicherheitsgründen nicht zu nahe an die Reling treten sollte. Anschliessend löst mein Gastgeber gekonnt die Taue und steuert das Schiff mit seinen zwei Dieselmotoren durch die enge Gordon Bay aufs offene Meer hinaus. Selbstverständlich staune ich währenddessen nicht schlecht und komme unter anderem in den Genuss, einen hochseetauglichen Katamaran mit zwei Segeln bestaunen zu dürfen - wie schön. 
10.45 Uhr Nachdem wir einige Hundert Meter auf das offene Meer hinaus gefahren sind, nehmen wir bequem im klimatisierten Führerhaus platz und schippern gemütlich an der Küste in Richtung Norden entlang. Während ich eine Dose Dr. Pepper öffne und meine ausgetrocknete Kehle öle, kommt Herr Wongler plötzlich auf den Krieg zu sprechen und berichtet stolz, dass er als einer der letzten Soldaten anno 1972 Vietnam verlassen durfte - wie interessant. Wie nicht anders zu erwarten, bringt mein Nebenmann den ganzen Kriegsverlauf auf den Tisch und plappert davon, dass er als Mitglied der 101. Luftlandedivision im Jahre 1967 von Kentucky nach Asien verlegt wurde und an insgesamt sechs Feldzügen gegen den Vietkong teilnehmen musste. Im weiteren Verlauf des Gesprächs seufzt Herr Wongler laut und klagt, dass er in manchen Nächten immer noch schweissgebadet aufwacht und knatternde Maschinengewehrsalven im Ohr hat - wie furchtbar.
11.30 Uhr Nach knapp fünfundvierzig Minuten erreichen wir den Küstenabschnitt vor den Lovers Keys und nähern uns einer verlassenen Insel. Als ich zum Fernglas greife und das Biotop genauer betrachte, weist mich Herr Wongler darauf hin, dass auf der sagenumwobenen "Mound Insel" früher der Häuptling der Calusa Indianer lebte und dort ein spirituelles Zentrum betrieb. Der Gute geht noch weiter und sagt mit gedämpfter Stimme, dass sich um das Eiland unzählige Geistergeschichten ranken - davon will ich erst gar nichts wissen. Trotz meines Einspruchs erzählt Herr Wongler munter weiter und behauptet, dass die Bewohner von Bonita Springs besagte Insel meiden und glauben, dass längst verstorbene Indianer und Piraten am Strand Leuchtfeuer entzünden, um Schiffe vom Kurs abzubringen - wie unlöblich.
12.00 Uhr Als die Sonne am höchsten steht, wirft mein Gastgeber den Anker aus und legt vor der geheimnisvollen Insel an, um seine Angel im seichten Wasser auszuwerfen. Während Garth Brooks im Radio ein schönes Lied vorträgt, wische ich mir den Schweiss von der Stirn und lasse mich unter einer Palme im Sand nieder - das tut richtig gut. Leider wird mein Müssiggang wenig später durch einen schreienden Vogel gestört, der über mir im Baum sitzt und sein verschmutztes Federkleid putzt. Um dem ohrenbetäubenden Krächzen aus dem Weg zu gehen, kehre ich schnell an Bord zurück und setze mich neben Herrn Wongler an die Reling, um ihm beim Angeln zuzusehen. Nebenbei vertreiben wir uns mit einem Kleingespräch (unlöblich: Smalltalk) die Zeit und kommen unter anderem auf die ansässigen Meeresbewohner zu sprechen. Herr Wongler ist natürlich bestens informiert und berichtet, dass sich hier nicht nur Schollenfische und Katzenhaie, sondern auch Muscheln und Krabben angesiedelt haben. Um mir einen kleinen Einblick in die Flora und Fauna zu gewähren, reicht mir der gute Mann das Fernglas und sagt, dass am Hendry Creek sogar Austern im grossen Stil abgeerntet werden - wie interessant.
13.00 Uhr Während Herr Wongler seine Rute erneut auswirft und auf einen grossen Fang wartet, schwimme ich an Land und unternehme einen erquickenden Spaziergang, um Muscheln und Seesterne für den kleinen David (2) zu sammeln. In einer kleinen Bucht werde ich auf ein weiteres Boot aufmerksam und sehe, wie sich zwei Rentner die Langeweile ebenfalls mit Angeln vertreiben. Als ich die Herren freundlichst begrüsse und mich als Reinhard Pfaffenberg aus Bayern vorstelle, mustert mich der Ältere skeptisch und sagt, dass ich mich wegen der bissigen Krokodile nicht zu weit ins Landesinnere wagen sollte - wie unlöblich. Erschrocken richte ich meinen Blick auf das Dickicht der Mangroven und entschliesse mich, diesem Ratschlag folge zu leisten und schnell zum Schiff zurückzukehren - in der heutigen Zeit kann man einfach nicht vorsichtig genug sein.
13.45 Uhr Da immer noch kein Fisch anbeissen will, legt Herr Wongler verärgert seine Angel zur Seite und meint, dass wir zum Festland zurückkehren und uns eine kleine Brotzeit in einer einladenden Strandgaststätte leisten sollten - das ist die beste Idee des ganzen Tages. Während mein Gastgeber das hochwertige Boot startklar macht, genehmige ich mir ein eisgekühltes Bier und werde Zeuge, wie Herr Wongler die "Chris Craft" in einem Affenzahn nach Naples zurück bringt. Kurz vor dem Ziel gesellen sich plötzlich zwei Tümmler an unsere Seite und machen sich einen Spass daraus, immer wieder aus dem azurblauen Wasser zu hüpfen und uns mit lautem Geschnatter bis zum Hafen zu begleiten - da kommt Freude auf.
14.45 Uhr Nach knapp einer Stunde betreten wir endlich wieder Festland und finden uns in der Vereinsgaststätte des "Southpoint at Windstar Marina" Jachtklubs wieder. Wir werden von einem freundlichen Kellner begrüsst und zuvorkommend an einen schönen Tisch mit Ausblick auf das Hafengelände geführt. Während uns der Knecht zwei süffige Budweiser und eine Karaffe mit Eiswasser an den Platz bringt, studieren wir zungeschnalzend die Tageskarte und geben zwei Portionen Red Snapper (löblich: Roter Schnapper) mit Kartoffeln und vitaminreichen Salattellern in Auftrag. Als wir kraftvoll zubeissen und aus dem Schwärmen gar nicht mehr herauskommen, wechsle ich einige Sätze mit meinem Nachbarn und höre, dass er am Montag verreisen und einen Bekannten in Miami besuchen wird - wie schön. Herr Wongler freut sich sehr und meint, dass er bis zum kommenden Samstag bleiben und sogar ein Spiel der "Miami Heat" besuchen wird. Da ich nur Bahnhof verstehe, klärt mich mein Tischnachbar darüber auf, dass es sich hierbei um eine erfolgreiche Basketballmannschaft (löblich: Korbballmannschaft) der US-amerikanischen Profilliga NBA handelt - das soll mir auch Recht sein. 
15.45 Uhr Nachdem wir unsere Teller geleert haben, begleichen wir die Rechnung mit druckfrischen Dollarscheinen und verlassen danach das schöne Lokal auf schnellstem Weg. Gutgelaunt zwängen wir uns in den Cadillac und sind einstimmig der Meinung, dass sich der Ausflug wirklich gelohnt hat. Herr Wongler legt beste Laune an den Tag und kündigt an, dass wir nach seiner Rückkehr aus Miami vielleicht einen Abstecher zu den Ten Thousand Islands (löblich: 10 Tausend Inseln) im Süden unternehmen könnten - wie aufregend. 
16.15 Uhr Zurück im schicken Ferienhaus, falle ich übermüdet aufs Sofa und strecke die Füsse redlichst aus. Schon nach wenigen Minuten schlummere ich ein und sehe mich im verschneiten Garten vor meinem Eigenheim im Waldweg 11 stehen.
17.15 Uhr Ich erwache ausgeschlafen und erkenne anhand des Sonnenstandes, dass es langsam Zeit für das löbliche Abendessen wird. Da ich nicht gerne alleine esse, laufe ich neugierig nach Draussen und sehe, dass Herrn Wangs BMW vor dem Nachbarhaus steht - das trifft sich gut. Selbstverständlich betätige ich sogleich die Klingel und fordere meinen Nachbarn mit erhobenem Zeigefinger auf, mir beim Abendessen Gesellschaft zu leisten. Mein Gegenüber lässt sich nicht zweimal bitten und folgt mir prompt - wie schön.
17.30 Uhr Während ich einen schmackhaften Salat mit Tomaten, lustigen Zwiebelringen und Oliven aus dem Glas zubereite, bestückt Herr Wang den Grill mit schmackhaften T-Knochen Steaks und erkundigt sich nebenbei nach dem Rechten. Natürlich stehe ich meinem Bekannten Rede und Antwort und erzähle, dass ich heute mit Herrn Wongler einen Ausflug aufs offene Meer unternommen habe. Mein Nachbar wird sofort neidisch und erwidert, dass er sich den ganzen Tag mit meckernden Hotelgästen herumschlagen musste - wie unlöblich. 
18.15 Uhr Endlich ist es so weit und wird können uns an den Verandatisch setzen und die wohlverdiente Brotzeit geniessen. Während ich mir das Abendessen zungeschnalzend schmecken lasse, plappert mein Tischnachbar munter weiter und berichtet, dass die Hochzeitsgesellschaft wie angekündigt gestern Abend in seinem "Old Town Hotel" (löblich: alte Stadt Hotel) eingetroffen ist und gleich für grosse Unruhe gesorgt hat. Zudem erfahre ich, dass der Bräutigam binnen kürzester Zeit die Minibar geleert hat und zu allem Überfluss ins Schwimmbecken gestürzt ist - das ist ja allerhand. Herr Wang seufzt laut und sagt, dass er sich nach dem ganzen Stress einige freie Tage gönnen wird - wie schön.
19.00 Uhr Langsam geht der schöne Abend zu Ende. Da Herr Wang von der vielen Arbeit erschöpft ist und sich kaum mehr auf den Beinen halten kann, begleite ich ihn nach Hause und nehme dann vor meinem Fernseher platz, um den anstrengenden Tag mit einem schönen Spielfilm ausklingen zu lassen. Nachdem ich die Nachrichten auf CNN verfolgt und mich über die politischen Entwicklungen in der Welt informiert habe, drücke ich mich gelangweilt durch die vielen Fernsehprogramme und verweile letztendlich auf E-DRAW. Ich schenke mir das letzte Weissbier des Tages ein und lehne mich bei der schönen Filmkomödie "Hannah and Her Sisters" (löblich: Hannah und ihre Schwestern) des bekannten Regisseurs Woody Allen entspannt zurück. Während der folgenden 103 Minuten fröne ich der Geschichte einer liebevollen und anspruchsvollen Schauspielerin, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, niemandem mit ihren Problemen zur Last zu fallen. Leider bemerkt Frau Hannah in diesem Zusammenhang kaum, dass sie mit ihrer Verschlossenheit ihre Ehe auf eine ganz harte Probe stellt. 
21.15 Uhr Nachdem ich das Bierglas in die Spülmaschine gestellt und sämtliche Türen sicher verschlossen habe, ziehe ich mich erschöpft ins Schlafzimmer zurück und schlafe schon sehr bald ein. Gute Nacht.

Herr Wonglers Boot:

 

verfasst von Reinhard Pfaffenberg am 12.01.2008
© Reinhard Pfaffenberg