Reinhard Pfaffenbergs löbliches Tagebuch Archiv

 

 

08.01.2008

07.00 Uhr Ich erwache ausgeschlafen und hüpfe voller Vorfreude aus den Federn - Morgenstund' hat Gold im Mund. Natürlich öffne ich auch heute die Terrassentüre und lasse es mir nicht nehmen, den wichtigen Frühsport an der frischen Luft zu absolvieren. Während ich meine Muskeln mit dem Hampelmann stähle und von einem Bein aufs andere hüpfe, fällt mir angesichts der Wasserlachen im Garten auf, dass es letzte Nacht geregnet hat - wie unlöblich. Trotz des Niederschlags stelle ich fest, dass die Quecksilbersäule des Aussenthermometers mittlerweile schon die 60°F Grenze erreicht hat und immer weiter steigt - wie schön.
07.30 Uhr Düdeldü - nachdem ich den Sport beendet habe, begebe ich mich ruckzuck ins Bad und erfrische mich bei einem erquickenden Sprudelbad mit Schaum. Währenddessen lausche ich dem Kurzwellenradioprogramm des bayerischen Rundfunks und bringe in Erfahrung, dass die ZDF-Nachrichtenredaktion in der vergangenen Woche die Sektkorken hat knallen lassen und das 30jährige Bestehen des "heute-journals" ganz gross gefeiert hat. Wie jedes Kind weiss, ging das selbsternannte "Nachrichtenflaggschiff" des Zweiten am 2. Januar des Jahres 1978 zum ersten Mal auf Sendung und wurde damals von Dieter Kronzucker moderiert. Ein Jahr später führte mit Ingeborg Wurster die erste Frau durch die Sendung und schaffte es, der Schau ein ganz neues Gesicht zu geben. Ab 1984 wurde die Sendezeit des "heute-journals" von 20 auf 30 Minuten verlängert. Erst seit 2000 flimmert das Nachrichtenmagazin täglich über den Bildschirm und präsentiert neben den aktuellen Meldungen des Tages auch stumpfsinnige Kommentare, fadenscheinige Hintergrundinformationen sowie einen Sportblock, den keiner braucht - wie unlöblich. Während privatfinanzierte Spielfilm- und Seriensender zwischen 21.45 Uhr und 22.15 Uhr die besten Einschaltquoten erreichen, musste sich das ZDF im vergangenem Jahr mit durchschnittlich 3,37 Millionen Zuschauern und einem Marktanteil von nur noch zwölf Prozent begnügen - wie lächerlich. Dieses Beispiel zeigt wieder einmal, dass das Fernsehformat, das derzeit von Claus Kleber, Marietta Slomka und Steffen Seibert im Wechsel präsentiert wird, längst nicht mehr zu den Aushängeschildern des Fernsehens zählt. Anstatt gross zu feiern und die GEZ-Gebühren für Schaumwein, kalte Platten und anderen Schrott aus dem Fenster zu werfen, sollten die Verantwortlichen besser ein vernünftiges Programm produzieren. 
08.30 Uhr Verärgert steige ich aus der Wanne und erkenne beim Blick auf den elektronischen Anrufbeantworter, dass während meiner Morgenwäsche ein Telefonat aus meiner weissblauen Heimat eingegangen ist - wie merkwürdig. Fachmännisch drücke ich auf den "PLAY" (löblich: Spiel) Knopf des Geräts und höre Amandas Stimme aus dem Lautsprecher dröhnen. Das Kind schimpft wie ein Rohrspatz und fordert mich unmissverständlich auf, schnellstmöglich im Donutladen anzurufen und ihr bei der Suche nach wichtigen Lieferscheinen zu helfen - das ist ja allerhand. Obwohl ich mich nicht um alles kümmern kann, komme ich dieser Bitte ohne zu zögern nach und gebe die Telefonnummer in den Zahlenblock ein. Die Maid meldet sich bereits nach dem zweiten Klingeln und plappert davon, dass sie schon seit Stunden nach den Rechnungen des Zeitungslieferanten und des Grosshandels sucht. Da ich besagte Abrechnungen vor meinem Abflug nach Toronto eigenhändig vorgenommen habe, stehe ich meiner Scheffin mit Rat und Tat zur Seite und informiere sie, dass ich die Dokumente in einem Leitz-Ordner mit der Aufschrift "Finanzamt" abgelegt habe. Amanda kommt aus dem Nörgeln gar nicht mehr heraus und moniert, dass Lieferscheine und Rechnungen grundsätzlich in der Ablage neben der Kasse eingeordnet werden - darüber kann ich nur lachen. Um mich nicht noch mehr zu ärgern, wechsle ich schnell das Thema und erkundige mich, wie es dem kleinen David (2) und meiner Untermieterin geht. Zu allem Überfluss vernehme ich, dass Sandra immer noch krank ist und das Bett hüten muss. Trotz allem beruhigt mich Amanda redlichst und sagt, dass meine Mitbewohnerin bestens versorgt ist und in der kommenden Woche bestimmt wieder zur Arbeit gehen kann - wie schön. 
09.00 Uhr Nachdem ich das Überseegespräch beendet habe, nehme ich hungrig am Küchentisch platz und führe mir das wichtigste Mahl des ganzen Tages zungeschnalzend zu Gemüte. Während ich mir gebutterte Weissbrotscheiben (unlöblich: Toast), delikate Himbeermarmelade, eine Banane und würzigen Bustelo Kaffee schmecken lasse, lausche ich dem Radioprogramm von "WCKT CAT COUNTRY" und erfreue mich an aktuellen Landmusikschlägen der absoluten Extraklasse - da kommt Freude auf. 
09.30 Uhr Just als ich mir eine weitere Tasse Kaffee einschenke und gelangweilt in der "Naples Daily News" (löblich: Naples tägliche Neuigkeiten) blättere, wird mein Müssiggang durch lautes und ohrenbetäubendes Türschellen gestört - wie unlöblich. Misstrauisch blicke ich aus dem Fenster und werde Zeuge, wie zwei muskelbepackte Mitarbeiter des "Home Depot" die neuen Gartenmöbel von einem Lastkraftwagen wuchten - wie schön. Selbstverständlich trete ich sofort nach Draussen und wünsche den Herren einen schönen guten Morgen. Der eine Arbeiter fackelt nicht lange und erkundigt sich, wohin die Sitzgelegenheiten gebracht werden sollen. Natürlich deute ich sogleich in Richtung der Terrasse und frage an, ob es eventuell möglich wäre, die alten Möbel kostengünstig entsorgen zu lassen. Wie nicht anders zu erwarten, nicken die Männer eifrig und geben zu Protokoll, dass sie sich für einen Unkostenbeitrag gerne der Sache annehmen würden - das klappt wieder wie am Schnürchen. 
10.00 Uhr Bereits nach wenigen Augenblicken haben die freundlichen Leute ihre Arbeit beendet und die neuen Schmuckstücke am Schwimmbecken aufgestellt - das ging aber fix. Nachdem ich die Herrschaften zum Lieferwagen begleitet und ihnen ein kleines Trinkgeld überreicht habe, nehme ich cocacolatrinkend auf einem der neuen Liegestühle platz und fühle mich direkt ins Paradies versetzt. 
10.30 Uhr Während ich in die Sonne blinzle und mit dem Gedanken spiele, den Grill anzuwerfen, klingelt es plötzlich schon wieder - in diesem Haus findet man keine ruhige Minute mehr. Als ich abermals die Türe öffne, bittet Herr Wongler (77) von nebenan um einen Akkuschrauber. Da die Werkstatt bestens ausgestattet ist, führe ich den guten Mann in die Garage und frage bei dieser Gelegenheit nach dem Rechten. Mein Nachbar steht mir kopfkratzend Rede und Antwort und meint, dass er eine Packung Schokoladeneis versehentlich auf dem Klimakasten vergessen hat und die geschmolzene Pampe durch die Luftschlitze ins Innere der Anlage gelaufen ist - wie schrecklich. Natürlich helfe ich dem Mann mit Georgs leistungsstarker Bohrmaschine aus und vergesse auch nicht, ihm den passenden Schlitzschraubenkopf auszuhändigen. Mein Nachbar bedankt sich recht herzlich und bittet mich, ihn kurzerhand zu begleiten und beim Abschrauben der Abdeckung zu helfen - nichts leichter als das. 
10.45 Uhr Kurze Zeit später finde ich mich in Herrn Wonglers schickem Wohnzimmer wieder und erkenne anhand der vielen Fischtrophäen an der Wand, dass der Gute ein Freizeitangler sein muss. Mein Gegenüber nickt zustimmend und berichtet stolz, dass er auch eine kleine Jacht im Hafen liegen hat und einmal pro Woche auf den Golf hinaus fährt - das ist wirklich phantastisch. Um nicht noch mehr Zeit zu vertrödeln, lasse ich mich prompt zu besagter Klimaanlage führen und mache mich daran, die Schrauben der Abdeckhaube fachgerecht zu lösen - das könnte nicht einmal ein Handwerksmeister besser. Nach wenigen Augenblicken lüfte ich das Blech und stelle angeekelt fest, dass die geschmolzene Eiskreme auch den Luftfilter in Mitleidenschaft gezogen hat. Herr Wongler schlägt demonstrativ die Hände über dem Kopf zusammen und sagt, dass ihm wohl nichts anderes übrig bleibt, als in den Baumarkt zu fahren und einen Ersatzfilter zu kaufen. Trotz allem überreicht mir der freundliche Mann ein eisgekühltes Budweiser und bittet mich, auf der Terrasse platz zu nehmen - wie schön. 
11.15 Uhr Während wir anstossen und unsere ausgetrockneten Kehlen mit grossen Schlucken ölen, bringt mein Gastgeber als kleines Dankeschön einen gemeinsamen Ausflug zur Sprache und schlägt vor, dass wir am Wochenende mit seinem Boot aufs offene Meer hinaus fahren könnten - wie aufregend. Da ich in den nächsten Tagen keinen wichtigen Terminen nachkommen muss, sage ich umgehend zu und erwidere, dass es mir am Samstag gut passen würde. Herr Wongler freut sich auch und verspricht, mich gleich nach dem Frühstück abzuholen. 
11.45 Uhr Zurück im Eigenheim werfe ich einen prüfenden Blick auf meine wertvolle ROLEX und komme schnell zu dem Schluss, dass ein reichhaltiges Mittagessen nach dem ganzen Stress nicht schaden kann. Da ich keine grosse Lust habe, selbst den Kochlöffel zu schwingen, hüpfe ich spontan in meinen PS-strotzenden JEEP und ziehe es vor, zu Julies Restaurant zu krusen. Bei stimmungsvoller Radiomusikberieselung fahre ich die Vanderbild Beach Road entlang und parke meinen Wagen wenig später vor meiner Stammgaststätte - wie schön. 
12.15 Uhr Als ich mich an meinem angestammten Platz am Fenster niederlasse und mir den Schweiss von der Stirn wische, kommt Frau Julie an den Tisch und kredenzt mir mit einem Lächeln auf den Lippen die Tageskarte. Da ich mich bereits entschieden habe, winke ich dankend ab und gebe kurzerhand einen schmackhaften Käseburger mit Kartoffelstäben und Krautsalat (unlöblich: Cheeseburger with French Fries und Cole Slaw) in Auftrag - schon jetzt läuft mir das Wasser im Munde zusammen. 
12.30 Uhr Endlich wird meine deftige Brotzeit serviert. Ich lasse mir das delikate Essen redlichst munden und plaudere mit Frau Julie währenddessen über Dies und Das. Laut seufzend bringe ich Herrn Wang ins Spiel und gebe vor, dass mein Nachbar viel zu hart arbeitet und mir kaum Gesellschaft leisten kann. Die Gaststättenbesitzerin stimmt uneingeschränkt zu und gibt zu bedenken, dass Herrn Wangs Tochter eben noch sehr unerfahren ist und mit der Leitung des Hotelbetriebs hoffnungslos überfordert ist - wie wahr. 
13.15 Uhr Nachdem ich das Mittagessen verzehrt und die Rechnung in Bar bezahlt habe, verlasse ich Julies Restaurant und trete laut hupend die Heimfahrt in den Lowbank Drive an. Zuhause angekommen, stelle ich den JEEP fachgerecht in der Garage ab und tausche meine Kleidung gegen eine sportliche Badehose aus. Danach springe ich kopfüber ins hauseigene Schwimmbecken und tauche auf und ab - da kommt Freude auf. 
14.00 Uhr Redlichst erfrischt nehme ich im nagelneuen Liegestuhl platz und lasse mir die Sonne auf den Pelz brennen. Ich entspanne mich und finde mich schon bald im Reich der Träume wieder - wie schön.
15.00 Uhr Gerade als ich von meiner letzten Kulturreise in die italienische Hauptstadt Rom träume, werde ich durch lautes und besonders schrilles Telefonklingeln gestört - wie unlöblich. Verärgert eile ich zum Fernsprecher und habe einen Augenblick später Herrn Wang in der Leitung. Der Gute ist im Stress und erzählt, dass ein Lieferant eben gerade sieben neue TV Geräte geliefert hat und sich weigert, sie auf die Zimmer zu verfrachten. Herr Wang benötigt deswegen dringend meine Hilfe und bittet mich, sofort ins Hotel zu kommen. Selbstverständlich sage ich sofort zu und verspreche meinem Bekannten, umgehend loszufahren.
15.15 Uhr Cowboybehütet rase ich in Richtung Westen und bin schon gespannt, was es mit den Fernsehgeräten auf sich hat. Trotz allem halte ich kurz an einer Tankstelle an und kaufe mir einen Donut sowie einen Coffee to go (löblich: Kaffee zum Mitnehmen) - immerhin ist jetzt Kaffeekränzchenzeit.
15.45 Uhr Nachdem ich den JEEP Patriot direkt vor Herrn Wangs "Old Town Hotel" geparkt habe, betrete ich die schöne Herberge und finde meinen Nachbarn kopfkratzend hinter der Rezeption vor. Ferner bemerke ich, dass die halbe Hotelhalle mit Kartonagen mit der Aufschrift "TOSHIBA" vollgestellt ist - wie unlöblich. Ich frage umgehend nach dem Rechten und bringe in Erfahrung, dass die TV-Geräte mit integrierten DVD-Spielern im Sonderangebot waren und Herr Wang letzte Woche kurzerhand sieben Exemplare gekauft hat - wie aufregend. Da die Kisten nicht  länger hier herum stehen können, müssen wir sie nun nach oben schleppen und auf die Zimmer verteilen.
16.00 Uhr Als die einzig anwesende Mitarbeiterin namens Jenna (68) die Rezeption übernommen hat, machen wir uns laut ächzend an die Arbeit und beginnen damit, den ersten Fernseher in den zweiten Stock zu tragen. HEUREKA - diese 24 inch Flachbildschirme sind nicht gerade leicht. Oben angekommen, stöpseln wir den alten Fernseher auf Zimmer 7 aus und stellen ihn auf den Gang, um danach den neuen fachgerecht anzuschliessen.
17.00 Uhr Düdeldü - nachdem wir diesen Vorgang sechsmal wiederholt haben, lassen wir uns schweissüberströmt in bequeme Sessel in der Lobby fallen und kommen aus dem Ächzen gar nicht mehr heraus. Herr Wang bedankt sich recht herzlich für die Hilfe und sagt, dass er mich heute Abend selbstverständlich zum Essen einladen wird - wie schön. Ich verabrede mich mit meinem Bekannten für sieben Uhr in Julies Restaurant und mache mich dann mit quietschenden Reifen auf den Heimweg.
17.45 Uhr Daheim im Lowbank Drive entledige ich mich umgehend meiner durchgeschwitzten Kleidung und stelle mich unter die Dusche - das tut so richtig gut.
18.15 Uhr In frischer Blautschiens, weissem Hemd sowie Cowboystiefeln setze ich mich in den neuen Liegestuhl und erfische mich mit einer eisgekühlten Coca Cola der Spitzenklasse. Nebenbei werde ich Zeuge, wie ein lustiger Waschbär durch den Garten hüpft und schliesslich raschelnd im Gebüsch verschwindet - diese Idylle muss man erlebt haben. 
18.45 Uhr Gutgelaunt verlasse ich das Ferienhaus und mache mich erneut auf den Weg in Richtung Westen, um wenige Minuten später vor der Gaststätte meines Vertrauens zum Halten zu kommen. Just als ich aus dem hochwertigen Geländewagen aussteige, fährt auch Herr Wang auf den Parkplatz und begrüsst mich laut hupend - wie schön.
19.15 Uhr Bei frisch gezapften Bieren plaudern wir über die harte Arbeit im Hotel und bestellen nebenbei das löbliche Abendessen. Während Herr Wang sich für ein saftiges T-Knochen Steak mit Kartoffelstäben und Dinner Salat entscheidet, achte ich auf meine Diät und nehme ein Gericht namens "Chicken Monterey", bestehend aus gegrillter, mit Käse und Tomatenwürfeln überbackener Hühnerbrust mit Gemüse und frischem Brot - wie gut das duftet.
19.45 Uhr Wir lassen uns die Köstlichkeiten zungenschnalzend munden und unterhalten uns weiter über die nagelneuen Fernsehgeräte in Herrn Wangs Hotel. Der Gute erzählt, dass er die Geräte letzte Woche im Sonderangebot entdeckt und zum Preis von 329 statt 449 Dollars pro Stück erworben hat - das ist phantastisch. Als ich auf die alten Fernseher zu sprechen komme, beruhigt mich Herr Wang und versichert, dass sich eine Firma bereits morgen um die Entsorgung kümmern wird - das will ich auch hoffen.
20.30 Uhr Nachdem mein Bekannter die Rechnung mit einem unlöblichen Zahlungsmittel namens VISA bezahlt hat, verlassen wir Julies Restaurant und krusen mit unseren Fahrzeugen in den Lowbank Drive zurück. Daheim angekommen, laufe ich noch schnell auf Herrn Wangs Einfahrt und lade ihn noch zu einem kühlen Bierchen auf meine Terrasse ein. Leider ist mein Nachbar aber todmüde und sagt, dass er sofort ins Bett gehen will - das soll mir auch Recht sein.
21.15 Uhr Mit von der harten Arbeit schmerzenden Armen mache ich schnell einen Rundgang durchs Haus und verschliesse alle Fenster und Türen sicher. Danach gehe ich zufrieden ins Bett und hoffe, dass der Muskelkater nicht zu schlimm wird. Gute Nacht.

Herr Wang kauft 7 neue Fernseher ein - wie aufregend:

 

verfasst von Reinhard Pfaffenberg am 08.01.2008
© Reinhard Pfaffenberg