13.08.2007
07.00 Uhr Ich erwache ausgeschlafen und fühle mich blendend. Um nicht noch mehr Zeit im Bett zu vertrödeln, hüpfe ich voller Elan aus den Federn und läute den sonnigen Montag mit der Morgengymnastik an der frischen Luft ein. Während ich stetig auf- und abhüpfe und mich mit dem Hampelmann im Form bringe, stelle ich angesichts der Pfützen auf dem Rasen fest, dass es letzte Nacht geregnet hat - die Pflanzen werden sich freuen.
07.30 Uhr Düdeldü - nachdem ich Georg begrüsst und ein Kleingespräch (unlöblich: Smalltalk) gehalten habe, ziehe ich mich ins Badezimmer zurück und genehmige mir ein erquickendes Wirbelbad mit Eukalyptusöl - wie gut das duftet. Nebenbei lausche ich dem Radioprogramm des bayerischen Rundfunks und erfahre, dass innerhalb der CSU schon wieder ein Streit wegen Parteivizescheff Horst Seehofer ausgebrochen ist - wie unlöblich. Kopfschüttelnd vernehme ich, dass über die Möglichkeit nachgedacht wird, dass sich der Heini im Falle einer Niederlage bei der Wahl zum CSU-Vorsitzenden aus der Politik zurückziehen könnte. Anstatt die Karten auf den Tisch zu legen und den Parteifreunden reinen Wein einzuschenken, kündigte der Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz anlässlich einer Kundgebung im oberbayerischen Töging am Inn an, "weiter das bleiben zu wollen, was ich bin" - das ist wieder einmal typisch. Angeblich wird Herr Seehofer auch bei einer möglichen Wahlschlappe im September der CSU weiter die Stange halten und unter Erwin Huber die bayerischen Belange in Berlin vertreten. Zudem zeigte sich der Mann kämpferisch und erklärte, dass er bei einem möglichen Wahlsieg die Partei drastisch verjüngen und dafür sorgen wird, dass bis zum Jahre 2010 mindestens 50 Prozent aller Führungspositionen mit jüngeren CSU-Politikern unter 50 besetzt werden - das ist ja allerhand. Diese Aussagen zeigen anschaulich, dass Herr Seehofer den Blick für die Realität längst verloren hat und deswegen schnellstens in den Ruhestand treten sollte. Anstatt sich für ältere Menschen stark zu machen, frönt der gelernt Diplom-Verwaltungswirt aus Ingolstadt dem Jugendwahn und spricht den altgedienten Mitgliedern Führungskraft und parteipolitische Kompetenzen ab. Sollte Herr Seehofer mit diesem lächerlichen Vorstoss wirklich Erfolg haben, werde ich mein Parteibuch zurückgeben und die CSU nie mehr wählen - alles darf man sich schliesslich nicht gefallen lassen.
08.30 Uhr Stinksauer steige ich aus der Wanne und kann immer noch nicht glauben, was ich gerade in den Radionachrichten hören musste. Vielleicht wäre es wirklich besser, für immer im Sonnenscheinstaat zu bleiben und meiner weissblauen Heimat Lebewohl zu sagen. Da heute der wichtige Wocheneinkauf auf dem Programm steht, trete ich pflichtbewusst vor den Kleiderschrank und werfe mich mit einer Blautschiens von WRANGLER sowie einem farbenfrohen Hawaiihemd ordentlich in Schale - sieht wirklich prima aus.
08.45 Uhr Nachdem ich mein Haar mit BRISK gesteilt habe, geselle ich mich zu Georg auf die Veranda und verzehre schmackhafte Rühreier mit Speck, geröstete Weissbrotscheiben (unlöblich: Toast) und den letzten Rest Butter - das schmeckt richtig gut. Während ich kraftvoll zubeisse, greift Georg zu Papier und Bleistift und macht sich daran, einen ellenlangen Einkaufszettel zusammenzustellen. Um meinen Bruder bei der wichtigen Schreibarbeit nicht zu stören, schlage ich gelangweilt die "Naples Daily News" (löblich: Naples tägliche Nachrichten) auf und lese, dass eine 19jährige Frau vor den Florida Keys von einem bissigen Hai angegriffen wurde - wie furchtbar. Die Urlauberin erlitt nach ersten Informationen eine zirka 20 Zentimeter lange Verletzung am Oberarm und musste sogar in eine Spezialklinik eingeliefert werden. Zuvor war die unvorsichtige Touristin mit ihrem Freund in einem Boot entlang der Küste gefahren, um nach einem geeigneten Schwimmplatz auf dem offenen Meer Ausschau zu halten - wie unlöblich. Weiter erfahre ich, dass über ein Drittel aller Haiattacken weltweit an den Küsten Floridas registriert werden. Erst im vergangenen Mai war ein 68jähriger Urlauber aus Bielefeld vor dem Strand von Naples von einem zwei Meter grossen Bullenhai angegriffen und schwer verletzt worden – das ist ja allerhand.
09.00 Uhr Als ich Georg über die schrecklichen Vorkommnisse in Kenntnis setze und ankündige, niemals mehr an den Strand zu fahren, zuckt der Gute nur mit den Schultern und behauptet, dass er gegen Haiangriffe geimpft ist - darüber kann ich wirklich gar nicht lachen.
09.30 Uhr Als wir den Einkaufszettel fertig haben, verlassen wir das klimatisierte Eigenheim und krusen mit dem JEEP gemächlich in Richtung Winn Dixie Markt an der Airport Pulling Road. Während der Fahrt lauschen wir gespannt der Wettervorhersage auf "CAT COUNTRY" (löblich: Katze Landmusik) und hören, dass es in den kommenden Tagen noch schwüler werden soll - dieses subtropische Klima hält nicht einmal der stärkste Rentner aus.
10.00 Uhr Nach kurzer Zeit kommen wir vor dem Supermarkt unserer Wahl zum Stehen und können das Fahrzeug auf einem für Senioren ausgewiesenen Parkplatz abstellen - das klappt wieder wie am Schnürchen. Als erstes entreisse ich einem Buben (13) mit falsch herum aufgesetzter Kappe den Einkaufswagen und betrete danach das Geschäft, um Ground Beef (löblich: Hackfleisch), Diät Coca Cola im praktischen Sechserpack, O-Saft, Boneless Bottom Roast (löblich: Kochschinken), Cheddar Käse, Weintrauben, Mazola Corn Oil (löblich: Maisöl), JELLO Pudding, Gatorade Energietrunk, Potato Chips (löblich: Kartoffeltschips), Weissbrotscheiben, Frosted Flakes (löblich: gefrostete Flocken) von Kelloggs, Langnudelsossen, Seven Seas Dressing (löblich: Sieben Meere Sosse), gesalzene Butter, grünen Salat, Campbells Suppen, schmackhafte Äpfel, Heineckenbier im Zwölferpack, mehrere Flaschen Weisswein aus dem Hause Glen Ellen, T-Knochen Schnitzel, Ketschup, Buffalo Wings (löblich: Buffalo Flügel), Zehnkreme von Crest, Zahnstocher, Red Baron Fertigpizza, Paprikaschoten, Erdbeertorte, frische Tomaten aus Georgia, Königskrabben für 7,99 DOLLARS, Wassermelone, Hamburgersemmeln, tiefgefrorene Armour Jumbo Meat Hot Dogs, Spray'n Wash (löblich: Sprüh und Wisch) Fensterreiniger, verschiedene Nudelspezialitäten, französischen Dijon Senf, Erdnussbutter, Küchenrolle von Sparkle, Reser's Eiersalat sowie die aktuelle Fernsehzeitung einzuladen.
10.45 Uhr Als ich schon zur Kasse gehen möchte, hält mich Georg am Arm und sagt, dass wir zum Abschluss unseres Einkaufs den hervorragend sortierten Musik- und DVD Laden aufsuchen sollten - das hat gerade noch gefehlt. Entnervt folge ich meinen Bruder in besagte Abteilung und werde Zeuge, wie er vier Hollywoodfilme sowie ein neu veröffentlichtes Album des weltbekannten Landmusikkünstlers Lance Miller einlädt - es muss wirklich schön sein, wenn man Millionär ist. Als Rentner mit einer kleinen Monatspension von nicht einmal 2.900 EUROS kann ich mir solchen Luxus leider nicht leisten.
11.30 Uhr Endlich treffen wir an der Kasse ein und können die Rechung mit einer unlöblichen Kreditkarte begleichen - wie schön. Nach dem Bezahlvorgang schleppen wir die schweren Tüten zum Wagen und entschliessen uns, das Mittagessen in einer benachbarten Schnellessgaststätte namens "TACO BELL" einzunehmen. Da ich noch nie besagte Essenskette besucht habe, staune ich nicht schlecht und erkenne beim Blick auf die Preistafeln, dass hier ausschliesslich mexikanische Speisen feilgeboten werden. Ich kratze mich am Kopf und gebe Georg zu verstehen, dass wir vielleicht doch besser ein amerikanisches Schnitzelhaus aufsuchen sollen. Leider ist mein Bruder anderer Meinung und behauptet, dass es bei "TACO BELL" die besten Burritos überhaupt gibt – das soll mir auch Recht sein.
11.45 Uhr Nachdem wir uns fünf Minuten die Füsse in den Bauch stehen mussten, können wir endlich die Bestellung aufgeben. Während sich Georg für ein Essen namens "Big Bell Value Menue" (löblich: Grosse Glocke Wertmenü) entscheidet, deute ich hungrig auf einen sogenannten "7-Layer Burrito" (löblich: 7 Schicht Burrito) und gebe der Bedienung zu verstehen, dass sie mit den feurigen Bohnen nicht zu sparen braucht - schon jetzt läuft mir das Wasser im Munde zusammen.
12.15 Uhr Während wir uns das feurigscharfe Mittagsmahl munden lassen, schwärme ich in den höchsten Tönen und spiele sogar mit dem Gedanken, mir eine weitere Portion zu holen. Georg kommt aus dem Zungeschnalzen ebenfalls nicht mehr heraus und erzählt nebenbei, dass "Taco" das mexikanische Nationalgericht ist und auch von den Amerikanern gerne konsumiert wird - das glaube ich gerne. Ausserdem lerne ich, dass "Taco Bell" insgesamt 6.100 Filialen in Nordamerika betreibt und jährlich einen Umsatz von geschätzten 1,8 Milliarden US-Dollars einfährt - das ist wirklich phantastisch.
13.00 Uhr Nach der zweiten Runde Diät Cola und einem weiteren Schmankerl namens "Grilled Steak Soft Taco" (löblich: Gegrilltes Steak Weichtaco), verlassen wir das schöne Lokal und kehren zufrieden in den Lowbank Drive zurück. Während der kurzweiligen Fahrt schiebt Georg eine neue Kompaktscheibe in die moderne Musikanlage und sagt, dass Herr Lance Miller zu seinen absoluten Lieblingssängern zählt - die Musik hört sich gar nicht schlecht an.
13.30 Uhr Da ich mich mittlerweile kaum mehr bewegen kann und zudem mit Sodbrennen zu kämpfen habe, ziehe ich mich verschwitzt ins klimatisierte Wohnzimmer zurück und genehmige mir ein kleines Mittagsschläfchen. Schon bald schlummere ich ein und finde mich im Traum zwischen Katze Jenny und Meerschwein Willi im Waldweg 11 wieder - wie schön.
14.30 Uhr Ich erwache wie gerädert und verspüre immer noch ein ungutes Gefühl in der Magengegend - wie unlöblich. Da mein Hals wie Feuer brennt, gönne ich mir ein kühles Weissbier aus der Heimat und nehme entspannt auf der Veranda platz. Allerdings wird es mir bei 33°C schnell zu heiss und ich entledige mich meiner Kleidung, um kopfüber einen Sprung ins kühle Nass des Schwimmbeckens zu wagen. HEUREKA – das tut wirklich gut.
15.00 Uhr Redlichst erfrischt beende ich den erquickenden Badespass und stelle fest, dass mein Weissbier ungeniessbar warm geworden ist – wie unlöblich. Verärgert kippe ich den Trunk ins Gebüsch und kehre ins Haus zurück, um mir ein eiskaltes Heinecken Bier sowie ein Stück Erdbeertorte aus dem Kühlschrank zu nehmen. Ich lasse mir den Gerstensaft direkt aus der Flasche munden und leiste Georg torteverzehrend bei seinem Puzzelspiel im Wohnzimmer Gesellschaft – da kommt Freude auf.
15.45 Uhr Düdeldü – weil ich meine Zeit nicht gestohlen habe, gehe ich schnell in mein Badezimmer, um eine Dusche zu nehmen und mich frisch in Schale zu werfen.
16.15 Uhr In modischer Tschiens und weissem T-Hemd nehme ich laut seufzend am Heimrechner im Arbeitszimmer platz und widme mich der täglichen Anschnurarbeit. Wie immer segle ich auf meine löbliche Heimseite und beantworte Fragen besorgter Erziehungsberechtigter. Unter anderem schreibt Herr Martin P. aus Wien, dass sein Sohn Andreas (17) im nächsten Jahr unbedingt zum sogenannten Spring Break (löblich: Frühlingsbruch) nach Amerika reisen will – wie schrecklich. Natürlich gebe ich qualifizierte Ratschläge und mache den Mann auf die verheerenden Auswirkungen dieses Spektakels aufmerksam.
17.00 Uhr Just als ich einen weiteren Hilferuf beantworte, kommt mein Bruder daher und meint, dass er trotz der Hitze den Grill anwerfen wird, um hausgemachte Käseburger zu zaubern – das ist eine hervorragende Idee. Ich setze in der Zwischenzeit die Anschnurarbeit fort und überprüfe meinen beliebten Andenkenladen sowie das elektronische Gästebuch.
17.45 Uhr Nachdem ich noch schnell eine Depesche an Prof. Kuhn in der Heimat gesendet habe, fahre ich den Heimrechner mausdrückend herunter und eile in den Garten, wo Georg gerade das Feuer im Grill entzündet – wie aufregend. Bei dieser Gelegenheit biete ich meine Hilfe an und schlage vor, das Hackfleisch aus dem Kühlschrank zu nehmen sowie einen Tomatensalat der Extraklasse zuzubereiten.
18.15 Uhr Wir schwingen gemeinsam die Kochlöffel und formen wunderbare Fleischpflanzerl (unlöblich: Hamburger Patties). Ferner bereite ich nicht nur einen Tomatensalat zu, sondern schiebe auch ein Backblech mit würzigen Kartoffelspalten in den Herd – wie schön. Danach decke ich den Tisch im Esszimmer und vergesse auch nicht, kühle Budweiser Biere der Spitzenklasse bereitzustellen.
19.00 Uhr Endlich sind die mit reichlich Fleisch, Tomaten, Gewürzgurken, Senf, Zwiebeln, Ketchup, Schweizer Käse und Senf belegten Semmeln verzehrbereit. Wir lassen uns die amerikanischen Spezialitäten redlichst schmecken und kommen aus dem Zungeschnalzend gar nicht mehr heraus. HEUREKA – Käseburger am Abend, erquickend und labend.
19.30 Uhr Nach dem zweiten Burger greife ich zur Serviette und lehne mich laut seufzend zurück. Georg folgt meinem Beispiel und schlägt angesichts der Käseburger und des "Taco Bell" Essens vor, morgen eventuell einen Diättag einzulegen. Natürlich beruhige ich meinen Bruder redlichst und erinnere ihn daran, dass wir bei "Taco Bell" nur Diät Colas getrunken haben und uns deswegen keine Sorgen zu machen brauchen – wo kämen wir denn da hin.
20.00 Uhr Nach zwei weiteren Bierchen lösche ich die Glut im Grill und helfe dann meinem Bruder beim Aufräumen der Küche. Wir befüllen die neumodische Spülmaschine und nehmen danach erschöpft auf dem Sofa im Wohnzimmer platz. Einem gemütlichen Fernsehabend sollte jetzt hoffentlich nichts mehr im Weg stehen – wie schön.
20.30 Uhr Da wir keine rentnergerechte Unterhaltung finden können, schalten wir die Flimmerkiste ab und entscheiden uns für eine gepflegte Partie Schach – da kommt Freude auf. Gekonnt stelle ich schon mal die Figuren auf und eröffne das Spiel mit einem raffinierten Bauernzug von g2 auf g4.
21.00 Uhr Düdeldü – nachdem ich meinem Bruder mehrere Bauern, einen Turm, die Läufer sowie einen Springer und die Dame weggenommen habe, rufe ich "Schachmatt" und springe laut juchzend auf. Georg baut die Figuren verärgert wieder auf und fordert eine Revanche – das soll mir ganz Recht sein. Mein Bruder eröffnet die Partie und sagt, dass er sich jetzt besser konzentrieren wird.
21.30 Uhr Langsam sehe ich meine Felle davonschwimmen und erkenne, dass das Spiel für mich nicht mehr zu gewinnen ist – wie unlöblich. Als ich nur noch über zwei Bauern, einen Springer sowie den König verfüge, wische ich mit dem Arm alle Figuren vom Brett und verabschiede mich wortlos. Unter dem Gelächter meines Bruders ziehe ich mich in mein Zimmer zurück und nehme schnell noch eine Dusche zur Abkühlung – das tut gut.
22.00 Uhr Redlichst erfrischt gehe ich ins Bett und lese noch etwas in meinem schlauen Südstaaten Reiseführer. Gute Nacht.
Unser moderner Kühlschrank:
Wir besuchen ein TACO BELL Gasthaus:
http://www.tacobell.com/
Ich träume von Katze Jenny:
http://pfaffenberg.permuda.net/jenny.html
Ich beantworte Fragen besorgter Erziehungsberechtigter:
http://pfaffenberg.permuda.net/kummerkasten.html
Bericht: Der Frühlingsbruch:
http://pfaffenberg.permuda.net/fruehling.html
Mein beliebter Andenkenladen:
http://pfaffenberg.permuda.net/andenken.html
Mein elektronisches Gästebuch:
http://two.guestbook.de/gb.cgi?gid=626861&prot=bprirl
verfasst
von Reinhard Pfaffenberg am 13.08.2007
©
Reinhard Pfaffenberg |
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