25.05.2006
25.05.2006
07.00 Uhr Ich erwache ausgeschlafen und springe voller Tatendrang aus den Federn, um schnellstens das Fenster zu öffnen. Als ich meinen Blick über das weite Grün der Palmen schweifen lasse, stelle ich angesichts der vielen Pfützen im Garten fest, dass letzte Nacht ein Regenschauer niedergegangen sein muss - wie schön für die Pflanzen.
07.15 Uhr Nachdem ich die wichtige Morgengymnastik absolviert und meine Muskeln redlichst gestählt habe, entspanne ich mich bei einem erquickenden Vollbad und wasche mich ordentlich. Nebenbei lausche ich dem stimmungsvollen Radioprogramm von CAT COUNTRY (löblich: Katze Landmusik) und pfeife bei den bekannten Melodien laut mit. Just als Herr Bob Dillen "Maggie's Farm" (löblich: Maggies Bauernhof) besingt, fällt mir ein, dass heute in Deutschland "Christi Himmelfahrt" begangen wird - wie aufregend. Angesichts dieses katholischen Feiertages werde ich gleich nach dem Frühstück zur Kirche brausen und redlichst abbeten - daran sollte sich die verlotterte Jugend in der fernen Heimat ruhig ein Beispiel nehmen.
08.00 Uhr Düdeldü - während ich mir das wichtigste Mahl des ganzen Tages in Form von gerösteten Maisflocken (unlöblich: Cornflakes) mit frischer Milch, gesundem Honig von fleissigen nordamerikanischen Bienen und einem Apfel auf der Terrasse munden lasse, werfe ich gelangweit einen Blick in die Morgenzeitung und erfahre auf der Titelseite, dass die Strände des Collier County zu den saubersten Sandstränden des ganzen Landes zählen. Besonders erwähnt wir aber der "Barefoot Beach Park" (löblich: Barfuss Strand Park), der sogar in den landesweiten "Top Ten" (löblich: Spitzen Zehn) den dritten Platz einnimmt - wie aufregend.
08.45 Uhr Nachdem ich die Spülmaschine mit dem Geschirr befüllt und die Küche auf Vordermann gebracht habe, verlasse ich mit meiner Strandtasche und Empe 3 Spieler der Marke Apfel das Ferienhaus auf schnellstem Weg und springe ich den JEEP, um zur Kirche zu brausen. Während der Fahrt auf der Vanderbilt Beach Strasse drehe ich beherzt am Frequenzrad des Radios und höre plötzlich die Klänge von Jimmy Buffetts "Floridays" aus den Lautsprechern dröhnen:
Pale invaders and tanned crusaders
Are worshipping the sun
On the corner of "walk" and "don't walk"
Somewhere on US 1
I'm back to livin' Floridays
Blue skies and ultra-violet rays
Lookin' for better days
Beschwingt von den Klängen der karibischen Stahltrommeln drücke ich ordentlich aufs Gaspedal und finde mich nach wenige Augenblicke auf dem Parkplatz der Kirche wieder. Mit schwingenden Hüften springe ich vom Ledersitz und eile ins Gotteshaus, um andächtig den heutigen Feiertag zu begehen.
09.30 Uhr Just in dem Augenblick als ich zum Altar vortrete und mich bekreuzige, kommt plötzlich der Pfarrer aus seiner Sakristei und begrüsst mich mit einem lauten "How are you today" (löblich: Wie geht es Ihnen heute). Selbstverständlich winke ich sofort zurück und gebe dem frommen Mann zu verstehen, dass ich wegen Christi Himmelfahrt redlichst gebetet habe. Wir plaudern etwas und unterhalten uns auch über den löblichen Papst Benedikt XVI. aus meiner bayerischen Heimat. Gutgelaunt verlasse ich das schöne Gotteshaus und kehre bei grosser Hitze zum Wagen zurück, um weiter in Richtung Barfuss Strand zu fahren.
10.00 Uhr Da der besagte Strand nur aus nördlicher Richtung zu erreichen ist, muss ich leider einen kleinen Umweg nehmen - wie unlöblich. Nörgelnd quäle ich mich durch den dichten Verkehr auf dem vielbefahrenen Tamiami Trail und werde sogar mehrmals zu halsbrecherischen Bremsmanövern genötigt - wo soll das noch hinführen mit dieser Welt. Gott sei Dank habe ich nach wenigen Meilen die Bonita Beach Strasse erreicht und finde mich Dank der ausgezeichneten Beschilderung schnell zurecht.
10.15 Uhr Endlich treffe ich am Ziel ein und stelle den JEEP kurzerhand am Leley Boulevard ab. Anschliessend greife ich zu meinem Tasche und spaziere schwitzend den Holzsteg zum azurblauen Ozean hinunter - diesen Anblick muss man erlebt haben. Fröhlich schiebe ich mir den Knopf meines leistungsstarken Empe 3 Spielers ins Ohr und nehme sonnenbebrillt im heissen Sand platz. Ich blicke beeindruckt auf das weite Meer hinaus und möchte am liebsten für immer an diesem beschaulichen Ort bleiben. Wenn ich könnte, würde ich mir sofort eine löbliche Hütte mit angeschlossener TIKI Bar zimmern und diesen Strand unter Beschlag nehmen - leider dürfte das unmöglich sein.
10.30 Uhr Während Strandspaziergänger gemächlich durch die Brandung laufen, grosse Öltanker am Horizont gen Mexiko schippern und ab und an ein keuscher Fisch fröhlich aus dem Wasser hüpft, greife ich in meine Tasche und hole ein vitaminreiches Coca Cola sowie die Sonnenkreme hervor. HEUREKA - nachdem ich mich ordentlich eingekremt habe, lasse ich die Brause ordentlich spritzen und nehme einen grossen Schluck - schmeckt nicht schlecht, Herr Specht.
11.00 Uhr HEUREKA - als ich argwöhnisch die heraufziehenden Wolken am Himmel beobachte und mir die wärmenden Sonnenstrahlen auf den Pelz brennen lasse, vernehme ich ein leises Rascheln im Dickicht der Mangrovengewächse. Da bekanntlich in letzter Zeit einige Urlauber von Krokodilen angefallen und schwer verletzt wurden, sehe ich vorsichtig nach dem Rechten. Gott sei Dank hat sich aber nur eine Schildkröte im Gebüsch verkrochen - wie aufregend. Da ich diese Tiere ganz besonders gut leiden kann, greife ich schnell in meine Strandtasche und hole einen lustigen Donut hervor, um dem Panzerträger ein Stück abzugeben. HEUREKA - leider ist mir das Tier nicht wohl gesonnen und schnappt frech nach meinem Daumen. Laut schreiend weiche ich zurück und hüpfe vor Schmerzen auf und ab - der Biss brennt wirklich wie Feuer.
11.15 Uhr Als sich das menschenfressende Monster endlich ins Meer zurückgezogen hat, schaue ich verärgert auf die Wunde und stelle fest, dass sie leicht zu bluten begonnen hat - nun habe ich Salat. Da Reptilien oft Gift oder gefährliche Bakterien übertragen, breche ich meine Zelte umgehend ab und schleppe mich beunruhigt zum JEEP zurück. HEUREKA - mit klopfendem Herzen setze ich das PS-strotzende Fahrzeug auf die Strasse zurück und brause umgehend gen Süden. Da es nun um Leben oder Tod geht, lasse ich eine rote Ampel und das Gehupe der anderen Verkehrsteilnehmer redlichst ausser Acht und schaffe es gerade noch, zum "Cleveland Hospital" (löblich: Cleveland Krankenhaus) in der Pine Ridge Road zu gelangen.
11.45 Uhr Nachdem ich kurzerhand vor dem Haupteingang geparkt habe, torkle ich mit letzter Kraft ins Innere und mache eine staunende Krankenschwester darauf aufmerksam, dass ich gerade von einer riesigen Schildkröte gebissen wurde. Selbstverständlich fordere ich die kaffeebraune Maid namens Adiana unmissverständlich auf, mich umgehend zu Dr. Karan Singh, der mich schon bei meinem Armbruch im letzten Jahr behandelt hat, zu bringen. Die Dame nickt artig und bittet mich, aus versicherungstechnischen Gründen in einem Rollstuhl platz zu nehmen - wie freundlich.
12.00 Uhr Während mir der Schweiss in Bächen von der Stirn läuft, werde ich von einem muskelbepackten Krankenpfleger durch das halbe Gebäude geschoben - hoffentlich können mich die Ärzte noch retten.
12.30 Uhr Nach langer Irrfahrt treffen wir endlich im Behandlungszimmer des Arztes meines Vertrauens ein. Ich berichte Herrn Dr. Singh von meinem Missgeschick und mutmasse, dass ich wohl eine lebensgefährliche Vergiftung habe und schnellstens ein Gegenserum benötige. Anstatt mir zuzustimmen, schüttelt der Arzt jedoch entschieden mit dem Kopf und sagt, dass ich wohl nur zu lange in der Sonne war und einen leichten Sonnenstich abbekommen habe - diesen Unsinn muss man gehört haben. Obwohl ich lautstark gegen die Fehldiagnose protestierte, beschwichtigt mich Herr Singh schulterklopfend und meint, dass man die starke Sonneneinstrahlung in Südflorida nicht unterschätzen sollte. Ausserdem greift der Doktor zu einem Pflaster und versorgt damit die Wunde an meinem Daumen.
13.00 Uhr Nachdem mein Blutdruck (160-90 mmHg) sowie der Puls (110 Schläge pro Minute) redlichst überprüft wurde, lässt mich Herr Singh in ein angeschlossenes Krankenzimmer bringen und teilt mir ruhig mit, dass mir die Krankenschwester nun eine Infusion sowie eine Tetanusspritze verabreichen wird. Ferner erfahre ich, dass ich mich schonen sollte und spätestens in zwei Stunden das Krankenhaus wieder verlassen kann - auf Ärzte ist heutzutage wirklich kein Verlass mehr.
13.30 Uhr Ich lasse die Behandlung durch eine Krankenschwester namens Tonya missgelaunt über mich ergehen und höre zu allem Überfluss, wie draussen dicke Regentropfen gegen die Fensterscheiben prasseln - heute ist wirklich nicht mein Tag.
14.30 Uhr Während ich den Tropf beobachte und feststelle, dass bereits ein Viertel Liter Flüssigkeit in meiner löblichen Vene verschwunden ist, stürmt plötzlich Herr Wang im Regenmantel ins Zimmer und fragt erstaunt nach dem Rechten. HEUREKA - da meine Lebensgeister in der Zwischenzeit wieder zurückgekehrt sind, winke ich ganz schnell ab und erkläre, dass ich laut des Arztes zu lange in der Sonne war und Probleme mit dem Kreislauf bekommen habe. Herr Wang nimmt stöhnend neben dem Bett platz und sagt, dass er gerade einen Anruf der Klinik erhalten und sich grösste Sorgen gemacht hat.
15.15 Uhr Nachdem Herr Wang das Krankenzimmer beruhigt verlassen hat, schliesse ich die Augen und erhole mich redlichst. Schnell schlafe ich ein und träume von der Monsterschildkröte am Strand - wie schrecklich.
16.00 Uhr Ich fahre hoch und stelle fest, dass Dr. Singh und Schwester Tonya am Bett stehen und mich freundlich begrüssen - wie schön. Der Arzt erkundigt sich nach meinem Befinden und will wissen, ob ich in der Lage bin, alleine nach Hause zu fahren. HEUREKA - diese Infusion scheint ein wahres Wundermittel zu sein. Ich fühle mich wie neu geboren und erkläre dem Doktor, dass ich jetzt heim fahren werde, um gleich ein paar Bäume auszureissen. Leider hebt Dr. Singh den Zeigefinger und sagt, dass ich vorsichtig sein und die nächsten Tage ruhig angehen sollte. Ausserdem fordert mich der Arzt auf, keine fetten Speisen, sondern nur leichte Diätkost zu mir zu nehmen. Da ich mich ohnehin stets besonders gesund ernähre, sollte das kein Problem darstellen.
16.30 Uhr Bevor ich das Krankenhaus verlassen darf, muss ich leider die gesalzene Rechnung in Bar oder mit unlöblichem Zahlungsmittel begleichen - wie unlöblich. Nachdem ich leider nur 47 Dollars in Bar dabei habe, muss ich dummerweise auf meine Meisterkarte für Notfälle zurückgreifen. HEUREKA - ich unterschreibe kopfschüttelnd den Kassenbon über 211,17 Dollars und fordere auch noch einen zweiten Rechnungsausdruck für meine löbliche Auslandskrankenkasse heraus.
16.45 Uhr Endlich kann ich mich im JEEP auf den Heimweg machen. Mit der Klimaanlage auf höchster Stufe brause ich die wenigen Kilometer zum Eigenheim in Richtung Norden und freue mich schon auf ein nahrhaftes Abendessen - das habe ich mir nach dieser Odyssee redlichst verdient.
17.00 Uhr Just als ich den Wagen fachmännisch auf der Einfahrt parke, kommt Herr Wang aus dem Nachbarhaus und läuft schnell zu mir herüber. Ich beruhige den guten Mann redlichst und mache ihm klar, dass ich wieder bei Kräften bin und am liebsten einen Grillabend veranstalten würde. Leider ist mein Nachbar ganz anderer Meinung und sagt, dass man mit Schwächeanfällen nicht spassen darf. Herr Wang meint, dass ich mich jetzt ausruhen und um 19.00 Uhr zu einer Brotzeit herüber kommen soll - das soll mir auch recht sein. Ich verabschiede mich ins Haus und schenke mir als erstes in der Küche ein grosses Glas Apfelsaft ein - das tut jetzt so richtig gut.
17.30 Uhr Trotz allem werde ich auch heute nicht auf den löblichen Anschnurgang verzichten. Ich segle direkt auf meine löbliche Heimseite und beantworte Fragen besorgter Eltern. Natürlich gebe ich auch heute wieder qualifizierte Ratschläge zum Umgang mit jugendlichen Rabauken und helfe, wo ich kann.
18.15 Uhr Nachdem ich auch noch im Gästebuch für Ordnung gesorgt habe, schreibe ich elektronische Briefe an Amanda sowie an meinen Studienfreund Thomas Kronach in New York und berichte ausführlich von meinem Missgeschick mit der Schildkröte. Ausserdem erzähle ich von meinem Aufenthalt in der Cleveland Klinik und dem Wiedersehen mit dem löblichen Arzt Dr. Karan Singh.
19.00 Uhr Jetzt wird es aber höchste Zeit. Ich fahre den Heimrechner schnellstens herunter und eile dann zum löblichen Abendessen ins Nachbarhaus. Herr Wang erwartet mich bereits und hat ein gebuttertes Weissbrot mit Tomate sowie Kamillentee für mich vorbereitet. HEUREKA - ich ermahne meinen Nachbarn zur Löblichkeit und erkläre ihm, dass ich kerngesund bin und ein vernünftiges Abendessen verspeisen will. Herr Wang seufzt laut und sagt, dass er das nicht verantworten kann - Papperlapapp. Ich fordere den Guten auf, sein Butterbrot selbst zu essen und mit in mein Eigenheim zu kommen.
19.30 Uhr Während zwei delikate Thunfischpizzas im Ofen herausbacken, sitzen wir auf meiner Terrasse und lassen uns eisgekühlte Budweiser Biere schmecken.
19.45 Uhr Endlich können wir speisen. Wir lassen uns die italienischen Spezialitäten mit Gurkensalat munden und trinken weitere Biere dazu - schmeckt wirklich ausgezeichnet. Wir unterhalten uns über Dies und Das und sprechen auch über das Cleveland Krankenhaus in der Nachbarschaft. Herr Wang erzählt, dass dieses Krankenhaus wirklich super ist und auch er schon zweimal dort behandelt wurde. Allerdings muss ich monieren, dass diese Einrichtung nicht gerade zu den billigsten gehört. Mein Nachbar erklärt, dass man aber für sein Geld hervorragende Leistungen erhält - das sehe ich genau so.
20.30 Uhr Nachdem mir Herr Wang die Küchenarbeit freundlicherweise abgenommen hat, verabschiedet er sich redlichst und sagt, dass ich ihn anrufen soll, falls es mir wieder schlechter geht. Ich wünsche dem guten Mann noch einen schönen Abend und setze mich dann entspannt in den Liegestuhl auf der Terrasse. HEUREKA - ich fühle mich ganz ausgezeichnet und glaube, dass das auf die Infusion zurückzuführen ist. Dieses Gebräu sollte zur oralen Verabreichung in Flaschen abgefüllt und im Publix Markt verkauft werden.
21.00 Uhr Beim Gezwitscher der exotischen Vögel fallen mir langsam die Augen zu und ich ziehe mich ins Eigenheim zurück. Nachdem ich alle Fenster und Türen sicher verschlossen habe, gehe ich zufrieden ins Bett und lese noch etwas in meinem spannenden Kriminalroman. Gute Nacht.
Der Barfuss Strand Park - eine trügerische Idylle:
Herr Wang macht sich grosse Sorgen:
http://pfaffenberg.permuda.net/freunde2.html#wang
Bericht: Unlöbliche Zahlungsmittel:
http://pfaffenberg.permuda.net/zahlen.html
Obwohl ich dem Tod gerade von der Schippe gesprungen bin, kümmere ich mich um die vielen Anfragen besorgter Eltern:
http://pfaffenberg.permuda.net/kummerkasten.html
Mein löbliches Anschnurgästebuch:
http://two.guestbook.de/gb.cgi?gid=626861&prot=bprirl
verfasst
von Reinhard Pfaffenberg am 25.05.2006
©
Reinhard Pfaffenberg |
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