Reinhard Pfaffenbergs löbliches Tagebuch Archiv

 

 

30.03.2011

07.15 Uhr Ein neuer Tag beginnt und ich habe gar keine Orientierung. Erst als ich die Vorhänge aufziehe und die Nachbildung des Eiffelturms auf dem Gelände nebenan sehe, wird mir klar, dass ich mich im renommierten Bellagio Hotel am Las Vegas Strip aufhalte. Beeindruckt schaue ich auf das gegenüberliegende "Paris Hotel" und komme zu dem Schluss, dass Las Vegas eine prima Stadt ist. Weil es auch heute viel zu erleben gibt, befülle ich Hund Dixons Napf mit einer Portion Trockenfutter und verabschiede mich dann ins Badezimmer. 
07.45 Uhr Während im Fernsehen die beliebte ABC-Vorabendserie "Roseanne" läuft, plansche ich im heissen Badewasser und werde plötzlich von lautem Telefonschellen gestört. Zu allem Überfluss meldet sich der Professor in der Leitung und teilt mir mit, dass er gerade aufgestanden ist. Weiter bringe ich heraus, dass es Edelbert gestern Abend doch nicht gelungen ist, die Spielbank zu sprengen. Mein Bekannter gibt sich kleinlaut und rechnet vor, dass er insgesamt 180 Dollars beim Roulette verloren hat - das ist wieder typisch. Um mich nicht ärgern zu müssen, komme ich auf unsere heutigen Aktivitäten zu sprechen und erkläre, dass wir das "Venetian Hotel" besichtigen und in den "Grand Canal Shops" (löblich: Grosser Kanal Geschäfte) schoppen könnten. Edelbert ist begeistert und sagt, dass er mich kurz nach 9 Uhr im hoteleigenen Frühstücksraum erwarten wird - das soll mir Recht sein. 
08.45 Uhr Wenig später beende ich den Badespass und ziehe eine frisch gewaschene WRANGLER Tschiens mit geschmackvoller ELVIS Gürtelschnalle, weisses Polo Hemd sowie meine Kuhjungenstiefel an. Im Anschluss verfrachte ich ein Bündel Bargeld in meine GOLDEN HEAD Geldbörse und animiere den Vierbeiner, mir unauffällig zum Lift zu folgen. 
09.15 Uhr Pünktlich auf die Minute betrete ich das "Cafe Bellagio" im Erdgeschoss und freue mich, den Professor kaffeeschlürfend an einem Zweiertisch anzutreffen. Meine Reisebegleitung legt beste Laune an den Tag und unterbreitet, dass das "Venetian Hotel" bequem zu Fuss zu erreichen ist. Ich nicke eifrig und stelle klar, dass besagte Herberge auch das "Madame Tussaud's" Wachsfigurenkabinett und Wolfgang Pucks Edelrestaurant "Riva Poolside" (löblich: Riva Schwimmbadseite) beheimatet. Mein Tischnachbar weiss es jedoch besser und macht mich auf den Umstand aufmerksam, dass besagte Wirtschaft wegen Umbauarbeiten bis zum Herbst geschlossen bleibt - wie schade. 
10.00 Uhr Nachdem wir uns am Büfett bedient und uns die Bäuche vollgeschlagen haben, verlassen wir das Bellagio Hotel durch einen Seitenausgang. Mit dem Vierbeiner im Schlepptau folgen wir dem Las Vegas Boulevard nach Norden und plaudern währenddessen über unseren anstehenden Rückflug ins Rentnerparadies Florida. Bei dieser Gelegenheit fällt mir ein, dass wir Frau Pontecorvo über unsere Urlaubsverlängerung in Kenntnis setzen müssen. Ruckzuck nehme ich das neue NOKIA Telefon zur Hand und tippe die Telefonnummer meiner Nachbarin ein. Schon nach wenigen Augenblicken habe ich die Dame dran und lasse sie wissen, dass wir nicht wie ursprünglich geplant heute, sondern erst in drei Tagen nach Hause kommen werden. Frau Pontecorvo ist überrascht und behauptet, dass sie extra Salsicce Grillwürste eingekauft hat, um uns ein super Willkommensfest zu bereiten. Ich zucke mit den Schultern und erwidere, dass Prof. Kuhn spielsüchtig ist und bis Samstag sein Erspartes auf den Kopf hauen möchte. Meine Bekannte seufzt laut und sagt, dass sie uns dann eben am Wochenende am "Miami International Airport" in Empfang nehmen wird - wie schön. 
10.45 Uhr Nach einer Meile stehen wir endlich vor dem beeindruckenden "Venetian Hotel" und bemerken, dass der Eingangsbereich dem Markusplatz nachempfunden ist. HEUREKA - diesen Prunk muss man einfach gesehen haben. Wir schlendern staunend am Campanile vorbei und freuen uns, im Hotelinneren unzählige Mitarbeiter zu sehen, die altertümliche Kostüme tragen und mit Federn geschmückt sind. Während Edelbert Photos am laufenden Band knipst, spazieren wir zum angeschlossenen "Grand Canal" Schoppingparadies und finden dort romantische Kanäle vor, auf denen originalgetreu nachgebaute venezianische Gondeln fahren. Um mir einen genaueren Überblick zu verschaffen, stelle ich einen kaugummikauenden Gondolieri (39) zur Rede und erfahre, dass eine halbstündige Fahrt 60 Dollars kosten soll - das ist ja allerhand. 
11.30 Uhr Trotz allem lassen wir uns die gute Laune nicht verderben und laufen als erstes in eine Postfiliale, um Ansichtskarten für unsere Liebsten zu erwerben. Danach setzen wir uns in ein Strassenkaffee und geniessen bei langweiliger Klaviermusik frisch aufgebrühte Cappuccinos mit extraordinärer Schaumkrone. Unterdessen kritzeln wir Grüsse auf die Postkarten und vergessen auch nicht, 98 CENT Briefmarken auf die Kärtchen zu kleben. Edelbert reibt sich die Hände und vermutet, dass sich sein Sohn bestimmt freuen und bald wieder nach Amerika kommen wird, um in der Naples Stadtwohnung einen kleinen Urlaub einzulegen. Ich winke ab und erinnere daran, dass Herr Peter ohnehin schon im Mai nach Naples reisen wollte. Der Professor gibt sich kleinlaut und erzählt, dass sein Sohn im Bundesfinanzministerium unabkömmlich ist und höchstwahrscheinlich erst im August den Sprung über den grossen Teich wagen wird - wie unlöblich.
12.00 Uhr Nachdem wir die Kaffeetassen geleert haben, besuchen wir eine Filiale des renommierten Herrenausstatters "Kenneth Cole" und nehmen die aktuelle Frühlingsmode in Augenschein. Während sich Dixon ausgiebig am Ohr kratzt, probiert mein Begleiter einen eleganten Blaser an und meint, dass ihm diese Robe ganz vorzüglich steht. Ich deute auf das Preisschild und moniere, dass die Jacke knapp 700 Dollars kostet. Bevor ich mich versehe, legt Edelbert das Kleidungsstück auf seinen Platz zurück und sagt, dass wir nun das "Madame Tussaud's" Wachsfigurenkabinett anschauen sollten. Wir machen vogelzeigend kehrt und laufen ein weiteres Mal durch das weitläufige "Venetian Hotel". 
12.30 Uhr Kurz nach der Mittagszeit, passieren wir das Willkommensschild des Wachsfigurenkabinetts und ärgern uns sehr, weil selbst Rentnereintrittskarten 18 Dollars kosten. HEUREKA - wenn sich die Preisschraube weiter in diesem Tempo dreht, muss ich wohl bald ins Armenhaus umziehen. Missmutig betreten wir den Ausstellungsraum und sehen uns mit dem Abbild des amerikanischen Präsidenten Barack Obama konfrontiert. Wir staunen nicht schlecht und erkennen, dass die Mitarbeiter beste Arbeit geleistet und dem unbeliebten Politiker sogar graue Schläfen verpasst haben. Danach nehmen wir Schauspielgrössen wie Leonardo DiCaprio, Woopie Goldberg und Robert De Niro sowie weltbekannte Hollywoodlegenden wie Elvis Presley, Wayne Newton und den Zauberer Chriss Angel in Augenschein. 
13.00 Uhr Darüber hinaus lernen wir, dass es nicht nur in London und Las Vegas Madame Tussaud's Kabinette gibt, sondern auch in Amsterdam, Hongkong, Shanghai, Bangkok, Wien, New York, Washington, Berlin und Los Angeles. Das erste Museum dieser Art wurde 1835 in London gegründet und war bis zum Ende des zweiten Weltkriegs in der Baker Street zu finden. In den 1950er Jahren wurde das Unternehmen vergrösstert und die "Tussauds Group" (löblich: Tussauds Gruppe) machte es sich zur Aufgabe, zahlreiche weitere Freizeiteinrichtungen, wie das "London Eye" (löblich: London Auge) oder den "Heide-Park" in Deutschland, zu gründen - wie interessant.
13.45 Uhr Zum Abschluss unseres Rundgangs suchen wir die Sportabteilung auf und haben das Vergnügen, die Wachsfigur von Cassius Clay zu sehen. Als ich ins Schwärmen gerate, klopft mir Edelbert auf die Schulter und unterbreitet, dass sich Herr Clay in den 60er Jahren zum Islam bekannt hat und sich seitdem Muhammad Ali nennt - wie unlöblich. 
14.30 Uhr Gutgelaunt verlassen wir das Museum und kehren ins hochgelobte "Zeffirino Ristorante" ein, um an einem der einladenden Tische an der Glasfassade Platz zu nehmen. Ein hochnäsiger Ober lässt nicht lange auf sich warten und serviert köstliche Bruscettas mit Tomaten, Basilikum und einem Hauch Knoblauch. 
14.45 Uhr Weil unsere Mägen knurren, fackeln wir nicht lange und bestellen einen Vorspeisenteller für zwei Personen sowie hausgemachte Cannelloni mit Fleischfüllung. Dazu gibt es einen süffigen Rotwein aus der Winzerei "Brunello di Montalcino". Der Kellner füllt den rubinroten Rebentrunk fachmännisch in die Gläser und berichtet, dass dieser Tropfen aus Sangioveser Trauben hergestellt wird und mindestens für vier Monate in der Flasche reifen muss - wie schön. Um auch Hund Dixon etwas Gutes zu tun, kredenze ich ihm eine Nudel und lasse ihn zudem von den in Olivenöl eingelegten Pilzen kosten. 
15.30 Uhr Redlichst gestärkt verlassen wir das "Venetian Hotel" und laufen mit schnellen Schritten zum Bellagio zurück. Edelbert kommt während des Spaziergangs aus dem Plappern gar nicht mehr heraus und regt an, dass wir uns um sieben Uhr zum Abendessen im hoteleigenen "Le Cirque" treffen könnten - das soll mir Recht sein.
16.00 Uhr Im Hotel angekommen, besteigen wir einen Aufzug und fahren ruckzuck nach oben. Ich schliesse völlig verschwitzt die Zimmertüre auf und freue mich, endlich eine Pause einlegen zu können. HEUREKA - diesen Stress hält nicht einmal der stärkste Rentner aus. Während Dixon seinen Durst löscht, falle ich erschöpft ins Bett und schlummere bald ein. 
17.00 Uhr Ich werde durch sehr aggressives Telefonklingeln geweckt und bin überrascht, meine Schwägerin Maria dran zu haben. Georgs Ehefrau kommt prompt auf den Grund ihres Anrufs zu sprechen und fragt, ob ich meinen Urlaub wirklich verlängert habe. Ich stimme uneingeschränkt zu und verweise auf meinen Heimflug am Samstag Nachmittag. Maria wünscht mir weiterhin viel Vergnügen in Nevada und sagt, dass wir uns am Sonntag Abend im Lowbank Drive zu einer kleinen Grillfeier treffen können - das ist phantastisch.
17.15 Uhr Nachdem ich das Ferngespräch beendet habe, nehme ich im bequemen Sessel platz und mache mich auf FOX News (löblich: Fuchs Nachrichten) über das aktuelle Geschehen in Amerika und auf der Welt schlau. Unter anderem lerne ich, dass Präsident Obama den Einsatz gegen Libyen erneut damit begründet hat, dass Amerika nicht zuschauen könne, wie Diktator Gaddafi Krieg gegen sein eigenes Volk führt. Weiter erfahre ich, dass die Lage im havarierten Atomkraftwerk Fukushima immer noch nicht unter Kontrolle ist - wie schrecklich.
17.45 Uhr Um auf andere Gedanken zu kommen, schalte ich die Flimmerkiste aus und segle mit Hilfe des neumodernen iPads ins weltweite Internetz. Als erstes besuche ich die Heimseite des renommierten Forschungsinstituts Kuschmelka (München) und habe dank meiner geheimen Zugangsdaten das Vergnügen, ein neues Dossier zur Finanzkrise lesen zu können - wie aufregend.
18.15 Uhr Als es mir zu bunt wird, schalte ich das elektronische Arbeitsgerät aus und eile in die Nasszelle, um eine Dusche zu nehmen. Danach ziehe ich einen modernen Sommeranzug an und vergesse auch nicht, meinen Cowboyhut aufzusetzen. Selbstverständlich vergesse ich meinen vierbeinigen Begleiter nicht und erkläre ihm, dass er den Abend alleine im Zimmer verbringen muss. Weil Dixon darüber gar nicht erfreut ist, kredenze ich ihm zum Trost einen Kauknochen und verspreche, bald wieder hier zu sein.
19.00 Uhr Gutgelaunt treffe ich am Eingang des "Le Cirque" Gasthauses ein und sehe, wie Professor Kuhn gerade mit dem Knecht am Empfang redet. Ich geselle mich dazu und bringe in Erfahrung, dass man reservieren muss, um in diesem französischen Fresstempel bedient zu werden - wie unlöblich. Da ich nicht auf den Kopf gefallen bin, schiebe ich dem Mann einen 20 Dollar Schein zu und erkläre, dass mein Name Jackson ist. Leider ist der Schnösel nicht bestechlich und stellt klar, dass der Laden auf Tage hinaus ausgebucht ist.
19.15 Uhr Vogelzeigend gehen wir weiter und vereinbaren, das Abendessen im preiswerten "Snacks at the Race & Sports Book" einzunehmen. Edelbert klatscht in die Hände und meint, dass er das gesparte Geld heute Abend am Spieltisch einsetzen wird - wo soll das noch hinführen.
19.45 Uhr Wir sitzen gemütlich an der Bar und lassen uns eisgekühlte Biere aus dem Hause Anheuser Busch schmecken. Dazu gibt es einen deftigen Käseburger mit Krautsalat und Kartoffelstäben für mich, sowie einen Korb Hühnerfinger mit Honig Senf Sauce für den Professor. Während wir redlichst speisen, verweise ich auf mein Telefonat mit meiner Schwägerin und erzähle, dass wir am Sonntag Abend zu einer Grillfeier im Lowbank Drive eingeladen sind. Edelbert winkt ab und meint, dass er noch gar nicht an die Rückreise denken will und viel lieber noch länger an den Spieltischen verweilen würde - wie unlöblich.
20.30 Uhr Nach weiteren Bieren und Schaumkaffees zücke ich meine praktische Meisterkarte und lade Prof. Kuhn zur Feier des Tages zu Speis und Trank ein. Der gute Mann bedankt sich redlichst und fordert mich auf, ihn ins Casino zu begleiten. Natürlich winke ich sofort ab und stelle klar, dass ich mein hart verdientes Geld nicht aus dem Fenster werfen werde und ausserdem zu Hund Dixon zurück muss.
20.45 Uhr Ich wünsche Edelbert viel Vergnügen im Casino und ermahne ihn, nicht Haus und Hof zu verspielen. Der schlaue Mann beruhigt mich und erklärt, dass er sich ein Limit von 500 Dollars gesetzt hat und auf keinen Fall mehr einsetzen wird - wie schön.
21.00 Uhr Zurück in meinem luxuriösen Zimmer im siebten Stock werde ich von meinem vierbeinigen Freund auf- und abhüpfend begrüsst. Weil ich mich vor Müdigkeit kaum mehr auf den Beinen halten kann, nehme ich noch geschwind eine Dusche und schlüpfe dann in meinen bequemen Schlafanzug.
21.30 Uhr Laut ächzend lege ich mich ins Bett und greife zur Fernbedienung, um mich noch etwas durch die unzähligen Programme zu schalten. Als mir bei einem Werbespot für einen örtlichen Autohändler die Augen zufallen, schalte ich den Fernseher endgültig aus und wünsche Hund Dixon angenehme Träume. Gute Nacht.

 

verfasst von Reinhard Pfaffenberg am 30.03.2011
© Reinhard Pfaffenberg